Bang Your Head !!! - Festival 2010
Samstag, 17. Juli 2010 (Zweiter Tag) / Balingen (D) - Messegelände
By Kissi (kis), Rockslave (rsl), Tinu (tin), Maiya R.B. (mya), Roger W. (rog) und Nicole B. (nic)
All Pics by Rockslave
Toxin
Am Samstag hatten die New Yorker Toxin die Ehre, den feucht-fröhlichen Metalreigen zu eröffnen. Leider war der Platz vor der Bang Your Head!!!-Bühne doch noch sehr leer, gerade im Vergleich zum Vortag. Als dann die Jungs die Bretter enterten, kamen mir sofort Kissin' Dynamite in den Sinn. Die Musiker von Toxin waren etwa gleich jung, legten eine ähnliche Professionalität an den Tag und tendierten auch musikalisch in die selbe Richtung: Eine Mischung aus Sleaze Rock, vereinzelten Metalpassagen und vor allem groovigem Rock'n'Roll. Nur mit dem Unterschied, dass Toxin nie die Klasse von Kissin' Dynamite erreichten. So machten die präsentierten Songs grundsätzlich Spass und gute Laune, liessen mich aber die Abwechslung und die Kreativität leider etwas vermissen. Die Stücke kamen eindeutig zu banal rüber, der Sound klang zu sehr nach "schon 100 Mal gehört". Schade, denn die Amis gaben sich bei ihrem wohl ersten Europa Auftritt überhaupt ansonsten echt Mühe, zeigten viel Bewegung, Motivation und Spielfreude. Daher dankte das Publikum es ihnen zumindest mit einem anständigen Feedback, das deutlich mehr war als nur ein Höflichkeitsapplaus. (nic)



Savage Grace
Nach dem an Intensität nicht mehr zu überbietenden Auftritt in Zürich einige Monate zuvor, stiegen meine Erwartungen natürlich ins Unermessliche. Diese wurden jedoch ziemlich schnell durch die Tatsache gedämpft, dass dies hier auf der riesigen BYH!!!-Bühne bestimmt nicht mehr gleich funktionieren würde. Trotzdem war ich gespannt wie ein Flitzebogen, was Sänger Chris Logue, notabene das einzige, verbliebene Original-Mitglied mit der Hintermannschaft von Roxxcalibur in Balingen würde reissen können. Letztere standen ja unter anderem am Donnerstag Abend in der Messehalle drüben schon auf der Bühne und waren demnach richtiggehend eingespielt. Das merkte nam dann von der ersten Sekunde an, als Savage Grace mit «Bound To Be Free» gleich ordentlich auf die Tube drückten. «Into The Fire» und «After The Fall From Grace» folgten nahtlos, wobei deutlich zu erkennen war, das Chris' Screams noch nicht die volle Power hatten, respektive seine Stimme eh nicht ganz "gesund" klang. Gewisse Gesten und die entsprechende Körperhaltung dazu, die etwas Rob Halford (Judas Priest) erinnerten, bestätigten dies. Dennoch kam der amerikanische Kopftuchträger immer besser in Fahrt und zusammen mit der instrumentalen Vollbedienung der Roxxcalibur-Boys war die Bilanz am Schluss mehr als erfreulich. Die Dio-Hommage in Form von Priest's Oldschool-Track «Exciter» kam jedoch nie an die Version des genialen Dynamo-Gigs (in Zürich) heran. (rsl)



Bullet
Nach der enttäuschenden Darbietung von Savage Grace (Hä?? rsl) zeigten Bullet, dass traditioneller Metal noch lange nicht ausgedient haben muss. Die quietschfidele Truppe um Frontbombe Dag Hel Hofer, welche übrigens zu einem grossen Teil aus Enforcer-Members bestand, sorgte mit ihrer Mischung aus AC/DC und Accept für frühmorgendliche Party-Stimmung. Deftig frästen sich die Riffs und Chords von Pub-Rockern wie «Pay The Price» oder «Dusk 'till Dawn» in die langsam wieder aufnahmefähigen Köpfe, wobei das schon an zweiter Stelle angesetzte, mit viel Power und kantig gespielte Dio-Cover «Stand Up And Shout» ins Set der Schweden passte wie die metallische Faust aufs Auge. «Turn It Up Loud» und «Heading For The Top» fanden so nicht nur musikalisch, sondern auch inhaltlich Zustimmung. Zwar gesellte sich zu den aggressiv verzerrten DC-Gitarren nach und nach auch ein Hauch von Eintönigkeit. Durch Posing, Spielfreude und den zum Mitsingen zwingenden Pub-Rockern «One Deal With The Devil» und der Bandhymne «Bite The Bullet», während welcher das Saitentrio den Songtitel auf den Rückseiten ihrer Gitarren geschrieben präsentieren, hatte man das Publikum aber im Sack, sodass auch die beiden Zugaben «Roadking» und das passende «Bang Your Head» (inkl. T-Shirt-Verteilung!) zurecht abgefeiert wurden. (kis)


Sacred Steel
Bei dieser deutschen Kult True Metal Band schieden sich bereits vor und nach dem Auftritt die Geister gleichermassen, denn während Mastermind Gerrit P. Mutz für einen Teil seiner treuen Fans immer noch sowas wie eine Ikone darstellt, geht dieser dem grösseren Rest ziemlich am Arsch vorbei. Wie wenig das Sacred Steel aber stört, sah man jedoch schon bald, denn mit so Brechern wie «Metal Is War», «Battle Angel» oder «Heavy Metal To The End» hatte man seine Gefolgschaft sofort im Sack. Die gereckten Fäuste und schwingenden Matten hielten sich zahlenmässig zwar in Grenzen, aber das schien die Band nur noch mehr anzustacheln. Nebst dem jungen Gitarristen Jonas Khalil (Ok, 27 ist er auch schon) steht auch sein Instrumenten-Kollege Jens Sonnenberg im Lineup. Was die beiden bandmässig verbindet erstaunt beim genaueren Hinsehen der persönlichen Histories, denn beide Saitenakrobaten spielten mal bei der Glam-Kapelle Stikki Fykk!! Das soll nun einer auf die Reihe kriegen oder auch nicht. Der Wandel könnte krasser nicht sein, aber die wahre Bestimmung lässt sich manchmal nicht aufhalten. Letztenendes geht es aber um Heavy Metal und genau den zelebrierten Sacred Steel inklusive dem textlichen True-Gedöns vorbildlich. Auf jeden Fall wurde das zu diesem Zeitpunkt vor der Bühne stehende Publikum bestens unterhalten, auch wenn das Dio-Tribute «Kill The King» fast ungeniessbar klang und selbst der Himmel dazu anfing zu "weinen". Dieses Omen liess man allerdings nicht gelten, was das aktive Mitgrölen zum finalen «Wargods Of Metal» deutlich bewies. (rsl)


Hades
Das Bang Your Head!!!-Festival überrascht jedes Jahr seine Besucher mit besonderen Bands, welche in den 80er-Jahren mal ein, zwei tolle Alben rausgebracht hatten. Exakt diese Alben gelten dann natürlich als Kult, weshalb sich eine Einladung aufdrängt. Dass dabei immer wieder mit der Hand in die berühmte Kloschüssel gegriffen wird, scheint Künstlerpech zu sein. Lobenswert ist es da natürlich, wenn mal eine Perle gefunden wird. Und damit sind wir bei Hades. Auch die Band aus New Jersey geniesst heute Kultstatus, brachte aber in den letzten 20 Jahren immer wieder vereinzelt Alben raus. Am BYH!!! präsentierten sich die fünf Amerikaner in bester Verfassung. Der thrashige 80er-Jahre Heavy Metal groovte ohne Ende und verwöhnte den Hörer immer wieder mit ultrageilen Doppel-Gitarren-Soli. Dazu kam ein Sänger, der sowohl durch seine Präsenz, wie auch durch seinen Gesang überzeugen konnte. «Fuck the bringer of the rain» schrie er zu Beginn des verregneten Auftritts und erreicht damit, dass der Wettergott den zahlreichen Old-School-Headbanger fröhlich weiter Feuchtigkeit spendete. Dieser konnte erst durch einen dankbaren Ronnie James Dio besänftigt werden. Denn das verstorbene Goldkehlchen schien an der Hades-Version von «Voodoo» dermassen Freude gehabt zu haben, dass er unmittelbar ein paar Sonnenstrahlen schenkte. Und auch die Headbanger nahmen das würdig gespielte Cover sehr gut auf und dankten es mit warmen Applaus. Mit zunehmender Dauer des Auftritts offenbarte sich dann, wieso Hades trotz ihrer Klasse keine Anwärter auf den künftigen Headliner sind: Die Songs waren zu ähnlich aufgebaut. Nach einem tollen Intro folgten bald die immer gleichen Strophen und Refrains, welche erst bei den Instrumentals wieder Akzente setzen konnten. Trotzdem oder gerade deswegen, war das Fazit nach einer Stunde nicht nur für unseren Rockslave klar: Hades sind toll! (rog)


Treat
Obschon ich die Schweden seit ihrem zweiten Werk «The Pleasure Principle» verehre, hatte ich noch nie das Vergnügen, Treat auf der Bühne zu sehen. Somit war ich auf das Quintett um Sänger Robert Ernlund, Gitarrist Anders Wikstrom und Schlagzeuger Jamie Borger sehr gespannt. Und die Jungs haben mich absolut nicht enttäuscht. Sie haben ganz einfach das Festival gerockt und auch wenn ihr Sound mit vielen Keyboardmelodien und mächtigen Chorpassagen gewürzt war, so konnten sie auf der ganzen Linie abräumen. Speziell der Frauenanteil im Publikum war bei Treat sehr hoch. Die Ladys schmachteten in der Balinger Nachmittagssonne, die zwar durch Regen getrübt wurde, den Fans aber keinen Strich durch die pure Freude machte. Musikalisch liessen die Jungs nichts anbrennen. Robert, mit mächtig viel Spass in den Backen, sang souverän. Jamie trommelte wie ein Tier und haute mächtig rein. Anders, Bassist Nalle Pĺhlsson und Keyboarder Patrick Appelgren trumpften gross auf und verliehen den Hits «Ready For The Taking», «Sole Survivor», «Get You On The Run», «Conspiracy» und dem Medley bestehend aus «Rev It Up», «Party All Over» und «Too Wild» den nötigen Dampf und Melodie. Ihre neuen Tracks «The War Is Over», «Paper Tiger», «We Own The Night» und «Skies Of Mongolia» standen den erprobten Klassikern in Nichts nach und rundeten einen Klasse-Gig gekonnt ab. Das bestätigten auch die Mitsingparts der Fans bei «Get You On The Run» oder «Sole Survivor». Da wurde sogar die Textzeile: «...breaking the ice...» in die Tat umgesetzt. Zum grossen Finale hüpften die Fans wie die Band zu/bei «World Of Promises», dem wohl grössten Hit von Treat. Auch wenn der Regen die Freude etwas trübte, Treat rockten Balingen und das nicht zu knapp! (tin)


Fates Warning
Mit Fates Warning kam das Bang Your Head!!!-Publikum in den Genuss der Urväter des Progressiv Metals. Und wer bei diesem Begriff gleich an Dream Theater-artige Riffstrukturen dachte, lag falsch. Denn Fates Warning präsentierten in ihrer Stunde vor allem Material, welches sich auf Akkorden aufbaute und den Prog eher in den Rhythmus-Wechseln als in ausufernden Gitarren-Soli suchte. Kopf-Musik war also angesagt, und solange man sich wirklich zu 100 Prozent auf die Musik konzentrierte, entwickelten Fates Warning eine geheimnisvolle Aura. Wurde man dabei aber abgelenkt, verlor man als Nichtkenner der Band schnell den Faden. Die Party wurde schleunigst um eine Stunde bis zu den Quireboys verschoben und stattdessen andächtig gelauscht. Das sah die Band aber ganz anders. Diese tigerte unentwegt auf der Bühne umher und zeigte damit einem gewissen Herrn von Röhr, dass man selbst als Prog-Band deutlich mehr Platz als zwei Quadratzentimeter beanspruchen kann. Aufgrund des 20. Jubiläums des Erfolgsalbums «Parallels» wurden davon einige Songs gespielt. Den Fans gefiel es offenbar und alle anderen stellten fest, dass sie sich vor dem nächsten Fates Warning Auftritt unbedingt ein paar Alben besorgen müssen, um damit resistent gegen ihre Bier trinkenden Kollegen zu werden. Die angesprochene Resistenz mussten die Zuhörer auf gegenüber dem wirklich ärgerlichen Regenguss entwickeln, der natürlich für so eine Mucke nicht zu Begeisterungsstürmen und spür- wie sichtbarer Abwanderung führt. «Throug Different Eyes» als über zwei Dekaden alter Klassiker verzückte dann zum Schluss jedoch Alt- wie Neufans gleichermassen.(rog)


Quireboys
Wer zum Geier sind denn die Quireboys? Das wird sich jetzt vielleicht der eine oder andere fragen. Um die Frage simpel zu beantworten: Ein lustiger, verrückter, englischer Haufen gestandener Herren, der in Balingen musikalisch ein absolutes Gute-Laune-Programm auftischte: Rock'n'Roll meets Blues, Jazz & Country. Mit Metal haben die Briten eigentlich nix am Hut. Und dennoch hätten sie ans BYH!!! gar nicht besser passen können! Ihr mit Keyboard-Geklimper geschwängerter Sound regte zum Mitschunkeln und Tanzen an und machte gute Stimmung. Und das, obwohl der Songaufbau teilweise 1:1 beim klassischen Bluesmuster abgeguckt war (daher 4 Takte lang Grundakkord, 2 Takte Quart-Akkord, wieder 2 Takte Grundakkord, 1 Takt Quint-Akkord, 1 Takt Quart-Akkord und nochmals 2 Takte Grundakkord). Dies dürfte Beweis genug sein, dass sehr rhythmischer, gut gespielter Rock'n'Roll mit starken Blues-Anleihen und einer sehr kratzigen Stimme auch heute durchaus noch Spass machen kann. Und das tat er denn auch. Zwar machte das Publikum nur in den ersten paar Reihen wirklich aktiv mit, mitgeschunkelt wurde weiter hinten aber ebenfalls. Da kann man auch getrost darüber hinwegsehen, dass bewegungstechnisch auf der Bühne nicht dermassen viel lief. Zumal der 6er altersmässig auch keine 20 mehr ist, sondern geschätzt so zwischen 40 und 50 Lenzen zählt. Und ebenfalls verziehen sei in dem Falle die zugegeben etwas fehlende Abwechslung zwischen den einzelnen Songs. Denn die Stücke kamen allesamt so fröhlich und lüpfig daher, dass der Auftritt sehr kurzweilig ausfiel. Daher mein Schlussfazit: Coole Band, die mit easy Rock'n'Roll riesig Spass machte! (nic)


Nevermore
Die Kult-"Prog"-Power Thrasher aus Seattle beehrten das BYH!!! auch zum bereits dritten Mal. Die erste Stippvisite war 2002, gefolgt von 2005. Beide Male hinterliessen die Amis nur verbrannte Erde und darum konnte man sich auch heuer auf eine geballte Ladung harten Stahls freuen. Als Frontmann Warrel Dane und seine Hinterleute die Bühne betraten, rieben sich aber bald viele ungläubig die Augen, denn der gleiche Mann, der sonst eine Aura für zwei Kerle ausstrahlt, wirkte sichtlich abgemagert und angeschlagen. Dieser erste Eindruck täuschte kurz darauf leider nicht, da Warrel offensichtlich Probleme mit seinen Stimmbändern bekundete. Beim Opener «Beyond Within» war dieser kaum auszumachen. Dazu kam ein bei Weitem nicht so druckvoller Sound, wie man das sonst von Nevermore gewöhnt ist. Auch «The River Dragon Has Come» kann sich nicht richtig entfalten. Stimmungsmässig werden darauf einige frische Songs vom neuen Album «The Obsidian Conspiracy» gespielt, die wenigstens die kompositorische Klasse unterstreichen, ohne aber diesmal wirklich was reissen zu können. Zu lethargisch und streckenweise gar lustlos kam das Ganze daher. Selbst das Ronnie James Dio gewidmete «The Heart Collector» verpuffte fast ohne Wirkung. Das tat der metallenen Seele irgendwie richtig weh, wenn man weiss, welche Energie hier im Normalfall losgetreten werden kann! Gegen Ende des 70-minütigen Sets kam die Band spürbar besser in die Gänge, während sich Mr. Dane augenscheinlich nicht mehr steigern konnte. «Enemies Of Reality» zum Schluss brachte die ersten paar Fan-Reihen immerhin nochmals zum kollektiven wie aktiven Abschädeln, aber es bleibt zu schwer zu hoffen, dass dieser höchstens durchschnittliche Auftritt eine Ausnahme in der glorreichen Nevermore History bleibt! (rsl)


Queensr˙che
Nach Nevermore's durchzogener Leistung ruhte alle Hoffnung auf Queensr˙che. Dass diese Haltung riskant sein kann, zeigten die Nordamerikaner um Stimmakrobat Geoff Tate schon das eine oder andere Mal. Von gottgleich bis kotzrosa liegt alles drin und so war man versucht, an diesem Abend nur schon die umgedrehten Verstärker und die fehlenden Monitore als schlechtes Zeichen zu interpretieren. Mit dem Erscheinen eines kahlköpfigen Geoff Tate (nachdem er in den letzten Jahren seine Haarpracht wieder hatte wachsen lassen) mit Hut, organgefarbener Sonnenbrille und natürlich Weste verstärkte sich das mulmige Gefühl, wobei man sich als Fan immer noch an die Ankündigung klammerte, die Seattle-Metaller würden einen Best-Of Set zocken. «Hit The Black» vom flauen 97er-Album «Hear In The Now Frontier» stellte dabei nicht den erhofften, mitreissenden Start dar. Als Klassiker der Truppe waren auch die darauffolgenden «Sacred Ground» und «Man Down» von «Q2k» (1999), beziehungsweise dem aktuellen «American Soldier» nicht zu bezeichnen und langsam begann man sich zu fragen, welchen Teufel Tate geritten haben mag, als er diese Setlist für einen Festivalauftritt zusammenstellte. Dass beim stimmgewaltigen Herrn hin und wieder ein Nerv einklemmt, darauf schloss man auch, sah man ihn seine fast schon als Ausdruckstanz zu bezeichnenden Bewegungen vollführen. Auch die Instrumentalisten konnten indes nicht vollends überzeugen. Zwar zockten und performten die Saitenzupfer Michael Wilton und Eddie Jackson ganz ordentlich. Aufgrund etwas leiser Verstärker, matschigem Sound und verdonnert zum Spielen lahmer Songs, können aber auch sie die Massen vor der Bühne nicht bewegen. Das gelingt, wer hätte es gedacht, erst mit «The Thin Line» von «Empire» (1990), zu dem Tate sein altbekanntes Saxophon hervor kramt und «Breaking The Silence». Die unwiderstehliche Nummer bewies übrigens wieder einmal, dass «Operation Mindcrime» schlicht die beste Scheibe des Quintetts war und ist. Auch das einfühlsame «Silent Lucidity» gefällt danach. Nur schade, dass die Backing Vocals ab Band zu klingen scheinen. Wohl exemplarisch für die durchzogene Songauswahl ist, dass der Dio-Tribut, «Neon Knights» von Black Sabbath, die mit Abstand schnellste Nummer des ganzen Sets ist und Tate dabei besser singt als zu seinen eigenen Stücken. Von diesen zockt er darauf noch «I Don't Believe In Love», «Jet City Woman» und «Empire», die üblichen Verdächtigen eben. Und so fand eine flachbrüstige Show ihr Ende, welche weder das Prädikat «Co-Headliner» noch «Best-Of» verdient hatte, was umso missmutiger stimmte, dachte man an das technische Können der Musiker und die verschmähte «Warning»-Scheibe von 1984, respektive die selbstbetitelte EP von 1983. (kis)


Twisted Sister
Was soll man zu Dee Snider und seinen Jungs noch gross sagen? Auch wenn Twisted Sister dieses Konzert ohne bunte Bühnenklamotten und ohne Schminke absolvierten, sie waren die würdigen Headliner. Die Show bestand einmal mehr aus dem verrückten, bangenden Schreihals, der mit seinen Ansagen das Salz in der Suppe war. Dabei liess er sich in diese nicht spucken, sondern bespuckte all diejenigen, die den Rock'n' Roll stoppen woll(t)en. Dabei bestieg er seinen Mikrofonständer, als wolle er wie ein Hexenmeister auf ihm davon fliegen, begrüsste alle zur «Church of Twisted Sister», stellte den Trommler AJ Pero als «Son of thunder» vor, beschwörte die Anwesenden mit «throw your fists in the air» und kündete «...tonight we film a new DVD...» an. Mister Snider liess nichts aus und dankte dem Wettergott, dass dieses Mal kein Regen fiel, wie auch schon an dieser Stelle. «This weekend is perfect, bitch! Sorry (schaut nach oben in den Himmel), I call you a count before...» Dee zündete Feuerwerke ab. Eines an coolen Sprüchen und das andere fackelte fast die Bühne nieder. So gehörten dicke, rot-gelbe Feuersäulen zum Inventar von «Burn In Hell», bei dem Dee beim ruhigen Einstieg noch in blutrotem Licht stand. Auch die Pyros bei «S.M.F.» (es ist ein Gerücht, dass dies «Super Martin Fust» heissen soll! - So so...,rsl) und das leider nicht ganz brennende TS-Logo verfehlte seine Wirkung nicht. Ebenso wenig wie das Geburtstagständchen für Jay Jay French (Zitat Dee: «You make an old man happy!»). Wie immer waren «I Wanna Rock» und «Were Not Gonna Take It» die grossen Mitsing-Hits und die Hymnen des Festivals. Jene, die von «Come Out And Play», «The Kids Are Back», «Stay Hungry», dem überraschenden «Captain Howdy», «Shoot'em Down», «You Can't Stop Rock'n'Roll», «I Am (I'm Me)» und «Under The Blade» bestens flankiert wurden. Dass aber auch Twisted Sister zu Ehren von Dio einen Song spielen würden, war das Sahnehäubchen. «Long Live Rock'n'Roll» wurde für einen Helden und einen Metal-Gott gespielt, wie Dee seine Huldigung an Ronnie beschrieb. Was ich hier versuche zu beschreiben, war ein Konzert, das man in Worte nicht zusammenfassen kann. Nein, man muss es erlebt haben. ABER! Twisted Sister waren einmal mehr die würdigen Headliner von zwei mit viel harter Musik ausgefüllten Tagen, die erneut eine tolle Mischung der harten Klänge boten. Dass zu den letzten BYH!!!-Klängen des wohl definitiv letzten Auftrittes (?) der Kult-Amis an dieser Stelle das traditionelle Feuerwerk einen Tick zu früh losging, störte eigentlich niemandem. 2011 wird es, und das auch wieder erst mitte Juli, zur 16. Auflage des BYH!!!-Festivals in Balingen kommen. Wir sehen uns, so rock on! (tin)
 
Hallenbands Samstag (2. Tag)

Obwohl der Sound in der Tat zu wünschen übrig liess, durfte man dieses Konzept der stilistischen Erweiterung während so einem renommierten Festival als weitgehend erfüllt bezeichnen. Jeweils mindestens immer ein paar Hundertschaften bevölkerten die Messehalle auf jeden Fall zu allen Konzerten und sei es auch nur, um hier ohne gross anzustehen zum nächsten Bier zu kommen, sich einfach mal hinzusetzen und/oder eine normale Toilette aufsuchen zu können. Während am Tag zuvor vor allem Artillery einen Hammer-Set hinlegten, nahmen wir uns heute ergänzend The Haunted und Destruction zur Brust. Dew-Scented spielten derweil als erste Hallen-Band auch ohne unsere Präsenz auf und dürften ihr Publikum ebenfalls nicht enttäuscht haben. (rsl)

The Haunted
Eigentlich ist die schwedische Melodeath-/Thrash-Combo 1996 aus den Ruinen von At The Gates entstanden und die heutige Besetzung weist mit den Zwillingsbrüdern Anders (g) und Jonas Björler (b) noch zwei von damals drei ehemaligen ATG-Members auf. Sänger Peter Dolving ist seit seinem Wiedereinstieg 2003 fest im Sattel und die Band kann, obwohl nicht megaerfolgreich, auf recht gute Album-Platzierungen in der Heimat und viele Konzerte in vielen Teilen der Welt verweisen. Die heute Abend mehrheitlich in flotterem Tempo vorgetragenen Songs kommen gut an und lassen in den ersten paar Reihen viele Matten kreisen. Wer es nach Queensr˙che deutltlich ruppiger mochte und nichts mit dem Headliner (Twisted Sister) anfangen konnte, bekam hier in der Messehalle die nötige Ladung ab und dürfte sich auf 23.00 Uhr gefreut haben! (rsl)

Destruction
Während nun viele Jahre um 23.00 Uhr des zweiten Festival-Tages das BYH!!! jeweils wieder zur Geschichte mit einjährigem Unterbruch wurde, lud mit Destruction noch eine der altgedientesten, deutschen Thrash Kult-Combos zur letzten Gelegenheit des gepflegten Abschädelns. Zu meinem grossen Erstaunen strömten nach den letzten Feuerwerks-Böllern noch unerwartet viele Metal Maniacs in die Messehalle und bescherten Schmier (b), Mike (g) und einem Aushilfs-Drummer (da Marc Reign im Frühling ja ausgestiegen ist) einen Empfang nach Mass. Der Bühnenaufbau konnte sich ebenfalls echt sehen lassen, denn nebst dem hinten aufgehängten, grossen Backdrop mit dem Schriftzug gab es noch weitere Blachen sowie mit lebensgrossen Schädel verzierte Mikrophon-Ständer. Dazu wurde obergeiles Licht serviert, das die Band in der jeweils richtigen Stimmung aufspielen liess. «Curse The Gods» eröffnete den Thrash-Reigen, den das infernalische Trio mit Leichtigkeit umsetzte und viele Fans damit erfreuen konnte. Weitere Kracher der Sorte «The Butcher Strike Back», «D.E.V.O.L.U.T.I.O.N» oder «Eternal Ban» liessen keine Wünsche offen. Meine Restenergie der vergangenen zwei Tage ging jedoch relativ rasch und unweigerlich zu Ende, sodass ein frühzeitiger Abmarsch die Folge war. Man(n) wird halt auch nicht mehr jünger. Destruction bewiesen jedoch auch so eindrücklich, dass sie immer noch voll da sind! (rsl)
 
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