Livereview: Vicious Rumors - Wicca
18. August 2011, Uster - Rock-City
By Rockslave
Die kultige Location der Stadt am Greifensee hat in den letzten Jahren unzählige, international bekannte Acts auf der Bühne des "Rock-City" aufspielen lassen. Meine persönliche, letzte Stippvisite reicht allerdings bis zum Herbst 2005 (!) zurück, als Royal Hunt (damals noch mit John West als Sänger) nach Uster gekommen waren. Das mag jetzt seltsam anmuten, ist aber in der Tat so und erklärt sich im Wesentlichen damit, dass der Ort für mich halt etwas weit weg liegt. Am Vortag des Auftrittes beim "Summer Breeze"-Festival gaben sich nun aber Vicious Rumors die Ehre, die mit ihrem aktuellen Longplayer «Razorback Killers» eines der Genre-Jahreshighlights abgeliefert haben. Bandleader Geoff Thorpe hat wiederum eine schlagkräftige Truppe um sich geschart, wovon seit dem letzten Album «Warball» (2006) nur Drummer Larry Howe übrig geblieben ist. Sänger James Rivera wurde durch den deutlich jüngeren Brian Allen ersetzt, der sich heute Abend nun bewähren musste. Als Anheizer fungierten Wicca, bei denen Drummer Mario seinen letzten Gig vor seiner Auswanderung spielte.

Wicca
Das deutsche Thrash-Urgestein aus Konstanz wurde, wie zahlreiche andere Genre-Bands unseres nördlichen Landes-Nachbars auch, in den 80ern gegründet. Grössere Erfolge, wie sie Kreator, Destruction und Konsorten erreichten, blieben ihnen bisher allerdings verwehrt. Im Zuge des Thrash-Revivals der letzten Jahre konnte man sich jedoch wieder ins Gespräch zurück bringen. Dieser Umstand gipfelte schliesslich darin, dass 2007 das Debüt-Album «Splended Deed» von 1989 in remasterter Version vom koreanischen (!) Label "Bleeding Chainsaw Records» wieder veröffentlicht wurde. Die guten Reaktionen darauf animierten die Band dazu, erneut die Bühne zu erklimmen und die Reunion aktiv anzugehen. Die grundsätzliche Nachfrage nach Wicca liess dann bald einmal den Wunsch nach neuen Songs erkennen, die 2010 mit «Bloodrush» Tatsache wurden. Nachdem Wicca vor gut etwas mehr als einem Monat in Zürich für Death Angel eröffnen durften, konnte man für den heutigen Abend den Support-Slot für Vicious Rumors ergattern. Darüber hinaus war dies der letzte Auftritt mit Drummer Markus, der kurz darauf seine Zelte in Europa abbrach und sich von seinen Kollegen in Richtung eines neuen Lebens verabschiedete. Doch diesen Abgang musste er sich zuerst verdienen und nach dem Intro eröffnete «Pull Down The Wall» den Konzertabend im "Rock-City". Man sah es der Band schon an, dass sie nicht mehr die Jüngsten sind, doch nichtsdestotrotz powerten sie volle Kanne drauf los. Sänger Olymp Skala erinnerte vom Gesang her etwas an Chris Boltendahl (Grave Digger), während die beiden Gitarristen Roberto Schmid und Connie Andreszka derweil einen satten Riff-Teppich ausbreiteten. Das Ganze wirkte sehr tight und routiniert, was eigentlich zu erwarten war. Die Setliste beherbergte mehr als die Hälfte des neuen Albums und brachte innerhalb des thrashigen Gerüstes verschiedene Tempi hervor. Die Soli klangen, wie bei «Psychic Warfare» zweitweilen nach Slayer und Schmier & Co. schimmerten zum Beispiel bei «Disneyland durch. Mit dem treffend betitelten Schlusstrack «It's Enough» war dann nach 45 Minuten definitiv Schicht im Schacht, für Wicca als erste Band des Abends und Drummer Markus. Keine Ahnung, warum Wicca bislang nicht bekannter geworden sind, doch mit «Bloodrush» haben sie ein durchaus heisses Eisen im Feuer, das sich im zur Zeit recht überfluteten Markt gut halten könnte.

Setliste: «Intro» - «Pull Down The Wall» - «I.O.U» - «Psychic Warfare» - «Mega City» - «Sadsong» - «Bloodrush» - «Disneyland» - «Speed Thrashing Kids» - «It's Enough».

Vicious Rumors
Geoff Thorpe und seine Jungs haben es nun tatsächlich fertig gebracht, dass ich meinen Arsch nach mehrjähriger Abstinenz endlich wieder mal ins "Rock-City" hin schwang. Wobei hier zu kneifen wirklich eine ganz schlechte Idee gewesen wäre. Zum einen beweist der aktuelle Studio-Rundling «Razorback Killers», zu was man kompositorisch noch imstande ist und wenn es denn auf diesem Planeten einen Mann gibt, der 100% Metal ist, dann gebührt diese Ehre Geoff. Gerade in den jetzigen Zeiten, wo die Heavy Metal Szene wieder deutlich erstarkt ist, geht es vor allem darum Qualität abzuliefern, denn die Luft an der Spitze ist dünn. Allerdings ist der Zug in Richtung Grosserfolg bei Vicious Rumors längst abgefahren und es gibt heute noch Leute die sagen, dass dies auf den Tod von Carl Albert (Autounfall 1995), dem charismatischen Sänger von einst zurück geht. Doch letztlich hat sich die Band um Mastermind Thorpe trotz unzähliger Lineup-Wechsel über Wasser halten können und das will schon was heissen. Dass erfolgsmässig kleinere Brötchen backen jedoch nicht zwingend auf Kosten der Freude bezüglich dem was man am liebsten macht, geht, zeigten Vicious Rumors auf der Bühne des "Rock-City". Die Setlisten, die aufgehängt und am Boden platziert waren, sahen von der Anzahl Songs her erst mal nicht gerade üppig aus und in der Tat handelte es sich um die Songs, die eigentlich tags darauf auf dem "Summer Breeze"-Festival in Dinkelsbühl (D) zum Zug kommen sollten. Da heute Abend aber eine Headliner-Show anstand, hätten diese dafür kaum ausgereicht. Es ging aber nicht lange und dann wurde klar, dass das Drehbuch von der Vorgabe abwich. Was dann folgte, ist kaum mit Worten zu beschreiben! Leider keine 40 Fans (!) wurden Zeuge einer der geilsten Power Metal Shows, die die Schweiz wohl seit Langem je gesehen hatte. Der neue Sänger Brian Allen vermochte seinen Vorgänger James Rivera nicht vergessen machen, doch nicht allen VR-Fans mundeten dessen hohe Screams. Diese hatte Brian wie gesagt nicht drauf, aber die brauchte es auch gar nicht. Der Streifzug durch die Top-Alben wie «Digital Dictator» (1988), «Welcome To The Ball» (1992) oder dem dritten, selbst betitelten Meisterwerk von 1990 war schlicht genial! Das jetzige Lineup mit Brian (v), Geoff (g/v), Larry (g) sowie dem Neuzugang Kiyoshi Morgan (d) und Bassist Stephen Goodwin (Live-Bassist der «Warball»-Tour) scheint gut zu harmonieren, denn was die fünf Amis da auf kleinstem Raum ablieferten, war echt von einem anderen Stern. Es war einfach nur zum Niederknien geil, wie ein Kracher nach dem anderen folgte und es bestätigte sich, dass auch die neuen Songs wie das tonnenschwere «Black» sich bestens in die zahlreichen Power Nummern einreihen konnte. Der Fokus lag jedoch klar in der glorreichen Vergangenheit, da bezeichnenderweise keinerlei Songs von «Sadistic Symphony» (2001), «Word Of Mouth» (1994), «Cyberchrist» (1998) oder «Something Burning» (1996) gespielt wurden. Das heisst jetzt natürlich nicht, dass dieses Material um Klassen schlechter wäre, wohl aber etwas gewöhnungsbedürftig, sprich anders ausgefallen ist, als man das gewohnt war. Die schweisstreibende und überraschend gut abgemischte Show in Uster endete erst nach über 100 Minuten und hinterliess nur zufriedene Gesichter, bei den Fans und dem Headliner gleichermassen. Entgegen der unten aufgeführten Setliste, die so an der Wand hing, aber nicht in dieser Reihenfolge durchgespielt wurde, performten sie laut Geoff insgesamt 23 Songs, zu denen laut meinen Aufzeichnungen mindestens auch noch «Axe To The Grind» gehörte. So und nicht anders muss das sein!

Setliste: «Razorback Blade» - «Murderball» - «Digital Dictator» - «Minute To Kill» - «The Crest» - «Worlds & Machines» - «Lady Took A Chance» - «Cut Of The Shadows» - «Down To The Temple» - «Hellraiser» - «Black» - «Bloodstained Sunday» - «Dust To Dust» - «Abandoned» - «Only Live Twice» - «Let The Garden Burn» - «Ship Of Fools» - «On The Edge» - «War/Soldiers Of The Night» - «Don't Wait For Me».