Livereview: Uriah Heep
29. April 2012, Solothurn - Kofmehl
By Rockslave
Obwohl die Rock-Dinos Nazareth und Uriah Heep ihren Fans weitere, gar gemeinsame Auftritte in der Schweiz boten, zog ich es vor, die beiden Kult-Bands einzeln und im Abstand von gerade mal 48 Stunden anzuschauen. Dies natürlich, weil das Kofmehl in Solothurn der jeweilige Austragungsort war und mir daher, das heisst wohnbedingt, sehr gelegen kam. Mick Box und seine Jungs sind ja in der letzten Zeit ziemlich fleissig unterwegs gewesen und haben neben diversen Live-Veröffentlichungen im letzten Frühling mit «Into The Wild» eine wirklich tolle, neue Platte gemacht. Dieser Umstand, gepaart mit einer unbändigen Spielfreude, lässt eigentlich jeden Auftritt zu einem Muss werden. Obwohl sich erfreulicherweise immer mehr junge Leute im Publikum bemerkbar machen, sind es (etwas) die älteren Semester zwischen 40 und 60 Jahren, die einen besonderen Bezug zu den Briten haben. Wer, wie ich, schon in den frühen 80ern (für die 70er reichte es leider nicht mehr) mit dem genialen Sound als Pendant zu Deep Purple in Berührung kam, geniesst diese Konzerte mehr als die meisten.

Uriah Heep

Der Zuspruch für dieses Konzert war in der Tat bemerkenswert, denn dieser Abend bekam das Etikett "sold out" verpasst und dem Vernehmen nach sollen draussen noch eine ganze Menge mehr Leute um Einlass nachgesucht haben. Eine Vorgruppe gab es zu meinem Erstaunen nicht und normalerweise würde sich spontan eigentlich immer eine (allenfalls auch regionale) Combo finden, die vor so einer Kulisse sehr gerne auch nur 30 Minuten lang zeigen würde, was sie drauf hat. Da der Ticketpreis deswegen wohl moderat gewesen sein muss, gab es hierzu keine kritischen Stimmen zu hören. So musste man halt brav der Dinge harren und besuchte dafür umso fleissiger die Bar. Kurz nach 20.00 Uhr war es dann aber soweit und die Show konnte beginnen. Als Opener folgte mit «Against The Odds» wieder mal ein anderer Song als auf der «Wake The Sleeper» und der «Into The Wild»-Tour. Überhaupt wartete die Setliste mit einigen Wechseln/Neuheiten auf, zu denen zum Beispiel nebst «Between Two Worlds» von «Sonic Origami» (1998) das zuvor wohl kaum bis nie gespielte «Come Away Melinda» von der allerersten Scheibe «...Very 'Eavy..., Very 'Umble» (1970) zu Live-Ehren kam! Die ganze Chose wurde natürlich wieder fett wie druckvoll vorgetragen und Frontmann Bernie Shaw befand sich in Topform, denn zwischendurch liess dieser ein paar ziemlich kräftige Screams vom Stapel. Bandboss Mick Box, inzwischen sichtlich ergraut, wirkte bei seinem prägnanten Spiel jedoch agil wie eh und je. Dazu gehörten natürlich die mittlerweile bekannten Gesten während den Soli. Bassist Trevor Bolder legte derweil zusammen mit Drum-Monster Russell Gilbrook einen satten Rhythmus-Teppich und war, wenn auch nicht so genial wie in Aarburg (08.12.10), trotzdem gut zu hören. Obwohl man als Altfan seit je her lieber Ken Hensley an den Tasten sehen würde, verrichtet Phil Lanzon schon über 25 Jahre beste Arbeit an seinem Instrument.

All diese positiven Aspekte wirkten deshalb rasch auf das ausverkaufte Kofmehl ein, das sich in ausgelassener Dauer-Stimmung präsentierte. Von der aktuellen CD «Into The Wild» wurden insgesamt drei Songs gespielt und beim Rest muss man eigentlich erwähnen, welche Alben nicht berücksichtigt wurden. Dazu gehörte leider einmal mehr «Firefly» (1977), das zum 25-jährigen Jubiläum eigentlich doch glatt mal durchgespielt werden könnte! Wie wärs die Herren? Nichtsdestotrotz holte vor allem das unsterbliche «July Morning» wieder einige Kohlen aus dem Feuer und unterstrich damit, dass Uriah Heep immer noch eine hart rockende Band sind. Der lange Zeit obligate Absacker «Lady In Black» markiert(e) heuer nicht den jeweiligen Schluss der Show, was einem als regelmässiger Konzertbesucher schon fast etwas gewöhnungsdürftig vorkam. Zur ersten Zugabe «Free 'n' Easy» wähnte man sich schliesslich augenreibend bei Steel Panther, da unvermittelt einige junge Mädels auf die Bühne gerufen wurden, um zusammen mit der Band möglichst wild headbangend abzurocken. Das hatte ich bei Uriah Heep zwar schon mal gesehen, aber irgendwie passt das deutlich besser zu den Amis als zu den Briten. Immerhin wurde so deutlich sichtbar, dass sich das Publikum offenbar laufend verjüngt, was für den Fortbestand der Band nicht unerheblich ist. Die Zeit verflog leider wie im Fluge und schon intonierte man mit dem Alltime-Classic «Easy Livin'» den letzten Song des Abends. Nach etwas mehr als 90 Minuten war definitiv "aus die Maus" und die Uhr zeigte noch nicht mal 21.45 Uhr an! Ein paar Tage später im Zürcher Spirgarten (mit Nazareth zusammen) wurden mit «Tales» und «Angels Walk With You» noch zwei Songs mehr gespielt und was alles sonst noch hätte kommen sollen/dürfen/müssen überlassen wir der Beurteilung der alten Garde, die optisch klar überwog. In dieser Form werden Uriah Heep noch locker ein paar Jährchen dran hängen können. Hoffen wir's!

Setliste: «Against The Odds» - «Overload» - «Traveller In Time» - «Sunrise» - «All My Life» - «I'm Ready» - «Between Two Worlds» - «Come Away Melinda (Harry Belafonte Cover)» - «Too Scared To Run» - «Nail On The Head» - «Into The Wild» - «Gypsy» - «July Morning» - «Lady In Black» -- «Free 'n' Easy» - «Easy Livin'».