Livereview: The Darkness - Ginger Wildheart

10. März 2013, Zürich - Komplex 457
By Rockslave
Man mag es glauben oder nicht, aber seit dem meine Wenigkeit den heutigen Headliner im Ur-Lineup das letzte Mal, notabene auch in Zürich, gesehen hat, sind nicht weniger als neun ganze Jahre ins Land gezogen! Damals als Support im legendären „Röschti“ (Rohstofflager) spielten zufälligerweise auch The Wildhearts auf, wovon Bandleader Ginger heuer und unter seinem eigenen Namen spielend noch übrig geblieben ist. Meine Erinnerung an 2004 und dieses Konzert im Speziellen, ist nur noch vage. Doch schon damals lagen die beiden Bands qualitativ weit auseinander und das sollte auch heute Abend nicht anders sein. Der Headliner liess es damals aber gewaltigst krachen und das proppenvolle Rohstofflager war total aus dem Häuschen. The Darkness waren danach noch eine gute Weile in aller Munde und medial omnipräsent. Dazu gehörte zum Beispiel auch ein Auftritt bei „Wetten Dass“, wo Zappelphilipp Justin Hawkins einmal mehr mitten ins Publikum rein lief. Der Stern der Engländer sank dann aber drogenbedingt sehr rasch und das führte letztlich zum Split. Längere Zeit hörte man nix mehr, bis Justin 2009 mit der eigenen Band Hot Leg am Start war und eine Reunion nicht mal im Ansatz ein Thema war.

Ginger Wildheart

Verkehrsbedingt war ich leider erst auf die letzten paar Klänge der Support-Band anwesend und so musste ich mich hierzu bei einigen Fans durchfragen. Die Meinungen waren weitgehend einhellig und eindeutig, will sagen unter dem Strich waren Ginger Wildheart als Band eher langweilig und mitunter soll das Ensemble von nicht weniger als sechs Musikern (inklusive Victoria Liedtke) gar arrogant gewirkt haben. Musikalisch ist das Ganze überwiegend metallisch gefärbt, typisch britisch eigentlich und die Mucke mit unter anderem drei Gitarristen stets mit omnipräsenten Backing-Vocals versehen. Zwischendurch rappelt es wie bei System Of A Down und auch Keyboard-Sounds sind auszumachen. Als Metallica meets The Beatles wurde der Sound von The Wildhearts damals betitelt und davon ist auch in der aktuellen Formation einiges raus zu hören. Ginger ist in seiner Heimat Grossbritannien an sich sehr bekannt und das schon ziemlich lange. Nichtsdestotrotz ist seine Musik nicht so einfach im Zugang, manchmal rockig, dann wieder ultra brachial. Der Auftritt in Zürich hat zumindest dem Hörensagen nach nicht grossen Anklang gefunden und wenn ich mir so ein paar aktuellere Videos auf Youtube anschaue, kann ich diese Meinung absolut nachvollziehen. Deshalb habe ich offenbar wenig bis gar nichts verpasst und wurde dafür im Anschluss mit der Hammer-Show von The Darkness mehr als nur entschädigt!

The Darkness
Nach den heftigen Drogen- und Alkoholeskapaden des exzentri-schen Frontmannes und der definitiven Auflösung der Band im Jahre 2006 dachten viele Fans, dass es das auf immer und ewig gewesen sei. Zwei Jahre zuvor räumten die Jungs bei den „Brit Awards“ noch voll ab (beste britische Band, beste britische Rock-Band und bestes Album), aber schon das zweite Werk «One Way Ticket To Hell ...And Back» war nicht mehr in der Spur des sehr erfolgreichen Vorgän-gers. Das war schliesslich schon der Anfang vom zwischenzeit-lichen Ende. Bevor nun 2011 die eigentlich wirklich unerwartete Reunion im Original- Lineup Tatsache wurde, hatte Justin (wie sein Bruder Dan mit The Stone Gods ebenso) zwei Jahre davor mit Hot Leg eine eigene Hammer-Band am Start, die mit dem grandiosen Album «Red Light Fever» mehr nach The Darkness als The Darkness selber klang. Leider wurde diese wunderbare Platte viel zu wenig gewürdigt, doch mit «Hot Cakes» bewies die alte Truppe im vergangenen Jahr dann eindrücklich, dass das letzte Wort doch noch nicht ausgesprochen war. Das liess meine Vorfreude merklich ansteigen und ich, sowie alle rund 600 Besucher des Komplex 457, sollte(n) nicht enttäuscht werden! Nach den Intro mit Thin Lizzy’s Alltime-Classic «The Boys Are Back In Town» kam die ganze Band um 21.15 Uhr auf die Bühne und als Erstes stellten sich alle vier Musiker nebeneinander und sich gegenseitig die Hände haltend mal eine Weile einfach stumm hin. Ein Bild für die Götter! Derweil machte das nun bereits bestens gelaunte Publikum gleich ordentlich Radau, und als sich Dan Hawkins (g), Frankie Poullain (b), Ed Graham (g) und Justin Hawkins (v/g) schliesslich ihrer Instrumente behändigten und die entsprechenden Plätze einnahmen, war der Zapfen gleich vollends ab! Mit einer ohrenbetäubenden Lautstärke legte der UK-Kultvierer los und zelebrierte sich selber wie in den besten Tagen.

Obwohl bärtig, bewegte sich Justin Hawkins überaus agil und wirkte mit seinen grossflächigen Tattoos und doppeltem Brust-warzenpiercing wie ein abgefuckter Outlaw. Nebst dem ureigenen Gesang (den man mag oder hasst, was dazwischen gibt es nicht!) liess er, zusammen mit seinem Bruder sein Können an der Klampfe mehrfach aufblitzen. Dazu kam zwischendurch mal ein gewagter Spreizsprung vom Drum-Riser runter, den ein gewisser David Lee Roth (Van Halen) in den 80ern nicht besser hinbekam. Unterstützt mit Flutlicht und viel Trockeneis wähnte man sich in einer Zeitmaschine. Das galt auch für die Setliste, die überwiegend am Debüt-Bestseller klebte. Zum Schluss hin wurden drei (offenbar weit gereiste) Jungs auf die Bühne geholt, die mit nackten Oberkörpern etwas rum hampelten und für Heiterkeit sorgten. Als der eine vermeintlich den blanken Hintern zeigen wollte, liess er es jedoch zum Glück bei der Unterhose bleiben, aber weil da in grossen Lettern The Darkness hinten drauf zu lesen war, kam das Echo postwendend zurück…, das heisst der Saal kochte! Darüber hinaus unternahm der solierende Justin auf den Schultern eines Roadies ein Bad in der Menge, wie das Angus Young und Bon Scott, respektive Brian Johnson (AC/DC) früher vormachten. Als die schweiss-treibende Show nach gut 95 Minuten gefühlt viel zu früh zu Ende war, fiel das Verdikt klar und eindeutig aus: Killer-Show!! Natürlich fehlte ein Quäntchen dessen, was den seinerzeit ersten CH-Auftritt im Rohstoff-Lager zu etwas ganz Besonderem machte, aber das Komplex 457 wurde gerockt…,und wie! Sollte die Ankündigung, man sehe sich in einem Jahr bereits wieder, wirklich stimmen, steht das erste Konzert-Highlight von 2014 schon frühzeitig fest…, hammer!!

Setliste: « Every Inch Of You» - «Black Shuck» - «Growing On Me» - «She’s Just A Girl» - «Eddie, One Way Ticket» - «Nothin's Gonna Stop Us» - «Get Your Hands Off My Woman» - «Love Is Only A Feeling» - «Friday Night» - «Concrete» - «How Dare You Call This Love? » - «Givin' Up, Stuck In A Rut» - «I Believe In A Thing Called Love» -- «The Best Of Me» - «Street Spirit (Fade Out) » - «Love On The Rocks With No Ice».