Livereview: The Cult - Basement Saints

04. Juli 2017, Pratteln – Z7
By Rockslave
Ich mag mich nicht erinnern, für den Monat Juli jemals sechs Konzerttermine (inklusive das BYH!!!-Festival in Balingen) auf meiner persönlichen Liste notiert zu haben! Soweit so gut, aber ich sah mich letztlich darin bestätigt, dass die Flut an Gigs nicht abebbt, im Gegenteil. Das mag ja für die einen stimmen, aber Fakt ist auch, dass es immer weniger Anlässe gibt, die „sold out“ vermelden können. Das war auch heute Abend bei The Cult so, aber immerhin fanden doch ein paar Hundertschaften den Weg ins Z7. Diese wussten sicher, dass sich die Amis nicht so oft in der Schweiz zeigen, respektive auf Tour waren. Meine letzte Begegnung mit Ian Astbury & Co. geht auf das Jahr 2011 zurück, und somit war es keine Frage, den werten Arsch nach Pratteln zu schwingen. The Cult haben mit «Hidden City» (2016), «Choice Of Weapen» (2012) und «Born Into This» (2007) den Faden eigentlich wieder gefunden, der nach «Beyond Good And Evil» (2001) gerissen war. Das schon eine ganze Weile nur noch Ian Astbury (v) und Billy Duffy (g/v) von der Urbesetzung übrig sind, hat der Band bis heute nicht geschadet. Im Vorprogramm standen zudem die Schweizer Pure-Rocker Basement Saints aus…, Grenchen!

Basement Saints

Als die junge Gruppe in der Szene auftauchte, umgab sie von Anfang ein gewisser Hype oder sollte ich besser Kult dazu sagen?! Basement Saints erfanden das Rad des Rock sicher nicht neu, aber wenn man sich eine Band anschaut, die zu dritt musiziert, sind da normalerweise die Instrumente Gitarre, Bass und Schlagzeug vertreten, und theoretisch kann jeder dieser Musiker auch der Leadsänger sein. Bei Jungrockern aus dem Kanton Solothurn (what else?!), genauer gesagt aus der Uhrenstadt Grenchen, sieht das etwas anders aus. Hier liest sich das Ganze folgendermassen: Tobias Arn - Lead & Slide Guitar / Mandolin/Harmonica, Anton Delen - Vocals/Rhythm Guitar, Samuel Jaussi – Drums & Percussion. Somit fehlt hier der Bass und dieser Umstand bereitete mir eigentlich von Anfang an Kopfzerbrechen. Wenn man sich allerdings das Duo von Royal Blood anschaut (Mike Kerr, Gesang/Bass und Ben Thatcher, Drums), wird es noch krasser, aber es funktioniert! Dass dem wirklich so ist, sah ich jetzt heute Abend zum ersten Mal auch bei Basement Saints und musste meine Vorurteile wie Bedenken bald darauf in die Tonne klopfen. Ihr Blues Rock mit teils einem Schuss Country überzeugt nicht nur auf Tonträger, sondern auch live und wie! Klar kann man den fehlenden Bass grundsätzlich feststellen, aber der Drive der Rhythmus-Gitarre gleicht dieses Manko zumindest etwas aus. Was jedoch, zusammen mit der prägnanten Gesangsstimme von Anton, den entscheidenden Unterschied ausmacht, ist die Locker- und Leichtigkeit, mit der das Trio seinen Sound zelebriert. Während zum Beispiel ein beliebter Song wie «Brother» durch den Einsatz der Mandoline einen lieblichen Touch erhält, holzt «Rainbow Nation» dafür alles mit Getöse runter und entwickelt im Refrain beste Mitsingmomente. Gleiches gilt für «Get Ready» vom aktuellen Longplayer «Get Ready» (2016) und «Red Wine», das sich wie eine Mischung aus The Doors (weniger) und The Vintage Caravan (mehr) anhört. Und dass bei «Revolution» noch ein guter Schuss Creedence Clearwater Revival zu erkennen ist, wirkt hier zu keiner Zeit aufgesetzt. Dazu kommen ziemlich filigrane Guitar-Soli von Tobias Arn. Tja Rockslave…, da haste den Start dieser talentierten Schweizer Combo auf jeden Fall voll verschlafen, und es wird höchste Zeit, dass das Vinyl bald auch den Weg in deine Sammlung finden wird! Das Publikum liess sich ebenso mitreissen und hätte bestimmte gerne noch mehr von den Jungs hören und sehen wollen.

Setliste: «Wild Fire» - «Apple Tree» - «Valhalla» - «Revolution» - «Red Wine» - «Jeans» - «Get Ready».


The Cult
Es hat eine Weile gedauert, bis The Cult die Schweiz wieder einmal mit einem Konzert beehren. Eigentlich müsste die Band um die beiden verbliebenen Ur-Members Ian Astbury (v) und Billy Duffy viel grösser und erfolgreicher sein, als sie es heute sind. Mitte der 80er klangen The Cult wie eine rockige Version von U2 und Ian Astbury, der früher viel introvertierter und divenhafter rüber kam, hatte die gleiche exzentrische Ausstrahlungskraft wie Michael Hutchence (R.I.P.) von INXS. So hätten die Briten von der Basis her ebenso das Zeug gehabt, um fortan jede noch so grosse Arena voll zu kriegen. Mit der genialen Alben-Triplette «Electric» (1987), «Sonic Temple» (1989) und «Ceremony» (1991) schuf man zudem Werke für die Ewigkeit, die, vor allem was die ersten zwei genannten Scheiben angeht, alles zu Boden rockten, was es zu der Zeit gab. Was mit dem aktuell immer noch gespielten Klassiker «She Sells Sanctuary» vom «Love»-Album 1985 vorweg genommen wurde, erstrahlte danach vor allem bei «Electric» mit genial verarbeiteten Vibes von AC/DC, ohne diese auch nur ansatzweise zu kopieren. Weitere Bands wie Zodiac Mindwarp (And The Love Reaction) oder Circus Of Power wandelten auf ähnlichen Pfaden, ohne aber den gleichen Erfolg einzuheimsen. Warum es letztlich bei The Cult mit der ganz grossen Karriere nicht geklappt hat, wissen nur die Götter des Musicbusiness. Geblieben sind jedoch haufenweise geile Songs, die es einfach wert sind, dass sie nicht in Vergessenheit geraten. Zudem waren die späteren Alben (siehe in der Einleitung) alles andere als schlecht, und zum Glück hat das Duo Astbury/Duffy die beiden Unterbrechungen von 1995 und 2002 so zu sagen überlebt. Seit 2006 sind The Cult wieder aktiv, aber die Konzerte waren in unseren Breitengraden rar gesät. Die diesjährige Tour begann anfangs Mai in den Staaten und gegen Ende Juni hin war Europa dran. So übte die Ankündigung dieses Auftrittes bei uns, und dann erst noch im Z7, eine unbändige Vorfreude beim Rezensenten und einigen weiteren Hundertschaften aus, die heute Abend den Weg nach Pratteln gefunden hatten. Im Prinzip war das die «Hidden City»-Tour zum aktuellen Album, das letztes Jahr erschienen ist. Darüber hinaus konnte man allerdings echt darauf gespannt sein, welche der zahlreichen Klassiker heuer den Weg auf die Setliste gefunden haben.

Der Opener «Wild Flower» (gleichzeitig auch der Opener auf «Electric») haute schon mal voll rein, und es erstaunt letztlich nicht, dass insgesamt fünf Songs aus dieser Kult-Scheibe noch folgen sollten. Ian Astbury sah vergleichsweise „normal“ aus, will heissen, dass er nicht (wie früher) mit allerlei Firlefanz behangen war, mitunter auch Federn, sondern zu Beginn lediglich eine Sonnenbrille trug, sonst einen ziemlich abgeklärten, nicht mehr so wilden Eindruck hinterliess und top bei Stimme war! Sein Sidekick Billy Duffy, der natürlich meistens auf einer seiner voluminösen Gretsch White Falcons spielte, liess nichts anbrennen und fiel sonst vor allem durch seine stark ausgeprägten Augenränder auf, die als Ausdruck vergangener (?) Exzesse zu deuten waren. Die Rhythm-Section besteht aus Grant Fitzpatrick und John Tempesta, und auch diese beiden Klasse-Musiker verrichteten einen Top-Job. Derweil öffnete sich Astbury immer mehr und kommunizierte auf einmal locker mit dem Publikum. Somit konnte der ehemalige Exzentriker vom Dienst einige nachhaltige wie neue Sympathiepunkte generieren. Muss wohl das Alter sein! Dass vom «Love»-Album nicht weniger als vier Songs, darunter natürlich «Rain», «The Phoenix» oder «She Sells Sanctuary» gespielt wurden, zeigte, dass sich The Cult sehr wohl noch mit ihrer New Wave Vergangenheit verbunden fühlen. Der Zeitsprung hin zum neuen Material von «Hidden City» gestaltete sich indes fliessend und enthielt massig Band-DNA der erfolgreichen End-80er Phase. Das Publikum zeigte sich sichtlich erfreut darüber und quittierte jeden Song mit zunehmendem Applaus. «Deeply Ordered Chaos» wich vom rockigen Grundschema etwas ab und hätte zum Beispiel auch David Bowie (R.I.P.) gut zu Gesicht gestanden. Dafür nahm «G O A T» (bereits im Zugabeteil) die gewohnte Fährte wieder auf. «Fire Woman» als letzter Song des regulären Sets war jedoch hitträchtiger und versprühte opulent die Essenz von The Cult. Astburys Stimme hielt über die gesamte Konzertdistanz locker mit, und so brillierte Neues wie der göttlich besetzte Backkatalog der Briten in seiner ganzen Pracht. Daraus fehlte zum Schluss noch ein umungängliches Highlight, das nicht fehlen durfte: «Love Removal Machine»! Der geile Smasher mobilisierte die begeisterten Fans ein letztes Mal, und es verblieb die Hoffnung, dies bald wieder erleben zu dürfen.

Setliste: «Wild Flower» - «Rain» - «Dark Energy» - «Peace Dog» - «Honey From A Knife» - «Sweet Soul Sister» - «Nirvana» - «Deeply Ordered Chaos» - «The Phoenix» - «Lil' Devil» - «She Sells Sanctuary» - «Fire Woman» -- «King Contrary Man» - «G O A T» - «Love Removal Machine».