Livereview: Symphony X - Savage Messiah

08. Mai 2019, Pratteln – Z7
By Rockslave
Normalerweise sind oder waren Bands auf Tour, um das jeweils neue Album zu promoten und den Fans oben drauf noch eine möglichst gute Auswahl an Klassikern und Hits aus dem Backkatalog zu bieten. Das ist aber längst nicht mehr so und kann verschiedene Gründe aufweisen. Altgediente Rock- und Metal-Ikonen sind schon seit Jahren in regel- oder unregelmässigen Abständen "permanent" auf Tour, nehmen Jubiläen zum Anlass, um mitunter entsprechende Alben durch zu spielen oder nur Songs aus einer bestimmten Ära zu berücksichtigen. Bei Symphony X bestehen aktuell keine dieser Gründe, zumal «Underworld», das letzte Studioalbum, aus dem Jahr 2015 stammt und alle weitere Alben, bis auf das Debüt von 1994 (das zuerst nur in Japan erschien) keine altersmässige Feierlaune auslösen. Diese ist seit 2017 und einem überaus tragischen Verkehrsunfall im Umfeld von Adrenaline Mob (Bassist David Zablidowsky und Tourmanagerin Jane Train starben dabei) eh arg getrübt und der Hauptgrund, weshalb Frontmann Russell Allen entsprechend Zeit brauchte. Als Support waren die Briten von Savage Messiah dabei, die in unseren Breitengraden leider noch viel zu unbekannt sind.

Savage Messiah

In den Rezis zum Februar 2012 schrieb unser aller Mirko Buccio, Zitat, folgendes: "Mit einem gelungenen Mix aus gemässigtem Thrash Metal mit hohen, cleanen Vocals und epischem Power Metal überzeugen die Youngsters Savage Messiah auf ihrem dritten Output auf ganzer Linie." Gemeint war damit «Plague Of Conscience». Der Nachfolger «Hands Of Fate» (2017) fand öffentlich hingegen kaum mehr Zuspruch als bei MF-Tinu, dem die Mucke trotz attestiertem Potenzial ebenso nicht wirklich mundete. Die Briten sind heuer nun mit dem neusten Wurf «Demons» am Start, der offiziell aber erst neun Tage nach diesem Konzert das Licht der Welt sah. So ergriffen Savage Messiah die Gelegenheit des sich bietenden Rundumschlages und spielten nicht weniger als gleich acht der elf neuen Songs (!), ergänzt um den Titeltrack «The Fateful Dark» von 2014. Für die meisten der anwesenden paar Hundertschaften machte dies allerdings, wie für meine Wenigkeit auch, keinen wirklichen Unterschied aus, da die bisherige Mucke sowieso nicht geläufig war. Mit David Hruska (lead g/backing v) und Charly Carretón (d) brachte Bandleader, Frontmann und Gitarrist Dave Silver zudem zwei neue Musiker mit, die beide erst seit diesem Jahr das aktuelle Line-Up zieren. Als Opener wurde «Virtue Signal» gespielt, der auch die neue Scheibe eröffnen wird.

Nach dem spürbar schwächeren Vorgänger «Hands Of Fate», wo man teilweise wie unbeholfen zugleich einen auf "Black Album von Metallica" machte, ist er offenbar wieder da, der thrashig untermalte Power Metal der früheren Tage. Und das Ganze, vereinzelt mit etwas Keysound ab Band versetzt, knallte schon mal ganz ordentlich. Nicht minder stark gebärdete sich gleich anschliessend «Heretic In The Modern World» und auch «The Bitter Truth» vermochte sehr zu gefallen. Allerdings befanden sich die Stimmbänder von Mr. Silver zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf Betriebstemperatur, da sich die oberen Gesangslinien mehrfach arg bemüht, wenn nicht überstrapaziert anhörten. Darum kam das getragenere «The Lights Are Going Out» gerade recht, um für den Rest richtig Anlauf holen zu können. Mit «Under No Illusions» wurde das Thrash-Gaspedal zunächst ordentlich durchgetreten, um dann umgehend wieder auf melodischen Power Metal umzustellen sowie damit gekonnt hin und her zu wechseln. Mit der fünften full lenght Scheibe lassen die Briten den mehrheitlich verunglückten Vorgänger ziemlich deutlich wie beeindruckend hinter sich zurück und besinnen sich zum Glück wieder ihrer früheren Tugenden. Bleibt nun echt zu hoffen, dass den Jungs hiermit der nächste Karriere-Sprung gelingt und wir diese in der Tat sehr geile Combo bald einmal als Headliner anfeuern können!

Setliste: «Virtue Signal» - «Heretic In The Modern World» - «The Bitter Truth» - «The Lights Are Going Out» - «Under No Illusions» - «What Dreams May Come» - «Parachute» - «The Fateful Dark» - «Down And Out».


Symphony X
Sackstarke Support-Bands können einen Headliner ganz schön piesacken, wenn nicht, wie früher noch oft geschehen, glatt an die Wand spielen. Trotz der unbestreitbaren Qualitäten der überzeugenden Einheizer musste sich der geneigte Fan jedoch keine Sorgen machen, da Symphony X über genügend Reserven verfügen, um hier locker als Sieger über die Ziellinie zu gehen! Um dann so zu sagen gleich richtig zuzulangen, versetzte einen der fast 11-minütige Opener «Iconoclast» ab dem gleichnamigen Album von 2011 gleich in die richtige Stimmung. Neben Russell Allen brillierten auch Meistergitarrist Michael Romero und Bassist Mike LePond, dessen leichtfüssiges Spiel laufend für offene Münder sorgte. Wie auch die Kollegen von Dream Theater fahren Symphony X ein technisch äusserst versiertes Brett, auf das die Fans eine ganze Weile warten mussten. Bei mehr als der Hälfte des Sets lag der songmässige Schwerpunkt bei den Alben bei «Paradise Lost» (2007) und dem bisher letzten Dreher «Underworld» (2015). Die Nerds konnten sich dann nach jedem gespielten Song gegenseitig abfragen, welcher erwartete Klassiker oder persönliche nach wie vor fehlte. Ich hätte zum Beispiel ganz gerne «Children Of A Faceless God» abgefeiert, doch wer als Kenner die untenstehende Setliste konsultiert, wird noch einiges entdecken, das ihn schon während dem Konzert berührt hat. Dass Russell und seine Band nicht nur opulent und filigran, sondern auch etwas feiner wie melodiöser ans Werk gehen können, bewies der Track «Without You», der den beiden Verstorbenen gewidmet wurde.

Danach ging es mit «Domination» und «Run With The Devil» abermals rasant und heavy weiter. Das, was Dream Theater mit dem aktuellen Werk «Distance Over Time» (endlich!) wieder zelebrieren, haben Symphony X nie verlassen. Ihr progressiv ausgerichteter Power Metal zeigt(e) stets Biss und das unabhängig vom Alter der Songs. So reihte sich «Sea Of Lies», inzwischen immerhin 22 Jahre alt, bestens zwischen dem aktuelleren Material ein. Zuhause stellte ich dann erstaunt fest, dass ich bisher nur zwei Scheiben der Amis in meiner Sammlung stehen habe, warum auch immer. Die virtuellen Scheuklappen im Umfeld von Dream Theater, Redemption, Threshold und Konsorten müssen anscheinend ziemlich gross gewesen sein. Nach «Set The World On Fire (The Lie Of Lies)» ging der Headliner nach dem regulären Set von der Bühne und wurde vom für einen Mittwochabend ordentlich aufmarschierten Publikum mit lautem Applaus kurz darauf wieder zurück beordert. Als Zugabe folgte "nur ein Song", aber was für einer: «The Odyssey»! Stellte sich hierzu umgehend die Frage, ob das über 24-minütige Opus komplett durchgespielt wird, kann gleich mit grosser Freude vermeldet werden: "Ja!". Somit zogen Symphony X nochmals alle Register und entliessen nach knappen hundert Minuten mehr als nur zufriedene Gesichter in die Nacht hinaus. Zum Schluss keimte bei manchem Fan noch der innige Wunsch auf, dass bald einmal ein neues Album folgen möge wie eine anschliessende Tour nicht lange auf sich warten lässt, respektive der Tross auch wieder in Europa Halt machen wird!

Setliste: «Iconoclast» - «Evolution (The Grand Design) » - «Serpent's Kiss» - «Nevermore» - «Without You» - «Domination» - «Run With The Devil» - «Sea Of Lies» - «Set The World On Fire (The Lie Of Lies)» -- «The Odyssey».