Livereview: Sweden Rock Festival 2018
06. Juni bis 09. Juni 2018 – Sölvesborg (S)
By Roxx (rxx), Rockslave (rsl), Tinu (tin) and Kissi (kis) – All Pics by Roxx, Rockslave and Tinu


Bei der letztjährigen Reise zum Sweden Rock Festival erlebte unser Interview-Gott Tinu seine Premiere im hohen Norden. Was mir seit 2013 und den meisten anderen Fans ebenso widerfahren ist, nämlich dass wenn man einmal da oben gewesen ist, immer wieder dahin will, bewahrheitete sich auch heuer wieder. So freuten sich die vier METAL FACTORY Protagonisten des Jahres 2018 tierisch auf die bevorstehenden Tage. Allerdings musste zuerst noch eine brenzlige Situation überstanden werden, denn am Vorabend des geplanten Abfluges ereilte den Flughafen Hamburg ein folgenschwerer Stromausfall! Das bedeutete, dass unser Cheffe Roxx, einen Tag früher gereist, es gerade noch ohne Komplikationen an die erste Reisedestination schaffte, während seine Crew innerhalb von wenigen Stunden zu einer Alternative gelangen musste. Diese hiess letztlich Zug ab Basel anstatt Flug ab Zürich, doch unser Kissi, der eigentlich in der Nacht zuvor sowieso kaum ein Auge zudrücken konnte, düste im Voraus nach Basel und erledigte die Sache für Tinu und meine Wenigkeit souverän. So reiste die Nachhut der SRF-Crew in sieben Stunden per Zug und in der 1. Klasse nach Hamburg. Die Zeitverspätung von drei Stunden war dabei ärgerlich, aber verkraftbar.

Doch es sollte noch spannender werden, denn nach dem Übersetzen auf Dänemark wurde festgestellt, dass ein MF-Member den aktuellen Status eines "Sans-Papiers" trug, da der Pass auf der Fähre bleiben wollte! Wen das von uns betraf, darf erraten werden, wenn nicht schon längstens bekannt. Doch der MF-Camper, pilotiert von Cheffe Roxx, überwand letztlich alle Widrigkeiten dank einer guten Portion Glück, und so gelangten wir schliesslich für sieben Tage an einen Ort, der es wirklich in sich hatte. In Sichtweite von unseren KollegenInnen in ihrem alljährlich gemieteten schmucken Haus konnten wir unser Fahrzeug direkt am Strand parken. Besser gehts nimmer, und Strom hatten wir diesmal auch! Herz, was willst du mehr?! Von diesem Traumplatz aus liess sich das Festival-Gelände bequem zu Fuss und ohne Hektik erreichen, wo dieses Jahr in vier Tagen wieder über achtzig Bands (!) auf der Bühne rocken und riffen werden. Mit den Blockbusters Iron Maiden, Judas Priest und Ozzy Osbourne klotzte das "Sweden Rock" (Life Nation lässt grüssen!) standesgemäss und konnte sich dabei sicher sein, dass die zusätzlich auf das Gelände gelassenen 5'000 Fans "allesamt" anreisen werden. Die sahen dann bei insgesamt bestem Wetter weitere Highlights wie The Quireboys, Hardcore Superstar, Avatarium, Glenn Hughes, Helloween, Vixen, Pretty Maids, The Darkness, Circus Maximus, Steelheart oder Yes. (rsl)

Mittwoch, 06.06.2018 (Erster Tag)

4Sound Stage
Wer sich manchmal zunehmend fragt, wo denn bitte der Nachwuchs in der Hard n' Heavy Szene abbleibt, muss nur nach Schweden reisen! Zum Auftakt des Sweden Rock Festivals stiegen überraschenderweise fünf blutjunge Jungs (circa um die 14 Jahre alt!) auf die Bühne und legten von der ersten Sekunde an los wie die Feuerwehr! Sie nennen sich Three Dead Fingers. Ihre total agil vorgetragene Mischung aus Heavy, Thrash und einer Prise Death Metal liess mehr als nur eine Kinnlade runterfallen! Ich traute meinen Augen und Ohren nicht, mit welcher Leichtigkeit die Youngsters aus Västerås auf der 4Sound Stage performten und kaum bis gar keine Nervosität erkennen liessen. Besonders der Frontmann gab sich bereits als obercoole Socke, und wenn hier der Stimmbruch eines Tages Einzug halten wird, gibts kein Halten mehr.

Mit Brian Downey's Alive And Dangerous folgte auf den Nachwuchs als Kontrast bereits eine Rock-Legende, zumal Drummer Brian neben Bass-Ikone Phil Lynott (R.I.P.) und Eric Bell zu den Gründern von Thin Lizzy gehört. Nach dem Wiedereinstieg 2010 spielte er noch weitere fünf Jahre lang unter dem Banner der einstigen Super-Group. Nun hat er eine eigene Truppe zusammen gestellt, die sich natürlich auch weiterhin dem legendären Backkatalog widmet. Dass Bassist Matt Wilson optisch wie gesanglich nahe beim grossen Vorbild steht, passt natürlich bestens. Ergänzt wird das Quartett mit den beiden Gitarristen Phil Edgar und Brian Grace. Insgesamt wurden die Lizzy-Songs gekonnt rüber gebracht, aber die Magie des Originals wird nie mehr erreicht werden. Ob mit oder ohne Brian.

Nocturnal Rites waren in den 2000ern mal 'ne echt heisse Band, die aber keine grossen Erfolge einfahren konnte. Mir blieb stets das sackstarke Album «Grand Illusion» von 2005 in Erinnerung. Nach 2007 riss der Faden, weil Gitarrist Chris Rörland bekanntlich bei Sabaton einstieg und mit dem im letzten Jahr erschienenen neunten Longplayer «Phoenix» wurde die einstige Härte zugunsten mehr Melodie zurück gefahren. Sänger Jonny Lindqvist verfügt, wie Ronnie Atkins von Pretty Maids, nach wie vor über seine prägnante Gesangsstimme, und das ist aktuell sicher das Positive. Wenn sich eine Band aber für den Zeitraum einer ganzen Dekade verabschiedet, muss man praktisch wieder von vorne beginnen. Schon nur der Weg auf die Rock oder Sweden Stage liegt deshalb in weiter Ferne.

Bullet auf der 4Sound Stage?! Was sich zuerst wie ein schlechter Witz anhörte, war jedoch Tatsache! Unter dem Strich passte es dann dennoch, da die Fans dichtgedrängt vor der Bühne standen und ihren Landsleuten erstmal einen lautstarken Empfang bescherten. Seit dem Debüt «Heading For The Top» (2006) lassen Bullet aufhorchen und weder Line-Up Wechsel noch der Vorwurf, zuweilen etwas zu limitiert ans Werk zu gehen, konnten die Schweden von ihrem Weg abbringen. Wer sich «Dust To Gold», das neue Meisterwerk, anhört, wird bemerken, dass Hell Hofer und seine Truppe besser denn je drauf sind und diversen anderen "grossen" Bands damit gehörig vor die Füsse pissen. Was trotz der kleinen Bühne resultierte, war ein sackstarker wie umjubelter Auftritt, der für mächtig Stimmung sorgte und die Zukunft des lärmigen Quintetts ziemlich rosig zeichnet! (rsl)



Sweden Stage
Astral Doors starteten mit der Schwedischen Nationalhymne. Unterstützt von diversen Sängern und Sängerinnen, sowie komplett in schwedischen Nationaldresses gekleidet. Nach diesem kleinen Intermezzo, das von den Fans lauthals mitgesungen wurde, legten Astral Doors mit «Time To Rock» los. Schnell fiel auf, dass der Fünfer heute eher eine Hobby-Band, denn eine professionelle Truppe ist. Die Lieder wurden von den Fans zwar mitgesungen, aber der Glanz der früheren Zeit blätterte ab wie ein alter Lack. Auch wenn unser Rockslave fast ausser sich war vor Freude, als er «Evil Is Forever» hörte. Die Glanzzeiten der Truppe um Meistersänger Nils Patrik Johansson sind definitiv vorbei. Da kann der Gute noch so screamen wie er will.

Als nächstes standen Cyhra auf den Brettern. Joacim Lundberg kennt man als einen der Sänger von Amaranthe und Jesper Strömblad als ehemaligen Gitarristen von In Flames und HammerFall. Der Vierer (ohne Bassist!) spielte sich schnell in die Herzen der Schweden und hatte dort einen dicken Stein im Brett. Der leicht moderne Metal, mit viel Melodie und einer Hammerstimme veredelt, schoss direkt in die Sympathie der Anwesenden und liess jene lautstark mitsingen. Es war nicht nur viel Bewegung auf, sondern auch vor der Bühne und es schien, dass Jesper nach seinen Alkoholeskapaden endlich wieder ein musikalisches Betätigungsfeld gefunden hat, bei dem er sich austoben kann. Sehr viele Bonuspunkte holte sich auch Joachim, der mit seiner sehr sympathischen Art die Fans sofort auf seine Seite zog.

Die englischen The Quireboys waren für mich an diesem eher durchzogenen Tag das absolute Highlight neben Bullet. Sänger Spike war zwar kaum Herr seiner selbst, wusste aber das Publikum von der ersten Sekunde an auf seine Seite zu ziehen. Mit viel Gefühl, seinem frechen und kecken Grinsen und einer «Gott-lass-mich-nicht-von-der-Bühne-fallen»-Mentalität punktete der wie immer gut gelaunte Engländer. Auch wenn Spike nach wie vor das Zentrum und der Mittelpunkt einer jeder The Quireboys-Show ist, ohne seine Begleitband läuft nichts. Die beiden Gitarristen Guy Griffin und Paul Guerin besitzen mehr Retro Rock im kleinen Finger, als so manche Band, die versucht retro zu sein. Mehr Small Faces und The Rolling Stones in einer Truppe geht definitiv nicht. Und wenn Spike zu seinem sagenumwobenen «Yeehaa» ansetzt, bleibt kein Auge trocken. Die Mischung aus alten Klassikern und neuen Tracks passte wie der berühmte Arsch auf den Deckel (oder umgekehrt) und besass aber logischerweise mit «Sex Party», «Hey You», «7 O‘Clock» und der Mörderballade «I Don’t Love You Anymore» die ganz grossen Momente im Set. The Quireboys waren für mich der heimliche Headliner. Auch wenn die nachfolgenden Bullet und Hardcore Superstar die grösseren Publikumsresonanzen erhielten, es war ein sensationeller Auftritt der Engländer.

Hardcore Superstar geizten nicht mit einem tollen Bühnenaufbau und fetten Pyroeinlagen. Wieso eine Sleaze Rock-Band aber neuerdings mit einem umgekehrten Kreuz im Schriftzug und Selbigen auf der Bühne, die sich um die eigene Achse drehten, kokettiert, muss mir zuerst noch jemand erklären. Auch wenn die Herren um Sänger Jocke einmal mehr viel in Bewegung waren, ständig die Positionen wechselten und mit dem Shouter einen nie stillstehenden Aktivposten haben, an diesem Abend fehlte was. Die richtige Setliste! Unvergesslich bleibt der letzte HCSS-Auftritt am «Bang Your Head!!!», der eine Hitansammlung lieferte, die Ihresgleichen sucht. Trotzdem schien das Heimspiel für die Superstars eine lockere Angelegenheit zu sein. Denn! Die Fans hingen an den Lippen der Jungs und sangen jeden Song lautstark mit. Gänsehaut überzog meine Unterarme, als mit «We Don’t Celebrate Sundays» die Anwesenden fast lauter waren, als die Band selber. Ein gelungener Start in den Zugabeteil, der mit «Above The Law» seinen Ausklang fand und sich der Vierer sicherlich zu Recht von den Fans feiern liess. Dass Jocke sich von seiner Frau noch immer nicht dazu verdonnern liess, den überflüssigen Schnauz zu rasieren und so dem Shouter einiges an Chrisma raubt, schien den Schreihals nicht zu interessieren. Dafür sang er einmal mehr fantastisch, auch wenn die Killerballade «Standing On The Verge» fehlte. HCSS kamen, sahen und siegten, ohne all die grossen Killersongs zu spielen. (tin)

Rockklassiker Stage
Dass die Grösse der Bühne nichts über die Qualität des Acts aussagt, sollten gestandene Konzertgänger schon längst wissen. Beim Sweden Rock ist das nicht anders, und so finden sich auch auf der kleinsten Stage immer wieder grandiose Acts. F.K.Ü. zum Beispiel, welche das Sweden Rock bereits vor einigen Jahren mit ihrem Horror Thrash zum Früh-Moshen brachten. Die namensgebenden rot-grün gestreiften Pullis (F.K.Ü. Steht für «Freddy Krueger's Ünderwear») mittlerweile gegen Jeans-Outfit und Zombie Make-up eingetauscht, säbelten sich die Jungs zwischen Exodus, Anthrax und Municipal Waste souverän in die Gehörgänge. Aus gesundheitlichen Gründen hatten The Quill ihren Gig kurzfristig absagen müssen. Als Ersatz gab es den «AC/DC Jam» und wenn die Herren ihre Hommage an Angus & Co.auch ganz gut rüberbrachten wie natürlich auch nicht auf Schuluniform und Krimskrams verzichteten: der erdig groovende Hard Rock mit Stoner-Anleihen, der wär mir halt schon lieber gewesen. Dafür boten Suffocation, was man von ihnen erwartet: Kompromisslosen Death Metal alter Schule, gleichzeitig brachial und technisch verblüffend, chirurgisch präzises Gemetzel sozusagen. (kis)


Donnerstag, 07.06.2018 (Zweiter Tag)
4Sound Stage
Die Schweden lieben ihren Sleaze Rock, und so erstaunte es nicht, dass Crazy Lixx schon auf eine beachtliche Fan-Schar blicken durften, als sie den zweiten Festivaltag eröffneten. Eingängige Songs wie «Lights Out» oder die Stadion-Hymne «Killer» vom letzten Output «Ruff Justice» kombiniert mit einer anständigen Performance, mehr braucht es für einen gelungenen Start in den Tag ja auch nicht. Dass Avatarium danach auf ähnliche Zustimmung stiessen überraschte mich dann doch etwas. Jedoch zurecht! Hatte ich die von Leif Edling (Candlemass) konzipierten Retro Doomer bei ihren letzten Shows als eher steif erlebt, präsentierten sich die Musiker dieses Mal eingespielt und Sängerin Jennie-Ann Smith als charismatische Frontfrau. Dafür werd ich mit The Raven Age wohl nie etwas anfangen können. Klar: Den Erfolg der Briten nur auf den Umstand zurück zu führen, dass ihr Gitarrist George Harris einen gewissen Steve als Vater hat, wäre zu kurz gegriffen. Die Jungs beherrschen ihre Instrumente, keine Frage und verausgabten sich ordentlich auf der Bühne. Doch eben auch nicht mehr. Da präsentierten sich Rotting Christ schon als anderes Kaliber. Unermüdlich führen die Griechen ihren extremmetallischen Kreuzzug gegen alles Christliche und haben ihren Sound dabei von primitivem Death Metal hin zu fast schon progressiver Kirchenschändung weiterentwickelt, was sich auch direkt in ihrem so energischen wie abwechslungsreichen Set niederschlug, dass bei etwas weniger Sonnenschein wohl noch diabolischer gewirkt hätte. Mick Clarke's entspannter Blues passte dagegen perfekt zum lauen Sommerabend, und auch wenn der altgediente Gitarrist jetzt auch nicht besser oder spezieller spielte als so manch anderer: das eher ältere Publikum genoss und wippte. Und dann, dann kamen Coven. Älter als der Heavy Metal selber entsetzten sie die Sittenwächter 1969 mit ihrem Occult Rock-Debüt «Witchcraft Destroys Minds & Reap Soul». Und wenn mit Geschichten von Hexen und Dämonen heute auch kein Aufschrei mehr zu holen ist: diese Show war mehr als nur Kult, denn auch wenn man das ganze, zugegeben stimmungsvolle Brimborium wie Kutten und Sarg mit umgedrehtem Kreuz drauf, weggelassen hätte, so wäre die Show dennoch eine der eindringlichsten des ganzen Festivals geblieben. Hohepriesterin Jinx Dawson nämlich hatte nicht nur ihre natürlich gealterte Stimme, sondern auch das Publikum vom Opener «Out Of Luck» an vollends im Griff und was darauf folgte, war ein Reigen okkulter Psalme wie «Wicked Woman», «Coven in Charing Cross» oder natürlich «Black Sabbath», die teilweise deutlich heavier gespielt wurden als die gut 50 Jahre alten Originalversionen. «Save us, Lord Satan! (kis)


Rock Stage
Zu bestem Wetter und pünktlich zur Mittagszeit eröffneten die einheimischen Melo-Death Grössen von Dark Tranquillity. Die eher düster und nicht wirklich "fröhlich" angehauchte Musik wollte nicht ganz so recht zur sommerlichen Stimmung passen. Sonnenschein Mikeal Stanne am Mikrofon konnte die Leute aber ordentlich mitreissen. Anschliessend folgte eine Show der Superlative. In This Moment stammen aus Los Angeles und spielen so eine Art Female Fronted Metalcore oder so ähnlich. Das Bühnenbild war schlicht grossartig. Alle Musiker waren ausserdem top gestylt und trugen jeweils ihren Teil zur Gesamtshow bei. Highlight war natürlich die exzentrische Sängerin Maria Brink. Mit einigen Kostümwechseln und einer interessanten Show überzeugten In This Moment auf der ganzen Linie. Amerikanisch ging es dann gleich mit Killswitch Engage weiter. Die Buben aus Massachusetts zockten ebenfalls Metalcore. Showmässig bei Weiten nicht so üppig wie bei In This Moment, aber dafür mit einem Jesse Leach am Gesang, der mit seiner wuchtigen Stimme zu überzeugen wusste. Dass Helloween mit ihrer aktuellen Reunion-Show auch das Sweden Rock beehren würden, lag schon fast auf der Hand. Der gegenüber den zuvor sehr erfolgreich absolvierten Hallen-Shows etwas gekürzte Festival-Set fand dennoch Anklang und spaltete die Kiske- und Deris-Fans erneut, respektive in dieser Form wohl ein letztes Mal. Nach der grossartigen Show von Iron Maiden drüben auf der Festival Stage war jedoch noch lange nicht Schluss auf der Rock Stage. Die Essener Kult Thrash Metal-Institution Kreator waren noch an der Reihe, um den zweiten Festivaltag auf dieser Bühne würdig abzuschliessen. Eine gewaltige Bühnenshow wurde dazu aufgefahren, und noch heftiger kam der Sound rüber. Frontmann und Gitarrist Mille Petrozza zeigte dabei einmal mehr, warum Kreator nach wie vor zur Speerspitze des deutschen Thrash Metals gehören. (rxx)



 
Sweden Stage
Eine Band wie Battle Beast sollte man sich eigentlich nicht schon um 12:00 Uhr mittags rein zeihen müssen. Festivals wie das Sweden Rock können aber auf solche Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmen. Durch das Tageslicht relativiert sich ausserdem die Wirkung der Lightshow weitestgehend und der Fokus wird damit mehr auf die Performance der Musiker gelegt. Damit hatten Battle Beast natürlich keine Mühe und zündeten ihr musikalisches Feuerwerk von Anfang an. Mit mittlerweile vier Alben in der Hinterhand lassen sich gute Sets zusammenstellen, und wenn die Spielzeit nur eine Stunde beträgt, geht es bereits in Richtung "Best-Of" des Backkataloges. Frontfrau Noora Louhimo übernahm hierzu mit ihrer Hammerstimme sogleich das Zepter und liess zusammen mit ihren Kollegen nichts anbrennen. Das Vertrauen in das neue Material von «Bringer Of Pain» ist gross, und so stammten von den total elf Songs nicht weniger als acht ab dem aktuellen Longplayer. Der Midtempo-Smasher «Black Ninja» durfte allerdings nicht fehlen, und die ausgelassene Stimmung unterstrich den Status der Finnen.

Nazareth noch gross vorstellen müssen, hiesse Eulen nach Athen tragen, aber die glorreichen Zeiten der schottischen Rock-Legende sind spätestens nach dem gesundheitlich bedingten Abgang von Frontmann Dan McCafferty im Spätsommer 2013 definitiv vorbei. Die aktuelle Besetzung, die mit dem 72-jährigen Bassisten Pete Agnew noch das einzig verbliebene Original-Mitglied aufweist, erhält seit dem Einstieg von Sänger Carl Sentance (Ex-Krokus, Persian Risk, Don Airey) 2015 als Nachfolger des kurzzeitigen McCafferty Nachfolgers Linton Osborn so zu sagen ein letztes Gnadenbrot. Während Altfans längst mit ihren Helden abgeschlossen haben, ist es vor allem jungen Fans vergönnt, jeweils einen kleinen Ausschnitt des übergrossen "Naz-Universums" noch geniessen zu dürfen. Durch Routinier Carl Sentance würdig interpretiert, gab es ein "Hitpourri" mit unter anderem «Razamanaz», «This Flight Tonight», «Expect No Mercy» (!) und natürlich dem obligaten Schmachtfetzen «Dream On». Wer Nazareth und die unzähligen weiteren geilen Songs jedoch kennt, weiss um den Verlust, der live nicht mehr wett gemacht werden kann. Sohnemann Lee Agnew an den Drums und ein diesmal "wacher" Jimmy Murrison (g) sorgten zusammen mit Pete und Carl jedoch dafür, dass wenigstens der Geist dieser Kultband weiterhin erhalten bleibt.

Was die Sängerinnen der Band Nightwish bezüglich Akzeptanz bei den Fans angeht, gehen die Meinungen seit je her diametral auseinander. Ich mag zum Beispiel nur die 2000er-Jahre von Tarja Turunen zu Zeiten von «Century Child» (2002) besonders und danach alles mit Anette Olzon. Seit ihrem Ausstieg sind die einstigen Symphonic Metal Könige jedoch nicht mehr auf meinem Radar, sprich die Ära mit Floor Janssen geht mir bisher voll am Arsch vorbei! Darum war die Freude umso grösser, als sich "meine" Anette mit dem brillanten Comeback namens The Dark Element wieder in der Szene zurück meldete. Was da Gitarrist Jani Liimatainen (u.a. Ex-Sonata Arctica) mit dem gleichnamigen Debüt erschaffen hat, dürfte Master Holopainen schlaflose Nächte bereitet haben. So müssten Nightwish eigentlich heute klingen, aber das ist eine andere Geschichte. Die Herausforderung, das opulent aufgenommene Material entsprechend auf die Bühne zu transformieren gelang glücklicherweise. Anette Olzon bewies dabei eindrücklich, was sie bei ihrem einstigen Brötchengeber nicht mehr zeigen durfte. Die einprägsamen Melodien hörten sich live noch eindringlicher an, und der zustimmende Applaus erfreute die Band sichtlich. So wurde bis auf die Ballade «Heaven On Your Heart» das ganze Album durchgespielt und bot so einen wunderbaren Querschnitt dessen, was hoffentlich erst der Anfang ist.

Zwei Stunden nach The Dark Element war die Sweden Stage für einen eher seltenen Gast aus den Staaten hergerichtet: Body Count! 1989 durch Rapper und Schauspieler Ice-T gegründet, gelang mit dem Debüt 1992 ein bemerkenswerter Einstand. Allerdings erregte der darauf enthaltene Song «Copkiller» die Gemüter, was der Popularität der Band jedoch keinen Abbruch tat, im Gegenteil. Die Besuche in Europa waren bisher eher rar gesät, und darum war der Auftritt der Amis nicht nur für die Die-Hard Fans etwas Besonderes. Dass Mainman Ice-T schon immer ein Faible für seine Landsleute von Slayer hatte, ist nichts Neues unter der Sonne, und so überraschte es nicht wirklich, dass als Opener gleich ein Bastard aus «Raining Blood» und «Postmortem» gezockt wurde. Der grosse Rest des Sets bestand aus Songs vom legendären Erstling. Die grundsätzlich flott abrockende Mucke brachte auch immer wieder mal die nötige metallische Note ein. Insgesamt befanden sich acht Musiker auf der Bühne, wobei einer davon nur die Aufgabe hatte, am Bühnenrand stehend und mit einer Pump-Action im Anschlag, das Publikum "einzuschüchtern". Nun ja, sah ziemlich doof aus, aber was zählte, war eh nur der Sound. Zu groovigen Songs wie «Bowels Of The Devil», «Manslaughter» oder «Body Count» liess sich vorzüglich "moshpitten". Ice-T quasselte zwar etwas lange zwischen den Songs, was aber zu erwarten war. Nicht fehlen durfte natürlich der Kult-Song «Cop Killer», der mit herrlich punkiger Attitüde raus gehauen wurde. Unter dem Strich resultierte ein überraschend gutes Konzert. (rsl)







 
 
Festival Stage
Buckcherry standen als erste Truppe auf der grössten Bühne des Sweden Rock Festivals. Die Truppe um Sänger Josh Todd hinterliess begeisterte und enttäuschte Fans gleichermassen. Mit Ansagen wie «Do you have Cocaine in Sweden?», hinterliess der nicht ganz "spurenfreie" Shouter gemischte Gefühle. Zumindest seine Performance liess zu wünschen übrig. Dafür überzeugte Stevie D. einmal mehr mit seiner lockeren, spielfreudigen Art und zauberte Riffs und Solos in die sommerlichen Temperaturen. Buckcherry als die Erben von Aerosmith zu betiteln, wäre zu viel des Guten. Trotzdem stieg die Stimmung von Song zu Song an, so dass am Schluss die Amis die Bühne mit einem Achtungserfolg verliessen. The Quireboys boten am Vorabend aber die geilere Rockshow.

Glenn Hughes war für mich die grosse Überraschung des Festivals. Nicht nur, dass der singende Bassist mit einer Woodstock verstrahlten Freundlichkeit alle Besucher in seinen Bann zog, nein, der 67-jährige Engländer sang wie ein Gott. Seine Screams suchten Seinesgleichen und mit der Deep Purple-Setliste trieb er unseren Rockslave fast in den ultimativen Wahnsinn. Mit Hammondorgel-Sound, «Mistreated», «Highway Star» und «Burn» verzauberte der mit Kotletten versehene Glenn das Publikum. «All you peoples in the back, I can't see you motherfuckers» oder «Love you from the bottom of my heart» waren nur einige der sympathisch vorgetragenen Ansagen, welche durch eine Monsterversion von «Smoke On The Water» ergänzt wurden. Die «long tour across the planet and Glenn Hughes plays all the Deep Purple classic music» traf den Nerv der Anwesenden, und mancher hätte sich gewünscht, dass der Shouter länger auf der Bühne gestanden wäre.

Rose Tattoo
Angry Anderson und seine Tatts waren die Nächsten auf der Festival Stage. Der mit Tattoos übersäte Shouter grinste wie ein Honigkuchenpferd und genoss nicht nur die grosse Bühne, sondern auch den Auftritt. Mit Slidegitarre, rockigen und bluesigen Rhythmen sowie bereit zum musikalischen Arschtritt, standen die Australier auf der Bühne. Die Reibeisenstimme von Angry zündet noch immer und wenn die Hits «Assault And Battery», «Rock'n'Roll Outlaw», «Scarred For Life», «Bad Boy For Love» und «Nice Boys» knatternd die Boxen verlassen, bleibt bei den Meisten eh kein Auge trocken, beziehungsweise das Bein ruhig stehen. Die ungelenkig scheinenden Bewegungen von Mister Anderson passten dabei ebenso gut, wie die staubigen und dreckigen Rhythmen seiner Begleitband. Die Fans hingen der Truppe an den Lippen und so durfte man sagen: "Sie kamen, sie sahen und sie siegten!"

Iron Maiden waren der klare Publikumsmagnet. Bei keiner anderen Truppe hatte es so viele Fans vor der Bühne. Die Engländer liessen sich nicht lumpen und trumpften gross auf. Schon die Spitfire, welche sich ihre Bahnen über den Köpfen der Musiker zog, liess die Show beim Opener «Aces High» optisch in neue Dimensionen steigen. Dass das Sextett die Setliste wieder auf die grossen Hits der achtziger Jahre legte, zeigte Wirkung. Eine solch grosse, dass bei den neueren Tracks «For The Greater Good Of God» und «The Wicker Man» die Stimmung merklich nachliess und erst wieder mit dem lange nicht mehr gespielten «Flight Of Icarus» blitzschnell in die Höhe schoss. Bei diesem Track war Bruce mit einem Feuerwerfer bewaffnet, analog wie damals Eddie auf dem Cover der Single. Eddie hatte seinen grossen Auftritt bei «The Trooper» und marschierte in seiner Union Jack Uniform über die Bühnenbretter. Die Show wurde dirigiert von Sänger Bruce Dickinson, der mit viel mehr Theatralik als auch schon überzeugte. Dazu gehörten auch grosse Kronleuchter bei «Revelations», brennende Fackeln und Feuersäulen bei «The Number Of The Beast» oder die grossen Fangesänge bei «Run To The Hills». Iron Maiden boten die grösste Show des kompletten Festivals und verzauberten mit einer schon fast sagenumwobenen Setliste jeden Fan, ob alt oder jung. Die extrem gute Stimmung stachelte Bassist Steve Harris ebenso an wie die beiden Gitarristen Dave Murray und Janick Gers. Der technisch versierteste Saitenakrobat Adrian Smith konzentrierte sich derweil auf sein Spiel und zauberte perfekte Melodien und Solos aus seinem Instrument. Ja, Maiden waren eindeutig die grösste Band und liessen sich vom begeisterten Publikum zu Recht abfeiern. (tin)


Rockklassiker Stage
Mit dem Ziel, das junge schwedische Metal-Schaffen zu präsentieren, verwandelt sich die Rockklassiker Stage am Donnerstag traditionell in die NEMIS Stage (New Music in Sweden) und geht es nach dieser Auslese, dann ist auch 2018 wieder mal ein guter Jahrgang für schwedische Riffkunst. Was besonders auffiel: der erhöhte Anteil an Frauen auf der Bühne. Dieser mag nicht zuletzt auch politisch motiviert sein (in Sachen Gleichstellung waren die Skandinavier ja bekanntlich schon immer stark), doch wenn dabei so viel qualitativ Hochwertiges rauskommt, wie es an diesem Tag von der Bühne krachte, dann soll es mir recht sein. Vom schleppenden Stoner Rock von Hedda Hatar zum Frühstück, über die vielleicht etwas gar in den 90ern stehengebliebenen Alternative Rocker Nala, den dramatischen Occult Rock von Spiral Skies, die psychedelischen Jams von Gaupa oder die Late Night-Kick Ass Rock-Party mit Frontback. Wer nach diesem Stelldichein des schwedischen Rock-Nachwuchses noch behauptet, Männer könnten es einfach besser, der (oder auch die, aber vor allem der) sollte sich schleunigst die genannten Bands zu Gemüte führen. (kis)




Freitag, 08.06.2018 (Dritter Tag)
Sweden Stage
Wenn bei einem viertägigen Festival über achtzig Bands auftreten, kommt es unweigerlich zu individuellen musikgeschmacksbedingten Reibereien. Will heissen, man(n) musste sich mehr als einmal für die eine oder eben die andere Band entscheiden, dessen Auftritte gleichzeitig begannen oder sich wesentlich überschnitten. Deswegen fielen für mich Skindred nach dem gestrigen bemerkenswerten Auftritt von Body Count wegen der stilistischen Verwandtheit flach. Der Grund lag auf der gegenüberliegenden Seite, also der Rock Stage, wo pünktlich um 12:00 Uhr die Ami-Mädelband Vixen aufmarschierte! Da ich die Amerikanerinnen zuvor noch nie live gesehen hatte, wollte ich keine Sekunde dieses denkwürdigen Auftrittes verpassen! Wie es war, wird Euch Kissi berichten.

Für die Drummerin Roxy Petrucci gab es danach eine Pause von knapp zwei Stunden, ehe sie mit Madam X erneut und nun die Sweden Stage erklomm. Diesmal war die Affiche ebenso klar wie zuvor, denn auch Madam X, die bis letztes Jahr ja eigentlich nur das kultige Debüt-Album «WE Reserve The Right» (1984) am Start hatten, dürften vor 2014, als sie das erste Mal hier in Schweden spielten, kaum europäischen Boden betreten haben. Somit kam es hier zu einer weiteren persönlichen Premiere (da ich bekanntlich vor vier Jahren ja mit nicht dabei sein konnte), die nicht verpasst werden durfte. Im alten Ur-Lineup mit Maxine Petrucci (g/v), Roxy Petrucci (d/v), Bret Kaiser (v) und Chris Doliber (b/v) wurde wiederum kräftig am Rad der Zeit gedreht. Auch wenn der damals teils etwas schrägen Mucke kein Erfolg beschieden war (da man grundsätzlich keine Chance gegenüber Twisted Sister hatte!), so überwog heuer, auch im Zuge des neuen Longplayers «Monstrocity» (2017), die Freude über dieses seltene Ereignis. Dazu gehörte nebst dem ansprechenden neuen Material natürlich auch der "Mini-Hit" «High In High School» als abgefeierte Zugabe.

Obwohl ich Turbonegro (spielten zur gleichen Zeit vis-à-vis auf der Rock Stage) zuvor noch nie gesehen und mir angehört hatte, entschloss ich mich letztlich doch für den Rock-Dinosaurier Uriah Heep! Keine schlechte Wahl, wie sich bald heraus stellen sollte. Erstens habe ich noch nie eine schlechte Heep-Show gesehen und zweitens bietet ein so umfangreicher Backkatalog stets Raum für Unerwartetes. So geschehen auch heute, als Frontmann Bernie Shaw, nachdem schon «The Magician's Birthday» (trotz der Überlänge) überzeugen konnte, nach «The Wizard» den eher selten gespielten Opener «Between Two Worlds» von der 98er Hammer-Scheibe «Sonic Origami» ankündigte. Überhaupt legten Uriah Heep als Einheit eine schnörkellose Performance hin, die nach wie vor von Power-Drummer Russell Gilbrook getragen wird. Die "Luft-Soli" von Mick Box gehörten ebenso dazu wie das Rocksong-Monument «July Morning» und der Alltime-Klassiker, den David Byron (R.I.P.) damals für das Album «Salisbury» (1971) partout nicht einsingen wollte: «Lady In Black»! Hierzu brachte sich das in sehr guter Stimmung befindende Publikum lautstark ein und wurde zum Schluss noch mit «Easy Livin'», einem weiteren alten Ohrwurm, beglückt. Da jeweils auch das neuere Material durchaus mithalten kann, dürfte uns die Kult-Band wohl noch eine Weile erhalten bleiben. (rsl)

 
4Sound Stage
Aus dem Nachbarland Dänemark stammen die Sleaze Rocker von Junkyard Drive, und die durften um 11:30 Uhr den dritten Tag des Festivals eröffnen. Offenbar waren sie beim anwesenden Publikum nicht ganz unbekannt, denn sie rockten ganz ordentlich und sorgten für mächtig Stimmung. Die 1969 gegründete Retroprog Band Focus aus Holland durfte anschliessend ran an die Buletten. Die etwas in die Jahre gekommenen Herren waren sehr mit ihren Instrumenten beschäftigt und konnten nie an die Party der Band vor ihnen anschliessen. Das war aber wohl auch nicht das Ziel, da sie ihr Ding konsequent durchzogen. Unterhaltung der anderen Art spendierten die Black Metaller von Dark Funeral. Alle schön rausgeputzt, das heisst in schwarz gekleidet und mit Nieten wie Corpsepaint versehen, beeindruckten die Schweden mit einer wahrhaft feurigen Show. Schräg war allerdings die Tatsache, dass diese Show bei strahlendster Nachmittagssonne stattfand. Das Ganze passte nicht wirklich zur tropischen Hitze von beinahe 30 Grad Celsius. Die quasi richtige Band zu diesen Aussenbedinungen folgte mit Inglorious danach. Da in den Medien wiederholt als die Zukunft des britischen Rocks angepriesen, waren die Erwartungen entsprechend hoch. Mit ihren sehr guten ersten zwei Alben im Gepäck bewiesen der agile Frontmann Nathan James und seine Jungs, dass sie eine absolut geile Live-Band sind, die ihr Publikum auch am Sweden Rock Festival zu begeistern wussten. Zu einer unglücklichen Zeit, nämlich während drüben auf der Hauptbühne «The Prince Of Darkness» Ozzy Osbourne rumschwankte und Flitzefinger Zakk Wylde dazu die Saiten qualmen liess, durfte auf der 4Sound Stage die einheimische Blues Rock Band Sky High als letzte Tages-Combo ran. Die Altherrentruppe überzeugte die wenigen Anwesenden dennoch, und es bereitete grossen Spass, den Fingerfertigkeiten des singenden Gitarristen Clas Yngström zuzuschauen. (rxx)




Rock Stage

Just auf 12:00 Uhr mittags stand die amerikanische All-Girl, respektive All-Ladies Band der frühen 90er schlechthin auf der Bühne: Vixen! Während sich der gemeine homo sapiens um diese Zeit eigentlich verpflegt, traf das zumindest für einen ziemlich respektablen Teil des Publikums nicht zu. Dieses begrüsste Frontfrau Janet Gardner und ihre Mitstreiterinnen nämlich mehr als nur herzlich. Was danach folgte, war ein Hitreigen ohne Ende, der deutlich aufzeigte, wie gut sich qualitatives Songmaterial über die Jahrzehnte halten kann. Nach Classics wie "Rev It Up", "Cryin'", "Love Is A Killer" oder "Edge Of A Broken Heart" reagierte die Riege der Fans der Amerikanerinnen ergriffen. Die andächtige wie kurze Würdigung der 2013 verstorbenen Ur-Leadgitarristin Jan Kuehnemund verfehlte ihre Wirkung ebenso nicht. Sicher kultig das Ganze, mir wars insgesamt jedoch zu plüschig, und das Ray Charles Cover "I Don't Need No Doctor" sollte man besser W.A.S.P. überlassen.

Vorneweg: Hätte ich beim Zeitplan was mitzureden gehabt, dann hätte ich Graveyard erstens auf einer kleineren Bühne und zweitens später spielen lassen. Denn auch wenn die Truppe zurecht als Anführer der ganzen Retro-Welle der letzten Jahre gilt: Ihr bluesy Vintage Sound gehört nicht auf eine Monster-Bühne bei gleissender Sonne. Umso erstaunlicher, dass die gerade erst wieder reformierten Schlaghosen-Rocker sowohl die Energie von Uptempo-Krachern wie «Please Don't» oder «An Industry Of Murder» genauso rüberbrachten wie die Intimitäten von Balladeskem wie «Too Much Is not Enough».

Da hatten es Turbonegro schon leichter. Das Aufgebot an trotz Hitze stolz getragener Jeans-Jacken verriet schon früh am Tag, auf welches Party-Level man sich bei den Norwegern einstellen durfte. Kann man mit so leidenschaftlichen Fans überhaupt keine gute Show spielen? Schon zu den ersten, notabene brandneuen Nummern, flogen jedenfalls die ersten Bierflaschen und Menschen über die Köpfe des Publikums. Derweil führte Fronter Tony Silvester mit einer einwandfrei tight rockenden Band im Rücken selbstgefällig seinen Bierbauch spazieren. Und das verdammt nochmal zurecht.

Ob danach Heavy Load ebenso so stolz auf ihren Auftritt sein durften, darüber kann man sich streiten. Zugegeben: die Band ist Kult und Alben wie «Death Or Glory» oder «Stronger Than Evil» dürfen in keiner 80's Metal-Sammlung fehlen. Doch war die Show, welche die sichtlich (und auch klanglich hin und wieder) spürbar gealterten Herren unterstützt von Light-Show und Pyros da ablieferten, wirklich gut oder halt eben nur kultig? Abschliessend sagen kann ich es nicht. Herzerwärmend waren die strahlenden Gesichter dieser Veteranen, die für Jahrzehnte kaum bis gar nie auf der Bühne standen, aber auf jeden Fall.

Keinen Platz für Zweifel liess hingegen der Absacker: Mit Meshuggah kann man was anfangen oder nicht und ist Ersteres der Fall, dann tut einem am nächsten Tag der Nacken weh. Denn irgendwie hat eine Show der abgedrehten Schweden was von einem kollektiven epileptischen Anfall. Zu Blitzlicht zuckten, bangten und moshten dann auch an diesem Abend eine Schar Wahnsinniger halbdebil über den Platz vor der Bühne und kriegten sich erst wieder ein, als das letzte erbarmungslos groovende Killer-Riff verklungen war – der Autor dieser Zeilen inklusive. (kis)

 
Festival Stage
Mit dem zum Glück wiedergenesenen Sänger Ronnie Atkins zerlegten die dänischen Pretty Maids förmlich die grosse Bühne. Wer schon beim dritten Song «Back To Back» und danach gleich «Red, Hot And Heavy» raus donnert, der ist sich seines Status bewusst und geniesst als Truppe ganz einfach den Auftritt. Ronnie war stetig in Bewegung, animierte ohne Ende und hinterliess eine völlig begeisterte Fangemeinschaft. Unterstützt durch einen fetten Sound, einem immer grinsenden Ken Hammer an der Gitarre und der extrem warmen Schwedensonne waren die Maids, neben den nachfolgenden The Darkness, die beste Truppe an diesem Tag. So prügelte der Fünfer am Schluss «Little Drops Of Heaven», «Future World» und «Love Games» in die Meute, verneigte sich vor der Selbigen und konnte die Bühne mit sehr gutem Gewissen verlassen.

Freundlich und super sympathisch beehrten die englischen The Darkness als nächste Künstler die Festivalstage. Mit seinen "spacigen" Klamotten war der singende Gitarrist Justin Hawkins einmal mehr nicht nur der Hingucker, sondern auch der beste Zeremonienmeister an diesen vier Tagen. Mit den gigantischen Riffs zu «Solid Gold», «One Way Ticket», «Givin' Up», «Open Fire» und dem unkaputtbaren «I Believe In A Thing Called Love» glänzte der Vierer auf der ganzen Linie. Im Mittelpunkt stand natürlich Sänger Justin, der mit tollen Ansagen glänzte, tanzend über die Bühne schwebte oder durch seine David Lee Roth Gedenk-Sprünge vom Drumriser auf sich aufmerksam machte. Ja, man kann von einer Hippieband sprechen, aber hier zelebrierten vier Jungs einfach ihre Liebe zum Rock'n'Roll. Auf einer grossen Festivalbühne findet das Charisma von Justin ("Tusend Tak") gerade noch genügend Platz, um sich entfalten zu können. Für mich die beste Band des Tages.

Stone Sour - Na ja, so richtig hatte ich die Band um den Slipknot-Sänger Corey Taylor nie auf dem Schirm. Doch an diesem Tag öffnete sich für mich eine neue Truppe, die dermassen sympathisch rüber kam, dass man sie einfach mögen musste. Der alternative Sound der Jungs liess mich nicht fremdschämen, sondern verzauberte mich. Selbst eine Oma sang textsicher im Publikum mit und hatte Freudentränen in den Augen. Corey war ein sehr nahbarer und sympathischer Frontmann, der von einer sehr tight aufspielenden Begleitband unterstützt wurde. Der Sänger konnte aber auch mit aggressiver Stageaction über die Bretter wirbeln und liess nach bester KISS-Manier Papierschnitzel ins Publikum feuern. Singt Mister Taylor, darf man ihm eine sehr gute Stimme zugestehen und darum mein Lieber, besinn dich auf deine Stärken. Stone Sour spielten zu Recht auf der grossen Bühne, auch wenn der modernere Sound vielleicht nicht auf die grosse Bandbreite des Publikums zugeschnitten war. Für mich die grösste Überraschung des Festivals und eine, mit der ich nicht gerechnet hatte.

Ozzy kam auf die Bühne und suchte zuerst mal sein Mikrofon, an welchem er zuerst schnurstracks vorbei lief. Er ist und bleibt tapsig, der ehemalige Black Sabbath Shouter und lebt von seinem Legendenstatus. Die Fans lieben ihn, und ich glaube der Engländer könnte machen was er will, alle würden ihm zujubeln. So langsam wird es aber Zeit, sich von der Bühne zu verabschieden. Wie "genial" der Schachzug war, Zakk Wylde wieder in die Band zu holen, muss auch diskutiert werden. Mit Gus G hatte Ozzy einen Gitarristen im Line-Up, welcher Randy Rhoads und Jake E. Lee ersetzen konnte. Einen, der mit viel Gefühl und Hingabe spielte. Mit Zakk ist der grobe, ungehobelte Saitenzerstörer in die Truppe zurück gekehrt. Einer, der seinen Platz beansprucht und einer, bei dem man fast sagen musste, dass er die Show zu einer Wylde-Soloshow umwandelte. Das lag nicht nur an seinem langen Solo, in welchem er viele Ozzy-Hits anspielte («Miracle Man», «Crazy Babies», «Desire», «Perry Mason»), sondern auch daran, dass er seine Präsenz vehement einforderte. Lieder wie «Mr. Crowley» oder «I Don't Know» spielten Jake, Gus und Randy bedeutend filigraner und songdienlicher. Zakk hobelte das Riff und das Solo wie ein Holzfäller runter. Die grösste Enttäuschung dabei war «Shot In The Dark», ein Lied, welches von der Melodie und der Feinheit lebt. Da sind Lieder wie «War Pigs» oder «Paranoid» eher auf den bärtigen Wylde zugeschnitten. Trotzdem, die Fans liessen sich nicht beirren, feierten Zakk wie auch Ozzy ab und genossen den Auftritt, wahrscheinlich einen der letzten des Kult-Sängers. (tin)


 
Rockklassiker Stage
Jedes Jahr dieselbe Prozedur: Schon kurz nach dem Mittag ist das Zelt der Rockklassiker Stage gerammelt voll. Und warum? Weil auf der Bühne ein paar bekannte Musiker, unter anderem von Europe und HammerFall, Hard Rock- und Metal-Klassiker zum Besten geben. So wenig ich Cover-Bands verstehe, so wenig verstehe ich dieses Ritual. Da konnte ich die Begeisterung der Schweden für den danach auftretenden Bernie Tormé schon eher nachvollziehen. Dass der irische Saitenmann hierzulande mittlerweile fast vergessen ist, obwohl er massgeblich an den Gillan-Scheiben «Mr. Universe» und «Glory Ride» beteiligt war, ist eine der unzähligen Ungerechtigkeiten in der R'n'R-History, dass ein, zwei Songperlen mitverantwortet zu haben dann aber doch nicht reichen, um eine ganze Show zu füllen und Tormés Gig so doch auch einige Längen aufwies die harte Realität. Noch härter, aber im guten Sinne liessen es Pestilence (Foto links) danach krachen. Ungehobelt und dissonant wie eh und je zerlegten die holländischen Death-Veteranen, sodass der an sich druckvolle und spielfreudige 70's Rock-Jam von Lugnet überraschend unbedarft anfühlte. Kein dankbarer Slot für eine an sich souveräne Truppe. (kis)

Samstag, 09.06.2018 (Vierter Tag)
4Sound Stage
Eine Portion gut gelaunter Hard Rock mit Südstaaten-Einflüssen, das klingt eigentlich nach dem perfekten Sweden Rock Frühstück, doch auch wenn es The New Roses aus dem deutschen Wiesbaden redlich versuchten – so richtig überspringen wollte der Funke nicht. Zu generisch der Sound, zu durchschnittlich das Songwriting. Umso mehr stiessen dagegen The 69 Eyes auf offene Ohren. So fehl am Platz die bleichen, in schwarzes Leder gehüllten Goth Glamer in der Mittagssonne auch wirken mochten, die mal an Billy Idol, dann wieder an Danzig erinnernden Nummern funktionierten, liessen das Publikum feiern und mich zugeben, dass ich die Band in der Vergangenheit doch etwas allzu schnell als Gruselkitsch für Teenie-Mädchen abgeschrieben hatte. Keine Mädchen, sondern gestandene Rock-Kriegerinnen standen danach auf der Bühne: «We're a fucking punk band» konstatierten Girlschool gleich selber und traten von Beginn weg das Gaspedal durch, verzichteten wie gewohnt auf jedweden Schnickschnack und lieferten eine gleichermassen sympathische wie souveräne Performance, gespickt mit unverwüstlichen Hits wie «Hit and Run», «C'mon Let's Go» oder «Emergency» ab. Hätte sich danach der Himmel etwas verdunkelt, ich wäre vermutlich Primordial von Anfang an schauen gegangen. Beschwingt vom Sonnenschein muss ich aber zugeben, länger als geplant bei YES hängen geblieben zu sein, sodass ich nur noch das Ende der irischen Doom/Black-Institution miterleben konnte. Ein Umstand, denn ich aufrichtig bereue, denn kaum vor der Bühne, wurde ich von ihrem martialisch-epischen Sound übermannt und schwor mir bei allen keltischen Göttern, das Verpasste bei der nächsten Gelegenheit nachzuholen. Und auch mit Misery Loves Co. muss ich mich in Zukunft näher beschäftigen. In der Schweiz kaum bekannt, gab es in Skandinavien in den 90ern scheinbar einen kleinen Hype um die Truppe, die sich 2016 wiedervereinigte. Eine wahrscheinlich richtige Entscheidung, denn die Jungs zeigten zumindest mir an diesem Abend, dass Modern Metal durchaus heavy, intensiv und klug daherkommen kann, was in diesem Genre leider allzu selten der Fall ist. (kis)


 
Rock Stage
Auf der zweitgrössten Bühne des Festivals begannen die Konzerte mit erdigem Southern-Rock der 1980 gegründeten Band Doc Hollyday. Die Jungs aus Georgia um Leadsänger und Gitarrist Bruce Brookshire verbreiteten eine überaus positive Stimmung und die nach wie vor strahlende Mittagssonne trug auch ihren Teil bei. Songmässig wurde mehrheitlich Material der 80er gespielt, und dabei durften «Southern Man» und «Lonesome Guitar» nicht fehlen. Dann war die Zeit schon bald reif für Multitalent Peter Tägtgren, den gewieften Producer vieler Metal-Alben und Kopf von Bands wie Hypocrisy oder Pain. Heute gab sich Peter mit seiner Industrial-Metal Band Pain die Ehre. Man merkte den Reaktionen des Publikums bald an, dass diese Truppe in Schweden mitunter zu den Grössten gehört. Die Stimmung war von Anfang an ausgelassen, und der Sound peitschte die Fans mit voller Wucht an. Etwas musikalischer liessen es danach Lacuna Coil angehen. Der Wechselgesang zwischen Cristina Scabbia und Andrea Ferro hinterliess eine coole Wirkung. Cristina versuchte dabei mit ihrem kurzem Kleid und den sichtbaren Strapsen wohl von irgendetwas abzulenken. An mangelnder Qualität ihres Gesangs kann es nicht gelegen haben. Wohl eher daran, dass die Gute offensichtlich ein paar Pfunde mehr als auch schon mit sich herumträgt. Doch das war letztlich völlig egal, denn die Dark Metal-Rocker aus Mailand machten ihre Sache ohne Zweifel gut. Nach der Frontsirene aus Italien ging es dann fliessend weiter zur einer nicht minder bekannten Amazone aus Finnland. Tarja Turunen und ihre Band kamen erwartungsgemäss mächtig gut an. Die immer noch stimmgewaltige Sängerin war stets aktiv und bewegte sich agil über die Bühne. Es gab, was vorneweg anzunehmen war, einen munteren Querschnitt aus eigenen Songs der Solo-Phase wie auch Klassikern aus ihrer Nightwish Ära zu hören. Madame Turunen präsentierte sich als absolut würdiger Headliner für die Rock Stage. (rxx)





Sweden Stage
Eine ganz grosse Enttäuschung waren für mich Crashdïet. Mit dem neuen Sänger Gabriel Keyes stand zwar ein guter Shouter auf der Bühne, dem man aber anmerkte, dass er noch nicht lange bei den Sleazern mitturnt. Die restlichen drei Mucker, Martin Sweet (Gitarre), Peter London (Bass) und Eric Young (Schlagzeug) konnten keine grosse Akzente setzen. Das lag auch an der eher mässigen Setliste. Wenn dabei nicht einmal «Chemical» zum Einsatz kommt, dann kann man nur verlieren. Schade, denn das Publikum war bereit für die Truppe, aber das Ganze wirkte zu unausgereift und hatte mit einer coolen Rock-Performance nur ganz wenig zu tun. Da änderten die Sebastian Bach Screams von Gabriel auch nichts und im direkten Vergleich zu The New Roses zogen die Schweden klar den Kürzeren.

Slade waren eine Band mit alten Muckern, die versuchten am Legendenstatus festzuhalten, um nicht zu sagen, sich festzukrallen. Dave Hill erinnert sich an die alten Zeiten, als man mit den Hits «Gudbuy T' Jane», «Mama Weer All Crazee Now», «Run Runaway» oder «Far Far Away» die grossen Bühnen rockte. Je länger der Gig dauerte, desto mehr fragte ich mich jedoch, ob es nicht an der Zeit wäre, die Gitarre so langsam an den Nagel zu hängen. Der Glitzereffekt von früher ist weg, der Glamrock klebt noch ein bisschen am Rock, aber im Vergleich zu Glenn Hughes war dies hier eine bescheidene Vorstellung. Da ist die Geige bei «Coz I Luv You» sicher eine interessante Abwechslung, aber auch nicht mehr. Und dass Dave Hill sicher noch mit seinem Grinsen Spielfreude auf die Bühne brachte, reichte heute leider auch nicht aus, um die grosse Show zu reissen.

Auch Stratovarius haben ihre grossen Tage definitiv gesehen. Keyboarder Jens Johansson und Sänger Timo Kotipelto alleine können heute die Show nicht mehr retten und mit Matias Kupiainen (Gitarre), Lauri Porra (Bass) und Rolf Pilve (Drums) stehen sicherlich tolle Musiker auf der Bühne, aber sie tragen zu wenig zu einer tollen Show bei. Der Einstieg mit «Forever Free» gelang noch, aber dann sprang der Funke nicht mehr über. Das Publikum schaute zu, spendete höflichen Applaus und die Band schien sich damit zufrieden zu geben. Eine Truppe wie Stratovarius mit einem dermassen grossen Backkatalog an Hits hätte an diesem Nachmittag zum grossen Sieger werden können, aber dann müssen auch die richtigen Songs gespielt werden. Da reichen «Black Diamond» und «Hunting High And Low» am Schluss des Sets leider nicht mehr aus! Ebenso wenig die sympathische Art von Timo, der immer wieder versuchte, das Publikum auf seine Seite zu ziehen.

Destruction zerstörten dann das Sweden Rock mit ihren Thrash-Granaten. Ein ganz grosser Gewinn dabei ist der ehemalige Annihilator und Primal Fear Trommler Randy Black. Im Hier und Jetzt klingen die Drums um einiges erdiger und nicht mehr so klinisch steril wie beim Vorgänger. Das versetzte den Liedern einen deutlich besseren Gesamtsound, der viel natürlicher klingt und ein Schritt zurück zu den Wurzeln ist. Zudem gefallen die drehenden Sticks in den Händen von Randy und boten zusätzlich was fürs Auge. Schmier wechselte wie immer zwischen den drei Mikrofonen ab, bangte sich die Rübe vom Hals und kreischte sich in seiner unnachahmlichen Art und Weise den Weg in die Herzen der Besucher. Mike drosch seine Riffs und Solos in den abendlichen Himmel und war hinter seiner Lockenpracht kaum zu sehen. «Curse The Gods» eröffnete das Gewitter und liess den Moshpit schon mal warm glühen. Die Deutschen boten eine tolle Show und hatten mit «Mad Butcher» einen kleinen Hit im Ärmel. Es bleibt abzuwarten, wohin die Reise geht, aber zusammen mit Randy hat man eine grossen Schritt in die richtige Richtung getätigt.

Nach Judas Priest hatten es die Backyard Babies sehr schwer. Die meisten traten nach vier Tagen Musik, Sonne, Staub und Durst schon den Weg in Richtung Zelt, Hotel oder Campingwagen an. Trotzdem versuchte der Vierer nochmals die letzten Reserven der Besucher zu mobilisieren und spielte sich engagiert in die Herzen der Standfesten. Dabei erklang sogar ein neuer Tracks namens «Shovin' Rocks». Daneben gab es viel Bekanntes und Bewährtes, das von den Babies routiniert gespielt wurde. Sicherlich kein leichtes Unterfangen, denn Priest räumten das Feld ab. Nicke Borg und Dregen feuerten ihre Riffs, die geprägt sind vom siebziger Hardrock aber auch dem Punk, unentwegt in die nächtliche Stimmung. Die Gebliebenen liessen ihre Helden feiern und machten nochmals Party. Trotzdem hatte der Auftritt etwas von "Perlen vor die Säue werfen", da die Herren ein grösseres Publikum verdient gehabt hätten. So ging der letzte Tag des diesjährigen Sweden Rock Festivals zu Ende. Eines, das in meinen Augen im letzten Jahr allerdings die besseren Bands aufgeboten hatte. Heuer gab es dennoch einige Highlights, für die es sich auf jeden Fall gelohnt hat, sie erlebt haben zu dürfen. (tin)



 
Festival Stage
Obwohl leider auch schon von Live Nation "gefressen", zeichnet sich das Sweden Rock Festival nach wie vor dadurch aus, dass viele einheimische Acts auftreten können, von denen ausser den Landsleuten so gut wie keiner zuvor je was gehört hat. Das dürfte im Fall von Wilmer X ebenso gewesen sein. Die fröhliche Truppe, die bezüglich der älteren Musiker das 40-jährige Jubiläum feierte, begeisterte mit flottem Rock'n'Roll und Texten auf Schwedisch. Ohne Backdrop oder anderen Bühnenfirlefanz wurde einfach abgerockt, oft auch ergänzt um eine Mundharmonika. Obwohl die Sonne mitten im Nachmittag ordentlich Kraft bewies, fand sich ein erstaunlich grosse Anzahl Leute, viele in ihren mitgebrachten Camping-Stühlen, vor der Festival Stage ein, um Wilmer X entsprechend geniessen zu können.

Mit Steelheart, also der Band um Frontmann Mike "Mili" Matijevic, konnte nun endlich eine weitere persönliche Pendenz oder besser Vakanz beendet werden. Das heisst somit, dass ich erneut zu einer Premiere gelangen durfte. Als die Amis anfangs der 90er mit ihren beiden Alben «Steelheart» (1990) und «Tangled In Reins» (1992) einen an sich guten Grundstein zu ihrer Karriere legten, ging dies erstens total an mir vorbei, und als die Band zweitens wegen einer schwerwiegenden Verletzung ihres Frontmannes (Unfall mit umstürzender Lichttraverse) zu Beginn der Grunge-Zeit aufgab, dachte niemand daran, die Truppe jemals wieder live zu sehen. Es kam zum Glück anders, und weil mir die Debüt-CD mal als billiger cut-out in die Hände fiel, realisierte dann auch meine Wenigkeit, dass hier einige ganz gute Songs abgeliefert wurden. Obwohl Mike sich insgesamt zu penetrant als Superstar gebärdete, entschädigten die guten Songs mehrheitlich dafür und liessen schmerzlich erkennen, was früher noch möglich gewesen wäre. Ich fand den Auftritt echt stark und es bleibt zu hoffen, dass sich die Amis bald wieder einmal in Europa blicken lassen werden.

Als die Rockveteranen von Yes featuring ARW zum 50-Jahre Jubiläum (!) für das Sweden Rock Festival bestätigt wurden, und dann mitunter erst noch mit angekündigten Songs der Ära «90125» (1983), war die Freude sehr gross, da ich die Tour zu diesem grandiosen Platin-Album der 80er verpasst hatte. Vom Line-Up (ARW) her, nicht zu verwechseln mit den Kollegen unter dem Banner der "originalen" Yes, also Jon Davison (v), Steve Howe (g/v), Geoff Downes (keyb), Billy Sherwood (b/v) und Alan White (d), waren Jon Anderson (v), Trevor Rabin (g/v) und Rick Wakeman (keyb) geschlagene 28 Jahre nicht mehr miteinander unterwegs. Grund genug, diesem Auftritt, verstärkt durch die Rhythm-Section mit Lee Pomeroy (b) und Louis Molino III (d), gespannt entgegen zu fiebern. Zuerst durfte ich im Fotopit noch eine Reihe guter Fotos machen, ehe ich mich dem Ganzen in Ruhe widmen konnte. Der Anfang mit dem Opener «Cinema» und «Hold On» gleich daran anschliessend war schon Kult hoch drei! Dass ich das noch eines Tages erleben würde, hätte ich nicht gedacht. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass Trevor Rabin zumindest zu Beginn ziemlich wackelig, sprich mit deutlich hörbaren Fehlern unterwegs war, was mich bei so einem Profi dann schon ziemlich wunderte. So zu sagen warm gespielt, wurde es dann besser und die Songs laufend noch besser! «Changes» markierte den dritten Song von «90125» und auch bei «Rhythm Of Love» verspürte ich ein Kribbeln unter der Haut. Jon Anderson wirkte derweil vom Auftreten her etwas zerbrechlich, aber seine eigentümliche Stimme zeigte keine Schwächen. Und dann kam er, der Monster-Hit: «Owner Of A Lonely Heart¬» live! Ich war nahe der Erleuchtung, aber die Gourmets warteten auf die Zugabe schlechthin bei Yes: «Roundabout»! Fazit: Sicherlich kultig, aber, da bereits um 19:00 Uhr auf der Bühne, leider zu unspektakulär.

Erste Aufnahmen und Videos liessen bereits im Vorfeld erahnen, dass die 2018er Tour wieder Massstäbe setzen würde. Nach dem fulminanten Auftritt von Iron Maiden am Donnerstag allerdings kein Zuckerschlecken, aber Judas Priest nahmen die Herausforderung an und liessen keinerlei Zweifel offen, das Feld ohne Gegenwehr wieder zu verlassen. Während Tinu noch im Fotograben weilte, gesellte ich mich zu Cheffe Roxx im obersten Rang der einzigen auf dem ganzen Gelände aufgebauten Zuschauer-Tribüne, wo das gemeine Volk keinen Zutritt hatte. Von dort hatte man einen tollen Ausblick auf den total gefüllten Bereich vor der Festival Stage, wo der Headliner des vierten und letzten Festivaltages nach dem Intro (inklusive Black Sabbath's «Warpigs») mit dem Titeltrack des neuen Albums loslegte, und wie! Gefolgt vom ersten Oldie «Grinder» stand der nicht weniger kultige Klassiker «Sinner» an, und was Rob Halford hierzu schon ablieferte, liess einem das Blut in den Adern gefrieren! Keine Ahnung, wie er das auf diese Tour hin schaffte, nein, bereits auf dem Album von der Leine lassen konnte. Angeführt von Richie Faulkner (g), der nun von den Instrumentalisten klar zur Nummer eins aufgestiegen ist, glänzte die alte britische Metal-Maschine im hellsten Licht. Das aktuelle Tour-Set bestand aus Songs von nicht weniger als zehn Alben und enthielt zum Beispiel mit «Bloodstone» und «Saints In Hell» rarere Live-Tracks. Doch selbst beim livehaftigen Dauergast «Painkiller» gab sich der Metal God keine Blösse! Ur-Gitarrist Glenn Tipton, bereits von Parkinson gezeichnet, trat unter aufbrandendem Applaus auf die Bühne und zockte die letzten drei Songs mit. Aushilfe Andy Sneap hielt sich derweil dezent im Hintergrund, nachdem er zuvor zusammen mit Richie das volle Brett ablieferte. In dieser Form, auch ohne Tipton/Downing, geht es hoffentlich weiter! (rsl)


Rockklassiker Stage
Prog Metal-Fans wurden am diesjährigen Sweden Rock eher spärlich bedient. Umso euphorischer feierten die Frickel-Nerds Circus Maximus ab. Die technisch natürlich über jeden Zweifel erhabenen Norweger wurden vom proppenvollen Zelt nicht nur für jeden ihrer Songs, sondern auch für jede Solo-Einlage, sei es nun Gitarren-, Synthie- oder Drum-Solo, frenetisch bejubelt. Darauf wirkten Torch noch ein Stück kauziger und ungeschliffener, als die norwegischen 80's Metaller sonst schon gewirkt hätten. Doch die schwedischen Veteranen machten ihre Sache gut, vor allem Fronter Dan Dark im orangen Sträflingsoutfit überzeugte mit seiner rauen, auch schon mal an Udo Dirkschneider erinnernden Stimme, und zwangsweise fragte man sich, ob mit Heavy Load vielleicht nicht den falschen 80's Helden die grosse Bühne zugestanden worden war. Mit Buckets Rebel Heart wurde es danach wieder gemächlicher und auch wenn Dave "Bucket" Colwell früher seine Klampfe bei grossen Namen wie Humble Pie und Bad Company umgeschnallt hat, kam man nach der vierten Springsteen-mässigen Gute-Laune-Rock-Nummer nicht drumrum sich zu fragen, wie notwendig solche Acts heute noch sind. Und auch Pist.On wirkten zu guter Letzt irgendwie aus der Zeit gefallen, wenn auch auf ganz andere Weise. Klebte die Band in den 90ern mit ihrem düsterem Alternative Metal kurzzeitig an den Versen von Bands wie Type O Negative oder Alice In Chains, schafften es die New Yorker nicht übers Jahrtausend hinaus. Bedauern tun das heute wohl die wenigsten, Band und Hardcore-Fans, von denen es auch am Sweden Rock eine handvoll zu geben schien, mal abgesehen. (kis)
 
Fazit
Die Ausgabe 2018 des Sweden Rock Festivals glänzte heuer in erster Linie mit dem dauerschönen und eigentlich ungewohnt heissen Wetter in dieser Region. Dazu kam der bisher coolste Platz für den Metal Factory Camper direkt am Strand (!) und in Sichtweite des Häuschens, das unsere Schweizer FreundeInnen jedes Jahr mieten. Wir hatten sogar Strom und auch die sanitären Anlagen waren den Umständen entsprechend echt in Ordnung. Das Billing war insgesamt toll und die 5'000 zusätzlich zugelassenen Fans, somit total 40'000, traten sich zwar nicht gerade auf den Füssen herum, aber man merkte den Unterschied zum Vorjahr schon. Die vermeintlich kritische wie natürlich völlig ungewollte Lage mit dem temporären "Sans-Papiers" Kissi zeigte sich letztlich unerwartet entspannt, und bei etwas mehr Geduld wie Vertrauen hätte es in Kopenhagen bei der Rückreise gar zum totalen Happy End dieser abenteuerlichen Ausgangslage gereicht. Letztlich sind wir dann aber alle "irgendwann" wieder heil zu Hause angekommen. Und wie heisst es jeweils am Ende dieser wunderbaren Woche im hohen Norden?! Es war einmal mehr voll geil, und wir sehen uns alle wieder im nächsten Jahr! (rsl)