Livereview: Slash feat. Myles Kennedy
16. Juni 2010, Zürich - Palais X-Tra
By Rockslave
Während sich viele Rock- und Metalfans schon im Schweizer «Sonisphere»-Fieber befanden (ohne auch nur im Leisesten erahnen zu können, was sie dann in Jonschwil erwarten würde!), quetschte sich mit Saul Hudson alias Slash noch ein Hochkaräter dazwischen. Die meisten Leute identifizieren sich bei diesem Namen natürlich stets noch mit der glorreichen, aber insgesamt eher kurzen Zeit bei Guns n' Roses. Danach gab es aber noch Slash's Snakepit und die Geschichte mit Velvet Revolver, wo mit Matt Sorum (d) und Duff McKagan (b) ja wieder zwei ehemalige Gunners mit von der Partie waren. Doch mit dem Rausschmiss von Scott Weiland (Stone Temple Pilots) ist dieses Kapitel wohl abgeschlossen. Nun scheint der gelockte Zylinderträger wieder Blut geleckt zu haben, denn mit dem ersten, selbstbetitelten Solo-Album ist er wieder zurück und stärker denn je! Mit Unterstützung zahlreicher Szene-Kollegen entstand ein überzeugender Silberling, der kaum Schwächen aufweist. Dies im Gegensatz zu dem, was Ex-Kollege Axl W. Rose unlängst unter dem Banner Guns n' Roses abgeliefert hat.

Slash

Aufgrund der zeitlichen Umstände, sprich dass ich gemäss der auf dem Ticket aufgedruckten Zeit nicht zu spät in Zürich eingetroffen war, nahm ich jetzt mal an, dass heute Abend keine Supportband aufgespielt hatte. Dass dem wirklich so war, spricht dafür, dass das Konzert des Headliners bereits um 20.00 Uhr angefangen hatte. Vor gefühlt ausverkauftem Haus stand er dann tatsächlich da, mit der obligaten Kopfbedeckung, den immer noch ansehnlichen Locken, seiner Les Paul Gitarre und der vollver-spiegelten Pornobrille! Das letzte Mal sah ich Herrn Hudson 1993, als Guns n' Roses im damals noch alten Joggeli in Basel aufmarschiert sind. Scheisse! Ist das wirklich schon so lange her?!! Wie dem auch sei, verstärkt durch Sänger/Gitarrist Myles Kennedy (von Alter Bridge) und eine töfte Hintermannschaft, bestehend aus (Rhythmus-) Gitarrist Bobby Schneck (u. a. Audioslave, Green Day), Dave Henning (b) und Brent Fitz (u.a. Live-Drummer von Alice Cooper) legte der Ex-Gunner kraftvoll und unter den Augen seiner Frau sowie den beiden Söhnen mit dem Album-Opener «Ghost» in Zürich los. Obwohl auf dem Album Ian Astbury von The Cult die perfekte Stimme zu diesem Song lieferte, schlug sich Myles Kennedy von Anfang an bestens und auch das Publikum war von null auf hundert begeistert! Kein Wunder auch, denn nach «Mean Bone» von Slash's Snakepit folgte mit «Nightrain» bereits der erste Smasher von Guns n' Roses und spätestens ab diesem Zeitpunkt waren auch die Haus-Mäuse und Kellerasseln wachgerüttelt. Dass die etwas später folgenden «Civil War» und «Rocket Queen» noch frenetischer bejubelt wurden, zeigte unmissverständlich auf, wie zeitlos diese Klassiker sind. Slash fühlte sich sichtlich wohl, riffte und solierte ergriffen, so wie man es von ihm kennt. Auch die Slide-Guitar wurde dann und wann ausgepackt. Nebst weiteren, neuen Songs wie «Back From Cali», das auch auf dem Album von Myles eingesungen wurde, kamen ebenso und nicht unerwartet ein paar Velvet Revolver Tracks zu Ehren. Und zu allen Songs hinterliess Mr. Kennedy eigentlich einen mehr als guten Eindruck. Dadurch wirkte der ganze Set vor dem riesigen Backdrop homogen und kompakt zugleich.


Als Überraschung auf der laufenden Tour verkündete Slash, dass nun das Instrumental «Watch This (Dave)» zum ersten Mal überhaupt gespielt werde! Sowas hört man natürlich immer gerne und macht sich natürlich gut bei setlist.fm im Netz. Das anschliessende Solo des Meisters zeigte darauf deutlich, warum er immer noch zu den Besten seines Fachs gehört. Das sehr gut aufgelegte Publikum lieferte derweil immer schön lauten Applaus ab, im Wissen oder besser hoffnungs-voll gestimmt, dass noch was von den Gunners folgen möge. Und zur grossen Freude aller kam es dann auch so, will heissen zuerst eine fulminante Version von «Sweet Child O'Mine». Leute, man muss einfach dabei gewesen sein, um die guten, alten Vibes von früher gespürt zu haben und obwohl natürlich der heutige Kurzrasta-Kopf W. Axl Rose dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt hätte, bebten die Grundmauern des X-Tra! Mann war das geil..., und es sollte noch besser kommen! Im ersten Zugabenteil gab es zuerst das bluesige «By The Sword» (Andrew Stockdale von Wolfmother auf dem Album), bevor man sich mit «Communi-cation Breakdown» musikalisch und absolut würdig vor den Übervätern Led Zeppelin verneigte. Die glückseligen Fans antizipierten voll und wollten aber noch mehr! Die Uhr zeigte mittlerweile 21.45 Uhr, doch die Sprechchöre waren permanent zu hören und rissen nicht ab. Der beherzte Einsatz wurde schliesslich mit einer unglaublichen Interpretation von «Paradise City» belohnt, wo zu Beginn noch kurz was von Santana angespielt wurde! Das ganze X-Tra stand total Kopf und man wähnte sich glatt in einer viel grösseren Location. Er war einfach unbeschrei-blich..., laut und wild. Als nach fast zwei Stunden Spielzeit das Licht wieder anging, sah man rund herum nur glückliche Gesichter, die altersmässig eher über als unter 30 bis 40 Jahren waren. Und jedermann war sich ohne Zweifel sicher, gerade ein herausragendes Konzert erlebt zu haben. Anfangs September wird Slash's ehemaliger Spezi Axl mit seiner Entourage im Zürcher Hallenstadion zu Gast sein. Der direkte Vergleich drängt sich unweigerlich auf und wird bei uns nachzulesen sein.

Setliste: «Ghost» - «Mean Bone» - «Nightrain» - «Sucker Train Blues» - «Beggar's And Hangers-On» - «Civil War» - «Rocket Queen» - «Back From Cali» - «Dirty Little Thing» - «Starlight» - «Fall To Pieces» - «Nothing To Say»- «Watch This (Dave)/Instrumental» - «Guitar Solo/Godfather Theme» - «Sweet Child O'Mine» - «Slither» - «Rise Today» -- «By The Sword» - «Communication Breakdown» --- «Paradise City».