Livereview: Shakra - Crystal Ball

16. September 2016, Aarburg – Musigburg
By Tinu - Pics by Ralf Wyssenbach
Da war sie nun, die Tour zusammen mit den beiden besten CH-Rockbands hinter Krokus und Gotthard. Shakra erweiterten ihre Konzertreise und hatten als Support die Innerschweizer von Crystal Ball an Bord. Was sich wie ein Kopf an Kopf Rennen liest, ist an und für sich so gar nicht vergleichbar. Auf der einen Seite der erdige Rock mit kernigen Gitarrenriffs und einem urwüchsigen Rhythmus und auf der anderen Seite die Mischung aus fetten Riffs mit vielen eingängigen Melodien. Somit der Dreck unter den Fingernägeln mit dicken Schweisstropfen auf der Stirne gegen fette Chöre und Fönfrisuren? Was sich hier irgendwie widersprüchlich liest, bot einen tollen Konzertabend, der beide Lager des Rocks bestens unterhielt und auf sehr gute Resonanzen des Publikums zählen konnte. Es macht auch keinen Sinn die beiden Truppen zu vergleichen, oder sie in einen Kampf ziehen zu lassen, sondern der Sinn ist und bleibt, dass zwei tolle Bands zusammen in die Schlacht für die Anerkennung des Rocks ziehen.

Crystal Ball
Da ich die beiden Truppen in der letzten Zeit immer wieder auf der Bühne gesehen habe, könnten böse Zungen behaupten, ich hätte diese Zeilen schon vor den Konzert geschrieben. ABER! An diesem Abend war dann doch eben alles eine Spur anders. Wie zum Beispiel der Sound von Crystal Ball, der um einiges differenzierter aus den Boxen kam, als noch vor einer Woche in der "Hall Of Fame". Das fiel schon beim Eröffnungstrio «Director's Cut», «Dr. Hell No» und «Suspended» auf. Die kleine Bühne ging zu Lasten der Bewegungsfreiheiten von Tony, Chris, Steven und Scott, liess aber trotzdem das Dauergrinsen von Trommler Marcel über die ganze Bühne erstrahlen. Die Darbietung war einiges besser, sprich selbstsicherer, als noch vor einer Woche. Tony Castell ging mehr aus sich raus und avancierte endlich wieder im Ansatz zu der Rampensau, wie man sie aus alten Ain't Dead Yet- und Krokus-Tagen kennt. So wollen wir dich wieder sehen Tony, wenn du mit deiner Mähne wie ein Gott post und jeden Zentimeter auf der Bühne zu deiner Showfläche machst! «Es freut uns riesig mit den Jungs von Shakra zu spielen», verkündete Sänger Steven, der, wie schon eine Woche zuvor, sehr gut bei Stimme war. Seine hohen Schreie sind noch immer eine Genugtuung und hoben das Set der Innerschweizer aus vielen anderen heraus. In wie weit es die Keyboards ab Band braucht und eine Ballade wie «Home Again», darf durchaus diskutiert werden. War ich noch ein grosser Verfechter davon, das ruhige Stück fest in das Set zu integrieren, gelangte ich nach dem Konzert zur Überzeugung, es wäre besser gewesen, diesen Part durch einen schnelleren zu ersetzen. Dem Publikum schien «Home Again» aber zu gefallen und somit bleibt meine "Kritik" völlig bedeutungslos. Mit der Hymne «Paradise» und dem nachfolgenden «Hellvetia» liessen Crystal Ball die Bremse wieder los und steuerten souverän und mit viel Applaus dem Schlusspunkt ihres Auftritts zu. Mit «Déjà Voodoo» und «Anyone Can Be A Hero» beendete der Fünfer seinen Auftritt, der sicher noch Potenzial nach oben besitzt, aber anhand der Reaktionen des Publikums sehr zu gefallen wusste.

Setliste: «Director's Cut» - «Dr. Hell No» - «Suspended» - «Never A Guarantee» - «Gods Of Rock» - «Hold Your Flag» - «Home Again» - «Paradise» - «Hellvetia» - «Mayday!» - «Déjà Voodoo» - «Anyone Can Be A Hero».

Shakra
Was dann folgte war nochmals eine Steigerung zum eh schon absolut fantastischen Auftritt am «Rock The Ring». Die Emmentaler waren eine verdammte Macht auf der Bühne, spielten tight wie Arsch und überliessen mit einer verkürzten, aber verdammt geilen Setlist nichts dem Zufall. Unglaublich mit welcher Sicherheit und Lockerheit Shakra diesen Abend bestritten und von Song zu Song noch enthusiastischere Publikumsreaktionen für sich gewinnen konnten. So, dass am Ende des Konzerts der Club förmlich brannte. Es war dieser Dreck in den Songs, dieser Schweiss auf den Toms, dieser Staub in der Stimme und diesen packenden Moment, der niemanden kalt liess. Gesegnet mit einem fetten Sound, erklang das Riff bei «Raise Your Hands» wie ein Abrisskommando und das Doppelsolo bei «Around The World» wie das Evangelium des Rocks. Es war genau einer dieser Abende, an die man sich sehr gerne erinnert. Und dies obschon, dass ich immer der Meinung war, dass der Auftritt beim diesjährigen «Rock The Ring» nie zu toppen sein würde. Auch Sänger Mark nahm sich mit seinen Ansagen zurück und der Ausdruck der «…geile Sieche…» wurden um einiges dezenter eingestreut, als sonst auf Tour. Allerdings liess er es sich auch dieses Mal nicht nehmen und musste per Handy ein Foto für Facebook und die Nachwelt schiessen.

Mit einem breiten Grinsen stand Thom Blunier auf der Bühne und zimmerte seine songdienlichen, solistischen Momente in die Musigburg. Weniger zu Grinsen hatte Bassist Dominique, dem man ansah, dass die bescheidenen Platzverhältnisse auf der Bühne seinen Aktionsradius erheblich einschränkten. Dafür sah man Thomas Muster mit mehr Spass in den Backen auf der Bühne stehen. Er genoss den Auftritt sichtlich. Wie auch Trommler Roger Tanner, der mit seiner hammerharten und tighten Arbeit einmal mehr für den bodenständigen Groove verantwortlich war. «Aarburg, sit dir zwäng? Isches echli heiss hie? Aber wenn's chaut wär, wär's jo ou nid guet!», gab Mister Fox mit einem breiten Grinsen zu Protokoll. Ja, es war verdammt heiss in der Musigburg und die Flüssigkeitszufuhr wurde rege genützt. Shakra liessen aber auch keinen Moment aus, um die Hitze in diesem Kessel noch zu fördern und hauten einen Hit nach dem anderen aus dem Ärmel. Der einzige Moment, der etwas Abkühlung brachte, war die unter die Haut gehende Ballade «Love Will Find A Way». Ansonsten rockte es aus allen Rohren und mit Gänsehautmomenten wie «The Journey» - «High Noon» - «Watch Me Burn» - «Ashes To Ashes» und mit dem unverwüstlichen «Trapped» konnte eh nichts schief gehen. Durch «Wild & Hungry», den ultimativen Oberkracher des letzten Studioalbums «High Noon», wurde das offizielle Set beendet, um mit den Zugaben «Now Or Never» und «Rising High» nochmals die letzten Reserven zu mobilisieren. Der Fünfer kam, sah und siegte und verabschiedete sich von einem völlig verausgabten Publikum.

Kurz nach der Show standen Shakra, wie schon Crystal Ball, den Fans für Autogramme und Fotos zur Verfügung. Ein noch zusätzlich sympathischer Abschluss eines eh schon tollen Abends, der im Zeichen des Rocks stand.

Setliste: «Hello» - «Nothing To Lose» - «The One» - «Around The World» - «Raise Your Hands» - «Eye To Eye» - «Life's What You Need» - «The Journey» - «High Noon» - «Watch Me Burn» - «Love Will Find A Way» - «Ashes To Ashes» - «Trapped» - «Why Don't You Call Me» - «Wild & Hungry» -- «Now Or Never» - «Rising High».