Livereview: Shades Of Purple

09. Mai 2014, Pratteln – Mini-Z7
By Rockslave
 
Ich tue mich beim Thema Tribute- wie Cover-Bands grundsätzlich etwas schwer und bei Deep Purple, meiner erklärten Lieblingsband, noch mehr. Allerdings hatte ich vor ein paar Jahren mal die Gelegenheit, die heute nicht mehr existierende Innerschweizer Gruppe Lies im ehrwürdigen Luzerner Stadtkeller live zu sehen. Das hatte mich wirklich beeindruckt, zumal in diesem Rahmen Setlisten zustande kommen, die es bei den Original-Bands nie gegeben hat und auch nie geben wird. So gesehen ist die Sache also trotzdem lohnenswert, doch es brauchte schon ein gedankliches Anschubsen und die gelegentliche wie freundschaftliche Aufforderung von Booker Chris Kasper an diversen Konzerten im Z7, damit ich meinen Allerwertesten eben hierhin bewegte. Dass so eine Band wie Shades Of Purple nicht gerade die Massen anzieht, versteht sich bis auf ein paar Ausnahmen von selber und darum war das Konzert im Rahmen des Mini-Z7 genau das Richtige für den heutigen Abend. Etwa gut 120 Fans fanden sich im gemütlichen Ambiente ein und boten die richtige Kulisse für das relaxte Geniessen von unzähligen Perlen der guten alten Zeit. Davon gibt es, wie wir wissen, eine ganze Menge!

Shades Of Purple

Eigentlich gehört zu einem vollständigen Konzert ein entsprechendes Vorprogramm, sprich eine Vorgruppe. Heute Abend war das für einmal nicht der Fall und das störte aber nicht im Geringsten, im Gegenteil. Vielmehr konnte man sich auf einen kultigen Abend einstimmen und ein erster flüchtiger Blick auf die mitunter auch beim Mischpult aufliegende Setliste versprach in der Tat Grosses! Kurz vor 21.00 Uhr war es dann soweit und das Intro wurde abgespielt. Als Opener wurde das schnelle «Fireball» ausgewählt, mit dem Deep Purple auch schon sehr oft ihre Konzerte eröffnet haben. Da ich zuerst noch mit dem Fotographieren beschäftigt war, befanden sich meine Lauscher noch nicht zu hundert Prozent im prüfenden Bereich, doch es hörte sich jetzt schon ganz ordentlich an, was Sänger Jack F. Kilian zusammen mit Mac (Guitar), Earl (Hammond), Rick (Bass) und Mad (Drums) ablieferten. Was die Optik anging, so ähnelte Master Mad noch am ehesten seinem Vorbild Ian Paice. Gitarrist Mac indes wies keinerlei Ähnlichkeit zum „Man In Black“ auf, doch das war natürlich sekundär. Sein Spiel hingegen durfte man durchaus als ziemlich treffend bezeichnen, wenn auch ohne das ganze Gehabe des Meisters. Nach einer überaus flotten Version von «Black Night» folgte mit «Love Child» schon ein Song ab dem teils verkannten Hammer-Album «Come Taste The Band». Spätestens jetzt hatten mich Shades Of Purple im Sack, denn das einzige Album mit Tommy Bolin gehört zu meinen absoluten Lieblingsalben und es sollte ja noch weiteres Material folgen, wie zum Beispiel das grandiose «You Keep On Moving». Je länger ich den Jungs lauschte, die voll in ihrem Spiel aufgingen, desto mehr legte ich meine Vorurteile ab. Frontmann Jack vollzog den Wechsel zwischen den Stimmen von David Coverdale wie Ian Gillan fliessend und klang, erstmal „warm“ gesungen, immer besser. Dass der Jahrhundert-Klassiker «Smoke On The Water» bereits mitten im Set auftauchte, war einerseits gut gewählt und zeigte andererseits, dass man das Pulver noch lange nicht verschossen hatte.

Was bald einmal auffiel, war die gewählte Epoche, die von 1969 bis maximal 1984 reichte und darum sprach mich die fette Setliste ganz besonders an. Ein weiterer Höhepunkt war «Mistreated», wo man sich glatt auf dem Album «Made In Europe» wähnte und auch «Speed King» machte keine Gefangenen. Die Interpretationen der 2008 gegründeten Gruppe aus dem Baselbiet (mit ein einem Sänger aus einem „anderen Kanton“) hielten sich relativ stark an die Originale. Einzig Earl an der Hammond liess den unvergessenen Maestro Jon Lord (R.I.P.) nicht immer präzise erkennen, aber insgesamt wirkte das Kollektiv sehr kompakt und hatte die Sache voll im Griff. Das übertrug sich entsprechend auch auf das begeisterte Publikum, das seine Freude ob dem Gezeigten mit immer lauterem Applaus quittierte. Ein weiteres Schmankerl für meine bis dahin schon recht verwöhnten Lauscher war die herrliche Version des Kult-Instrumentals «Wring That Neck», das Deep Purple später, also ab den 90ern, nur noch ganz selten und wenn, dann bloss angespielt haben. Zwei Songs davor und als letzter Vertreter des regulären Sets, räumte «Highway Star» voll ab. Das bereitete mir wie dem Rest des Mini-Z7 wirklich Freude und offenbarte, dass es aktuell mit Steve Morse halt nicht mehr so wie zu Zeiten von Ritchie Blackmore tönt. Allerspätestens jetzt sollten jegliche Zweifel zur Daseinsberechtigung einer Band wie Shades Of Purple (als Tribute- und eben nicht bloss Cover-Band) verflogen sein, obwohl dies natürlich mit dem Können der Musiker einher gehen muss. Gerade hier trennt sich die Spreu vom Weizen, denn weltweit gibt es eine längst unüberschaubare Anzahl von Nachahmern, die nicht im Ansatz die Klasse der Schweizer besitzen. Den Beweis hierzu lieferte schliesslich eine furiose Version von «Child In Time», ehe «Lalena» ein (auch für mich) überraschend gutes Konzert von nicht weniger als 130 Minuten (!) beendete und ich zumindest meine bisherige Meinung bezüglich fähigen Tribute-Bands von Deep Purple klar revidieren musste.

Setliste: «Intro» - «Fireball» - «Black Night» - «Love Child» - «Demon’s Eye» - «Stormbringer» - «You Keep On Moving» - «Soldier Of Fortune» - «Smoke On The Water» - «Lady Double Dealer» - «Into The Fire» - «Perfect Strangers» - «This Time Around/Owed To “G”» - «Mistreated» - «Speed King» - «Maybe I’m A Leo» - «Highway Star» -- «A Gypsy’s Kiss» - «Wring That Neck» - «Child In Time» - «Lalena».