Livereview: Sacred Reich - Warbringer
25. Juni 2009, Pratteln Z7
By André G.
2007 war es an der Zeit für die Thrasher aus Phönix, Arizona, nach fast zehn Jahren Stille, ihr Live-Comback zu geben. Sacred Reich standen und stehen nach wie vor für guten Old School-Thrash mit vorwiegend sozialen und politischen Themen, die originell aber trotzdem klar rüber gebracht werden, und dies wollten sie nun ebenfalls im Z7 vollbringen. Mit den jungen Recken aus dem sonnigen Kalifornien, die unter dem Namen Warbringer ihr Unwesen treiben, haben sie sich einen wilden Opener an Bord geholt. Mit ihrem 2. Album „Walking Into Nightmares“, welches von niemand Geringerem als Exodus-Mastermind Gary Holt produziert wurde, erfreuen sie das Gehör von so manchem Thrash-Veteranen ganz im Stile ihrer Vorbilder Slayer, Exodus, Sodom etc.

Warbringer
Als ich ins Z7 einlief, zwanzig Minuten vor offiziellem Beginn, bot sich mir ein trauriges Bild: Es war nur eine Handvoll Metalheads anwesend. Die Security meinte nur, sie rechneten mit etwa 150 Personen. Aber das wurde dann beim Headliner sogar übertroffen, und es fanden sich etwa 220 bis 250 Headbanger im Z7 ein, um ihre Helden zu feiern. Als dann mit halbstündiger Verspätung die Hallenbeleuchtung runtergefahren wurde, trotteten die jungen Kerle aus Kalifornien auf die Bühne. Normalerweise spurten die Opener auf die Bühne und legen gleich los, aber nicht etwa die Kalifornier. Da wurden noch auf der Bühne SMS fertig geschrieben und Bierchen geöffnet. Hin und wieder growlte der Sänger was ins Mic, ganz nach dem Motto: Nimm dir Zeit, nicht das Leben. Aber dann wurde es doch noch was mit musizieren, und wie! Sie knallten ihre relativ kurzen, aber super knackigen Thrashgranaten ins Publikum, das sich etwas zahlreicher vor der Bühne versammelt hatte. Es ist schwer, das Schweizer Publikum auf Touren zu bringen, wenn man erst zum zweiten Mal in der Eidgenossenschaft zu Gast ist. Aber sie gaben alles und rifften, knallten, bangten und growlten, was das Zeug hielt. Speziell Sänger John Kevill tigerte auf der Bühne rum wie ein Tier. Schade oder besser gesagt taktisch unklug fand ich die häufigen und zu langen Pausen zwischen den Songs, um sich mit Bier zu erfrischen. Damit fiel die Show auf Übungsraum-Niveau ab, und die davor erzeugte Stimmung fiel wieder in sich zusammen. Klar, mit jedem weiteren Thrash-Hammer rissen sie die Leute wieder mit. Sie verstehen ihr Handwerk wirklich gut und bringen den stark old school-lastigen Thrash Metal genial rüber. Sogar ein geforderter Moshpit kam zustande, wenn auch nur im Miniformat mit etwa 5 Personen. Das Ganze wirkte sicherlich auch gut durch die Tatsache, dass die Band die volle Lightshow zur Verfügung hatte, und auch soundmässig alles fett und kraftvoll klang. Nach ¾ Stunden war aber dann Schicht im Schacht für die Jungspunde, und sie räumten das Feld für die Jungs aus Phönix, Arizona.

Sacred Reich
Der Rest der ca. 250 Fans begab sich von draussen hinein in die Halle und wartete auf den Headliner aus Arizona. Begonnen hat die Geschichte um die Jungs von Sacred Reich im Jahre 1985: Ab diesem Jahr standen und stehen sie immer noch für guten, satten Power/Thrash Metal mit sozialen und politischen Texten. Seit ich sie auf dem Wacken Festival bei ihrem Reunion-Gig gesehen habe, hat es mich ganz erwischt. Sie haben gerade ihre alten Alben neu aufgelegt und auf den Markt geworfen, und jetzt rocken sie Europa mit einer ausgedehnten Rundreise. Als Phil Rind, etwas mehr Bauch als früher ist schon vorhanden, mit seinem Bass und einem super fetten Grinsen im Gesicht auf die Stage kam, gab es kein Halten mehr: Sacred Reich wurden lautstark willkommen geheissen, und die Band zollte dem Tribut, in dem sie gleich loslegten. Der erste Song war gleich einer der Klassiker aus dem langen Repertoire der Combo: „One Nation“ heizte richtig ein, und die Haare im Zuschauerraum flogen und die Körper der Metalheads knallten beim Moshpit aufeinander, dass es eine Freude war. Auch wenn es wieder nicht allzu viele waren, die sich da im Kreis tummelten. Man merkte dem Vierer die Spielfreude sehr gut an, Phil war dauernd am Grinsen und bedankte sich bei den Zuschauern. Sacred Reich sind einfach eine Macht, gerade live zünden die Tracks genial. Sie vereinen in Ihren Songs sehr ähnliche Trademarks, die Metallica Mitte der 80er auch zu spielen pflegten. Bei denen hat der Erfolg eingeschlagen, bei den Sacred Reich-Jungs leider nicht in dem Ausmass. Da vereinten sich geniale Melodieführungen mit harten, treibenden Beats, Stakkatoriffs, die vom Drumming noch hochgepowert werden, rammten sich in die Hörmuscheln. Die beste Mischung also, um ordentlich die Mähne zum Fliegen zu bringen. Auch das Black Sabbath-Cover „War Pigs“, das gegen Ende des 1¼-stündigen Sets gezockt wurde, kam wie eine Granate. Mit Phils Voice klingt der Song super fett, Toni Iommi und Ozzy hätten sicher ihre Freude an der Interpretation. Als der Frontmann dann fragte: “Do you want to surf in Nicaragua?“ war nochmals volle Kanne abfeiern angesagt, denn jeder ahnte, dass es sich um das letzte Juwel im offiziellen Set handeln würde. Dem war auch so, und die Jungs bedankten sich nochmals und gingen von der Bühne. Aber nach einem ganz kurzen Break waren sie wieder da und zockten nochmals einen Song. Aber um 23 Uhr war dann Sperrstunde. Mit ihrem sehr Bass-dominierten Thrash Metal begeistern sie die Leute einfach auch heute noch, und man kann sich nur auf eine baldige Rückkehr der Combo auf europäische Bühnen freuen.

Setlist: „One Nation“, „Independent“, „Administrative“, „Love… Hate“, „Sacred“, „Crimes“, „Who’s To Blame“, „Ignorance“, „Victim“, „War Pigs“, „American Way“, „Death Squad“, „Surf Nicaragua“