Livereview: Rock Meets Classic

17. März 2013, Zürich – Hallenstadion
By Rockslave
Die Geschichte von wegen “Rock Meets Classic” wurde im Sinne der Verschmelzung von zwei ziemlich unterschiedlichen Klangwelten bekanntlich schon 1969 mit dem „Concerto For Group And Orchstra“ von Deep Purple geschrieben. Eigentlich ist das Ganze Jon Lord (R.I.P.) zu verdanken, der diese Idee damals entwickelte und einen Weg des musikalischen Miteinandergehens umzusetzen vermochte. Jahrzehnte später hat sich das Ganze nach diversen Projekten von grossen Bands wie Metallica oder den Scorpions mittlerweile in den noch massentauglicheren Mainstream verlagert. Allerdings bringen die Macher, vorab Mat Sinner (Sinner, Primal Fear, Voodoo Circle) und weitere Mitstreiter, das heisst eigentlich fast die ganze Primal Fear-Crew plus das «Bohemian Symphony Orchestra Prague», genug Glaubwürdigkeit mit. Die Idee, dass eine Reihe bekannter Original-Gesangsstimmen ein Potpourri ihrer grossen bis grössten Hits mit orchestraler Begleitung plus Bandunterstützung darbieten, konnte nebst älteren Fans sicher auch eine ansehnliche Menge Publikum generieren, denen die Originale sonst eher zu laut sind. Der grosse Zuspruch zu den bisher vier Tourneen seit 2010 spricht hierbei für sich.

In Zürich fand das Abschlusskonzert der Tour 2013 statt und obwohl, wie vorhin gerade erwähnt, diese Konzertreihe vor allem nördlich der Schweiz wirklich auf gute Resonanzen stiess und auch der letzte Besuch bei uns in Sursee im vergangenen Jahr ein voller Erfolg war, mutete die heutige Kulisse im hierfür ziemlich gestutzten Hallenstadion vergleichs-weise mickrig an. Da ich knapp auf den Beginn hin in der Halle war, ging ich den gewohnten Weg über den Portiereingang in die Halle seitlich vorne rein und stand urplötzlich in einem schwarzen Nichts. An den richtigen Ort geleitet, stellte ich dann zudem fest, dass auch die Sitzplätze nur im untersten Bereich besetzt waren und der Rest der Halle natürlich ganz bestuhlt war. Hinten weg deuteten schliesslich einige zusätzliche Lücken an, dass man hier weit von „Sold Out“ weg war. Das ganze Szenario wirkte irgendwie wie eine überdimensionierte Stube, was bezüglich der Soundverhältnisse mein Interesse gleich zu Beginn weckte. Der Sound war, um es gleich anzusprechen, gut, aber stellenweise und durch mehrere zustimmende Voten bestätigt, eher zu leise, aber das sahen sicher nicht alle Besucher so.

Den Auftakt beim Tour-Schlusskonzert machte das «Bohemian Symphony Orchestra Prague» unter der Leitung von Bernhard Wünsch mit dem Stück «Child’s Anthem», das von der Mat Sinner Band sogleich begleitet wurde. Kaum war hier der letzte Ton verklungen, kündete der Zeremonien-Meister, also Mat Sinner himself, den ersten Stargast an: Chris Thompson! Der ehemalige Leadsänger der Manfred Mann’s Earth Band war unter anderem 1986 schon an gleicher Stelle, damals jubelten ihm aber über 12‘000 Leute zu. Tja…, die Zeiten ändern sich und man wird älter. Keine Ahnung, ob Chris generell eine etwas beschlagene Stimme hatte, aber der Opener «For You» war erstens nicht gerade glücklich gewählt und auch so ein Klassiker wie « Davy’s On The Road Again», bei MMEB eher am Schluss des Sets platziert, kam viel zu früh und verpuffte so zu sagen. «Questions» (vom 76er Album «The Roaring Silence») entpuppte sich dafür als noch nie zuvor gehörte Live-Rarität. Danach war die Runde an Journey mit Steve Augeri, der deren Bandgeschichte zwischen 1998 und 2006 mitschrieb. Aktuell ist es Arnel Pineda, der die Rolle des anderen, noch bekannteren Steve, mit Nachnamen Perry (1977-1987 und 1996/1997) inzwischen felsenfest eingenommen hat. Diese drei Sänger prägten den Journey-Sound wesentlich, wovon heute Abend vier Songs dargeboten wurden. Der bekannteste davon war sicher «Wheel In The Sky», der, man mag es fast nicht glauben, heuer 35 Jahre auf dem Buckel hat. Interessanterweise interpretierte Steve Augeri keine musikalischen Vertreter aus seiner aktiven Zeit und vor allem bei «Faithfully» hatte er zumindest etwas Mühe, die oberen Regionen sauber zu singen. Dennoch schlug er sich insgesamt wacker und erntete dafür den verdienten Applaus. Bevor das Highlight des Abend bevor stand, übernahm das Orchester wiederum das Zepter und gab, ausgestattet mit den entsprechenden Accessoires, die bestens bekannte Melodie von dem Piraten-Film schlechthin zum Besten, der den ohnehin vielseitigen Johnny Depp als Schauspieler unsterblich gemacht hat: «Fluch der Karibik». Primal Fear und RMC-Drummer Randy Black setzte sich dabei mit einem entsprechenden Hut und dem passenden schwarzen T-Shirt besonders gut in Szene. Dass sich das Orchester hierbei natürlich auch keine Blösse gab, versteht sich von selber und das Gleiche galt anschliessend für Eric Bazilian! Wer? Der Sänger/Gitarrist von den Hooters natürlich. Ich muss gestehen, dass mir die Songs weitaus geläufiger waren als der Mann, der ihnen seine unvergleichliche Stimme lieh. Mit «All You Zombies» war dann schon von Anfang wirklich was los in der zurecht gestutzten Halle. Die Leute vor der Bühne erhoben sich geschlossen von ihren Sitzen, klatschten, tanzten und freuten sich ebenso auf «500 Miles» und die wunderschöne Ballade «One Of Us». Nicht fehlen durfte vor der knapp halbstündigen Pause der Überhit «Johnny B.», der unterstrich, wie zeitlos die Songs der Hooters nach wie vor sind.



Nach der Pippi-, Glacé-, Wurst-, Bier- oder was weiss ich für eine Pause oblag es dem «Bohemian Symphony Orchestra Prague» schliesslich ein letztes Mal, den Anfang des zweiten Teils des Konzert-Abends mit einem instrumentalen Stück, nämlich «Brahms Hungarian Dance», zu bestreiten, ehe uns Chris Thompson nochmals beehrte und mit «You’re The Voice» daran erinnerte, dass 1986 zwar ein gewisser John Farnham damit zuerst in seiner Heimat Australien einen Nummer- 1 Hit landete und im Jahr darauf auch in Deutschland den Thron eroberte. «Mighty Quinn» bildete dann den erwarteten Schluss des ehemaligen Leadsängers der Manfred Mann’s Earth Band. Insgesamt war seine Performance ok, aber umgehauen hat er mich diesmal nicht, weil seine Stimme mehr als nur einmal eher kratzte als brillierte. Bleibt zu hoffen, dass die anstehende Solo-Tour im Mai ein besseres Fazit abwerfen wird. Und nun kam eine Legende wie mittlerweile Diva zugleich: Bonnie Tyler! Für ihre 61 Jahre sah sie trotz ein paar sichtbaren Zusatz-Pfunden blendend aus und hatte eine Mega-Ausstrahlung. Wer der Meinung war, dass dies egal sei und nur die Stimme zähle, kam bereits beim ehemaligen Chart-Smasher «Total Eclipse Of The Heart» voll auf seine Kosten und musste neidlos anerkennen, dass Bonnies Stimme immer noch klar und kräftig rüber kommt. Müssig zu erwähnen, dass sie das Zürcher Publikum mit ihrer ansteckenden Sympathie und Fröhlichkeit gleich in den Sack steckte. «Believe In Me», der zweite Beitrag der blonden Power-Frau war der Titel, mit dem sie ihre Heimat am kommenden ESC („European Song Contest“) vertreten wird. Klang nicht mal schlecht würde ich meinen. Bei «The Best» wiederholte sich die Geschichte von «You’re The Voice» dahin gehend, dass es Tina Turner war, die dieses Lied erhielt und entsprechend gross raus gebracht hatte. Die Version von Frau Tyler verfügte allerdings über nicht weniger Pepp als die von Frau Turner, seis drum. Der krönende Abschluss gehörte schliesslich dem lautstark abgefeierten «Holding Out For A Hero», bestens bekannt aus dem Film-Soundtrack des Tanzfilms «Footloose» von 1984. Mitgeschrieben hat den Song neben Dean Pitchford übrigens ein gewisser Jim Steinman, der ja Meat Loaf, vor allem mit dem Opus «Bat Out Of Hell», zum Weltstar gemacht hat. Und so ein Weltstar, also eigentlich der heutige Headliner, kam in der Person von Paul Rodgers auf die Bühne. Free, Bad Company und das in meinen Augen trostlose wie total abtörnende Mitwirken bei Queen & Paul Rodgers waren mitunter die Stationen des gebürtigen Briten (63) aus Middlesbrough. Obwohl er beim Singen meist die Augen schloss, kamen seine Hits wie «Can’t Get Enough» oder der Jahrhundert-Song «All Right Now» astrein daher. Zu Letzterem kamen nochmals alle Gäste auf die Bühne und feierten sich selber. Unter dem Strich fiel meine persönliche Bilanz beim vierten Besuch weniger euphorisch aus, aber «Rock Meets Classic» Ausgabe 2013 war dennoch ganz in Ordnung, wobei es nun stark von der Qualität der künftigen Gäste abhängen wird, ob dieses Projekt in diesem Rahmen weiter geführt werden kann.

Setliste: «Child’s Anthem (Orchestra & Band)» - «Chris Thompson: For You - Davy’s On The Road Again - Questions» - «Steve Augeri: Separate Ways - Wheel In The Sky - Faithfully - Don’t Stop Believin’» - «He’s A Pirate (Orchestra & Band)» - «Eric Bazilian: All You Zombies - 500 Miles - One Of Us - Johnny B.» --«PAUSE 30 Min.»-- «Brahms Hungarian Dance (Orchestra) » - «Chris Thompson: You’re The Voice - Mighty Quinn» - «Bonnie Tyler: Total Eclipse Of The Heart - Believe In Me - The Best - Holding Out For A Hero» - «Paul Rodgers: Can’t Get Enough - Feel Like Makin’ Love - Rock’N'Roll Fantasy - All Right Now - Wishing Well».