Livereview: Ranger - Atlas & Axis

30. Januar 2017, Olten – Coq d’Or
By Rockslave
Wieso in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nah ist?! Diese Volksweisheit lässt sich aufgrund meines Wohnortes, der keine zehn Kilometer von Olten weg liegt, eigentlich auf jedes Konzert münzen, das im „Güggel“, sprich im Coq d’Or stattfindet. Seit unser Kissi den Laden als Geschäftsführer vor einer Weile übernommen hat und die PA im Keller unten modernisiert wurde, finden immer wieder an sich kultige Gigs statt, die oft etwas mehr Zuspruch verdient hätten. Des Weiteren ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass die inzwischen wieder reformierten Graveyard (!) auch schon zu Gast waren. Heute Abend waren die finnischen Rabauken von Ranger angesagt. Die Truppe aus dem hohen Norden hat sich dabei voll dem Heavy Metal der 80er verschrieben und spielt nach eigener Auffassung „fast, loud and rude“. Meine einordnenden Stilschubladen sind dabei vor allem die frühen Exciter und, wie sich auf der Bühne noch heraus stellen sollte, ein sehr interessanter Bastard aus Iron Maiden und Celtic Frost! Klingt in der Tat etwas schräg, ist aber definitiv so. Als Support fungierten die Schweizer Metaller Atlas & Axis, wo ja mitunter Romana Kalkuhl (Burning Witches) dabei ist.


Atlas & Axis

Die versierte Truppe aus dem Aargau, die mittlerweile zwei Alben («March Of The Night», 2011 und «Confrontation», 2014) veröffentlicht hat, frönt melodischem Heavy Metal mit thrashigem Grundgerüst, der immer wieder mal an Iced Earth erinnert. Gitarristin Ramona Kalkuhl, die mittlerweile mit der Allgirl-Band Burning Witches ein zweites heisses Eisen im Feuer hat, kann sich bei Atlas & Axis in ähnlicher Art und Weise austoben. Zusammen mit ihrem Sidekick Pablo Cevallos wird solide Arbeit abgeliefert und mit Jonas Ambühl verfügt die Gruppe über einen exzellenten Sänger, der sich in allen Lagen wohl fühlt. Die Rhythm-Section mit Roman Zeindler (d) und Nico Ardüser (b) musste dabei mit wenig Platz auskommen. Vor allem der bewegungsaktive Bassist war in seinem Aktionsradius ziemlich eingeschränkt, was ihn aber nicht davon abhielt, eine agile Performance auf die Bretter des Coq d’Or zu legen. Das galt für die ganze Band, die ordentlich vom Leder zog, auch wenn vor allem der Drumsound nicht das Gelbe vom Ei war. Einerseits waren die Hi-Hat und teils auch die Cymbals viel zu laut, und dafür hörte man praktisch nichts von der Snare-Drum. Für das an einem Montagabend ganz passabel aufmarschierte Publikum schien dies jedoch keine Rolle zu spielen. In der vordersten Reihe wurde stilgerecht abgeschädelt und die Songs fair abgeklatscht. Nach etwas mehr als einer Dreiviertelstunde gewährte man der angewärmten Meute eine Pause, ehe es wieder wild und laut wurde.


Ranger
Als ich im Coq d’Or ankam, sass die ganze Band mit ihrer Entourage gerade gemütlich beim Abendessen, das extra von einem so zu sagen angemieteten Koch frisch zubereitet worden war. Das ist mitunter auch ein Grund, warum sich diese Location einen guten Ruf in der Szene erarbeitet hat. Es geht halt nichts über ein funktionierendes Catering. Nach der leiblichen Stärkung und dem töften Support-Act fanden sich Dimi Pontiac (b/v), Mikael (g), Ville (g) und Miko (d) auf der „Güggel-Bühne“ ein, und kurz darauf ging es gleich ohne doppelten Boden los! Man wähnte sich sogleich in einem Zeitfenster, das über dreissig Jahre in die Vergangenheit schwappte. Mit unbändiger Energie holzten Ranger ihre meist pfeilschnellen Songs brachial runter. Die High-Pitch Vocals von Dimi verfügten über jugendliche Power und Miko schien sein Arbeitsgerät beinahe in seine Einzelteile zu zerlegen. Herrlich waren dabei die oftmaligen Anleihen an den Drum-Stil von Celtic Frost. Zusammen mit den Gitarren-Leads von Mikael und Ville, die zudem immer wieder mal an die Eisernen Jungfrauen erinnerten, entstand eine kultige Sound-Melange zwischen den frühen Exciter und einem Bastard, den man wahlweise Iron Frost oder Celtic Maiden nennen konnte. Auf jeden Fall besassen die Songs Dampf ohne Ende und liessen die entzückten Fans vorderen Reihen vom Feinsten abschädeln. Derweil versuchte ich trotz dem gewohnt spärlichen Licht ein paar anständige Pics zu schiessen.

Mit etwas Geduld gelang dieses Unterfangen halbwegs befriedigend. Die Atmosphäre in diesem schummrigen Licht war jedoch genau das Richtige und sorgte unter den gut fünfzig anwesenden Besuchern für beste Stimmung. Die Unbekümmertheit der vier Nordländer war wirklich ansteckend und die zeitweiligen Soundprobleme wurden einfach weggepowert. Allerdings fand ich es schade, dass der Bass von Mr. Pontiac kaum bis gar nicht zu hören war. Das vom Schlagzeugspiel her eh rumplige Rhythmusgerüst wäre durch einen kongenialen Basssound massiv aufgewertet worden. Nichtsdestotrotz hinterliessen Ranger trotz einer knappen Spielzeit von etwas über einer Stunde nur verbrannte Erde. Kein Wunder wurde der Merchstand danach belagert, doch so viel gab es dort gar nicht mehr kaufen, vor allem das Vinyl im LP-Format der aktuellen Scheibe «Speed & Violence» war schon vor dem Auftritt in Olten „sold out“. Immerhin gab es noch eine begrenzte Anzahl der neuen Single von «Lethal Force» (B-Seite: «Night Slasher») zu kaufen. Müssig zu erwähnen, dass es auch von denen bald keine mehr vor Ort hatte. Der allererste Auftritt von Ranger in der Schweiz war auf jeden Fall saucool, und wenn dieses oldschoolige Quartett wieder mal auftaucht, dann zieht Euch den wilden Haufen aus Helsinki unbedingt rein, es lohnt sich! Kommt dazu, dass man sich so eine Band zwingend in kleineren Locations und Clubs reinziehen sollte, damit die Energie und Power nicht flöten geht.

Setliste: «Speed & Violence» - «Shock Troops» - «Omen Of Doom» - «Last Breath» - «Shock Skull» - «Night Slasher» - «Knights Of Darkness» - «Ranger» - «Touch Of Death» -- «Supreme Evil» - «Steel Dawn».