Livereview: Musikfestwochen Winterthur
Apocalyptica - The Darkness - Eluveitie
26. August 2011, Winterthur - Steinberggasse / Musikfestwochen
By Liane P.
Zum 36. Mal fanden sie nun schon statt, die Winterthurer Musikfestwochen. An 12 Tagen wurden, verteilt auf 3 Bühnen und die umliegenden Clubs, über 80 Veranstaltungen geboten. Das Zentrum des Geschehens war wie immer die Steinberggasse, die aufgrund der Atmosphäre und der unglaublich schönen Kulisse der Piazza Grande in Locarno ähnelt. Die Bewohner der umliegenden Häuschen rund um die Bühne und den Platz feierten den Abend auf ihre Weise und schmückten Fenster und Zimmer mit individueller Beleuchtung sowie Lichteffekten, was einen wunderschönen Gesamteindruck hinterliess.

Die Auswahl war wie immer enorm und das Festival beglückte wirklich jeden, egal ob Alt, egal ob Jung, ganz gleich welche Art von Musik man bevorzugte oder ob man eher eine Vorliebe für das Theater oder den Film hatte. Wir konzentrierten uns natürlich auf den einen Freitag, der mit Folk Metal (Eluveitie) bis Glam Rock (The Darkness) und dann am Ende mit Cello Metal (Apocalyptica) brillierte. Auch das Wetter hielt dieses Mal mit Hängen und Würgen sein Versprechen, zum Glück! Hagel, Donnerwetter und Potzblitz blieben aus, dafür kühlte die Temperatur von gefühlten +30°C auf -30°C ab, was den Verkauf der Eluveitie Hoodies enorm ankurbelte. Pech für Apocalyptica! Die kamen ohne Merchandising in die Schweiz. War man da etwa zu faul an der Grenze die Artikel zu versteuern oder gar zu zählen? Schade durfte man auch hier nur immer während den ersten 3 Liedern fotografieren. Die Emotionen und Eindrücke, die ich von der kleinen Tribüne aus aufnehmen konnte, bleiben somit leider nur in meinem Kopf verewigt.

Eluveitie
Während Eluveitie um circa 19:30 Uhr die heimische Bühne betraten, standen noch massenhaft Leute am Eingang an und hatten somit einen Teil der Show verpassen müssen. Sicher kamen viele Anhänger der Winterthurer Senkrechtstarter extra um die erfolgreichen Schweizer zu feiern. Die Art, traditionelle keltische Volksmusik mit modernem Metal zu kombinieren, ist einzigartig. Das Publikum hatten sie sofort im Griff und überzeugten mich ebenfalls bereits mit dem dritten Song. Für mich war es das erste Konzert von Eluveitie, da ich diese Art von Musik nicht unbedingt verfolge. Beeindruckt hat mich jedoch die Vielseitigkeit der acht talentierten Musiker und die Anzahl der Instrumente, die dort zum Einsatz kamen. Neben den regulären Instrumenten wurden Gaita, diverse Flöten, Krummhorn und Akkordeon gekonnt gezückt. Das Publikum stieg sofort ein und die erste Hälfte der Bühne verwandelte sich schlagartig in einen überdimensionalen, wilden Moshpit. Es flogen Füsse, Hände, Arme und Beine durch die Gegend und eine junge Besucherin verlor sogar ihren Stöckelschuh. Vielleicht wäre es beim nächsten Mal geschickter, ein alternatives Schuhwerk zu wählen! Am Ende wurden die Rufe und die Bitte nach einer Zugabe leider ignoriert, denn der Zeitplan musste streng eingehalten werden. Der Moderator hatte vergeblich versucht, die nächste Band anzusagen, da er von den Eluveitie Fans hemmungslos niedergeschrien wurde. Geniale Stimmung schon beim ersten Auftritt an diesem Tag!




The Darkness
Diese Band bietet definitiv Diskussionspotenzial. Als sie um knapp 21:00 Uhr auf die Bühne kamen, hielt ich erst mal kurz inne. Irgendwie hatte ich vergessen, welch abgefahrene Band The Darkness sind. Und überhaupt, hatte ich sie vergessen. 2006 löste sich die Band auf. Wegen Drogen- und Alkoholproblemen versteht sich. Doch jetzt sind sie zurück und feierten an diesem Abend ihr schweizexklusives Comeback. Ob man die Band wirklich braucht, ist allerdings Ansichtssache. Ob gewollt oder nicht gewollt: Die Falsett-Stimme von Justin Hawkins brennt einem in den Ohren und bereits beim Opener hat man auch schon genug davon. Sich die Hände an die Ohren im Fotograben zu heben, fand ich dann doch eher unpassend. Aber vielleicht sollte man das einfach nicht so ernst nehmen. Das hatte ich versucht zu tun und plötzlich war ich nur noch am Grinsen. Ich liess mich dann einfach unterhalten und amüsierte mich über die bunten Kostüme im Look des 80er-Glams. Das Publikum schien ebenfalls getrennter Meinung zu sein und stellenweise sah man leicht irritierte Blicke, die das Geschehen auf der Bühne verfolgten. The Darkness waren gekommen, um auf das kommende Album aufmerksam zu machen, denn dieses soll noch dieses Jahr veröffentlicht werden. Nun ehrlich gesagt, ich kann The Darkness musikalisch zwar nicht wirklich ernst nehmen, aber als Pausenfüller zwischen Eluveitie und Apocalyptica waren sie optisch jedoch eine Klasse für sich.




Apocalyptica
Die Cello-Helden aus Finnland machten natürlich speziell in dieser königlichen Atmosphäre eine gute Figur und brachten den mittlerweile voll gepackten Platz gleich zu Beginn zum Kochen. Mittlerweile war es bereits 22:30 Uhr und bei Dunkelheit kam die tolle Bühne noch besser zur Geltung. Diese Band könnte ich 100 Mal anschauen, ohne dass Langweile aufkommen würde. Die Faszination und die Ausstrahlung der vier Finnen auf der Bühne ist enorm. Noch mehr Freude hätte ich, wenn sie mal auf die Suche nach einer neuen Unterstützung am Gesang gehen würden. Im Gepäck hatten sie, wie auch schon bei den letzten Schweiz Besuchen, Tipe Johnson von den Leningrad Cowboys. Eigentlich benötigt es keinen Gesang. Alle Stücke instrumental vorzutragen wäre für mich sogar perfekt. Neben den üblichen Metallica Covers spielten sie auch eine Auswahl der eigenen Songs wie «End Of Me», «On The Rooftop With Quasimodo» oder «Hall Of The Mountain King». Perttu machte wieder Mätzchen und unterhielt die Leute vor der Bühne mit Sprüchen und Geschichten, welche er in typischem «Finnisch-Englisch» vortrug. Nach jedem Wort das er sagte, machte er erst mal eine lange Denkpause. Apocalyptica verzaubern mich jedes Mal aufs Neue mit ihrer Cello-Kunst und ich freue mich jetzt schon auf das nächste Konzert.