Livereview: Metalcamp 2011
12. - 17. Juli 2011, Tolmin - Slowenien
By Tristan S.
Das von Roxx und Kissi dargestellte Problem mit den grossen Festivals ist mir auch bekannt. Begründete Zweifel begleiteten mich darum, als wir am Sonntag mit dem Bus von Dominanz-Travel den Weg nach Tolmin, Slowenien, einschlugen. Schliesslich war das Line-Up (wie bereits in vergangenen Jahren) mit einigen Grössen geschmückt. Auch prahlt der Veranstalter der „Metal Holidays“ mit dem Fluss und diversen Möglichkeiten, die Stadt und Umgebung Tolmins zu entdecken. Grossveranstaltungen sind nicht so mein Ding, wäre meine Freundin nicht gegangen, wäre ich wohl zu Hause geblieben. Wie es schlussendlich gekommen ist, das kann man in den nächsten Zeilen lesen.

Sonntag, 11.07.2011
Durch einige Rauch- und Pinkelpausen hat sich die Hinfahrt doch über 11 Stunden erstreckt. So ist die Truppe am Sonntag in der Nacht auf dem reservierten Platz angekommen und konnte die Zelte aufstellen. Da ich den Verkäufer vom Metstand kannte, gab es anschliessend auch die erste Party mit anschliessendem Bad im Fluss Tolminka. Ich war erstaunt keine Pinguine zu sehen, der Fluss wäre zumindest kalt genug dafür.

Montag, 12.07.11
Mit dem nächsten Morgen folgte dann auch der Grund für das Ausbleiben der fracktragenden Tiere: bei geschätzten 30 Grad war der Metalmarkt offen und die ersten Gäste durften die Bühnenarbeiter beim Aufstellen beobachten. Kalt blieb nur das Wasser im Fluss. Ich selber war mit Einkaufen und Pressepass besorgen beschäftigt. Vor allem das Letztere gestaltete sich zu einem kleinen Abenteuer, da weder die Security noch die Infostände wussten, wo und wie ich an den Pass komme. Schliesslich konnte mir eine Reporterin weiterhelfen und ich bekam was ich suchte. Nach einer Erkundungstour durch das Camp und einem erfrischenden Hopfengebräu am kühlen Fluss konnte ich bereits eine erstes Fazit ziehen: die Umgebung Tolmins mit den bewaldeten Hängen, dem Fluss und dem kleinen Dorf geben dem Festivalbesucher das gemütliche Gefühl von Ferien. Da am Abend keine Band spielte, waren wohl einige der Besucher bei der Stripshow am Strand. Wir genossen währenddessen die Ruhe auf dem Campground.

Dienstag, 13.07.2011
Das Wetter war weiterhin extrem heiss, aber da die ersten Band um 15 Uhr spielte konnte man sich vorher noch abkühlen. Der Veranstalter gab sich Mühe, die Bands auf den zwei Bühnen mit möglichst wenigen Überschneidungen zu planen. Da zwischen den Bühnen nur der Backstagebereich (im Rest des Jahres ein Casino) lag, war der Weg auch bei der individuellen Planung zu vernachlässigen. Auf jeden Fall spielte Abinchova aus Luzern die Eröffnung auf der Mainstage, bei gemessenen 35 Grad im Schatten. Noch nie habe ich die Band so toll abgemischt gehört, Synthie und Geige waren genauso hörbar wie die feine Stimme der Sängerin. Auch an der Bühnenpräsenz merkte man eine gewisse Routine, Nicolas an der Gitarre und Arnaud (der Sänger) gebrauchten den grosszügigen Platz und tobten sich trotz der Hitze aus, was vom Publikum auch mit Feierlaune begrüsst wurde. Das halbstündige Set schloss mit “Pestfinger“ und das Publikum verzog sich in den Schatten oder auf die Secondstage. Endlich, das Metalcamp hatte begonnen!

Doomed aus Slowenien hatten ein Heimspiel, aber die junge Band konnte noch nicht wirklich viele Leute vor die Bühne locken. Und das, obwohl auch hier eine Frau auf der Bühne stand. Soll mal jemand den Pöbel verstehen. Denn die hörten sich die Songs einiges Druckvoller an als die schlechten Liveversionen auf Myspace. Mit Svartsorg gab es die erste Band in meinem Wahlgenre. Die Österreicher gaben sich auf der kleineren Bühne ganz kompromisslos einer Mischung aus depressiv-aggressivem Black Metal hin. Im Corpsepaint und mit Lederkleidung bei solchen Temperaturen, das scheint eine Qual zu sein. So haben sich die Pandas leider zu statisch Verhalten, wobei auch die Fans sich nicht grossartig bewegten. Irgendwie aber auch schwierig bei stahlblauem Himmel und unmenschlicher Hitze in die richtige Stimmung zu kommen. Leider haben sich die Jungs zu viel Zeit beim Abräumen gelassen, ich hätte gerne noch ein paar Worte mit ihnen gewechselt. Doch die Zeit drängte, gerade rechtzeitig zum letzten Drittel von Brujeria konnte ich noch einen letzten Blick auf die Prügeltruppe der Mainstage werfen. Mit Machete bewaffnet gab Juan Brujo und Pititis dem Publikum die volle Ladung mexikanisches Death Metal. Erst beim abschliessenden Partysound “Marijuana“ konnte die Masse ein wenig abkühlen.


Mit Moonspell folgte auf der Mainstage schliesslich die erste Band, welche auf den Monitoren gezeigt wurde. Da die Sonne langsam am schwinden war, haben sich auch die Zuschauer und Zuschauerinnen langsam aus den Schatten bewegt um den Geschichten der Portugiesen zu zuhören. “Scorpion Flower“ und “Night Eternal“ waren die neusten Lieder, welche vom Publikum auch lauthals mitgesungen wurden. Doch Fernando Ribeiro verstand es natürlich auch, die Klassiker zu spielen. Mit “Southern Deathstyle“ ging es ein paar Schritte zurück in der Bandgeschichte. Trotz auf der Bühne rumrennenden Roadies liessen sie sich nicht aus der Ruhe bringen und brachten von “Vampiria“ über “Opium“ bis hin zum ergreifenden “Fullmoon Madness“ einiges an wohlbekannten Songmaterial. “Luna“ haben sie zum Glück ausgelassen, ich hätte den Song wohl den Rest des Festivals nicht mehr aus den Ohren gekriegt. “Alma Mather“ schliesslich erlöste das schreiende Publikum und schloss passend mit der sinkenden Sonne den Auftritt. Airbourne profitierte also sicher von der langsam angenehmer werdenden Temperatur. Die Australier zelebrierten eine Art Hommage an AC/DC: riesige Marshall- Gitarrenwände, sagenhafte Lautstärke und absolut eingängige Songs bilden schon mal ein solides Grundgerüst. Zusammen mit der Energie der Mitglieder (inklusive das Rumklettern in dem Bühnengerüst) konnte die Masse nur noch toben.

Anders bei den Briten von Winterfylleth: als ein paar Jungs in kurzen Hosen und bunten Shirts auf die Secondstage spazierten, dachte ich zuerst noch an Roadies. Als einer der Kurzhaarigen dann aber anfing in das Mikro zu singen und die Show begann, wartete wohl ein grosser Teil der Besucher auf der Mainstage und gab sich gar nicht die Mühe, dem eher gewöhnungsbedürftigen Black Metal ein Ohr zu schenken. Der Sound wirkte fast ein wenig fehl am Platz, zwischen den Futterständen und Bäumen vergraben verhallte der Auftritt leider im Nichts. Leider habe ich es nicht mehr rechtzeitig zu Death Angel geschafft und konnte keine Fotos mehr schiessen. Denn nach dem Auftritt der Thrash Legende aus Amerika war der Rasen vor der Bühne ganz schön eingetreten. Soviel ich hören konnte haben die Jungs einige der neuen Songs präsentiert. Aber das Publikum hatte sich im Vergleich zu Airbourne um einiges verkleinert. Selber schuld, denn die Amis haben eine astreine Glanzleistung abgelegt! Nur schon wegen der DIO Interpretation von “Heaven & Hell“ durfte man die Jungs nicht verpassen.


Mittwoch, 13.07.2011
Da auch am dritten Tag noch keine Wolke am Himmel zu sehen war, verbrachten wir auch hier den Vormittag zum grössten Teil am Fluss, der am frühen Morgen noch sehr leer war. Bei den slowenischen Brezno gab es ab 15 Uhr schliesslich wieder das erste Konzert auf der Mainstage. Solides Folk Metal mit ganz offenkundig hörbaren Ost- Einflüssen, welche mit Querflöte und Geige gut vertont wurden, machten aus den Newcomern eine kleine Entdeckung. Auch wenn man ihnen anmerkte, dass sie noch nicht so häufig auf einer so grossen Bühne standen, gab sich die Band grosse Mühe, mit den Fans zusammen zu feiern. Und die Vögel haben mir gezwitschert, dass eine geheime Verbindung zu Abinchova und möglicherweise ein Konzert an einer in Luzern veranstalteten Rauhnacht (Konzerte organisiert von/ mit Abinchova) auf die Beine gestellt werden könnte. Was man mit einem Pressepass nicht alles erfährt…

Mit Kylessa gab es schliesslich etwas für Sludge Metal Fans. Der Sound wirkte durch die zwei Schlagzeuge und ganz interessante Instrument-Konstruktionen ganz schön fett. Da der Sänger sich stark am Hardcore orientierte, konnte die Trupp mich allerdings nicht positiv überraschen. Wirklich erfreut hat mich dagegen die überragende Arbeit von Brainstorm. Die Deutschen haben die ganze Energie, die sie auch an anderen Auftritten rüberbringen, bei direkter Sonneneinstrahlung dargeboten. Von “Shiva’s Tears“ über “Soul Temptation“ gab es einige bekannte Songs von 2003. Über das Auftreten der Jungs kann man sich nach wie vor nicht beklagen, Andy und seine Band wirken auf der Bühne einfach sympathisch. Das Publikum wurde zudem mit einem Song vom neuen, kommenden Album belohnt. Die 45 Minuten Spielzeit waren also gut gefüllt. Die Band war aber gerade auf dem Weg nach Balingen, so blieb nicht viel Zeit zu Reden und nach einigen Umbauten stand schliesslich Katatonia auf der Bühne.

Irgendwie wurden aber die Regeln für den Backstagebereich geändert und ich durfte nicht mehr Fotos aus dem Fotograben machen. Das hinderte mich allerdings nicht daran, die melancholische, progressive Musik der Schweden zu geniessen. Allerdings machte die Hitze aus dem Genuss zeitweise eine Tortur. Wenn allerdings aus vollem Boxen der Refrain von “Nephilim“ ertönt, kann man den Nacken aber nicht mehr ruhig halten. Mit einkehrender Dunkelheit konnte auch die Legion der Verdammten auf die Bühne. Von den ersten Tönen an schossen Legion of the Damned aus allen Rohren. Quer über ihre ganze Diskographie wurde die Zuhörerschaft in einen einzigen Moshpit gezogen. Der geschändete Boden blies Staub in die heisse Luft und spätestens bei “Sons of the Jackal“ war das Atmen schwierig. Doch bis dahin gab es “Killzone“, “Cult of the Dead“ und weitere Knüppler am Laufband. Die Leute holten sich eine verdiente Erfrischung an der Bar, wobei das Anstehen an den Ticketkassen meist ohne langes Warten gelang. Denn man konnte an den Getränke und Essständen nur mit Marken bezahlen und nicht mit harter Währung. Zudem gab es für jedes Getränk einen Euro Depot, was wohl die Verschmutzung bekämpfen sollte. Aber dazu später mehr.

Schlussendlich aber stand einer der geheimen Hauptacts auf der Bühne: Wintersun gab sich endlich die Ehre. Die Bühne war gut besucht, auch die natürlichen Sitzplätze am Hang wurden gut ausgenutzt. Jari und seine Mannen spielten das komplette Set vom Debüt (was sonst?) und einen neuen Song, der auch auf Myspace zu hören ist. Episch und melodisch, genau nach dem Geschmack der angereisten Hörerschaft. Ein wenig dunkler gestalteten die Satansbraten von Warcult ihren Auftritt. Ohne Corpsepaint, dafür mit ganz viel Hass in der Musik waren die Österreicher eine tolle Überraschung auf der Secondstage. Ich habe die Songs vorher nicht gekannt, aber der abwechslungsreiche Liedaufbau und die Spannung mit dem leicht mystischen Ansatz passten genauso zu den nächtlichen Bergwäldern wie das Amen zur Kirche. Als krönenden Abschluss zu diesem Tag konnte man an der Beachbar schliesslich noch auf Jari und Teemu von Wintersun treffen, wenn man aufmerksam genug war.



Donnerstag, 14.07.2011
Während jedes normale Festival nach drei Tagen endet, so ist beim Metalcamp noch lange nicht an einen Abschied zu denken. Da über Nacht die Temperatur ein wenig zurück gegangen ist, brät einen das Zelt nicht schon um 8 Uhr morgens. Die Zeit war auch bitter nötig, um zumindest ein klein wenig Schlaf nachzuholen um dann bei Trollfest pünktlich vor der Mainstage zu sein. Was die Norweger auf ihren Platten so toll rüberbringen, hat dann live leider nicht ganz überzeugt. Allzu uninspiriert wirkten die Jungs, da halfen auch Lieder wie “Der Jaegermeister“ oder “Festival“ nichts.

Da ich die vergangenen Tage doch langsam spürte, musste ich vor der Müdigkeit kapitulieren und kam erst wieder auf die Apokalyptischen Reiter genährt vor die Bühne. Und das hat sich auf jeden Fall gelohnt: Was die Band alles an Material angeschleppt hat für knappe 45 Minuten Spielzeit war schier unglaublich. Vom Aufzug über die Gasmasken, die Geldkanone und Fuchs im Papstkostüm, die Herren gaben sich Mühe, den Fans im Gedächtnis zu bleiben. Mit “Moral und Wahnsinn“, “Die Boten“ und “Hört auf“ unterhielt die Band das Publikum mit neuen Songs. Auch das Lied über Dr. Pest und seine ausschweifenden Touren mit der Peitsche war das Sehen wert. Abschliessend wurde natürlich der “Seemann“ gespielt, allerdings hat sich die auserwählte Dame aus dem Auditorium nicht auf die Bühne getraut und so blieb als Abschied der Song alleine.


Danach zog es mich zur Secondstage, da die Italiener von Bulldozer ihren Part zum Festival beitragen sollten. Mit dem Mantel, einem Rednerpult und dem Mönch hinter dem Keyboard konnten die Herren eine gehörige Portion Old School verbuchen. Mit „“MicroVIP“ gab es schliesslich noch einen Song vom neuen Album. Auch wenn die Songs eher simpel gestrickt sind, konnten sie den kleinen, auserlesenen Fankreis überzeugen. Ganz im Gegenzug zu den Engländern von Vulture Industries, welche leider durch eher ungewohnte Songstrukturen und unsicheres Auftreten nicht zünden konnten. So fanden sich sehr viele Leute erneut am Strand ein, um nochmals Kraft zu sammeln, schliesslich versprach der Abend sehr anstrengend zu werden. Ich selber gab mir den Auftritt von Hate, welche nicht nur durch die Flaggen auf der Bühne, sondern auch mit ihren Songs stark an Behemoth erinnerten. Ganz tolle Musik, welche durch die langsam schwindende Sonne unterstützt wurde.

Und schliesslich durfte man sich auf einen der wenigen Auftritte von Taake freuen. Die Norweger sind durch ihr Auftreten in Verruf geraten, darum war ich umso gespannter, wie sich die Jungs wohl an einem Festival verhalten. Da ich am Vorabend aber die Kamera nicht abgeschaltet habe, musste ich zurück zum Zeltplatz rennen und meinen Ersatzakku holen, wodurch ich den Anfang verpasst habe. So konnte ich wieder nicht in den Fotograben, durfte allerdings die frühen Songs von Host und seiner Gruppe geniessen, welche unweigerlich kalten Nebel auf die Tolminka mit sich brachten. Wahrhaftig kalte Riffs, gekonnt und ungeschönt dargeboten, donnerten auf die Fangemeinde nieder, welche sich dafür entschied, den Anfang von Slayer zu verpassen, um das Ende von Taake zu sehen. Von den Amerikanern war ich ein wenig enttäuscht, da sie ein wenig müde wirkten. Selbst damit bleiben sie noch über andere Bands erhaben, aber ich konnte sie einfach auch schon mit einem besseren Auftritt erleben. Beim legendären “Reign in Blood“ half das Publikum mächtig mit und auch “Angel of Death“ braucht nicht weiter erklärt zu werden. Das ganze Set liess kaum Wünsche offen und so verabschiedete sich der Donnerstag.



Freitag, 15.07.2011
Irgendwann im frühen Morgen haben die ersten Regentropfen den Campground befeuchtet. Eine Schlammschlacht blieb trotzdem aus, dafür war die Temperatur den ganzen Tag durch sehr angenehm. Angefangen habe ich mit den Letten von Heaven Grey, welche durch irgendwelche Connections plötzlich einen Auftritt auf der Mainstage bekamen. Mit Doom Metal ist ihre Musik allerdings schlecht beschrieben, ich hätte jetzt auf Dark Rock getippt. Ein grosser Teil des Publikums schien die Band zu kennen, so haben einige der Fans ihre T-Shirts getragen.

Mir selber viel auch hier auf, dass die Jungs zwar im letzten Jahr schon in Tolmin gespielt haben, ausser dem Gitarristen und dem Sänger schienen aber alle mehr mit ihren Instrumenten beschäftigt zu sein als dass sie noch agieren könnten. Ganz anders die Wildsäue aus Russland: Arkona muss man nichts lehren. Die Sängerin war sicher nicht traurig über die kühlere Luft, mit einem Fuchspelz um die Schulter und ganz in Schwarz hatte die Frau immer noch Energie wie ein Wiesel und war mal hier, mal dort um das Publikum aufzuheizen. Es folgte eine grosse Metal-Bolognese und diverse Crowdsurfer (mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg). Die relativ simple Musik genoss ganz klar den Exotenbonus und wurde von der Masse gross gefeiert. Das Ähnliche kann man von Hellcats behaupten, welche wohl auch durch die Tatsache, dass sie nur Mädels sind, ziemlich viele Leute vor die Bühne brachten. Das Publikum liess sich von den paar schrägen Tönen der Sängerin nicht vom Feiern abhalten und die Band wiederum kümmerte sich nicht um den Jungen, welcher es an der Security vorbei bis auf die Bühne geschafft hat und dann unsanft entfernt wurde. So bot der Auftritt mehr was für die Augen als die Ohren.



Ganz anders lief es bei In Extremo, welche hauptsächlich Lieder von der neuen Platte spielten. Als Ausnahmen blieben “Vollmond“, “Omnia Sol Temperat“, “Mein rasend Herz“ und einige andere Songs, die mit der aufregenden Pyrotechnik zusätzlich aufgewertet wurden. Ihr Auftritt wurde durch das gekonnte Acting untermalt. Die Herren wissen einfach, um welche Zeit sie was und wo tun müssen. So war das Headbangen fast schon schade, da man etwas von der Show verpassen könnte. Zudem bin ich mehr als einmal erschrocken, als die Phyro losging. Ich möchte gar nicht wissen, wie heiss es da auf der Bühne wurde. Blind Guardian schliesslich sah und hörte ich nur noch aus der Entfernung. Meine Ohren dröhnten und irgendwie kann ein kurzhaariger Typ in schwarzen Hemd mich nur mässig davon überzeugen, vor der Bühne stehen zu bleiben, egal wie legendär die Musik auch sein mag. Dem tobenden und mitsingenden Publikum entnahm ich aber, dass die Herren ihre Arbeit gut erledigt haben. Wäre auch ein Wunder wenn nicht, schliesslich gibt es sie doch schon seit 1986. Den Abschluss boten für mich Mercenary, welche mit ganz heftig abgemischten Bassdrums eine gehörige Portion Death / Power Metal in die Masse abfeuerte. Die Dänen haben seit meinem ersten Kontakt mit “11 Dreams“ einige Alben rausgebracht, so könnte ich über eine Setlist nur raten und lasse es darum bleiben.

Samstag, 16.07.2011
Während ich Anfang Woche noch dachte, dass die Tage einfach nicht vorbei gehen würden, war gegen meine Erwartung plötzlich Samstag. So hiess es letzte Einkäufe tätigen, Coupons einlösen und Depot zurück geben. Schliesslich spielte an Nachmittag Belphegor, was ich mir nicht entgehen lassen wollte. Black Metal Kapelle aus Österreich spielte durch ihr gesamtes Schaffenswerk hindurch diverse Tracks, während die Ansagen dazwischen typischerweise eher provokativ waren und auch der Mittelfinger häufig mal ins Publikum gezeigt wurde. Als Reaktion dazu gab es einen weiteren, staubigen und zutiefst aggressiven Moshpit, bei dem sich die Menge austoben konnte. “Lucifer Incestus“ schliesslich bündelte die gesamte negative Energie und entlud sie mit „“Angeli Mortis De Profundis“ in den Himmel, in welchem sich die Sonne hinter den Wolken versteckte. Helmuth wirkte in seinem Element, wie ein Besessener verdrehte er die Augen immer wieder und spuckte Gift und Galle in das Mikrofon. Black Metal in abstossender und trotzdem ergreifender Ausführung.

Deicide anschliessend musste auf einen Gitarristen verzichten, somit blieben auch die Soli aus. Trotzdem haben die Amerikaner ihr Todesblei mit ganz viel Druck durch das Tal geschleudert. Für die Death Metal Fans zumindest war das Festival nach diesem Auftritt sicherlich ein totaler Erfolg. Ganz anders dann die Finnen von Amorphis. Hier versammelten sich einige Pärchen vor der Bühne, um bei den gemütlicheren Parts jemanden bei sich zu haben. Die Band promotete ihr neues Album so überzeugend, dass es nun auch einen Platz in meiner Sammlung bekommen hat. Der Sänger besitzt eine der abwechslungsreichsten Stimmen überhaupt, zusammen mit den Lichtern und dem Bühnenbild haben die Jungs ganz tolle Stimmung gemacht. Varg haben auf der Secondstage den geneigten Paganfan in eine kämpferische Stimmung. Keine Experimente, keine grossen Ansprüche, dafür aber einen Haufen zufriedene Zuhörer. Damit verabschiedeten sich die Deutschen, und auf der Mainstage stellte Kreator auf. Und bei diesem Konzert wurde das Metalcamp in den staubigen Grund gestampft, ein Moshpit von der Bühne bis zum Mischpult wurde auf Wunsch der Band geöffnet und im Boden verewigt. Dabei brauchte die Legende nichts weiter auf der Bühne als zwei Treppen zum Schlagzeug hinauf, aber die Truppe hatte eine solch ansteckende Performanz, dass ihr das Publikum aus den Händen frass.“Enemy Of God“ wird noch heute von den Wänden des Tales zurückhallen, während “Phobia“ wahrscheinlich noch jetzt gewissen Leuten schlaflose Nächte beschert. Meiner Meinung nach hat die Leistung von Kreator jene von Slayer in dieser Woche locker getoppt. Aber immerhin spielten sie auch schon das vierte Mal in Tolmin.

Auf jeden Fall ging es nun zum letzten Konzert des Festivals, Moonsorrow hatte inzwischen auf der Secondstage angefangen. Anders als erwartet hatte man auch hier wieder genügend Platz, es war kein Problem auch nach Beginn des Konzertes noch bis in die vorderste Reihe zu laufen. Mit den hypnotischen Riffs zog auch der Vollmond über die bewaldete Bühne, während sich im Fluss unten der Nebel sammelte und eine kalte Briese über das Gelände wehte. Unter diesen Umständen einfach ein wunderschöner Auftritt. Da am nächsten Morgen schon die Rückreise anstand, blieb nichts weiter, als die Nacht hindurch zu feiern und im Morgengrauen das Zelt abzuräumen.

Wobei wir beim bereits angesprochenen Depotsystem sind. Der Reisebus fuhr um 10 Uhr morgens. Die Stände für Depot (inklusive die 10 Euro für die Abfallsäcke) öffneten aber erst um 11 Uhr. Die Folge daraus war meiner Meinung nach sehr unbefriedigend: die Pavillons wurden zusammengefaltet und übrig blieb ein riesiger Haufen Müll, den andere wegräumen müssen. Das Wegräumen alleine finde ich nicht so tragisch, viel schlimmer finde ich die kapitalistische Denkweise. Etwas Intaktes wegzuwerfen, nur weil es weniger Arbeit macht, finde ich ziemlich übel. Klar, dass bei solchem Verhalten ein Depotsystem eingeführt wird.

Fazit: Die Woche war der absolute Hammer! Die Stimmung ist viel ungezwungener und relaxter als bei drei Tagen Festival. Man kann es locker angehen, schliesslich spielen so viele Bands dass man gar nicht alle sehen kann. Zudem braucht man nicht aggressiv Party zu feiern, da man eine Woche Feiern doch ziemlich gut einteilen muss. Und letzten Endes gäbe es noch so viel zu sehen, ich habe zum Beispiel an keiner der geführten Wanderungen teilgenommen (war mir zu heiss), habe mir nie einen Strandbuggy gemietet und habe nie im Dorf gegessen. Die Toiletten sind sauberer als an vielen anderen Festivals und das ganze Camp braucht keine Wikingershow oder ein Heerlager. Es gibt keine Müllsackweitwurf Championship, da das Durchschnittsalter zwischen 20 und 30 liegt. Die ganze Woche hindurch habe ich nicht eine einzelne Pöbelei miterlebt (und das will was heissen bei 12'000 Leuten). Die Verletzten stammen viel eher von unglücklichen Landungen in die Tolminka als von Auseinandersetzungen. Ich werde im nächsten Jahr hoffentlich wieder dabei sein, dann vielleicht nicht alleine, denn das Camp bietet so viel mehr als ich hier beschreiben konnte. Ganz klar, eine Woche Festival ist anstrengend. Aber es ist gerade darum ein absolut tolles Erlebnis.