Livereview: Machine Head - Trivium - DragonForce
                              Arch Enemy - Shadows Fall
07. Dezember 2007, Zürich Volkshaus
By El Muerte (Mue) & Rockslave (Rsl) - Pics by Fabienne Curty
«Studie des gemeinen Wald-Und-Wiesen-Metallers bei der allmonatlichen Vollversammlung und Stromgitarren-Huldigung: Die jüngeren Exemplare der Spezies finden sich schon gut und gerne drei (!) Stunden vor Türöffnung ein, um den lokalen Wetterbedingungen zu trotzen. Der eigentliche Einlass gegen 17h00 in die heiligen Hallen findet gesittet und unter überraschend andächtiger Ruhe statt, im Inneren demonstriert das Gros der Spezies sogleich eine überlebenswichtige und über Generationen antrainierte Strategie: Bierfassen zur Akklimatisierung. Interessanterweise beinhaltet dieser so grundsätzlich verankerte Überlebensreflex auch die wiederstandslose Anpassung an die lokale Preispolitik, der Metaller scheint die Monopol-Stellung des Verpflegungsanbieters zwar erkannt zu haben, langt aber aufgrund der Auswegslosigkeit der Situation trotzdem ordentlich hin. Ähnliches Verhalten lässt sich auch beim Eindecken mit tragbaren Ikonografien und Reliquien (Von der Spezies liebevoll als «Merchandise» betitelt) beachten: Trotz der erneut zum Aufschrei animierenden verlangten Preisen greift auch hier eine überraschend hohe Anzahl an Verehrern zu - und geht somit vor der Auswegslosigkeit in die Knie. Interessant, wie sich der Wille einer nach aussen doch so dominant auftretenden Spezies manipulieren lässt.» (Mue)

So oder ähnlich würde wohl ein neutraler Beobachter über die Geschehnisse an Ort und Stelle berichten - Fakt ist aber, dass Metal Factory diesbezüglich etwas vorbehafteter zur Tat schreitet: Nein, 7.- Franken für's Bier, 45.- für's Shirt und 100.- für 'nen Pulli, das geht zu weit - Woher nehmen die Leute bloss die Frechheit her, solche Preise zu verlangen, das Publikum beim Ausschank schlecht zu behandeln, und dann noch das Klopapier nicht nachzuliefern? Sorry, aber das geht zu weit. Ich habe keine Ahnung, wer hinter all dem steckt (Ok, Klopapier und Preispolitik sind zwei paar unterschiedliche Schuhe), aber ich habe genug von diesem Scheiss. Ja, der Event war geil, ja, ich hätte gerne mit Gerstensaft gefeiert, ja, ich hätte mich wirklich gerne zur Erinnerung daran mit Klamotten eingedeckt - Aber nein, ich schiebe euch dafür nicht mein halbes Monatsgehalt in den Arsch. Keine Ahnung, ob euch das interessiert - Aber ich weiss, dass ich damit nicht alleine bin. Doch genug der Ausschweifungen, glücklicherweise können wir trotzdem noch einige positive Punkte erwähnen - Den Bands sei Dank... (Mue)

Shadows Fall
Den Anfang machten um Punkt 18.50 Uhr Shadows Fall aus Massachussetts, deren letzter Gig auf Schweizer Territorium auch bereits vier Jahre zurück liegt. Die Band legte sich trotz grottenschlechten Sound-Konditionen von Anfang an ins Zeug, aber aus knapp 25 Minuten Spielzeit lässt sich nun mal nicht so einfach so ein unvergessliches Erlebnis zaubern. Vor allem Fronter Brian Fair konnte mit sympatischen Ansagen punkten - Das Hauptaugenmerk des Publikums lag aber klar auf seinen bodenlangen Dreadlocks, die beim Bangen einen Sicherheits-Abstand von gut und gerne mindestens drei Metern für die weiteren Bandmitglieder voraussetzten - Imposant, welche Masse der Typ mit seinem Nacken bewegt. Die Band gab sich derweil betont konzentriert, und überzeugte in erster Linie mit technischer Versiertheit. Klampfer Matthew Bachand lieferte nebst tighter Saitenquälerei auch erstklassige Backingvocals, aber nur weniges davon war wirklich hörbar - Die Welt wäre halt schon ein schöneres Plätzchen, wenn auch Vorbands nicht auf einen soliden Mix verzichten müssten. Das Publikum liess sich dadurch allerdings nicht den Enthusiasmus nehmen, es quittierte den Auftritt überrschand wohlwollend. Die lange Wartezeit auf den Eröffnungsgig des Abends spielte hierbei wohl eine entscheidende Rolle. Brian Fair nutzte die Gunst der Stunde mit dem einzigen Stagedive des ganzen Abends beim dritten Song aus, und zeigte sich auch am Ende des Sets überaus dankbar - Sehr fein, bitte mehr davon! (Mue)

Arch Enemy
Mit Arch Enemy stieg um 19.50 Uhr ein um einiges grösseres Kaliber auf die Bühne, immerhin tingelt das Deutsch/Englisch/Schwedische Quintett bereits seit 10 Jahren durch Europa. Im Vorfeld gaben sich viele Fans enttäuscht über die frühe Position und die damit verbundene kurze Spielzeit, doch wie mir Bassist Sharlee D'Angelo im Interview versicherte, wird die Band bereits in einigen wenigen Monaten für einige komplette Headliner-Shows zurückkommen. Interessanterweise wählten Arch Enenmy als Intro ab Band den Titelsong des Kultstreifens «The Omen», was bisher eigentlich immer Machine Head vorbehalten war… Als kurz darauf mit «Blood On Your Hands» der geniale Opener vom neuen Album «Rise Of The Tyrant» erklang, reagierte das Publikum noch einmal heftiger, und die ersten kollektiven Well-Bewegungen im eingekeilten Publikum wurden freigesetzt - Ursprünglich hätte das wohl mal sowas wie ein Moshpit werden sollen, aber bei einem vollgestopften Volkshaus geht sowas halt schlecht. Fronterin Angela Gossow warf sich gleich zu Beginn weg in schmissige Posen, und auch der Rest der Band posierte, was die Gelenke hergaben. Die neuerdings wiedervereinte Axtfront mit Michael und Christopher Amott dominierte dabei klar das Geschehen, Basser Sharlee und Drummer Daniel Erlandsson zogen bei weitem weniger Aufmerksamkeit auf sich - lieferten aber einen äusserst soliden und tighten Rhythmus-Teppich. Das Publikum sang von Beginn weg bereits lautstark mit, was bei Songs wie «Nemesis», «My Apocalypse», «Ravenous», dem bereits erwähnten «Blood On Your Hands», und dem finalen «We Will Rise» auch ein Kinderspiel war - Arch Enemy spielten von Anfang an mit offenen Karten, um am Ende dann noch zwei Minuten klassisches Sologeballer der beiden Klampfer nachzulegen. Auch hier: Feinste Güteklasse! (Mue)

DragonForce
Au backe..., da hatte ich aber ein hartes Los für die Bericherstattung des heutigen Abends gezogen! Es gibt nämlich neben Manowar und Electric Wizard noch eine Band, die ich auf Teufel komm raus nicht ausstehen kann: DragonForce! Die gehypte und völlig überbewertete UK-Truppe, die wie The Darkness auf Crack agiert, wuchs heute Abend in der Tat nochmals über sich hinaus, aber schön eins nach dem andern. Nachdem mich also Shadows Fall echt beeindruckt hatten und Angela Gossow es anschliessend wiederum nicht fertig brachte, dass ich mich mit ihrem brachialen Gesangsstil anfreunden konnte, versuchte ich mich geistig auf die bevorstehende Speed-Attacke einzustimmen. Was dann allerdings folgte, spottete jeder Beschreibung. Schon die Bühnen-Accessoires mit den kleinen, runden Podestchen sahen seltsam aus und dann erst Keyboarder Vadim Pruzhanov! Verkleidet wie ein Glam-Boy der ersten Stunde sprang dieser während des Musizierens wie von der Tarantel gestochen unablässig auf und ab, und zwar zuweilen gefährlich hoch! Derweil zündeten seine Kollegen den Turbo, der, bis auf wenige Momente, immer am Anschlag lief! Ich habe einfach keine Ahnung, was an dieser total übertriebenen Speed-Orgie geil sein soll. Natürlich erbringen die Axt-Fraktion Lee/Totman und das Rhythmus-Duo Leclercq/Mackintosh eine schweisstreibende Performance, aber das Ganze wird ziemlich schnell langweilig! Das ging soweit, dass mehrere Male nicht viel fehlte, um eine spürbar gereizte Stimmung mit permanenten "Machine Fuckin' Head" Rufen beinahe kippen zu lassen. Sänger ZP Theart vermochte zwar dann und wann die Meute etwas zu mobilisieren, legte selber aber eine höchstens mittelmässige Leistung auf's Parkett, und der beherzte Griff zur Jack Daniel's Pulle war ja sowas von cool! Wie wenn das alles nicht schon genug Holz wäre, fingen die Bandmitglieder auch noch zu blödeln an, was völlig kindisch aussah. Spätestens von da an blieb nur noch naives Gezappel, gepaart mit instrumentalem Overkill-Geschredder übrig. Der beste Moment war Bassist Fred Leclercq beschieden, als er mit Gitarrist Sam Totman die Instrumente tauschte und danach mit einem Hammer-Solo aufzeigte, dass er sich auf sechs Saiten ebenso wohl fühlt. Alles andere war an Peinlichkeit(en) nicht zu überbieten und gelinde ausgedrückt eine Frechheit gegenüber dem zahlenden Publikum! Dieser Auftritt war jetzt echt für'n Arsch und wer sich diese olle Kasper-Truppe gar als Headliner reinzieht, ist selber schuld! (Rsl)

Trivium
Nach meinem persönlichen Konzertdesaster des ganzen Jahres war ich nicht sicher, ob nun die Band, welche mir als Support von Iron Maiden im letzten Jahr kaum Freude bereitet hat, die Kohlen aus dem Feuer holen kann. Ende Mai konnte im Rohstofflager jedoch bereits ein klares Zeichen für den Aufwärtstrend der Youngsters erkannt werden! Dieser Eindruck täuschte in der Tat nicht, denn als Trivium unter tosendem Applaus die Bühne des Zürcher Volkshauses geentert hatten und mit "To The Rats" wie die Feuerwehr loslegten, war meine Skepsis ziemlich schnell verflogen. Auch soundmässiig glaubten meine Lauschlappen zu träumen, denn was da von der Bühne runter wehte, war einfach nur fett, fett und nochmals fett! Dies war sicher auch wegen Bassist Paolo Gregoletto, der seinen 5-Stringer direkt mit den Fingerkuppen malträtierte. Unbestreitbar im Geiste der alten Metallica kochten Trivium ihre Suppe aber mit deutlich mehr Pfeffer und eigenständiger Attitüde. Es nichts mehr von aufgesetzter Lässigkeit zu sehen, sondern Spielfreude pur, die sich sofort auf den ganzen Saal ausdehnte. Das Markenzeichen der melodischen Soli und von geteilten Lead-Vocals überzeugte auf der ganzen Linie und hinterliess zunehmend offene Münder. Das thrashige Grund-Element wurde spürbar durch powermetallische Arrangements bereichert. Dennoch geriet zum Beispiel ein Song wie "The Deceived" zur ultimativen Thrash-Keule und liess den Mob völlig ausrasten. Weitere Highlights waren auch "A Gunshot To The Head Of Trepidation" mit geilen, zweistimmigen Soli und "Becoming The Dragon", das zuvor noch nie (in der Schweiz) gespielt wurde. Ein zünftiger und mitunter gefährlich anmutender Moshpit war die Antwort auf die bemerkenswerte Leistung der Band. Ganz zu schweigen von der Super-Stimmung und dem infernalischem Applaus im Saal. Das hatten ich und wohl viele andere auch so bestimmt nicht erwartet. Die Meute frass Trivium mittlerweile beinahe hörig aus der Hand. In diesem Zusammenhang war es echt schade, dass ihnen "nur" etwa 50 Minuten Spielzeit gewährt wurde und der Headliner erst noch folgen sollte. "Anthem (We Are The Fire)" und "Rain" mobilisierten die abdrehenden Fans nochmals locker und für Lacher sorgte Matt's Ansage bezüglich DragonForce: "Amaziing and ridiculous". Das anschliessende Mitsing-Intermezzo wurde lautstark erwidert. Überhaupt zeigten sich die Schweizer Fans dabei erstaunlich textgewandt. Am Ende musste man neidlos anerkennen, dass dies der bisher (wenn nicht der) beste Auftritt des Abends war. Die Mission der Bewährung ist geglückt und man wird es wohl bald miterleben, wie weit Trivium mit ihrem Sound, den nun sympathischen Ansagen, exzellenter Gitarren-Arbeit und Hammer-Drumming noch kommen werden! (Rsl)

Machine Head
Dem Headliner stand es schliesslich zu, den zeittechnisch noch ziemlich jungen Abend abzuschliessen - Da die «Black Crusade»-Tour auch etliche Nicht-Machine Head-Kenner hervorgespült hatte, wusste ein grosser Teil der Besucher aufgrund der bisherigen beinahe durchgehend qualitativ hochstehenden Auftritte der anderen Bands die Situation nicht richtig einzuschätzen, doch selbst die eingefleischten Fans hätten den Überraschungseffekt der folgenden Show nicht voraussehen können. Machine Head stiegen wie auch schon beim Konzert im Juni mit dem Opener «Clenching The Fists Of Dissent» auf die Bühne, und wie auch schon damals sang das Publikum das akustische Intro beinahe Ton für Ton mit. Von grossartiger Live-Action seitens des Publikums kann hier zwar nicht gesprochen werden, aber Standing Ovations gehören eh zur Grundausstattung einer Machine Head-Show im Volkshaus. Bis etwa zu drei Vierteln des Sets lief dann auch alles mehr oder weniger nach dem bekannten Muster: Durchgehend motivierte Band, dankbar abgehendes Publikum, emotionale Performance, und Songs wie «Asthetics Of Hate», «Halo», «Ten Ton Hammer» und «Old». Doch dann kam der Moment, den leider ein Grossteil des Zürcher Publikums aufgrund der Sprachbarriere nicht richtig verstand: Sänger/Klampfer Robb Flynn kündigte die Ballade «Descend The Shades Of Night» an, und widmete ihn zuerst «all denen, die vor kurzem eine nahestehende Person verloren haben», um dann zu erläutern, dass auch «die Machine Head-Familie nicht davon verschont wurde» - Gitarrist Phil Demmel's Vater war am Abend zuvor verstorben, und Phil hatte das erst in Zürich erfahren. Als Phil dann auf der Bühne erschien, um den Song einzuleiten, machte sich eine bedrückende Stimmung breit, und das Publikum horchte fast andächtig den akustischen Gitarren, um kurz darauf mit Klatschen in den Takt einzustimmen. Der Song steigerte sich über fünf Minuten dem Höhepunkt entgegen, und als Phil dann zum Solo ansetzte, war ihm der Schmerz ins Gesicht geschrieben und es liefen ihm sogar einige Tränen über das Gesicht… Den Anblick werde ich wahrscheinlich nie vergessen (Wie sich nach der Show herausstellte, war Phil am vorigen Abend in Milano auf der Bühne ohne jeglichen medizinisch erklärbaren Grund zusammengebrochen - Drummer Dave McClain rechnete darauf aus, dass das auf die halbe Stunde genau zu dem Zeitpunkt passierte, als Phil's Vater in Amerika starb…). Robb und Basser Adam Duce umarmten Phil nach dem Song einige Momente, und nach einer kurzen Pause ging's dann mit der Show weiter. Die Band wählte erneut «Davidian» als Abschluss, aber das Publikum schien in der Zwischenzeit erneut an Energie verloren zu haben - Die Circlepits auf der «Through The Ashes Of Empires»-Tour waren definitiv eine Runde grösser. Fazit: Nicht eine der besten Machine Head-Shows, aber die Band ist der Konkurrenz immer noch um Nasenlängen voraus - Allein der Fakt, dass sie trotz des Todesfalls auf die Bühne gestiegen sind, spricht Bände. Tjo, Zeit auch für uns, nun den Abend kurz zusammenzufassen: Ein ordentliches Package an Bands für einen vertretbaren Preis, das kann definitiv so unterschrieben werden - Hätte man die Kitschflitzer von DragonForce zu Hause gelassen, hätten die restlichen Bands längere Spielzeiten kassiert, insofern hätte hier definitiv Verbesserungsbedarf bestanden… Von den eingangs beschriebenen Szenarien ganz zu schweigen. Also nochmal, wenn man fette Konzerte noch mit angemessenen Getränke- und Merchpreisen kombinieren würde, dann wäre das wirklich sensationell... (Mue)