Livereview: Lynyrd Skynyrd - Chickenhouse
04. Juni 2009, Wettingen - Sportzentrum Tägerhard
By Rockslave
Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich Lynyrd Skynyrd das letzte Mal live gesehen habe. Genau war das am 15. Oktober 1997 und zwar im Zürcher Volkshaus, also vor satten zwölf Jahren! Damals war ein gewisser Bruce Dickinson als Support (!) auf der Tour dabei. Ich vergesse die "geschockten" Gesichter der Leute nie mehr, als zuerst mal ein regelrechter Metal-Tornado durch das ehrwürdige Haus fegte. Danach war der Headliner zumindest in meinen Ohren nur noch ein "laues" Lüftchen. Ob die Amis in der Zwischenzeit bei uns nochmals aufspielten, entzieht sich meiner Kenntnis. Somit war es nötig, dieser Kult-Band endlich wieder meine Aufwartung zu machen. Das in Wettingen aufmarschierte Publikum war altersmässig augenscheinlich gemischt, aber die älteren Semester überwogen eindeutig. Und diese wussten auch genau, dass man Johnny Van Zant und Co. auf keinen Fall nur auf den Überhit «Sweet Home Alabama» reduzieren darf. Spätestens seit dem Einstieg (1996) von Ex-Blackfoot Klampfer Rickey Medlocke ist spürbar mehr Power im Sound. Den hatten allerdings auch "unsere" Chickenhouse, die als Vorgruppe spielen durften.

Chickenhouse
Die Emmentaler Blues-Rocker dürften über die Zusage dieses Supports für Lynyrd Skynyrd sicherlich erfreut gewesen sein, denn erstens war die Halle schon recht gut gefüllt und zweitens konnte man davon ausgehen, dass das Publikum bestimmt etwas mit dem Sound vom Hühnerhaus anfangen konnte. So kam es denn erfreulicherweise auch, aber Chickenhouse, allen voran ihr quirliger Sänger Andy Zaugg und die "Wild Drum-Machine" Fridu Gerber mussten alles geben, dass das zwar brav applaudierende, zunächst jedoch eher lethargisch da stehende Konzert-Volk aus dem Dorn-röschen Schlaf aufgeweckt werden konnte. Darum erstaunte es mich ein wenig, dass man bei der Auswahl nicht durchwegs auf rockige Lieder gesetzt hatte, da mit «Cheap TV» ein akustisch vorgetragener Barhocker-Song gespielt wurde. Sowas ist zwar nett, aber der Stimmung überhaupt nicht zuträglich. Gitarrist Jim Bows holte mit agilem Spiel und Gesang die Kastanien wieder etwas aus dem Feuer, nur Bassist Burns Heiniger "brannte" überhaupt nicht und wirkte viel zu passiv. Mit «She's A Lady» gings zum Glück wieder flott(er) weiter und spätestens beim «Texas Blues» war der Höhepunkt der Anteilnahme erreicht. Obwohl weder gehüpft noch Haare wild durch die Gegend flogen, antizipierte das Publikum den angezettelten "Sing-a-long" bestens. Die zeitweilen etwas banalen wie ausgelutschten "Ohhh-ou-ou"-Rufe wurden lautstark erwidert und was Besseres gibt es nicht. Zu ziemlich spartanisch einge-setztem Licht, markanten Bannern auf der Bühne und soweit passablem Sound, der ruhig noch etwas lauter hätte sein dürfen, spielten Chickenhouse ein solides Konzert, das leider nur 30 Minuten dauerte (dauern durfte) und deshalb viel zu früh zu Ende war. So war dann nach «Three In A Bed» bereits Schicht im Schacht und das Hallenlicht ging fast brutal schnell wieder an. Was die sonst zweifelsfrei gute Perfor-mance insgesamt angeht, so fehlt mir persönlich manchmal ein Zacken mehr Härte, aber das ist wohl Geschmackssache. Den Vogel zum Schluss schoss die neben der Bühne (an einer Türe) hängende "Today's Schedule" ab, wo doch bei 8:00 pm tatsächlich Chickenfoot (!!) drauf stand! Das wär's jetzt noch gewesen.

Setliste: «Repo Man» - «Ask No Questions» - «Blues Man» - «Cheap TV» - «She's A Lady» - «Texas Blues» - «Three In A Bed».

Lynyrd Skynyrd
Als die Bühne für den Headliner vor der Kulisse von gut 2'000 Zuhörern hergerichtet war, präsentierte sie sich eigentlich bis auf das Keyboard von Neuzugang Peter Pisarczyk (ersetzte dieses Jahr den verstorbenen Billy Powell - R.I.P.) und das Arbeitsgerät von Drummer Michael Cartellone praktisch wie leer gefegt. Das änderte sich natürlich mit dem Eintreffen aller Musiker, insgesamt deren neun, inklusive zwei Sängerinnen, die für die nötigen Backing Vocals verantwortlich zeigten. Letztere und zwar Carol Chase sowie Gary Rossington's Frau Dale Krantz-Rossington sind beide schon seit 1987 dabei. Hingegen (ebenfalls) neu im Lineup stand der jugendlich wirkende Robert Kearns (ersetzte den ebenfalls in diesem Jahr verstorbenen Bassisten Donald "Ean" Evans - R.I.P.) - Somit ist Gitarrist Gary Rossington noch das einzige, verbliebene Gründungsmitglied der Südstaaten Rocklegende. Wer die tragische Geschichte der Band noch nicht kennt, kann sich auf Wikipedia schlau machen. Diese Tour im Vorfeld des neuen Studio-Albums «God & Guns», das gegen Ende September erscheinen wird, stand ganz im Zeichen der grossen Hits. Und davon gibt es neben den Ur-Gesteinen «Sweet Home Alabama» und «Free Bird» noch jede Menge mehr. «Workin' For MCA» eröffnete den Abend und spätestens bei «Saturday Night Special» brannte die Lunte und die Fans, junge und/oder alte schwelgten jeweils im eigenen Southern Rock Himmel. Die Gitarrenfront mit Rossington/Medlocke/Matejka harmonierte bestens, wobei natürlich vor allem der gute Rickey unablässig in Bewegung war. Müssig zu erwähnen, dass hier alles gestandene Profis auf der Bühne standen und die Songs mit blinder Verständigung zelebrierten. Dabei zeigte sich der neue Tastenmann Peter als sehr würdiger Nachfolger von Billy Powell und man hatte als Zuhörer nicht den Eindruck, dass hier etwas verändert wirkte. Sänger Johnny Van Zant verzichtete diesmal erfreulicherweise auf allzu viel patriotisches Gehabe und lieferte eine Glanzleistung ab. Mainman Gary machte derweil seinem mehrheitlich mürrischen Gesichtsausdruck unter seinem schwarzen Hut wieder alle Ehre. Doch (oh Wunder!) gab es Momente, wo tatsächlich sowas wie ein Lächeln über sein Gesicht huschte. Freude hatte sichtlich auch das Publikum, das sich zu jedem Song, der nach den ersten paar Tönen erkannt wurde, gleich bemerkbar machte und, wie bei «Simple Man», über gute Mitsing-Qualitäten verfügte. So entwickelte sich das Konzert bei stetig steigenden Temperaturen und zunehmend stickiger Luft zu einem Triumph-Zug sondergleichen. Neueres Material, zum Beispiel vom Album «Vicious Cycle» (2003) wurde überhaupt nicht berücksichtigt. Das kümmerte heute Abend in Wettingen jedoch niemanden, denn Lynyrd Skynyrd spielten ein Best-Of Set, wie es einige CDs davon gibt. Die beginnen meistens entweder mit «Sweet Home Alabama» oder eben «Free Bird». Dass diese zwei Heuler für die Ewigkeit natürlich den Abschluss des Konzertes bestritten, war voraus zu sehen. Nach dem letztjährigen Sommer-Hit von Kid Rock war es natürlich wieder einmal der freie Vogel, der als einzige Zugabe zum absoluten Höhepunkt des Abends geriet und frenetisch abgefeiert wurde. Wer das legendäre Guitar-Solo der drei miteinan-der ausufernd solierenden Gitarristen bisher noch nie live gesehen hat, dem fehlt einfach die Fahrkarte für den Rock'n'Roll Himmel..., oder die Hölle..., wie auch immer. Nach ziemlich genau 90 Minuten entliessen Lynyrd Skynyrd total begeisterte und sichtlich nach Sauerstoff lechzende Fans in die Nacht hinaus. Cya soon again!

Setliste: «Workin' For MCA» - «I Ain't The One» - «Saturday Night Special» - «Gimme Me Back My Bullets» - «What's Your Name» - «That Smell» - «Simple Man» - «Whiskey Rock-A-Roller» - «Down South Junkin'» - «Needle And The Spoon» - «Double Trouble» - «Tuesday's Gone» - «Gimme Three Steps» - «Call Me The Breeze» - «Sweet Home Alabama» -- «Free Bird».