Livereview: Ivanhoe - Orymus
16. April 2010, Worblaufen - Tibi's Downstairs
By Rockslave
Es ist schon eine ganze eine Weile her, seit mir mal ein gewisser Herr Freiburghaus vom Outsider Shop in Olten (den Hunderter für die Schleichwerbung hole ich dann noch ab!) eine CD mit dem Titel «Visions And Reality» nahe gelegt hatte, zumal diese CD damals in der Schweiz nirgends sonst erhältlich war. Das ist jetzt gute 15 Jahre her und die Band hiess: Ivanhoe! Etwas später lernte vor allem deren Sänger Andy B. Frank persönlich kennen. Nach seiner Zeit bei einer der hoffnungsvollsten Prog-Bands aus Dutscheland entstand zuerst die eigene Combo Symphorce, bevor dann Brainstorm aktuell wurden. Der Rest von Ivanhoe lag dann erst mal eine Zeit lang flach, ehe 1999 Bassist Giovanni Soulas und Gitarrist Achim Welsch das Projekt Charisma mit der Sängerin Annette Kienzle und weiteren Mitstreitern aus der Taufe hoben. Das Album hiess "Karma" und lässt auch heute noch keinen Ivanhoe Fan kalt. 2005 stiess der neue Sänger Mischa Mang dazu und auch der damalige Keyboarder Richie Seibel (bei Charisma) ist im heutigen Line-Up mit dabei. Drei Jahre später folgte das fünfte Album «Lifeline». Zusammen mit meiner persönlichen Premiere im Downstairs gab es ein herzliches Wiedersehen nach langer Zeit. Das Vorprogramm bestritten Orymus aus Fribourg.

Orymus

Von der jungen Schweizer Band Orymus (vormals Volvox) hatte ich zuvor noch keine Kenntnis. Das ist jeweils eine immer spannende Ausgangslage, die einiges versprach, was dann letztlich auch eingehalten wurde. Die fünf Musiker, allesamt mit Jahrgang 1988, richteten sich vor ihrem Auftritt noch kurz ein und legten dann gegen 21.50 Uhr los. Es erklang Rock mit massig 70er Vibes und auffallenden laut/leise Parts. Zentraler Mann der Band ist Sänger Daniel Brönnimann, der mir etwas wie der junge Ian Gillan (Deep Purple) vorkommt und neben seiner sehr ausdrucks-starken Stimme auch an der Akustik-Gitarre eine beeindruckende Figur machte. Darüber hinaus war bei ihm auch massig Charisma auszumachen. Die anderen Bandmitglieder hatten optisch mehr oder weniger einen Touch von einer Schülerband. Weit darüber hinaus gingen aber die technischen Fertigkeiten aller Musiker, die einen recht eingespielten Ein-druck hinterliessen. Dass dann als zweiter Song mit Uriah Heep's Oldie «Rainbow Demon» bereits eine Cover-Version am Start war, dürften die meisten der etwa 60 - 70 an-wesenden Besucher des Downis nicht mitbe-kommen haben. Ich fand die Interpretation durchaus gelungen und überhaupt passte dieser Song eigentlich noch ganz gut zum restlichen Material, das Orymus an diesem Abend spielten. 2008 wurde mit «Stranger In Paradise» eine selbstfinanzierte Demo-CD mit sechs Tracks (plus Intro) aufgenommen.

Davon wurden in Tibi's Downstairs aber nur zwei Stücke berücksichtigt. Somit hörte man insgesamt überwiegend neueres Material der Freiburger Band. Der auf der Setliste mit «Lied Dänu» notierte Song unterstrich die Frontmann Qualitäten von Herrn Brönnimann abermals, der hier nur seine Stimme und die schon erwähnte Akustik-Klampfe im Einsatz hatte. Die progressive Seite der Band kam eher im Ansatz zum Ausdruck, da dafür die typischen Solo-Eskapaden fehlten, was aber für einen Support-Auftritt eh nicht angebracht wäre. Der Sound an sich war für die bescheidene Grösse der Location recht annehmbar. Dass Orymus es aber auch richtig krachen lassen können, zeigte am Schluss der Demo-Track «Schizophrenia», der natürlich auch mit einem leisen Part aufwarten konnte. Die Ambitionen der jungen Band ("wir wollen mal vor ganz viel Publikum spielen") sind da, doch der Realitätssinn ist den berufstätigen und teils studierenden Musi-kern bis jetzt nicht abhanden gekommen. Die (im Video-Interview auf der Homepage) konstatierte Freude an der Musik war für mich während den gut 35 Minuten auf jeden Fall spür- und nachvollziehbar. Das ist ja schon mal eine gute Grundlage für ein Weiterkommen. Good luck Orymus!

Setliste: «Rusty Nails» - «Rainbow Demon» - «Do It In The Way» - «Lied Dänu» - «Another World In Paradise» - «Busy» - «Straight To The Sky» - «Schizophrenia».

Ivanhoe
Es war schon eine ganze Weile her, seit ich Ivanhoe das letzte Mal live gesehen hatte. Das müsste eigentlich 1997 anlässlich der «Polarized»-Tour gewesen sein. Damals natürlich noch mit dem alten Sänger Andy B. Franck. So wie ich dessen weitere Karriere im Verlauf der Jahre verfolgte (und ihn noch mehrmals bei späteren Interviews mit Fragen zu seiner musikalischen Vergangenheit "nervte"), behielt ich auch stets seine ehemaligen Kollegen im Auge. Die CD mit Charisma (siehe Einleitung) war ja dann schon mal kräftig Balsam auf die Wunden eines alten Ivanhoe Fans. Die nächste, kreative Ära der einstigen deutschen Prog-Hoffnung bekam aber erst wieder mit dem Eintritt von Sänger Mischa Mang Auftrieb, der die letzten beiden Alben «Walk In Mindfields» (2005) und aktuell vor zwei Jahren eben «Lifeline» ziert. Trotz diesen beiden Top-Alben kam die Band leider nicht entscheidend weiter. So ein Headliner-Gig ist ja mal grundsätzlich eine tolle Sache und für mich war es ein herzliches Wiedersehen mit den alten Recken Giovanni Soulas (b), der zwar später im Tibi's ankam, überraschenderweise dann nicht spielte und von einem Kollegen namens Sascha für den heutigen Auftritt ersetzt wurde. Ein ebenso freundschaftliches Shake-Hands gab es mit Gitarrist Achim Welsch. Des Weiteren ist ja der frühere Gitarrist Chuck Schuler auch wieder zurück im Line-Up. Wie gesagt eine freudige Sache, aber die Kulisse war für so eine Hammer-Band für mein Empfinden unter dessen Würde. Nichtsdestotrotz überwog die Wiedersehensfreude und auch Ivanhoe schienen heute Abend einfach die Lust zu verspüren, ihr Publikum zu begeistern. Im Vorfeld erfuhr ich dann allerdings, dass man von der Vorbereitung her (auch wegen der Situation am Bass) nicht mehr als 75 Minuten aufspielen werde.

Den Auftakt als Opener machte erst mal «Lonelies» vom «Polarized»-Album und sofort füllte sich der Raum mit dem wohlklingenden Sound, den ich so nun schon so lange nicht mehr live gehört hatte. Klar klingt die Stimme von Mischa anders als die von seinem Vorgänger, aber der machte seine Sache gut und wurde von seinen Hinterleuten mit tightem Spiel optimal unterstützt. Überhaupt suchte Mischa gleich von Anfang an den Draht zum Publikum, das darob immer mehr auftaute. Das lag auch am jetzt klar lauteren und vor allem fetteren Sound, der ins Downi geblasen wurde. Mit «Time Machine» und «Mad Power» folgen zwei Songs vom letzten Album, die ganz nach der alten Tradition gestrickt sind. Die dezent hörbaren Keyboard-Einsätze der CD wurden dabei ab Band beigesteuert. Nur zu «What Love Is For», also dem Intermezzo davor, haute Mischa selber mal kurz in die Tasten. Einmal liess man gar einen Fan auf die Bühne stehen, der dort kurz voll abbangen durfte. Derweil mischte sich Mischa in die erste Reihe und alle hatten ihren Spass. Da war kein muskelbepackter Security-Mann zugegen, man ist ja hier schliesslich auf dem Lande..., respektive vor den Toren der Landeshauptstadt Bern. Während ich letzten Endes vergeblich noch auf einen Titel des Debüts wie zum Beispiel meinem absoluten Favourite «Deeper Ground» wartete, wurde der Zweitling «Symbols Of Time» wenigstens mit «Raining Tears» bedacht. Den regulären Schluss bestritten zuerst der letzte und dann der erste Song und gleichzeitig der Opener wie Titeltrack von «Lifeline». Um mindestens fünfviertel Stunden Bühnenzeit zu erreichen, wurde «Cheops» einfach nochmals gespielt, was dem gut gelaunten Publikum jedoch überhaupt nichts ausmachte. Unter dem Strich war ich soweit zufrieden mit dem Auftritt und auch das sehr gemütliche Ambiente und die grundsätzlich gute wie friedliche Stimmung trugen Einiges dazu bei. Allerdings machte sich bei mir persönlich schon etwas Wehmut breit, wenn man sich vergegenwärtigt, welches Potenzial eigentlich in dieser Band steckt. Die Hoffnung stirbt jedoch bekanntlich zuletzt, und ich wünsche mir einfach, Ivanhoe eines Tages wieder mal vor deutlich mehr Fans sehen zu können!

Setliste: «Intro/Lonelies» - «Time Machine» - «Mad Power» - «Walk In Mindfields» - «What Love Is For» - «You'll Burn» - «Arrows» -- «Raining Tears» - «Cheops» - «Lifeline» --- «Cheops» (2).