Livereview: HIM

06. Dezember 2017, Zürich - Palais Xtra
by Mona M.
HIM, eine Art Legende, beliebt unter Gruftis und Rockern, sanft und dennoch mit einem gewissen, mysteriösen Pepp. Die finnische Band um den beliebten und geliebten Ville Valo, dem mehrfach von verschiedenen Magazinen mehr oder weniger offiziell als Sexiest Man Alive gekürten und mit einem wunderschönen Singorgan ausgestatteten Musiker hat nun beschlossen, aufzuhören. Die letzte Möglichkeit, mir das Spektakel zu gönnen, will ich mir nicht entgehen lassen.

Voller Erwartungen und mit startklarer Kamera bin ich erstmal über die merkwürdige Organisation im Xtra verwundert. Wir sind recht viele Fotografen, also kommen wir von zwei Seiten. Die eine Hälfte geht hintenrum und muss über die Barriere klettern - zur Missgunst des Publikums, welches kein Verständnis zeigt. Die andere Hälfte von uns muss sich durch das Publikum kämpfen, dumme Sprüche über sich ergehen lassen und hoffen, dass die Kamera ganz bleibt, denn viele glauben uns nicht, dass wir in Wirklichkeit Fotografen sind und meinen, extra schubsen und drücken zu müssen. Ob es an der Mentalität des Publikums liegt oder an sonst was, kann ich nicht sagen. Jedoch ist es bestimmt kein gewohntes Umfeld. Metalheads verhalten sich anders, sind in der Regel lockerer drauf.

Weiter kann es nur noch schlimmer werden. Wir alle müssen am Rand bleiben, sogar während der beschränkten Fotozeit von drei Liedern. Als wäre es nicht schwierig genug, auf einer kleinen Treppe zu sein, nicht aufzustehen und schöne, brauchbare Bilder von dem zu machen, was sich wenige Zentimeter über den eigenen Knien befindet. Durch diese Leute, die so ziemlich unlocker wirken, ist auch die Atmosphäre im Club recht unsympathisch für mich. Nun, ein Punkt für den Heavy Metal.

Die Show beginnt und es fehlt jegliche Stimmung. Fangirls starren auf "ihren" sexy Ville, ein paar Leute singen mit - und man hört sie besser als den Sänger selbst, denn die Tonabmischung ist..., suboptimal. Ich komme mir vor wie im falschen Film. Manches ist ab CD eben besser als live, und ich muss traurig feststellen, dass es sich diesmal um einen solchen Fall handelt. Die Hoffnung auf Besserung bleibt zu diesem Zeitpunkt aber noch bestehen.

Nach der mühsamen Treppengymnastik und Überanspruchung der Knie und Gelenke (denn was tut man nicht für das bestmögliche Foto?) geht es um den Kampf zurück zum Ausgang. Diesmal weniger angerempelt oder blöd angemacht, komme ich nach kurzem Krampfen raus, um die Kamera abzugeben. Einige Leute stehen an der Bar und ich merke, dass ich mit meinem ersten Eindruck nicht alleine stehe. Einige sind recht enttäuscht vom Anfang der Show. In der Hoffnung auf Besserung lausche und beobachte ich weiter. Je länger ich dastehe, desto überzeugter bin ich, dass das Ende der Band einzuleiten eine gute Entscheidung war. Es scheint jegliche Motivation zu fehlen, selbst die besten Lieder reissen kein Wenig mit, die einzigen die Spass zu haben scheinen, sind die Diehards und die, die es geschafft haben, in eine musikalische Trance abzudriften (was bei diesem Mix recht schwierig sein dürfte). Mir ist bewusst, dass dies eine andere Sorte Musik ist, aber das ist kein Grund für solche Langeweile. Der Abend scheint sich ewigs in die Länge zu ziehen. Die Musik an sich ist schön, die Stimme Valo's ist schön, die Jungs spielen ordentlich - aber es fehlt die Konzertpower, die Motivation, das innere Feuer. Ob es daran liegt, dass ich zu 97% Metal oder Hard Rock Shows besuche und mir das "Abgehen" gewohnt bin? Denke nicht. Da geht bei einem klassischen Orchesterkonzert mehr. Ja, schon erlebt.

Mit jedem weiteren, schönen Lied wird es unerträglicher, denn es stimmt mich einfach unendlich traurig, dass eine Band, die so schöne Musik gemacht hat, die Jugend so vieler Menschen prägen konnte, es nicht schafft, würdig abzutreten. Dann, das Encore, gut, es geht nicht mehr lange, dann ist die Enttäuschung vorbei.  Doch was ist das? Hoppla, endlich regt sich was! Billy Idol's Rebel Yell wird gecovert und ich bemerke ein gewisses Erwachen. Ja, ich empfinde zum ersten Mal heute Abend Spass!

Wie sagt man? Habe keine Erwartungen und du wirst nicht enttäuscht werden. Nun, dies ist eine weise Lektion. Abschiedstourneen wecken aber nunmal Erwartungen. Man hofft noch auf den energischen Endspurt. Ein Abend mit schöner Musik war es jedenfalls. Aber ohne die gewohnte Konzertpower, die wäre möglicherwiese sogar bei Britney Spears grösser. Nanu, it's time to say goodbye. Danke HIM, beendet diese Tour und kommt bitte nicht auf die Idee, euch zu reaktivieren, ab CD seid ihr immer noch fantastisch - und dabei soll es auch bleiben.



Setliste: Buried Alive By Love - Heartache Every Moment - Your Sweet 666 - Kiss Of Dawn - Sacrament - Tears On Tape - Rip Out The Wings Of A Butterfly - Gone With The Sin - Soul On Fire - Wicked Game (Chris Isaak Cover) - Killing Loneliness - Poison Girl - Bleed Well - Heartkiller - Join Me - Stigmata Diaboli - In Joy And Sorrow - Right Here In My Arms - The Funeral Of Hearts - Rebel Yell (Billy Idol Cover) - When Love And Death Embrace