Livereview: Helloween - Stratovarius - Pink Cream 69
31. Januar 2011, Pratteln - Z7
By Liane P. - All Pics by Tinu
Ich spüre ihn jetzt schon, den kalten Hauch in meinem Nacken. Schweissperlen stehen mir auf der Stirn. Aber ich werde tapfer sein, meine Ritterausrüstung anlegen und hoch erhobenen Hauptes in den Kampf ziehen. Gut möglich, dass ich es mir mit dieser Review bei einigen Helloween Anhängern verscherzen werde. Wo doch eigentlich und grundsätzlich alles so perfekt gewesen ist an diesem Abend. Beim Z7 hingen schon die Schilder an der Kasse: Heute ausverkauft! Und es hatte noch genügend Leute vor dem Eingang, die da auch noch rein wollten. Grosser Andrang also und in der Halle angekommen merkte man schnell: Bummsvoll! Bomben Stimmung! Grundsätzlich keine grosse Überraschung bei dem Line-Up. Alle, die also euphorisch vor allem Helloween gefeiert hatten, konnten sich glücklich schätzen, denn aufgrund einer Stimmbandentzündung von Andi Deris mussten Anfang Februar einige Konzerte abgesagt werden. An diesem Abend zeigten sich leider schon erste Spuren, auch bei allen anderen Bandmitgliedern des Dreiergespanns...

Pink Cream 69

Andi Deris selbst war in den Jahren 1989 bis 1993 als Frontmann bei den Pinkies tätig und spielte drei Alben ein, bevor er dann zu Helloween wechselte. Damals war ich über die Neubesetzung am Gesang sehr froh gewesen und habe auch dadurch die Band für mich entdeckt. Der Brite David Readman stieg bei den Karlsruhern ein und überzeugt mich bis heute besonders bei den live Konzerten mit seinem kraftvollen Gesang und der sympathischen Erscheinung auf der Bühne. Seine gesangliche Leistung konnte er über die Jahre hinweg steigern und wirkte auch bei anderen Projekten ausserhalb Pink Cream 69 mit (Voodoo Circle, D. Readman Solo, Place Vendome etc.) 2003 wurde die Band um einen Gitarrist erweitert, der den an Fokale Dystonie erkrankten Alfred Koffler unterstützt. Hut ab, dass dieser mit voller Spielfreude und bester Laune sich dadurch nicht unter kriegen lässt. Die Krankheit ist auch unter dem Namen «Musikerkrampf» bekannt und es besteht die Gefahr einer lang anhaltenden Muskelkontraktion. Die Atmosphäre auf der Bühne war gut und die Jungs konnten das «Full House» anheizen. Mit Highlights wie «Keep Your Eye On The Twistet» vom «Games People Play» Album oder «Shame» aus der «Electrified» Scheibe und der fetzigen Darbietung des David Readman war dies für mich ein gelungener Einstieg in den Abend. Rockig! Spritzig! Guter Hard Rock Made in Germany!

Stratovarius
Und nochmals wurde es voller. Schulter an Schulter, Kopf an Kopf versuchte ich mir ein lichtes, kleines Plätzchen zu ergattern. Fehlanzeige! Erst recht anstrengend wurde es dann, als sich die grossen Jungs vor mir aufbäumten und ich ständig auf Zehenspitzen von rechts nach links hin und her tippeln musste, um wenigstens ab und an die Bühne zu Gesicht zu bekommen. Zusätzlich zwängten sich im Minutentakt ununterbrochen Leute an mir vorbei und streiften Körperteile, die man hier nicht beim Namen nennen kann. Machte mich fast ein wenig aggressiv. Na ja, das nur so nebenbei. Licht aus und da sind sie – Stratovarius auch ohne Mastermind Timo Tolkki unschlagbar, wie wir ja mittlerweile alle wissen. Dies hat man bereits 2009 mit der Veröffentlichung von «Polaris» bewiesen und mit «Elysium» setzt man gerade nochmals einen drauf. Knapp ein Jahr ist es nun her, seit sie das letzte Mal im Z7 zu Besuch gewesen sind. Spannend wie es doch immer wieder weiter geht, obwohl man denkt, jetzt ist alles vorbei. Das Leben zeigt einem immer wieder neue Möglichkeiten und Wege auf, man muss dies nur erkennen. Stratovarius gehen ihren Weg, auch ohne den Herrn Tolkki. Ich denke das schönste Ereignis des ganzen Abends war es gewesen, Jörg Michael am Schlagzeug zu sehen. Als er die Bühne betrat wurde er mit Grölen und Schreien willkommen geheissen. Dass er so schnell wieder die Schlagstöcke schwingen würde, hat wohl niemand erwartet. Der an Krebs erkrankte Schlagzeuger war sichtlich froh, an diesem Abend mit dabei sein zu können. Die Auswahl der Songs war bunt gemischt: «Hunting High And Low» vom «Infinite»-Album, «Winter Skies» aus «Polaris»-Zeiten und «Darkest Hours» vom aktuellen Album «Elysium», um meine Favoriten beim Namen zu nennen. Ein paar zusätzliche Titel aus der gerade erschienenem Scheibe wären schon schön gewesen, aber sonst: ein geglückter Auftritt trotz angeschlagener Stimme.

Helloween
Nun ja, Helloween. Ich muss sagen, ich kam mir vor wie ein Fremdkörper. Emotional hat es mich wenig bis gar nicht berührt. Hauptsächlich war ich ja wegen Pink Cream 69 und Stratovarius gekommen. Keine Frage: Helloween gehören zu den erfolgreichsten Bands aus Deutschland. Sie konnten sich über viele Jahre hinweg recht weit oben halten, bzw. konnten auch in schwierigen Zeiten sich nimmer wieder aufrappeln und mehrmals den Globus rauf und runter, von rechts nach links touren. Ob jung oder alt – die Fans in Pratteln waren begeistert und auch wenn Andi die Stimme bereits schon an diesem Abend aufgrund einer Erkältung nicht ganz oben halten konnte, war die Atmosphäre wirklich top. Helloween hatten ihr Publikum fest im Griff und dieses unterstützte den kränkelnden Andi am Gesang heldenhaft. Er entschuldigte sich mehrmals für den eingefangenen Virus, der sich nun schon auf alle drei Bands ausgebreitet hatte, wie er mehrmals erzählte. Sicher darf man so eine Erkältung nicht unterschätzen, jedoch hat die Performance auf mich recht einstudiert gewirkt und mich würde es nicht wundern, wenn die gleichen Sprüche und Einlagen auch bei den anderen Shows 1:1 genau so geboten werden. Für mich ist Andi Deris glitschig wie ein Aal. Der Auftritt hat alles gebracht, was man haben muss als Helloween Anhänger: Ein Schlagzeug-Solo wie schnelle, druckvolle Gitarrenriffs, ein Medley aus den Songs «Keeper Of The Seven Keys / King For A 1000 Years / Halloween», eine ausgewogene Setliste, aber auch einen Andi Deris, der mit abgedroschenen, immer wiederkehrenden Floskeln das Publikum antreibt. Ich bin heute noch auf der Suche nach dem Funken, der bei mir nicht rüber gesprungen ist. Beim letzten Song der Zugaben, «Dr. Stein», holte man eine Hand voll Fans auf die Bühne, die als Dr. Stein verkleidet zwischen den Musikern hin und her tänzelten und aufblasbare Kürbisse ins Publikum warfen, was noch ganz unterhaltsam gewesen ist.

Setliste: «Are You Metal» - «Eagle Fly Free» - «March Of Time» - «Where The Sinners Go» - «World Of Fantasy» - «I'm Alive, Forever And One (Neverland)» - «A Handful Of Pain «Keeper Of The Seven Keys/King For A 1000 Years/Halloween» - «I Want Out» - «Ride The Sky» - «Future World» - «Dr. Stein».