Livereview: Guns n' Roses - Murderdolls
08. September 2010, Zürich - Hallenstadion
By André G. - All Pics by Rockslave
Die Meinungen gehen seit Mitte der 90er Jahre ziemlich auseinander. Sind es noch Guns n' Roses oder sind sie nur noch Axl Rose und Band? Tja, vom Namen her ist der Fall ja klar. Von der Musik aus gesehen auch. Nach 15 Jahren wurde der "Running Gag" des letzten Jahrhunderts, sprich das Album «Chinese Democracy», dann im Jahre 2008 veröffentlicht. Fans der Band haben es lange ersehnt und man durfte gespannt sein. Ein so teures und in jahrelanger Arbeit kreiertes Werk sollte doch den höchsten Ansprüchen mehr als gerecht werden?!

Na ja, meiner Meinung nach wurde doch ein paar Jahre zuviel daran gefeilt, aber das ist Geschmackssache. Mir fehlen bei den neueren Tracks einfach die Spontaneität und das Unbekümmerte. Auch die Ohrwürmer fehlen meiner unbedeutenden Meinung nach gänzlich. Aber es geht ja hier auch nicht um das Album, sondern die 8 Mann starke Band beehrte die Schweiz erneut mit einem Gig im Hallenstadion. Darauf freute ich mich und war echt gespannt, was da so laufen würde. Vor einem Konzert der Mannen um Axl kreisen einem viele Fragen durch den Schädel. Kommen sie wirklich? Beginnen sie einigermassen pünktlich? Spielen sie das Set zu Ende? Als ich sie zum letzten Mal sah, das war im Jahr 2006 auf dem "Rock am Ring" Festival. Da mussten wir 2 Std. bei wenigen Plusgraden auf die Band warten, das war hart. Also abwarten, Tee oder Bier trinken war die Devise und einfach schauen sowie der Dinge harren, die da kommen sollten.

Murderdolls
Nach 2 ¼ Std. Fahrzeit für die gut 100 km kam ich ziemlich entnervt beim Hallenstadion an. Als ich mein Ticket geholt hatte und die Eingangskontrolle passiert war merkte ich, ui da klingen ja schon Gitarren in der Halle. So habe ich mich ohne durstlöschendes Bierchen in meinen Sektor begeben. Und siehe da, die Mörderpuppen rockten bereits die Bühne. Sie hatten pünktlich begonnen und fetzten gleich amtlich mit viel guter Laune los. Man merkte ihnen gut an, dass sie voll motiviert waren nach so langer Abstinenz auf so grossen Bühnen zu spielen. Das Projekt oder die Band? Slipknot Fellverprügler Joey Jordison und sein "Brother in Crime" Wednesday 13 haben zu Beginn diesen Jahres ihren zweiten Longplayer veröffentlicht und mischten Tracks des Selbigen in einer guten Mischung mit Stücken des Erstlings aus dem Jahre 2002. In voller Glam Sleaze Montur und viel Schminke auf den Gesichtern rockten sie auf der ganzen Bühnenbreite. Sie waren ständig in Bewegung und spielten mit dem Publikum und versuchten dieses auf ihre Seite zu ziehen. Das gelang ihnen aber nur bedingt. Man sah zwar, dass die Besucher erfreut waren, doch die Reaktionen kamen nur mässig zur Bühne zurück. Dies wurde im letzten Drittel der Show jedoch zusehends besser und die ganzen Mitsing- und Frage/Antwort-Spielchen wurden immer besser antizipiert. Musikalisch war der Sound der Amis ziemlich basslastig. Auch das Schlagzeug drückte richtig fett und wuchtig daher. Die Bassgitarre war leider etwas zu dominant und somit kam es immer mal wieder zu einem dröhnenden Übertönen der restlichen Musik. Im Gegenzug fehlten in der ersten Hälfte die Gitarren fast komplett. Was bei dem von ihnen zelebrierten Glam Horror Punk schon sehr hinderlich ist, um Stimmung aufzubauen. Die Songs der Murderdolls gefielen mir zwar eigentlich gut, aber auf Dauer ermüdeten sie etwas, da alles ziemlich ähnlich und gleich klang. Wednesday 13 gab alles am Mikro. Im ersten Teil sang er auch gut und kraftvoll, aber im hinteren Drittel wurden die Taucher immer zahlreicher. Es ging ihm wohl etwas die Puste aus oder das Mikro gab den Geist auf; das weiss man natürlich nicht genau. Könnte auch sein, dass der Mischer da etwas manipuliert hatte, wie es früher öfter der Fall war, dass die Opener jeweils einen eher bescheidenen Sound bekamen. Das ist aber nur eine Mutmassung von meiner Seite, denn auch mit dem Licht, respektive dem Verfolgerscheinwerfer klappte das nicht so wirklich immer. Die Musiker spielten öfters mal vom Dunkel umhüllt. Aber alles in allem war es ein guter Gig mit viel Spielfreude. Und anders als auf dem Programm beschrieben, durften sie sogar fast eine Stunde ranbolzen. Aber was sagt dem gewieften Rechner die Tatsache, dass sie erst um 20.40 Uhr fertig waren? Genau, nämlich dass das mit den Gunners um 21 Uhr wohl nichts wird!

Guns n' Roses
Die Anwesenden konnten nur hoffen, dass sich das Debakel von Dublin nicht wiederholt! Aber es kam so, wie es kommen musste. Axl liess die Zuschauer warten. Man hatte genug Zeit um auszutreten oder sich ein kühles Getränk zu ergattern. Axl braucht das, braucht das der Fan auch? Das muss jeder für sich selber entscheiden. Aber siehe da, 40 Minuten nach dem offiziellen Zeittermin gingen die Hallenlichter aus. Mit grossen LEDs und Videoscreens wurde die Bühne bildlich umrahmt. Mit Pyros und fetten Gitarren starteten die zur 8-köpfigen Mannschaft angewachsenen Gunners ihr Set mit dem Titelsong ihres Comeback Albums «Chinese Democracy». Axl erschien in schlichten Jeans, Lederjacket, Sonnenbrille (diese nahm er nach dem dritten Song dann doch ab) und Hut. Mit seinen 48 Lebensjahren auf dem Buckel ist er sicher auch nicht mehr der Jüngste, aber auch er rannte ziemlich viel auf den Brettern umher. Was mir auffiel, er hat einige Kilos zugelegt. Ist aber sonst doch noch ziemlich fit. Die Mannen zündeten ein Hitfeuerwerk, bei dem Jede(r) auf seine (ihre) Kosten kam. Schon an zweiter Stelle rockten sie ihren Megahit «Welcome To The Jungle». Das mit 9400 Besuchern nicht ausverkaufte Hallenstadion tobte und feierte lauthals mit. Die Begeisterung war auch bei den weiblichen Fans gross und es wurden sogar BH's in Richtung der Band geworfen. Axl's Stimme war zu Beginn etwas befremdlich und nicht besonders stark, aber das besserte sich sehr schnell. Schade ist einfach, dass er nicht mehr wirklich sehr deutlich singt. Aber sonst empfand ich den Herrn Rose als erfreut und gut gelaunt, auch wenn er nur das Nötigste mit dem Publikum kommunizierte. Er wirbelte seinen Mikroständer durch die Luft, warf ihn rückwärts unter das Drumpodest. Er rannte über die Bühne, enterte via Treppe das Drumpodest, und was er immer noch super drauf hat, sind seine ihm eigenen Tanzmoves. Das Ganze wurde immer mit Lichtshow, Bildschirmen und Pyros unterstützt. Die Jungs, die zum Teil seit mehreren Jahren auf der Lohnliste von Axl stehen, gaben auch alles. Die Musiker waren super eingespielt aufeinander, sie versprühten auch die total gute Laune. Sie benutzen jeden Zentimeter der doch recht grossen Stage, rockten zusammen und gegeneinander. Insbesondere fiel mir der arschcoole Neuzugang DJ Ashba auf. Er versuchte vielleicht optisch etwas "Slash-Feeling" zu verbreiten, aber ich denke, das ist nicht wirklich bewusst, sondern einfach sein Style. Er hat es nicht nötig, sich hinter dem Vorgänger zu verstecken. Sein Gitarrenspiel gefiel mir auf jedenfall sehr. Was ich mich gefragt habe war, wie sieht das mit dem strikten Rauchverbot im Hallenstadion aus? Ashba hatte nämlich immer wieder einen Glimmstängel zwischen den Kiemen. Nach jedem zweiten oder dritten Track gab es ein Solo und Axl verschwand hinter der Bühne. Das ist einerseits klasse für die Musiker, denn so stehen sie voll und ganz im Rampenlicht, aber insgesamt wurden einfach zu viele Soli geboten. Von meiner Sicht her gesehen hätten sie lieber noch ein, zwei Songs mehr spielen können. Obwohl, gegen die Songauswahl kann ich nichts sagen, ein Hit jagte den nächsten. Von besagtem «Welcome To The Jungle» bis hin zu «November Rain», genial dargeboten mit Axl am schwarzen Flügel, ganz an der Bühnenfront, und von «Chinese Democracy» bis hin zu «Patience» kam die ganze Bandbreite des gunnerschen Schaffens zum Zug. Gerade erwähntes «Patience» bildete nach dem Break den ersten Schritt zum "grande Finale" und das kam (wie man es ja kennt), mit dem Track, auf den alle den ganzen Abend gewartet hatten: «Paradise City» wurde durch DJ Ashba angespielt und das Hallenstadion stand Kopf! Ein Song, der das Konzert schliesslich würdig zu Ende brachte. Die Fans, wie auch die Band konnten sich nach 135 Minuten Guns n' Roses Vollbedienung zufrieden auf den Heimweg machen. Das Fazit: Ich stellte fest, dass Guns n' Roses durchaus ohne Slash und Konsorten funktionieren, obschon ich die Band gerne mal im Original gesehen hätte.