Livereview: Fates Warning - A New Tomorrow

08. Februar 2017, Aarau – KiFF
By Rockslave
Der Monat Februar meinte es gut mit den Schweizer Prog Metal Fans, denn keine Woche nach Dream Theater (Dübendorf, 03.02.2017) stand mit Fates Warning ein weiterer Hochkaräter der Szene auf der Bühne. Da deren Reichweite an generierbaren Besuchern aber weit unter dem Level von James LaBrie & Co. liegt, fand dieser Anlass im KiFF in Aarau statt. Dies erwies sich, wie schon bei vielen anderen Konzerten (man erinnere sich zum Beispiel an Threshold an gleicher Stelle), als ideal. Zum einen war die Location, wenn auch nicht „sold out“, dennoch sehr gut besucht und zum anderen gibt es hier meistens keine Absperrungen vor der Bühne. So stehen die vordersten Reihen in unmittelbarer Tuchfühlung zu ihren Helden, und das bescherte dem Publikum so den bestmöglichen Konzertgenuss! Während Dream Theater gerade ihre Tour zum 25. Jubiläum von «Images And Words» abhalten, veröffentlichten Fates Warning letztes Jahr mit «Theories Of Flight» ihr dreizehntes Studioalbum, das wiederum zu begeistern vermochte. Im Vorprogramm stand die junge Band A New Tomorrow aus London, die zum allerersten Mal in der Schweiz auftrat und sich redlich schlug.

A New Tomorrow

Als das jugendlich wirkende Quartett mit spielerischer Leichtigkeit anfing zu spielen, war es nach den ersten drei Songs gar nicht so leicht, die Jungs in eine Stilschublade zu stecken. Die im Bereich Social Media gewählte Umschreibung des Genres trifft den Nagel allerdings genau auf den Kopf: „The heaviness of Metal with the sound of Rock!“ Das lässt genug Raum für eigene Definitionen und Standortbestimmungen. Der Kern der 2009 gegründeten Combo besteht zur Hälfte aus italienischstämmigen Musikern, nämlich Alessio Garavello (v/g) und Andrea Lonardi (b/v). Ergänzt wird die Truppe durch die UK-Section mit Michael Kew (g) und Tim Hall (d). Die von Beginn weg guten Reaktionen des Aarauer Publikums bewiesen, dass die hierzulande völlig unbekannte Band mit ihrem Sound offensichtlich punkten konnte. Das lag mitunter auch an Frontmann Alessio, der nicht nur gesanglich und mit seinem Gitarrenspiel positiv auffiel, sondern auch überaus sympathisch rüber kam. Bisher haben A New Tomorrow zwei EPs sowie eine Single veröffentlicht, und im Vorfeld des bald einmal erscheinenden full lenght Debüt wurden von insgesamt sieben gespielten Songs gleich fünf neue vorgestellt. Diese besassen den gleichen Range wie das bisherige Material, sprich nebst überaus melodiös gehaltenen Rockern schrammelte es zwischendurch auch immer wieder mal etwas metallischer daher. Grosser Pluspunkt ist dabei die sehr ausdrucksstarke und variable Gesangsstimme von Alessio, die in ruhigeren wie lärmigeren Passagen jederzeit durchdrang und, was für einen Italiener nicht unerheblich ist wie oft entlarvend zugleich sein kann, völlig akzentfrei ist. So vergingen die dreissig Minuten Auftrittszeit wie im Fluge, und ich tat gut daran, das faire Angebot von zehn Franken für die beiden EPs im Doppelpack wahr zu nehmen, bis die erste Langrille erhältlich sein wird. A New Tomorrow, ein frisch wirkender Opener mit toller Ausstrahlung, den man auf dem Radar behalten sollte!



Fates Warning

Der sofort aufbrandende Applaus vieler Die-Fard Fans liess darauf schliessen, dass ein grandioses Konzert folgen würde, und so kam es auch. Fates Warning mögen gegenüber ihren Landskollegen, obwohl sogar früher gegründet, respektive ab 1984 unter dem heutigen Bandnamen, bis dato nicht so erfolgreich geworden sein, aber die ersten drei Alben (mit Fronter John Arch) und der Rest mit seinem Nachfolger Ray Alder gehören mitunter zum Besten, was die Szene hergibt. Dann kommt dazu, dass es bei Fates Warning (live) stets zwei Gitarristen gab und immer noch gibt. Will heissen, dass dessen Sound deshalb mitunter härter daher kommt als bei Dream Theater, wo Keyboard-Sounds einen gewichtigen Anteil haben. Was beide Truppen aber letztlich doch verbindet, ist das progressive Grundgerüst, das sich nebst vielen Tempiwechseln auch durch frickeliges Schlagzeugspiel auszeichnet. Heute Abend konnte man somit dem grossen Können von Bobby Jarzombek, der seit 2007 dabei ist und vorher in einigen anderen bekannten Combos wie Iced Earth, Riot V, Halford oder Sebastian Bach seine Spuren hinterliess, gebannt lauschen. Dass dieser übrigens barfuss (!) spielt, sah ich erst am Schluss des Konzertes, als er sich verabschiedete und ich einen seiner beiden Drumsticks abfangen konnte. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das KiFF jedoch mit gut hundert Minuten feinstem Prog Metal beschallt, und zu einer hammermässigen Stimmung zeigten sich die eingefleischten Fans überaus textsicher (was ich von mir gar nicht behaupten konnte!) und sangen bei einigen Songs lauthals mit!

Das hörte sich so natürlich grossartig an und liess die Band, allen voran Ray Alder, den sichtlichen Groll über die dreistündige Verspätung am Zoll fast vergessen. Und ja, was soll man da noch gross über so eine Hammer-Band sagen? Mainman und Gründer Jim Matheos (g) sowie der Tour-Gitarrist Michael Abdow (der schon 2013 mit dabei war) lieferten sich kongeniale Duelle oder liessen es zusammen krachen. Dies tat auch Bassist Joey Vera, den man sonst von Armored Saint her kennt und der sich zu Beginn mit einem technischen Mangel auf seinem Effekt-Board herumschlagen musste. Wo für andere Musiker der Abend wegen sowas gleich futsch gewesen wäre, nahm dies der gewohnt agile und gut gelaunte Musiker ruhig und gelassen hin. Sein bemühter Guitar-Tech wird ihm dafür sicher dankbar sein. Mehr als das, nämlich schlicht glücklich lauschte das begeisterte Publikum dem grandiosen Headliner, der die Setliste mit Songs aus allen neun Studioalben (!) der Ära Ray Alder bestückte. Progger-Herz, was willst Du mehr?! Nach dem Konzert liess sich dann leider nur Drummer Bobby kurz blicken, aber das limitiert vorhandene Vinyl am Merchstand war ja bereits mit allen Unterschriften veredelt und für äusserst faire CHF 25.- erhältlich. Wer nun insgesamt besser war, also Fates Warning oder Dream Theater, ist letztlich Geschmackssache wie unerheblich zugleich, denn ich fand beide Konzerte hammermässig gut! Wichtig ist nur, bei beiden Anlässen dabei gewesen zu sein. Allerdings war just am gleichen Abend „The Devin Townsend Project“ im Z7 in Pratteln zu Gast…, arrrrrrghh!!

Setliste: «From The Rooftops» - «Life In Still Water» - «One» - «A Pleasant Shade Of Gray, Part III» - «Seven Stars» - «One Thousand Fires» - «A Handful Of Doubt» - «Firefly» - «The Light And Shade Of Things» - «A Pleasant Shade Of Gray, Part IX» - «A Pleasant Shade of Gray, Part XI» - «The Ivory Gate Of Dreams: VII. Acquiescence» - «The Eleventh Hour» - «Point Of View» -- «Through Different Eyes» - «Monument».