Livereview: Evergrey - Lesoir - Zonaria

13. Mai 2015, Pratteln - Mini-Z7
By Rockslave

Da zwischen dem letztjährigen Album «Hymns For The Broken» und dem vorletzten Release «Glorious Collision» (2011) drei Jahre dazwischen liegen, dürfte der letzte Auftritt der schwedischen Düsterprog Metaller Evergrey als Special Guest der Iced Earth Tour von 2012 der unmittelbar Letzte hier im Z7 gewesen sein. Damals befanden sich immerhin einige Hundertschaften in der Halle. Heute als Headliner zu Gast, musste man mit knapp der Hälfte der Zuschauer (circa 250 bis 300) Vorlieb nehmen. Nichtsdestotrotz kann man jedoch gleich anmerken, dass die Mini-Z7 Konstellation für diesen Abend der perfekte Rahmen war. Natürlich wäre der Sound von der Hauptbühne runter opulenter gewesen, aber die zwangsläufig so geschaffene Atmoshäre war genau das Richtige die Musik von Frontmann Tom S. Englund und seiner Truppe. Da es bezüglich dem Beginn des Konzertabends wieder einmal widersprüchliche Angaben gab (im Z7-Magazin stand 20.30 Uhr drin), kam ich für die erste Band Zonaria zu spät. Aufgrund der vielen Leute, die sich draussen befanden, interessierte sich kaum wer für den Opener. Lesoir aus Holland als zweite Band kamen da schon um einiges besser an.

Zonaria

Gleich zu Beginn, respektive knapp vor 20.00 Uhr vor Ort, setzte es also zuerst etwas Ärger ab, da ich offensichtlich zu spät dran war. Eigentlich bestand die Meinung, dass es eben erst um halb neun losgehen würde. Wie dem auch sei…, draussen tummelten sich auf jeden Fall augenscheinlich mehr Leute als drinnen und so begrüsste ich erst mal eine ganze Reihe mir bekannter Gesichter. So ergab sich genügend Zeit für einen lockeren Small-Talk zu verschiedenen Themen. Zonaria hörte man in der Halle derweil natürlich schon spielen, aber das, was aus der Ferne an mein Gehör drang, klang nicht wirklich interessant. Die Landsleute des Headliners spielten eine Art progressiven Death/Black Metal, der eher fehl am Platz war. Dazwischen streute man jedoch immer wieder mal ein paar Breaks und ruhigere Parts ein, die letztlich wohl dafür verantwortlich waren, dass die Band um das einzig verbliebene Ur-Mitglied Simon Berglund mit auf dieser Tour waren. Obwohl Zonaria in den letzten Jahren mit mehreren bekannteren Acts der Marke Vader, Pain, Grave oder Satyricon zusammen aufgespielt haben, sind sie mir überhaupt nicht geläufig. An diesem Zustand änderte sich nach der obligaten halben Stunde freilich nichts und Gleiches gilt für die ergänzende Video-Nachlese auf Youtube zur vorliegenden Live-Rezi.


Lesoir
Die zweite Band des Abends durfte sich danach über deutlich mehr Z7-Besucher vor der Bühne erfreuen. Der erste Blick auf die MusikerInnen auf der Bühne gab erstmal zwei Ladies preis, wovon die dunkelhaarige Maartje Meessen die Leadsängerin war, die, je nachdem, noch Keyboard spielte und im späteren Verlauf des Konzertes sogar einer Querflöte die entsprechenden Töne entlockte. Die zweite weibliche Kraft war die blonde Eleën Bartholomeus, die ebenso multiinstrumental begabt schien, da sie nebst der Rhythmus-Gitarre auch noch ein zweites Keyboard bediente sowie Backing Vocals und Perkussions-Parts beisteuerte. Die restlichen Mitstreiter im Bunde waren Ingo Dassen (g), Ingo Jetten (b, bv) und Bob van Heumen (d). Zu Beginn kam die Chose der Niederländer ziemlich poppig bis mitunter ganz leise daher, aber das sollte sich dann noch mehrere Male ändern. Ein Blick auf die Einflüsse der Band bestätigt, dass der Sound von Lesoir, die heute Abend das allererste Mal in der Schweiz auftraten, eine Bandbreite zwischen Anathema und Tool mit Reminiszenzen zu Pink Floyd, Alanis Morisette und gar Skunk Anansie abdeckt. Dementsprechend ist es ziemlich schwierig, eine passende Stilschublade zu finden. Eingehüllt in viel Trockeneis oder Rauchnebel, entstand zusammen mit der sichtlichen und feucht wirkenden Wärme eine spezielle Stimmung, die durch das überwiegend dunkel gehaltene Licht zusätzlich beeinflusst wurde. Trotz einigen rockigen Parts sprach mich die sonst technisch sauber vorgetragenene Mucke (zu der mir ein paar Mal sowas wie „Coldplay goes Metal“ einfiel) jedoch nicht an und so verkrümelte ich mich nach ein paar gemachten Fotos an die Bar zurück. Von dort aus war jedoch nicht zu überhören, wie gut die klare Gesangsstimme von Maartje rüber kam und der zunehmende Applaus bestätigte, dass das Gezeigte rund um das aktuelle Album «Luctor Et Emergo» (2014), trotz erschwertem Zugang, ganz gut aufgenommen wurde. Die Tatsache, dass die CH-Premiere über fünfzig Minuten dauerte, unterstrich zudem die Stellung von Lesoir, die ich zuvor jedoch ebenso wenig auf dem Radar hatte.

Setliste: «Battle» - «Feet On The Ground» - «(A Lady Named) Bright» - «Going Home» - «What I Long For» - «Big Talk, Small Thoughts» - «In Reverse» - «My Perfect Self» - «Thick Skin» - «Dominion» - «Flawless Chemistry».


Evergrey
Es wäre jetzt vermessen zu sagen, dass ich das letzte Konzert der Schweden an diesem Ort noch in „bester“ Erinnerung hätte. Vielmehr hat das Durchlesen meiner eigenen Review von 2012 meine altehrwürdigen Gehirnzellen wieder etwas aufgefrischt. Kurz gesagt war das Konzert von damals der Hammer und gefühlt viel zu früh zu Ende, da ja noch Iced Earth als Headliner folgten. Das sackstarke neue, respektive aktuelle Album «Hymns Fot The Broken» (2014) ermöglichte Evergrey nun aber die verdiente Headliner-Tour und es war abzusehen, dass hiermit den Fans ein echtes Konzert-Highlight bevorstand. Im Zentrum des insgesamt 105-minütigen Sets stand natürlich «Hymns For The Broken», wovon sieben Songs aufgeführt wurden. Den Anfang (nach dem Intro) machte der Album-Opener «King Of Errors», wo sich bereits die ganze Pracht des typischen Evergrey-Sounds offenbarte. Getragen durch die markante Gesangsstimme von Tom S. Englund eröffneten sich die Klangwelten, die man auch von den härteren Dream Theater Zeiten oder Threshold her kennt. Gitarrist Henrik Danhage (seit 2014 wieder dabei) steuerte dabei ein erstes wieselflinkes Solo bei, von denen später noch einige mehr folgen sollten. Das treibende «The Fire» sorgte nachfolgend für diverse fliegende Haar-Matten, zu denen auch einige von weiblichen Fans zu sehen waren. Im Gegensatz zu vielen anderen Bands, die ihre Synthie-Parts ab Band einspielen, verfügen Evergrey über Rikard Zander als Meister der weissen wie schwarzen Tasten und das wirkt einfach in jedem Fall authentischer. Klar kamen zusätzliche female vocals oder der Kinderchor bei «The Fire» ab Band, doch das störte keineswegs. Ein echter Musiker ist in jedem Fall besser, ausser vielleicht in Zusammenhang mit der Gage.

Bei «Black Undertow», einem weiteren Meisterwerk des neuen Albums, zeigte sich dann einmal mehr die ganze Pracht des Evergrey-Sounds, der die Mini-Z7 Fläche voll in Beschlag nahm. «The Masterplan» und «Mark Of The Triangle» riefen danach wohlig in Erinnerung, dass diese geilen Songs bereits vierzehn Jahre auf dem Buckel und noch nichts von ihrer Kraft eingebüsst haben. Dies färbte sich entsprechend auf die Stimmung der Fans ab, die sich immer noch im Zunehmen befand und auch die Temperatur in der Halle ging spürbar nach oben. Zusammen mit dem Rauch und der mehrheitlich düsteren Beleuchtung wurde der ideale Rahmen für dieses Konzert geschaffen. Ein weiteres Highlight folgte mit «Solitude Within» ab dem zweiten Hammer-Album «Solitude • Dominance • Tragedy» (1999) und «Wake A Change» liess einen glatt abheben und unterstrich, wie stark das neue Album geworden ist. Dass es auch leise und bedächtig geht, bewies vor dem Zugabenblock «Missing You», eine wunderschöne Piano-Ballade, wo Tom S. Englund für eine fette Gänsehaut sorgte. So konnte das bis hierhin brillante Konzert natürlich nicht zu Ende gehen und das begeisterte Publikum sorgte dann dafür, dass Evergrey nochmals auf die Mini-Z7 Bühne zurück kehrten. Die erste Zugabe «When The Walls Go Down» enthielt einen ausgedehnten Sprechpart sowie einen aufbauenden Spannungsbogen, der in polterndes Riffing überging. Die Dichte, der Bombast und das ebenso vorhandene liebliche Element der Musik der Schweden war atemberaubend. Wieder zu Hause stellte ich eher überrascht fest, dass ich in punkto Studio-Alben offenbar eine gehörige Lücke habe und diese baldmöglichst schliessen muss. Dieses Konzert war schlicht grandios!

Setliste: «The Awakening (Intro)» - «King Of Errors» - «The Fire» - «Monday Morning Apocalypse» - «Black Undertow» - «The Masterplan» - «Mark Of The Triangle» - «Blinded» - «Solitude Within» - «Wake A Change» - «A New Dawn» - «I'm Sorry (Dilba Cover)» - «Missing You» -- «When The Walls Go Down» - «Recreation Day» - «Broken Wings» - «A Touch Of Blessing» - «The Grand Collapse».