Livereview: Destruction - Gonoreas - Battalion -
             Atlas & Axis - Influence X - Palace - Dolohruz

24. November 2012, Wettingen - Zentrum Tägerhard
By Rockslave (rsl) & Natalia N. (nat) - Pics by Rockslave & Natalia N.
Wenn es etwas zu feiern gibt, kann man ruhig mal mit der grossen Kelle anrühren! Im Falle des deutschen Thrash Urgesteins Destruction hiess das, mit einem feinen Festival auf nicht weniger als drei Dekaden Bandkarriere zurück zu schauen. Da Schmier & Co. früher in dieser Gegend ihre ersten Gigs runter rissen, kam der Tross zum Jubiläum und dem Abhalten der CD Release-Party für das aktuelle Album «Spiritual Genocide nach Wettingen. Mit dabei waren nicht weniger als sechs Support-Bands (!), wovon mit Battalion, Atlas & Axis und Gonoreas regional bekannte Gruppen im Billing standen. Bei Letzteren wartete man gar mit der Live-Premiere des neuen Sängers Leandro Pacheco auf, während die Heavy Progger von Influence X ihren Frontmann Ramin Dänzer (Ex-Inishmore) schon etwas länger in ihrer Reihe wissen. Das halbe Dutzend der Anheizer machten schliesslich die Deutschen Palace und die heimischen Youngsters und Thrasher von Dolohruz voll. Somit wären die Vorzeichen für eine Monster-Fete nicht besser gewesen, aber es kamen gerade mal 300 Leutchen, die jedoch mächtig Spass hatten! (rsl)

Dolohruz

Dieses deutsch-schweizerische Festival der Heavy-Musik wurde von der jungen einheimischen Thrash Metal Gruppe Dolohruz, deren Musik durch eisern wirkende Schläge des Schlagzeuges und dem Drang zu Gitarren-Riffs gekenn-zeichnet wird, eröffnet. Dabei stellte sich heraus, dass ihr Schaffen reich an melodischen Gitarrenparts ist. Den Platz am Mikrofon nahm Tufan Öztürk ein, dessen expressive Screams sich beinahe mit der Solo-Gitarre rivalisierten. Gitarrist Lukas Wegmann und Bassist Josia Männchen eiferten ihm dabei engagiert nach. Im Übrigen fehlten diese ausge-prägten Screams dann aber im Lied «Between Heaven And Hell». Dadurch wollte man wohl noch einmal die Old-School Angehörigkeit unterstreichen. Die Band fing ihren Auftritt nach Schweizer Art pünktlich um sechs Uhr abends an und liess die Zuschauer ein gut 20-minütiges Set geniessen. Es ist zu bemerken, dass der Sound in der Halle schon von Anfang an sehr gut eingestellt wurde. Die tolle Akustik der Tägerhard-Halle hat es verdient, hierbei erwähnt zu werden. Man hörte die Musik perfekt und das aus jeder Ecke. (nat)

Palace
Nach dem ziemlich langen Sound-Check begann um Viertel vor sieben die Heavy Metal Band Palace aus Deutschland ihren Auftritt. Sie fing mit der eigenen Variation zum ewigen Thema "Auseinandersetzung des lachenden Himmels und der Hölle des Feuers" an und sang das Lied unter dem Titel «Between Heaven And Hell» (der Song heisst übrigens, wie bei Dolohruz vorher, zufälligerweise wirklich auch so!). Am professionellen Auftreten merkte man gleich, dass die Gruppe nicht zu den Anfängern in der Szene zählt. Ausserdem tat die Band alles, um ihren 30-minütigen Auftritt aufzulockern, denn alle Songs standen für sich selber. Ausserdem versuchte der Sänger/Gitarrist HP Piller das Publikum auf die Musik von Palace einzustimmen: Vor jedem Lied erzählte er gebärdenreich etwas Interessantes. Zum Beispiel vor «Dark Prophecy» sagte er mit lauter wie säuselnder Stimme, dass jeder der Anwesenden auf unbemerkte Art und Weise durchleuchtet werden wird. Zum Ende des Auftrittes interessierten sich die Zuschauer deshalb immer mehr für das, was auf der Bühne abging. Das merkte HP Piller und fragte: "Liebt ihr Heavy Metal?". Und natürlich bekam er eine bejahende Antwort darauf. So schnell liess er sich davon aber nicht überzeugen und bat die Fans, seine Frage noch lauter zu beantworten, was sie dann auch taten. Mir persönlich gefiel dabei der heftig abgehende Track "The Healer" am besten. (nat)

Influence X
Nach einer halben Stunde kam mit Influence X die nächste Gruppe auf die Bühne. Wahrscheinlich hing die lange Pause mit dem umfangreichen Umbau zusammen. Da war nun ein dreistöckiges Keyboard zu sehen, eine siebensaitige Gitarre und eine sechssaitige Bassgitarre gehörten ebenfalls zur Ausstattung. Die eingesetzten Instrumente sprachen somit für sich selber! In der Tat spürte man gleich nach den ersten Riffs eine unbändige Energie und dass etwas Kosmisches in der Luft lag. Influence X präsentierten dem Publikum ihr progressives und episches Musikschaffen. Den Musikern gelang es, einen dichten und vielschichtigen Klangteppich zu erschaffen. Bei den Stage-Lights wurde der rote Lichtton durch einen hell- und veilchenblauen ersetzt, was echt besser zum Auftritt passte. Fans von neoklassischen Keyboardparts wurden hundert pro befriedigt, so eindrucksvoll und expressiv klang das Ganze. Darüber hinaus prägte sich allen die tragende und schöne Stimme von Ramin Dänzer ein. Der Auftritt dieser Gruppe war der überraschenderweise der Kürzeste und dauerte nur gerade knappe zwanzig Minuten lang. Zum Schluss berichtete Ramin, dass Influence X an einer neuen Scheibe arbeiten und man einige Lieder daraus bereits heute Abend anhören durfte. Unter einem durch den Saal rauschenden Beifallssturm verliess die Band die Bühne, um der nächsten Platz zu machen. (nat)

Atlas & Axis
Die nachfolgende Band spielte länger. Der Auftritt von Atlas & Axis dauerte gut eine halbe Stunde und sie blieben bis halb neun auf der Bühne. Im Unterschied zu den anderen Gruppen wie Palace, die kolossalen teutonischen Heavy Metal spielten, zeigte die schweizerische Band eine dynamische Variante dieses Genres, wie Iron Maiden zu Zeiten der NWOBHM, und deswegen fand auf der Bühne eine faszinierende Show statt. Das Saiten-Trio mit Gitarristin Ramona Kalkuhl bildete vielfach Duos untereinander und ergänzt mit seinem filigranen Obertrommelspiel, bereitete der Schlagzeuger Roman Zeindler den Zuschauern sichtliche Freude. Sänger Jonas Ambühl war zudem so was von aktiv, dass er auf einmal auf die linke Monitor-Boxe hinauf stieg und von da oben sang. Die interessante wie melodische Musik und der allgemeine Enthusiasmus gefielen den Zuhörern. Es war nicht zu übersehen, dass selbst die Musiker ihre Performance genossen. Frontmann Jonas unterhielt sich mit dem Publikum, machte Witze, animierte die Fans mit Fragen wie "Für wen seid ihr gekommen, zu Destruction? Na dann los, bewegt euch!" und sorgte damit für eine gute Stimmung. Mir selber gefiel mir das Spiel des Bassisten Nico Ardüser an diesem Auftritt besonders: Er spielte so expressiv, die Gedanken von Jonas aufgreifend und an seinen Saiten rupfend, dass ich mir deshalb erlaube, meinen Bericht mit dem Satz "up to the Axis!" zu beenden. (nat)

Battalion
Spätestens ab jetzt war fertig mit lustig und die gut aufgewärmte Meute konnte sich nun auf eine Runde "fist in your face" Thrash Metal mit Battalion freuen. Schon mit dem sackstarken Debüt «Underdogs» von 2010 liessen die Zürcher Thrasher aufhorchen und setzten heuer im Frühherbst mit dem ebenso überzeugenden Zweitling «Set The World Afire» die Messlatte noch höher. Seit das Lineup mit dem Neuzugang Clode Hürlimann (g) komplett ist, kann der lärmige Vierer wieder voll angreifen. Das taten sie auch am heutigen Abend, trotz dem in Anbetracht der grosszügig hergerichteten Halle ziemlich mickrig anmutenden Publikumsaufmarsch von etwa knapp 250 Leutchen zu der Zeit. Davon zeigten sich Battalion, mittlerweile Profis genug, völlig unbeeindruckt und ballerten von der ersten Sekunde an mit «Buried Nation», dem Opener des neuen Albums, voll los, dass die Schwarte nur so krachte! Die vordersten Reihen gingen gleich steil ab und es bildete sich auch ein erster Moshpit, wenn auch nur ein kleiner. «Running Alone» und «Bomber» (natürlich nicht ein Cover des bekannten Motörhead-Klassikers!) legten weitere Kohlen nach und sorgten für beste Unterhaltung. Im Schmelztiegel der alten Metallica, gewürzt mit etwas Exodus und Testament, können sich Battalion mit ihrer eigenen Identität locker behaupten und pusteten die nicht durch Ohrpfropfen geschützten Gehörgänge ordentlich durch. Da auch immer wieder schleppende Parts in den Songs vorkommen, bringen diese einerseits etwas Abwechslung in den Set rein und andererseits eine spürbare Portion Heavyness. Das, was also auf den beiden Studioalben auf Konserve schon heftig rüber kommt, wird eigentlich 1:1 auf der Bühne umgesetzt. Dazu gehört auch ein ordentliches Mass an Technik sowie Können und auch da überliessen Battalion während knapp vierzig Minuten nichts dem Zufall. Das war bisher der klar beste Auftritt an diesem Abend! (rsl)

Setliste: «Buried Nation» - «Running Alone» - «Bomber» - «Drifting Towards Insanity» - «Wings Of A Demon» - «Thrash Maniancs» - «Bullets And Death» -- «T.F.F.M.»

Gonoreas
Der heutige Abend war für die Aargauer Power Metaller in mehrfacher Hinsicht speziell. Zum einen war da mit Sicherheit mal die Rolle als Anheizer für den Headlinder und andererseits stand die Feuertaufe für den neuen Sänger Leandro Pacheco bevor, der übrigens bei der Combo, die soeben noch auf der Bühne stand, mal als Tour-Gitarrist (!) zockte, bevor dessen Platz fix durch Master Hürrlimann eingenommen wurde. Der vor ein paar Monaten eher überraschende Abgang seines Vorgängers Gilberto "Gilbi" Meléndez, der szenetypisch von ein paar Nebengeräuschen begleitet war, warf die Band nach dem Release des brillanten und mit überragenden Kritiken bedachten Silberlings «Apocalypse», inklusive dem coolen und professionell gedrehten Video zu «Kiss The Sword», unsanft nach hinten. Dieses verlorene Terrain gilt es nun wieder wett zu machen. Zu Beginn merkte man schon, dass Leandro noch etwas nervös wie auch ein wenig unsicher war und deshalb, trotz seines massigen Körpers, zu wenig Präsenz als vorderster Mann auf der Bühne markierte. Das legte sich dann aber erfreulich schnell und mit jedem Song mehr, den Leandro hinter sich brachte, wirkte er ein Stück gelöster. Dies auch, weil das Publikum toll antizipierte und das Gezeigte mit immer grösserem Wohlwollen bedachte. Weniger gelöst, viel mehr unter Hochspannung, stand natürlich wiederum die Saitenfraktion mit Chef-Indianer Damir Eskic, der zusammen mit Bassist Pat Rafaniello (was für eine geile Rampen-Sau!!) einmal mehr für endloses Posing in Reinkultur stand. Diese offen ausgelebte Leidenschaft geht sehr vielen Combos ab und die könnten sich bei Gonoreas eine dicke Scheibe davon abschneiden. Körperlich etwas weniger heftig, aber soundmässig nicht weniger effizient, unterstützte Larissa Ernst ihre beiden Kollegen und Zampanos kongenial. Alle zusammen, und dazu gehört natürlich auch die tighte Drum-Machine Stefan Hösli, lieferten die "Aargauer Iced Earth" einen weiteren Beweis ihres Potenzials ab. Jetzt gilt es dran zu bleiben, das Lineup mit Leandro Pacheco weiter zu festigen und die Schweizer Metal Szene auch fortan mit energetischen Konzerten zu bereichern. Damit geht einher, dass spätestens 2014 ein gutes, neues Album her muss und dann wird die Reise für Gonoreas weiter gehen. (rsl)

Setliste: «Devils Eyes» - «Stay Away» - Revenge For Blood» - «Facing The Enemy» - «Breakout» - «Deaddly Scroll» - «Kiss The Sword» - «Bang Your Head».

Destruction
Im Vorfeld dieses Anlasses gab es einige Stimmen, die sich mehrfach fragten, warum Destruction mit ihrer "30th Anniversary Jubiläums-Show" ausgerechnet nach Wettingen kamen. Im Dreiländer-Eck Basel, sprich dem Z7 in Pratteln, hätten trotz konzertmässig oftmals massig belegten Wochenenden mit Sicherheit deutlich mehr Besucher generiert werden können. Da Schmier & Co. hiermit mitunter aber zu ihren lokalen Wurzeln zurück kehrten, kam man dies nachvollziehen und somit lässt sich der Kreis im übergeordneten Sinn sicherlich besser schliessen. Dennoch hatten sie sich sicher etwas mehr als die letztlich gut 300 Fans erhofft, doch Trübsal hat man darob sicher nicht geblasen. Das anwesende Publikum kam nämlich in den Genuss einer so mit Sicherheit einmaligen Show und damit meine nicht nur die Anwesenheit des echten Mad Butcher alias Dirk Rössler, sondern auch dass nicht weniger als drei komplette Drum-Kits auf der Bühne zu sehen waren. Das deutete natürlich auf exklusive Show-Guests hin und die waren auch zahlreich extra angereist. Zum einen war da mal die Ur-Drummer Tommy Sandmann (1982 bis 1987) und Olly Kaiser (1987 bis 1999), dann Gitarrist Harry Wilkens (1987 bis 1990) und auch der jüngere Trommler Sven Vormann (1999 bis 2001) gaben sich die Ehre. Zusammen mit dem aktuellen Schlagwerker Vaaver wurde etwa in der Mitte des Sets ein regelrechtes Drum-Inferno entfacht. Bis es soweit war, eröffneten Destruction ihre Jubiläums-Show freilich mit ein paar Klassikern der Marke «Butcher Strikes Back» als Opener, gefolgt von «Curse The Gods» und «Armageddonizer». Die Intensität des ganz vorne zu breiigen Sounds liess dennoch keinen Zweifel darüber aufkommen, dass das Ganze auch dreissig Jahre nach der Gründung immer noch bestens funktioniert. Bemerkenswert war dabei, wie gut dass Schmier zu nicht wenigen hohen Screams bei Stimme war und wie sautight das Ganze nach wie vor daher kommt. Mike mag ja schmächtig in seiner Erscheinung sein, aber seine Monster-Riffs und die äusserst flinken Soli gehören immer noch zum Besten, was die Szene zu bieten hat. Kultig dann natürlich die weiteren Einlagen des Butchers mit einem "bemitleidenswerten" Pleasure Slave Girl und zerhacktem (Kunst-) Fleisch, inklusive einer roten blutähnlichen Flüssigkeit. Der geneigte Destruction Fan bekam also einiges geboten und der nun ordentliche Moshpit unterstrich den Spass, den die deutsche Thrash-Ikone und seine echten Fans zusammen hatten. Als weiteres Sahnehäubchen stieg zu «Total Desaster» schliesslich auch noch "unser" V.O. Pulver (GurD) mit auf die Bühne, der früher mal einer der Knöpfchendreher von Schmier und seinen Kollegen war. Fazit: Ausser etwas zu viel Strobolicht für die Fotographen war es eine überaus würdige Jubiläums-Show, die allerdings schon etwas mehr Zuspruch hätte vertragen können. Nach total fünf Stunden Konzertdauer und sieben Bands war die Metal Factory Crew schliesslich müde und froh, dass mal Schluss mit dem Gedöns war, da wir ja von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr unseren Stand vorher auch noch in der Zofinger Stadthalle an der 15. Metalbörse stehen hatten. In diesem Sinne "schee woars" und thrash 'till death! (rsl)

Setliste: «Intro/Butcher Strikes Back» - «Curse The Gods» - «Armageddonizer» - «Mad Butcher» - «Carnivore» - «Nailed To The Cross» - «Hate Is My Fuel» - «Eternal Ban» - «Life Without Sense» - «Intro/Cyanide» - «Antichrist-Reject-Thrash Till Death-Drum Inferno» - «Tears Of Blood» - «City Of Doom» - «Invicible Force» -- «Intro/Total Desaster» - «Bestial Invasion».