Livereview: Delain - Legenda Aurea
27. April 2009, Zürich - Dynamo Werk 21
By Rockslave
Also Support von Kamelot hatten mir die Gothic Metaller Delain aus Holland Ende März im Z7 mächtig Eindruck gemacht. Das gilt nicht nur der zauberhaften Erscheinung von Sängerin Charlotte Wessels, sondern vor allem deren Stimme und der starken Mucke, die ihre Hinterleute beisteuern. Auch das aktuelle Album «April Rain» ist mehr als gelungen und sehr häufiger Gast an meinen Lauschklappen. So war es unumgänglich, dass ich in Zürich zum ersten Headliner-Gig auf Schweizer Boden antanzte. Das Dynamo, das heisst die Gruft oder das kellerartige Gewölbe als Austragungsort, hatte ich seit dem legendären Auftritt von Candlemass im Frühling 2003 nicht mehr betreten. Somit wurde es also wieder einmal höchste Zeit, sich blicken zu lassen. Kaum dort, kamen die guten Erinnerungen umgehend wieder hoch und zudem wurde ich persönlich davon überrascht (weil ich es schlicht nicht wusste), dass "unsere" Legenda Aurea als Support gebucht wurden.

Legenda Aurea
Zuerst bekam ich vor etwa zwei Jahren das gute Debüt-Album «Sedna» in die Finger und schon bald danach sah ich die Band auf der Bühne des «Metal Inferno» in Lenzburg gehörig abrocken. Die Chose kam dank der routinierten Saiten-Fraktion mit sehr agil rüber und mit der attraktiven wie talentierten Sängerin wusste man sich wirklich gekonnt in Szene zu setzen. Im Herbst 2008 verliess die junge Sängerin aus persönlichen Engagement-Gründen und zunehmend auch unterschiedlichen, musikalischen Vorstellungen den Herren-Club jedoch wieder. Ersetzt wurde sie durch Simone Christinat, die mal eine Weile lang zum Line-Up von Felony gehörte. Die stimmliche (und optische) Vakanz konnte somit adäquat behoben werden. Mit Simone zusammen entstanden die Songs des zweiten Albums «Ellipsis», das im Frühling '09 das Licht der Welt erblickte. Der Gitarren-Sound kommt dabei im Gegensatz zum Debüt um einiges härter daher und erinnert dies-bezüglich etwas an Nevermore. Deshalb war ich noch gespannt, wie das Ganze auf der kleinen (Keller-) Bühne des Dynamo in Zürich rüber kam. Ziemlich pünktlich, also um 20.00 Uhr, ging es los. Trotz der wirklich engen Platzverhältnisse legten Legenda Aurea mit ordentlicher Energie los. Allerdings kam der Sound über weite Strecken sehr flach daher und wirkte dadurch ziemlich drucklos. Was auf der CD perfekt und wuchtig klingt, konnte heute Abend kaum bis gar nicht umgesetzt werden. Ich hatte dabei immer noch Candlemass im Hinterkopf, die natürlich eh nicht zu toppen sind und eigentlich in eine andere Liga gehören. Das anwesende Publikum (knapp hundert Leute zu Beginn) geriet ob der Performance des Zürcher Fünfers zwar nicht gerade in Ekstase, doch die Stimmung war soweit gut und der Applaus angemessen. Die gesangliche Leistung von Simone war ok, litt aber ebenso unter dem mittelprächtigen Mix. Dass dies besser geht, bewies der Headliner im Anschluss. Mein persön-liches Fazit des Auftritts fiel deshalb eher ernüchternd aus. Wer sich die ohne Zweifel guten Songs auf den beiden Tonträgern anhört, wird bald feststellen, dass Legenda Aurea einiges mehr zu bieten haben als das, was sie heute Abend während 35 Minuten zu zeigen vermochten.

Delain
Die flächenmässige Ausgangslage gestaltete sich für den Headliner zwar genau gleich, aber schon bald nach Beginn des Haupt-Konzertes konnte man feststellen, dass Delain von einem deutlich besseren Sound profitieren konnten. Nach dem Intro folgte mit «Invidia» gleich ein Song des neuen Albums, wo Charlotte Wessels und ihre Jungs unterstrichen, dass es in der Nightwish-Ecke ernsthafte Konkurrenz, und zwar aus Holland gibt. Mit «Stay Forever» schloss der zweite, neue Song nahtlos an, der mit seinem ansteckenden Refrain bald zum Mitsingen anregen konnte. Überhaupt ist das einer der grossen Pluspunkte des Songwritings von Delain. Die Dichte an hammergeilen Melodien ist schier unerschöpflich und vereinigt eigentlich das Beste von Within Temptation und eben Nightwish. Der Gesang von Charlotte, der glücklicherweise mehr in der Nähe von Anette Olzon anstatt Sharon den Adel oder Tarja Turunen liegt, passt wie die Faust auf's Auge. Dies bereits seit 2006, als die noch völlig unbekannte Band mit dem projektartigen Debüt «Lucidity» den Grundstein für eine möglicherweise grosse Karriere gelegt hat. Wie gut schon die frühen Songs waren, zeigte sich in der Setliste, wo nicht weniger als sechs Songs, darunter das geile «Frozen» zum Besten gegeben wurden. Der inzwischen ordentlich mit Besuchern gefüllte Keller des Dynamo liess sich von den eingängigen Melodien regelrecht mittragen und wurde immer lauter. Die Band dankte es mit einer beherzten Performance, der die Enge der Location kaum was anhaben konnte. Die Nähe zwischen Publikum und Band ist sicher nicht immer so anzutreffen und war für alle Beteiligten etwas Spezielles. Wo sich andere Frontleute womöglich etwas unsicher fühlen, genoss Charlotte Wessels diesen Umstand offensichtlich und lieferte dabei eine gesangliche Topleistung im Angesicht der ersten Reihe ab. Gleiches galt natürlich auch für ihre Jungs im Rücken, die die teils ausufernden, respektive üppigen Arrangements der Studio-Aufnahme(n) recht gut auf die Bühne brachten. In erster Linie war das natürlich der Verdienst von Keyboarder Martijn Westerholt, der, wie Master Holopainen (Nightwish), die kompositorischen Zügel in der Hand hält. Mit zunehmender Dauer des Gigs steigerte sich auch die Stimmung kontinuierlich, was am Schluss des regulären Sets dazu führte, dass Delain erstmal ob dem Zuspruch überrascht wie erfreut zugleich waren und mit «Virtue And Vice» und «Prisitine» zwei zusätzliche Songs anhängten, die natürlich wiederum beide Alben berück-sichtigten. Es dürfte ziemlich sicher nicht mehr lange dauern, bis diese aufstrebende, junge Band zu Grösserem berufen wird und verdient in die Oberliga aufsteigt. Wenn der momentan hohe Level des Songwritings künftig gehalten werden kann, sieht die musikalische Zukunft dieses Line-Up's mehr als rosig aus!


Setlist: «Intro» - «Invidia» - «Stay Forever» - «Sever» - «April Rain» - «Go Away» - «The Gathering» - «Silhouette Of A Dancer» - «Control The Storm» - «Frozen» - «Sleepwalkers Dream» - «Nothing Left» -- «Virtual Due» - «Pristine».