Livereview: Charing Cross
29. November 2001 LWB, Baden AG
By D.J. Roxx

Es war einmal ein Städtchen im Aargauischen Limmattal, welches sie einst Baden genannt. Dort gab es vor geraumer Zeit tatsächlich so etwas wie eine Metalszene. Daran können sich nur noch sehr wenige erinnern, denn es war in den 80ern oder so...
Zu dieser Zeit war es absolut keine Seltenheit, jemanden mit langen Haaren oder zumindest mit einem Shirt von irgend einer Metalband anzutreffen. Damals gab es auch die dementsprechenden Lokalitäten, welche man als Metalfan noch aufsuchen konnte. Wie zum Beispiel das "Rockcafe" in Ennetbaden. Es war jedoch nicht die glorreichste Idee, sowas in einem Kurort zu betreiben, da Auseinandersetzungen mit Anwohnern nicht ausblieben. Nach dem Ende des Rockcafes konnte man ja noch ins Zentrum von Baden. Da gab es noch das "Burger". Wenn man da kein Gilet mit Nieten und Aufnähern anhatte, fiel man auf. Der Sound war auch okay. So liess es sich leben. Doch auch diesem Laden kam das Ende. Dort steht heute das Credit Suisse Gebäude vis-à-vis von McDonald's. Als letzte Zuflucht blieben noch das "Quick " (vor allem für Kiffer) oder das "Stadttor Rock". Doch so allmählich wurde die Szene kleiner. Im Stadttor fand man vor allem Überbleibsel der Szene, welche es noch nicht geschafft hatten, den Führerschein zu machen. Die anderen (mit Füherschein) distanzierten sich immer mehr von Baden und entdeckten, was die Schweiz in Sachen Metal sonst noch so zu bieten hatte, und das war nicht wenig. Doch wie könnte es anders sein, auch für das Stadttor kam das Ende. Es wurde umgebaut, heisst jetzt Stadttor Time und ist ein Super - Trendy - Yuppie - Schwuppy Laden. Da kann man heute als Metaler noch so richtig schief angeglotzt werden.

Dann folgten viele Jahre Finsternis über Baden. Es wurde praktisch nirgends ein vernünftiger Ton gespielt. Für die METAL FACTORY war das natürlich ein Grauen, da die meisten von uns aus der Gegend stammen. Doch dann ganz plötzlich und unerwartet kam die Rettung. Peter Brunner mit seiner Hard&Dirty Production begann jeden letzten Donnerstag eines Monats eine Rock-Night im LWB zu veranstallten. Das LWB (Steht für Löschwasserbecken) ist sonst eher ein Laden für die breite Masse. Also nix Rock oder Metal. An den besagten Donnerstagen jedoch geht da was. Meistens mit einer Liveband. So auch am Donnerstag dem 29.11.2001. Die Innerschweizer Charing Cross gaben sich die Ehre, uns etwas vorzuspielen. Sie eröffneten den Abend mit Frontman Reto Ferrari gibt alles !!!!!"Forever Rockin", gefolgt von "Voices", welches man auch auf ihrem letzten Demo findet. Mit ganz viel Power wurde "Hell on Wheels" runtergezockt. Diesen Song haben Charing Cross ganz speziell für den Biker - Club "Brother Connection MC" geschrieben. Diese waren auch erschienen, um ihre Hausband zu unterstützen. Als erster Coversong des Abends musste Van Halen's "Ain't talkin' bout Love" herhalten. Nach "Hold on tight" ging es in eine kurze Pause. Das haben Clubgigs so an sich. Der zweite Teil des Sets wurde mit einem weiteren Cover gestartet. Thin Lizzy's "Whiskey in the Jar". Für die Jüngeren; "Ja, von Thin Lizzy und nicht von Metallica...".  Nach weiteren eigenen Werken, zugegeben: mir noch unbekannt, wagte man sich an "Turbo Lover" von Judas Priest. Anbei hat sich Sänger Reto Ferrari noch beschwert, dass der D.J. diesen Song vor dem Gig laufen liess. Doch Charing Cross gelang es, auch diesen Geile Liveshow !!Klassiker sehr gut nachzuspielen. Das Publikum taute allmälich auf, obwohl die Band erst um 23 Uhr mit dem Auftritt begann. Es folgten weitere Stücke aus eigener Feder, welche es einem sehr schwer machen, Charing Cross einzuordnen. Ist es eine Hard Rock Band, oder eher Power Metal? Ich würd mal sagen, ein bisschen von beidem. Frontman Reto Ferrari versteht es, das Publikum in seinen Bann zu ziehen. Ob mit flotten Sprüchen bei den Ansagen, oder durch das Stageacting, wirkt alles sehr durchdacht und originell.Auch der Rest der Band überzeugte, spielerisch wie auch optisch. Genau so muss eine Band live auftreten. Saustarke Bühnenklamotten, und immer alles in Bewegung. Ein wahrer Augenschmaus. Die zahlreich erschienenen Ladys konnten sich kaum noch halten. Trotz der kleinen Bühne gaben Charing Cross das Beste, um dem Volk einen schönen Abend zu bieten. Der Set neigte sich langsam dem Ende zu. Es wurde der letzte Song angekündigt. Das war dann auch meine erste Enttäuschung des Abends. Wenn es einen Song gibt, welchen ich Das Publikum gab alles...vor allem die Ladys, WOW !!!überhaupt nicht mehr hören kann, dann ist das Billy Idol's "Rebel Yell". Doch dem Publikum hat's gefallen. Der allseits bekannte Refrain wurde mitgegröhlt, der Laden kochte. Was soll man da noch sagen? Doch ohne Zugabe ging es auch an diesem Abend nicht. Darum mussten die Jungs ein weiteres Mal zurück auf die Bühne, und präsentierten uns einen neueren Song aus eigener Feder. "Final Day" war für mich der Kracher des Abends, bei dem Charing Cross so richtig zeigten, was sie draufhaben. Beim Solo zu diesem Song beabeitete der Leadgittarist seine Klampfe mit einem Akkubohrer. Zwar keine neue Idee, aber sehr effektiv. Sah und hörte sich saumässig gut an. GEIL!! Der endgültige Schluss des Abends wurde mit einem weiterem, mir verhassten Song, besiegelt. Ja genau, "Enter Sandman". Meine Meinung soll aber nichts über die spielerische Fähigkeit von Charing Cross aussagen. Da will ich auf keinen Fall falsch verstanden werden. Denn das Publikum tobte, und auf der linken Seite bildete sich sogar tatsächlich so etwas wie ein kleiner Moshpit. Es gab kein Halten mehr....
Zum Schluss gab es noch ein beeindruckendes Feuerspucken des Drummers, wobei man schon fast Angst haben musste, dass die relativ niedrige Decke des LWB angekockelt würde.

Ich freue mich auf jeden Fall, dass es in Baden wenigstens einen Abend im Monat gibt, wo man sich noch hinbegeben kann, und in einer guten Atmosphäre unter Gleichgesinnten einen tollen Abend verbringen kann. Wer auch mal Lust hat ins LWB zu gehen, kann sich unter www.hardndirty.ch informieren, wann die nächste Rocknight stattfindet. An den restlichen Tagen können wir das LWB nicht empfehlen.