Livereview: Bullet - Screamer - Jesus Chrüsler Supercar

18. Mai 2018, Pratteln – Mini-Z7
By Tinu
Wo Bullet drauf steht, sind auch Bullet drin. Oder anders ausgedrückt, wer auf tollen Judas Priest- und AC/DC-Sound steht, mit einer gehörigen Accept-Rhythmusmaschinerie versehen, kommt an den Schweden nicht vorbei. Oder doch? Wieso zum Geier spielte das Quintett nur im Mini-Z7? Dieser Sound müsste die Massen doch anlocken, ansonsten verstehe ich nicht, wieso Airbourne jeweils vor so vielen Leuten aufspielen… Anyway, Bullet enttäuschten nicht und hatten mit Screamer einen absolut geilen Support in den Reihen, der voll zu überzeugen wusste. Davor standen die Landesgenossen von Jesus Chrüsler Supercar auf der Bühne, die allerdings einen eher zwiespältigen Eindruck hinterliessen…

Jesus Chrüsler Supercar
Aus Schweden stammt die Truppe JCS, die sich einem Motörhead-liken Sound verschrieben hat und mit ihren speckigen Haaren irgendwie an Lemmy und die frühen achtziger Jahre erinnert. Speziell der singende Bassist Robban Bergeskans scheint ein grosser Verehrer von Lemmy zu sein. Mit dem dreckigen, ab und zu im Stoner-Rock angegliederten Sound, der aber immer einen starken Hang zu einem schmutzigen, mit Öl besudelten Rock hat, versuchte der Vierer das Mini-Z7 im Sturm zu erobern. Das Publikum verhielt sich jedoch sehr verhalten und wurde eigentlich nur bei den schnelleren Parts warm. Als Support von Bullet waren die nachfolgenden Screamer eine bedeutend bessere Wahl. Hätten Monster Magnet gespielt, wären die Fans Jesus Chrüsler Supercar wohl zu Füssen gelegen. So standen die meisten aber bloss herum, Applaus wurde sehr spärlich geschenkt, und als die Herren sich durch das Publikum den Weg in die Backstage-Räumlichkeiten suchten, wurde dies von den Besuchern kaum wahr genommen…

Screamer
Mit Screamer veränderte sich das Bild auf und vor der Bühne. Dem Quintett schien die Spielfreude regelrecht aus dem Arsch heraus und selbige, also die Spielfreude (und nicht der Arsch!), liess das Z7 kurzzeitig erzittern. Logisch haben sich die Schweden einiges von Iron Maiden abgeschaut. Seien es die galoppierenden Rhythmen, die Tempiwechsel oder die Doppel-Leads. Aber was das Quintett um Schreihals Andreas Wikström fabriziert, wusste von der ersten Sekunde an zu gefallen. Mit dem neusten Streich «Hell Machine» im Gepäck und dem daraus stammenden Hit «Monte Carlo Nights» lieferten Screamer nur einen von vielen Höhepunkten ab. Der Bang-Faktor war auf und vor der Stage sehr gross und Fans wie auch die Band stachelten sich immer mehr an. Alleine die Screams, die Andreas vom Stapel liess, suchen heute schon fast Ihresgleichen. Auch wenn der Sound nicht immer optimal war, zuweilen hörte man die linke Gitarrenseite nicht, holten Screamer das Maximum heraus. Die Truppe gehört sicher zur "New Wave of Swedish Metal", sticht da aber klar hervor, weil sie sich ihrer Vorbilder nicht schämt und trotzdem mit tollen Tracks auf sich aufmerksam macht, ohne dabei langweilig zu werden. Somit weit weg von einer billigen Kopie. Die Herren sollte man sich merken. Sie verfügen einerseits über sehr gutes Material, das auch hängen bleibt und andererseits über den nötigen Sympathiebonus, mit dem man ihnen abnimmt, dass sie das, was sie machen, mit Überzeugung und aus vollem Herzen abliefern.

Bullet
Man nehme einen Drittel Judas Priest, eineb Drittel Accept und einen Drittel AC/DC sowie Airbourne und ihr wisst, was uns Bullet seit einigen Jahren abliefern. Die Truppe um Sänger Hell Hofer und Gitarrist Hampus Klang schmiedet seit 2001 nicht nur tollen Metal, sondern lebt auch eine unglaublich sympathische Art vor, mit der musiziert wird. Dabei erstrahlt nach wie vor das Bullet-Logo mit Glühbirnen hinter dem Drumkit, wie auf der Rückseite der Bass- und Gitarrenfront ganz am Schluss des Gigs schön verteilt «Bite The Bullet» zu lesen ist. Auch wenn Hell Hofer dieses Mal seinen Schleifstein im Gepäck liess und der sagenumwobene klapprige Tourbus zu Hause in der Garage zur Reparatur steht, die Herren haben nichts von ihrer Magie verloren. Das liegt auch an der fast dämonischen, lehrerhaften Art des Sängers, wenn er am Bühnenrand steht und mit erhobenem Zeigefinger und weit aufgerissenen Augen seine unver-gleichliche Stimme zum Besten gibt. Seine Art beinhaltet mehr Metal und ehrliches Auftreten, als so manche seiner Kollegen. Der Dank, den er immer wieder ans Publikum richtet, kommt von Herzen und ist nicht nur eine Phrase. Mit einer unglaublichen Spielfreude spielte sich der mit einer blonden Pudelfrisur ausgestattete Bassist Gustav Hector in die Herzen der Frauen. Auch wenn er nicht das gleiche Sexappeal wie Marco Mendoza von The Dead Daisies besitzt, so weiss er genau, wie man sich bestens präsentiert. Schlagzeuger Gustav Hjortsjö hämmert mit einer unglaublichen, trockenen Präzision seine Beats ins Z7, während die beiden Gitarrist Hampus und Alexander Lyrbo mit tollen Riffs und noch tolleren Doppel-Leads zu überzeugen wissen. Speziell Alexander spielte sich in einen wahren Rausch hinein und liess es sich nicht nehmen, sich mit einem tollen Posing in den Mittelpunkt zu stellen.

Vom neuen Album «Dust To Gold» wurden nicht weniger als sieben Songs (!) gespielt. Unterstützt von alten Klassikern wie «Storm Of Blades», «Heading For The Top», «Bite The Bullet» und dem unverwüstliche «Dusk Till Dawn» lieferten die Schweden einen Gig ab, der genau das repräsentierte, was die Bühnenklamotten vermittelten. Ehrliche Handwerksarbeit mit Jeans, Lederkutten, Nieten und schwitzenden Oberkörpern sowie dem nötigen "hemdsärmligen" Dreck. Das, was Accept in den achtziger Jahren ablieferten und heute fast ein Schatten ihrer selbst sind, hauen Bullet mit einer Lockerheit aus dem Ärmel, dass man weiss, wer zukünftig der Chef im Ring sein wird. Eigentlich hätte Bullet nicht im Mini-Z7 spielen dürfen, dazu sind die Songs zu gewaltig und müssten viel mehr Leute anziehen. Wieso dem nicht so ist, keine Ahnung. Das Bier floss nicht nur in Strömen im Publikum, sondern auch aus einem Turnschuh… Was jetzt schlimmer ist, Bier mit schimmligem Sockengeschmack oder einen mit Bier durchtränkten Schuh wieder anzuziehen, weiss wohl nur der Besitzer dieses Teils…

Bullet kamen, sahen und siegten. Es war wie ein Überschallkommando, welches kurz über dem Z7 seine Runden zog. Der Set verging wie im Flug und zauberte allen Anwesenden ein breites Grinsen ins Gesicht. Mit solchen Truppen im Angebot muss sich der Metal keine grossen Sorgen um sein weiteres Bestehen machen. Hier werden tolle Songs vorgetragen, die mit einer authentischen Präsentation verbunden werden und einer unglaublichen Spielfreude allen den Arsch versohlt. Wer an diesem Abend nicht dabei war, hat definitiv etwas verpasst und sollte sich die nächste, sich bietende Möglichkeit nicht entgehen lassen! «BITE THE BULLET!»

Setliste: «Speed And Attack», «Ain't Enough», «Rogue Soldier», «Wildfire», «Riding High», «Rolling Home», «Uprising (Intro)», «Storm Of Blades», «Stay Wild», «Dusk 'till Dawn», «Dr Phibes», «Fuel The Fire», «Highway Love», «Dust To Gold», «Pay (Intro)», «Pay The Price», «Heading For The Top», «Turn It Up Load», «Bite The Bullet»