Livereview: Bülent Ceylan
09. September 2011, Zürich - Hallenstadion
By Rockslave
Der neue Senkrechtstarter am deutschen Comedy-Himmel war schon letztes Jahr im Herbst in der Schweiz. Damals aber noch im Zürcher Volkshaus und mit seinem alten Programm «Kebabbel Net!». Inzwischen und nicht zuletzt auch wegen seiner eigenen TV-Show bei RTL hat er seinen Bekanntheitsgrad massiv steigern können. Es wird nicht mehr lange dauern und dann wird er auf der gleichen Stufe wie ein Michael Mittermeier oder Mario Barth stehen. Wie Letzterer allerdings schon zweimal das Münchner Olympia-Stadion als Alleinunterhalter voll gekriegt hat, verstehe ich heute noch nicht. Bülent Ceylan, dem einzigen, wahren "Metal-Türken" würde ich das allerdings aufgrund der Qualität eher noch zutrauen. Warum wir von Metal Factory auch vor Ort im Hallenstadion waren, hat einen einfachen Grund, denn Bülent ist bekennender Rock- und Metal-Fan, zeigt sich auf Fotos oft mit gezückter "Pommes-Gabel" und stand heuer als erster Comedian überhaupt in Wacken und auch in Dinkelsbühl beim "Summer Breeze" auf der Bühne. Grund genug also, um seinem aktuellen Programm beizuwohnen!

Es hat sich mittlerweile eingebürgert, dass der Beginn eines Auftrittes des langhaarigsten Deutsch-Türken immer von lauter Musik und einer gepflegten Runde Headbangen begleitet wird. So natürlich auch im Zürcher Hallenstadion, wo nicht weniger als 8'000 Zuschauer dem Comedian aus Mannheim einen frenetisch bejubelten Einstieg in sein Programm bescherten. Das wunderte nicht nur mich an dieser Stelle. Mit dabei hatte er sein aktuelles Programm «Ganz schön turbülent», das bereits bei RTL kürzlich mal in zwei Teilen gesendet wurde. Somit kannte ich bereits einige der Sketche und Einlagen im Voraus, aber Bülent, gekleidet in ein kultiges "Hääädbänger"-Shirt, würzte das Ganze clever mit einer kräftigen Prise Lokal-Kolorit. Tradition hat auch, dass stets einzelne Zuschauer direkt angesprochen und dann während des Programmes immer wieder spontan ins Geschehen eingeflochten werden. Unterstützt durch eine flotte Lightshow und ein paar Requisiten legte sich der Unterhaltungs-Profi voll ins Zeug und brachte sein Publikum bald auf Touren. Die Reaktionen auf seine teils derben Sprüche waren gut, mitunter gar euphorisch. Nebst dem Vortragen von Marotten aus seinem Kulturkreis und allgemeinen Themen schlüpft Bülent auch gerne in verschiedene Rollen wie den Dünnbrettbohrer Harald, die kokette Anneliese und den durchgeknallten Hauswart Mompfred. Damit ist gewährleistet, dass sich seine Person nicht totläuft, wobei die Klasse seiner Programme auch ohne Verkleidungen auskommen würde. Das gut zweistündige Programm wurde in der Mitte durch eine kurze Pause von knapp 20 Minuten unterbrochen, die aber nicht gross störte, denn so konnte man sich zur Freude der Verkaufsstände mit Ess- und Trinkwaren eindecken.

Gegen den Schluss hin begab sich der redselige Protagonist mitten ins Publikum rein und animierte dann einen Teil der Leute nach vorne zur Bühne zu kommen und mit ihm dort abzurocken. Meine Wenigkeit sah sich allerdings nicht wirklich veranlasst, diesem Aufruf Folge zu leisten. Das war auch nicht nötig, denn es waren genug Willige vor der Bühne versammelt, um zu Rammstein-artigem Sound so was wie Ramba-Zamba zu veranstalten. Auch wenn mit ihm sicher kein neuer Göttersänger auf der Bühne stand, so rockte Bülent das Hallenstadion locker. Als Schlusspunkt knallte es kurz und dann regnete es goldige Streifen und dünne Plastik-Schnitzelchen wie nach einem Kiss-Konzert. Kurz zuvor schloss sich denn auch der Kreis wieder und bevor Bülent Ceylan zu lautem Applaus bereits den nächsten Auftritt an gleicher Stelle, nämlich mit dem brandneuen Programm «Wilde Kreatüren» am 25. Mai 2012 ankündigte, führte er mit "Günther" kurz eine neue Figur ein, die bestens zu den bestehenden Charakteren passen wird. Mit dem Aufgreifen von ein paar typischen Schweizer Dialekt-Klassikern wie dem obligaten "Chuchichäschtli", dem "Öpfelbütschgi" und der "Fotzelschnitte" hatte der Mannheimer das ganze Hallenstadion vollends im Sack und sorgte für eine mehr als heitere Stimmung. Nach der Show nahm sich Bülent schliesslich noch ziemlich viel Zeit für seine Fans und erfüllte jeden Autogramm-Wunsch. Die Kolonne war riesig und es dürfte schon eine Weile gedauert haben, bis sich die brav anstehende Reihe etwas lichtete. Wir hätten vor oder nach der Show noch gerne ein Interview mit dem sympathischen Künstler aus Deutschland geführt, was aber leider ohne Angabe eines Grundes nicht möglich war. Doch davon lassen wir uns keinesfalls entmutigen und setzen auf 2012, wenn es wieder heisst: "Seid ihr bereit für die neue Comedy? Rock'n'Roll..., Muppet-Show!"