Livereview: Bloodbound - Crystal Viper - Thobbe Englund - Rexoria

07. April 2017, Pratteln - Mini-Z7
By Monika M.
Eine gewaltige Ladung Heavy Metal droht unser Metal Mekka zu erschüttern. Dieses Erlebnis möchte ich mir nicht entgehen lassen und in der Hoffnung, vor dem Konzert noch mit den Musikern plaudern zu können, bin ich ziemlich früh vor Ort. Aus welchem Grund man die heutige Show im Mini-Z7 spielen will, ist mir zunächst nicht klar. Bloodbound ist eine ernst zu nehmende Band. Thobbe Englund wird aufgrund seiner früheren Tätigkeit bei den Powermetallern Sabaton eine Menge Fans der Band anlocken. Crystal Viper konnten auch schon einen gewissen Bekanntheitsgrad in Deutschland oder Griechenland erreichen. Wie ich im Gespräch mit anderen Konzertbesuchern herausfinden kann, wurden bewusst kleinere Bühnen gewählt. Einerseits schade, anderseits aber kann man so die Nähe zu den Fans herstellen. Nachdem ich schon lange vor Türöffnung noch nette Gespräche mit den sympathischen Musikern von Crystal Viper und Thobbe Englund, welcher ”cool as always” ist, führen durfte, ist meine Vorfreude auf einen gelungenen Abend noch grösser und ich geniesse das schöne Wetter, bis man rein darf.

Rexoria

Das verkleinerte Z7 ist bei Türöffnung nicht einmal halb gefüllt, es sind wieder einmal nur Leute schon drin, die gerne weit vorne sind. Die Melodic Metal Band aus Jönköping wirkt auf mich sympathisch und ihre Musik empfinde ich als sehr angenehm, die Stimme der Frontfrau sehr stark und schön. Leider muss ich aber auch sagen, dass ich diese Band nicht sehr innovativ finde. Wie ich immer wieder gerne erwähne, ist es sehr schwierig, ein geniales Debütalbum herauszubringen. Das erste Album der Band ist auf jeden Fall nett, nur, dass ich das Gefühl habe, dasselbe schon hundert Mal gehört zu haben. Es sticht nichts heraus, bis auf die sympathische Ausstrahlung der blonden Sängerin Frida und das relativ gute Aussehen ihrer Bandkollegen. Doch für das Aussehen der Musiker gehe ich nicht an Konzerte. Nicht, dass es mich stören würde, wenn gute Musiker auch noch gut aussehen, es ist aber nicht der primäre Grund. Sowohl showtechnisch wie auch musikalisch ist Rexoria leider nicht überzeugend. Pluspunkte aber, dass sie sich sehr wohl auf der Bühne fühlen und das Publikum mit guter Laune anstecken können. Ich hoffe, dass es noch zu positiven Entwicklungen kommen wird, denn sowohl die Instrumentenkenntnisse wie auch die Stimme könnten viel Grosses in der Szene tun.

Thobbe Englund
Jetzt bin ich aber gespannt! Thobbe’s Soloprojekte, welche schon während seiner Zeit bei Sabaton komplett anders klangen, haben mir immer extrem gut gefallen. Auf den ersten Alben spielte er nur, Gesang kam erst später. Die Einflüsse und Stilrichtungen variierten von Stück zu Stück. Mit seinem letzten Album, «Sold My Soul», ist er aber konstant im Heavy Metal geblieben. Zusammen mit seiner neu aufgestellten Band welche, wenn wir das Thema schon hatten, auch ganz gut aussieht, tritt er nun als Support für Bloodbound auf. Dies ist für mich irgendwie komisch, denn 2016 war Bloodbound Opener für Sabaton (da war Thobbe noch in der Band). Viele Besucher sind heute wegen ihm gekommen. Zumindest interpretiere ich das anhand der vielen Sabaton T-Shirts im Publikum so. Bei Thobbe’s Band merkt man, dass nicht alle so viel Bühnenerfahrung haben. Dies mindert das Erlebnis jedoch nicht. Das sympathische Quartett spielt solide und überzeugend, das erste und letzte Wort gehört aber immer Thobbe’s ”2nd wife”, also seiner Gitarre. Der Sound ist von dem Thobbe’s ”alten” Band nun wirklich weit entfernt und er dürfte auch leidenschaftlichen Sabatonhassern gefallen (was ich auch schon in meiner CD-Review explizit erwähnen musste). Der pure Heavy Metal macht gute Laune und Lust auf mehr. Fast zum Wegschweben! In der heimeligen Atmosphäre scheinen sich Publikum wie auch Band ganz gut zu fühlen, und die Zeit vergeht wie im Fluge. Das Set ist meiner Meinung nach, wie fast immer, viel zu kurz. Jetzt, nach dieser Darbietung, muss ich die Meinung ändern. Das Mini-Z7 war vielleicht doch eine gute Idee. Es hat etwas Sympathisches, so nah an der Bühne zu sein, keine Barriere, die zwischen dir und den Musikern steht. Ich freue mich schon, Thobbe am Sabaton Open-Air wieder zu sehen.

Setliste: Sold My Soul – Annihilation – Steel & Thunder – The Glow – It Burns! – Thobbe Guitar Solo – Wildborn – End Of Oil – Break The Chains – I Am – Trägen Vinner

Crystal Viper
Neue Vorfreude kommt auf. Die polnischen Heavy Metaller aus Katowice betreten selbstsicher die Bühne und geben alles, was sie können. Hierzulande sind sie leider noch nicht wirklich bekannt. Möglicherweise können sich aber gewisse die-hard Sabaton-Fans erinnern: Sängerin Marta Gabriel ist auf der polnischen Version von 40-1 zu hören und ihr Mann, welcher Manager von Crystal Viper ist, hatte die Übersetzung geschrieben. Alles scheint sich heute in einem gewissen, entfernteren Sinn um die Powermetaller aus Falun zu drehen, fällt mir auf, und ich muss deshalb ziemlich schmunzeln. Es stört mich aber bei Weitem nicht, ja, gefällt mir sogar. Die noch unterschätzte Band dürfte dank dieser Tour (hoffentlich) neue Fans gewonnen haben. Besonders süss zu hören ist Martas Akzent, welchen die schöne Frontfrau gar nicht erst zu verstecken versucht. Die schlanke Polin mit sexy Outfit und langen, schwarz-roten Haaren stellt ganz klar den Mittelpunkt des Geschehens dar, obschon sie sich nicht extrem viel bewegt, während sie singt und die Rhythmusgitarre spielt. Das neuste Mitglied der Band, Bassist Błażej, stiehlt immer wieder als sympathische Rampensau die Show, mit seiner breiten Zunge provozierend und sich sichtlich von der Musik mitgerissen in Posen werfend. Ich kann nicht umhin, breit zu grinsen, wenn ich ihn auf "meiner" Seite der Bühne stampfen sehe, wo er breit grinsend das Publikum erfreut. Etwas ruhiger gibt sich Gitarrist Andy Wave, welcher aufgrund der starken Konzentration nur wenig Show macht. Der sympathische Drummer Golem fällt leider nicht sehr auf, er macht aber alles korrekt und das Zusammenspiel ist schön mitzuerleben. Leider muss ich bei Crystal Viper eine Verringerung der Soundqualität feststellen. Schon zuvor bei Rexoria gab es kurze Probleme, welche allerdings zwischen den Songs bemerkt und schnell behoben wurden. Hier höre ich, dass Martas Mikrofon zu leise ist. Sehr schade, denn diese Band verdient aufgrund der starken Stimme der Frontfrau besonders guten Mix. Sie erwähnte aber auch kurz, dass sie erkältet sei und entschuldigte sich im Voraus, für den Fall, dass dies die Qualität der Show beeinträchtigen sollte. Vielleicht hat man sie bewusst leiser eingestellt, damit sie ihre Stimme ein klein wenig schonen kann und man dies nicht gross mitbekommt. Jedenfalls bekam sie vollstes Verständnis vom Publikum, welches die Band zumindest neutral empfing. Einige begeisterte Fans stehen zusammen mit mir weit vorne und gehen ab, andere scheinen (für mich unverständlich) etwas gelangweilt. Ich persönlich fand den Auftritt toll und auch die kleinen Witzchen sehr sympathisch. Beim nächsten Konzert dieser netten Truppe werde ich wieder ganz weit vorne dabei sein.

Setliste: rozpierdol (zu Deutsch: so etwas wie verf*tes Chaos/Massaker) – The Witch Is Back – Night Prowler – Night Of The Sin – Witch’s Mark – When The Sun Goes Down – Flames And Blood – Greed Is Blind – I Fear No Evil – Gladiator (Die By The Blade) – The Last Axeman – Metal Nation

Bloodbound
Zeit für die Headliner! Mit neuem Drummer (nebenbei: ja, er sieht gut aus) und Thobbe an der Gitarre machen sich die Schweden an die Arbeit. Dies ist mein fünftes Konzert der Band. Letztes Mal durfte ich sie als Opener für Sabaton erleben, als sie mit dem 2014 erschienenen Album «Stormborn» durch Europa reisten. Als Liveband waren sie schon damals ganz nett, die Musik aber konnte mich nicht dazu bewegen, sie auch privat zu Hause zu spielen. Mit dem neusten Baby, «War Of Dragons», welches dieses Jahr erschienen ist, kann ich mich definitiv eher anfreunden, und die Show gefällt mir diesmal um Welten besser als die letzten vier Shows zusammen. Damals gab es aus persönlichen Gründen Ersatzmusiker aus der befreundeten Band Twilight Force an Gitarre und Drums. Möglicherweise liegt es an der ”intimeren” Atmosphäre, am Fehlen der Barriere, dass mir die Show diesmal besser gefällt. Es kann aber auch an der Setliste liegen, welche dieses Jahr interessanter ist. Der gehörnte Sänger Patrik mit den beinahe angsteinflössenden, modifizierten Augen (ich tippe auf genial gemachte Linsen oder spezielle Mittelchen, um die Pupillen zu erweitern) verzaubert das Publikum mit seinem Charme und dem leicht teuflischen Lächeln. Aufmerksamkeit zieht auch der schrille Keyboarder Fredrik auf sich, welcher mit seinem Bühnenstyling glatt bei der Addams Family mitspielen könnte. Das Publikum ist sehr zum Mitsingen und Feiern animiert, es wird auch viel gelacht. Die sonst schon gute Atmosphäre wird von Minute zu Minute besser. Der Charme eines Clubkonzertes mit grosshallenwürdigen Bands. Es besteht auf jeden Fall Wiederholungsbedarf. Bloodbound hat mit dieser Tour einen Volltreffer gelandet und ich hoffe auf weitere, ähnliche Konzerte.

Setliste: Iron Throne – War Of Dragons – Stand And Fight – In The Name Of Metal – Satanic Panic – Stormborn – When All Lights Fail – Moria – Battle In The Sky – Fallen Heroes – Nightmares From The Grave – Silver Wings – Metalheads Unite – Dragons Are Forever – Nosferatu