Livereview: Black Flag - Good For You

16. Mai 2013, Zürich - Dynamo
By Natalia N.
Ich glaube, dass es nicht übertrieben ist, wenn man die Rolle der Reunion von Black Flag und der Wiederaufnahme ihrer Konzerttätigkeit in der Hardcore Szene, mit der Reunion von Black Sabbath vergleicht - es ist ein sehr wichtiges Ereignis für die ganze Rockkultur. Black Flag gaben 1978 die EP „Nervous Breakdown“ heraus, was zur Bildung eines neuen Genres geführt hatte. Black Flag waren nicht nur Pioniere, sie waren immer aktiv und trugen zu der Popularisierung des Genres bei.

Die aktuelle Reunion ist schon die Zweite. 2003 kamen die Mitglieder schon einmal zusammen, um ein paar Benefizveranstaltungen für den Tierschutz durchzuführen. 2013 sieht die Sache schon etwas ernster aus, denn die Band kreiert neuen Stoff, für die Herausgabe eines Albums noch in diesem Sommer. Diese zweite Reunion fand auf der Geburtstagsparty von Ron Reyes statt, dem zweiten Black Flag-Sängers, der bei der Band im Zeitraum von 1979 bis 1980 mitmachte. Ob die Gruppe den neuen Stoff spielt? Wie klingen legendäre Hits der 80er live im Jahre 2013? Das Konzert der legendären Band Black Flag darf man einfach nicht verpassen! Als Vorgruppe trat die andere Band von Greg Ginns (Ideengeber, Gründer und Hauptkompositor der Gruppe “Black Flag“): Good For You.


Good For You
Um 21.00 Uhr betrat Good For You die Bühne des Dynamo Saals. Der Sänger Mike Vallely ist ein professioneller Skateboardfahrer und Musiker. Er hatte bereits Erfahrungen bei Auftritten mit Greg Ginn gesammelt, als sich dieser Black Flag 2003 anschloss und das ganze Album „My War“ einspielte, das sich sehr vom Rest des Schaffens der Gruppe unterschied. Greg Ginn sprengte den engen Rahmen des Genres. Man setzte die bei diesem Album eingeschlagene Richtung fort, indem man eine Mischung aus Psychodelic und Punk Rock spielte. Ohne Intro legten die Musiker an diesem Abend mit dem regen „Fucked Up“ los. Greg Ginn spielte kurze, aber ziemlich komplizierte Riffs und er setzte bereits während des ersten Songs das Theremin ein. Obwohl Greg Ginn dieses archaische, elektrische Instrument nicht so oft benutzte, verlieh es dem Auftritt jedoch eine psychedelische und charmante Note. Aber auch ohne Theremin war allen klar, dass Greg viele interessante Gitarrentechniken meisterhaft beherrschte. Zahlreiche Gitarreneffekte bereiteten einen Ohrenschmaus. Greg schloss ab und zu die Augen, genoss die Musik und meditierte mit seiner Gitarre. Dieser Prozess riss ihn zu einer so starken Begeisterung hin, dass er vergessen zu haben schien, welche Kompositionen er als Nächstes spielen musste. Er brauchte wirklich diese Setliste! Ungerne liess er seine Gitarre in Ruhe, um einen längeren Blick darauf zu werfen. An dieser Stelle möchte ich auf den Schlagzeuger Gregory Moore hinweisen. Er spielte einen deutlichen, schweren Rhythmus. Manchmal schien es, als ob er dadurch den begeisterten Greg und den emotionalen Mike V, aus ihren Parallelwelten zurückholte. Während einer Komposition wollte Moore die Zuhörer und seine Bandmitglieder aufwecken, wobei er Krach mit zwei Dramscheiben über seinem Kopf machte. Dies hatte den gewünschten Effekt auf Zuschauer, die nun endlich mitmachten, anstatt leise und bescheiden mit dem Bier in der Hand da zu stehen. Einige Male kamen die Musiker im Zentrum zusammen, um zusammen zu jammen. Die Umsetzung gelang ihnen noch stimmungsvoller als bei einigen Songs aus der Setliiste. Die Band gab kürzlich ihr neues Album „Life Is Too Short To Not Hold A Grudge“ heraus, das von den Kritikern sehr gut aufgenommen wurde, obwohl es sicherlich nicht jedermanns Geschmack sei. Die etwas langsameren Songs wurden live etwas zurückhaltend aufgenommen, aber zum Schluss hatte man sich an die Klangkuriosität gewohnt und man nahm jedes weitere Lied gut auf. Als Zugabe spielte die Band dann nochmals „Fucked Up“. Greg meinte, dass dieses Lied einen sehr leichten Text habe und bat die Zuschauer daher mitzusingen. Mike stürzte mit Mikrofon von der Bühne in den Saal und gab zwei Jungs die Möglichkeit, ins Mikrofon zu schreien. Diese erfüllten die Aufgabe sehr gut, wodurch Mike den Mikrofonständer verlassen und auf die Bühne zurückkehren konnte, um ein Solo auf dem Theremin zu spielen. Gegen 22.00 Uhr beendeten Good For You ihren Auftritt.

Set-list: „Fucked Up“- „I'd Rather Die“ - „No Plan B“ - „Free“ - „Hangind Around“ - „Knife I The Face“ - „Supid Me“ - „Good Sport“ - „Just Business“ - „Dreams“ - „Blaze of Glory“ - „True Companion“

Black Flag
Zu diesem Zeitpunkt nahm die Zahl der Zuhörer zu. Nach zwanzig Minuten Umbauzeit wurde der Konzertabend fortgesetzt. Auf die Bühne kam Greg Ginn, der nun ein anderes T-Shirt anhatte, zusammen mit Dave Klein und Gregory Moore. Etwas verzögert kam auch der heutige Sänger Ron Reyes dazu. Die Musiker begannen ihren Auftritt mit dem schnellen und bekannten „Revenge“. Ich kann sagen, dass ich noch nie eine so deutliche Einteilung unter den Zuschauern erkennen konnte. Es war klar, dass im Saal zahlreiche Fans der älteren Generation waren, die dank dem Kultstatus dieser Gruppe immer noch existieren, obwohl die Band ihre Tätigkeit schon seit 1986 aufgegeben hatte. Diese Fans kannten die Texte aus dem früheren Schaffen auswendig. Ron blieb bloss ab und zu das Mikrofon an sie zu wenden, um eine kolossale Unterstützung zu gewährleisten. Diese innige Freude und das Funkeln in den Augen der Fans sind einfach nicht in Worte zu fassen! Ich glaube für diesen eineinhalbstündigen Auftritt von Black Flag, verwandelten sich diese schon nicht mehr ganz so jungen Fans, in die freiheitsliebenden Jugendlichen der 80er. Es ist ein Wunder - Musik kann die Zeit zurückdrehen. Der andere Teil der Fans ist Mitte zwanzig und ist zum Konzert von “Black Flag” eher aus Neugierde und aus dem Wunsch gekommen, die Chaos- und Coreatmosphäre der Auftritte der ersten Hardore Bands Ende der 70er und anfangs der 80er Jahren zu spüren, die für ihre Wildheit und Aggressivität berühmt waren. Jeder hat das bekommen, was er erwartete, denn die Musik zwang die Meute, sich schnell und chaotisch zu bewegen. Da konnte man auch kein harmonisches Headbangen beobachten, wie dies üblicherweise auf Metal-Konzerten vorkommt. Kurz gesagt beeindruckte Black Flag die Zuschauer und zockte eine zweiseitige Setliste, mit allen hervorragenden Hits der Band. Ausserdem präsentierten sie mit „The Chase“ und „Down In The Dirt“ zwei Songs aus dem neuen Album, das erst im Sommer herauskommen soll. Es war klar, dass sich diese Songs sehr von dem früheren Schaffen unterscheiden würden. Sie haben eine aussergewöhnliche Melodik und sind in technischer Hinsicht progressiver. Sie gefielen mir dennoch, besonders „Down In The Dirt“. Zum Schluss kann man sagen, dass Ron in einem guten vokalen Zustand ist, sich sehr energievoll auf der Bühne bewegt und sehr charmant wirkt, wie es sich für einen Frontman gehört. Zudem vermag er das Publikum leicht mit seinem Enthusiasmus anzustecken. Daher hoffe ich von ganzem Herzen, dass der Bund von G'n'R (Greg and Ron) & Co uns noch viel Neues und Interessantes bringen wird.


Set-list: „Revenge“- „I've had it“ - „Nervous Breakdown“ - „Fix Me“ - „The Chase“ - „Blood and Ashes“ - „Depression“ - „No Values“ - „Now is The Time“ - „Six Pack“ - „T.V. Party“ - „It Is Not My Time to Go Go“ - „I'm Sick“ - „Black Coffee“ - Gimmie Gimmie Gimmie“ - „Police Story“ - „Wallow in Despair“ - „Down In The Dirt“ - „Can't Decide“ - „Rise Above“ - „Jealous Again“ - „Louie Louie“.