Livereview: Audrey Horne - Dead City Ruins - Magick Touch

24. Januar 2018, Oberentfelden – Böröm Pöm Pöm
By Rockslave
Seit der legendären ersten Begegnung mit Audrey Horne im Frühling 2011 in der Galery (R.I.P.) in Pratteln, inklusive dem Interview mit Leadsänger Toschie, sind schon fast sieben Jahre vergangen. Zu der Zeit waren die Songs des überragenden dritten und selbstbetitelten Albums «Audrey Horne» Trumpf. Darauf enthalten der mitunter wohl geilste Song, den Toschie und seine Jungs je geschrieben haben: «Blaze Of Ashes»! Ein überaus harter Hardrock-Song, der sich bis heute als unabdingbarer Klassiker in der Setliste gehalten hat. Darüber hinaus haben sich die Norweger als exzellente Live-Band etabliert und das kongeniale Kompositions- wie Gitarren-Duo Arve Isdal (von Enslaved) und Thomas Tofthagen (von Sagh) ist längst bekannt als Poser-Könige ihrer Zunft. Darüber hinaus präsentiert sich der Frontmann als äusserst agiler wie fannaher Musiker und verzückt seine Fans jedes Jahr mit weiteren Tattoos. Da selber Tätowierer, lässt Torkjell Rød natürlich keine Amateure ans Werk und besitzt inzwischen einige bemerkenswerte Kunstwerke auf seiner Haut. Noch interessanter sind jedoch die Songs vom brandneuen Album «Blackout», das deutlich besser als «Pure Heavy» (2014) abschneidet.

Magick Touch

Man kann es mittlerweile aus der journalistischen Perspektive schon fast als Unsitte bezeichnen, dass auf beinahe jeder normalen Tour der Neuzeit fast immer drei bis mitunter vier Bands an einem Konzertabend aufspielen! Dazu kommt dann noch, dass sich die erste Combo mit jeweils einer halben Stunde zufrieden geben muss. Das galt am heutigen Abend für Magick Touch aus Bergen, nota bene Landsleute des Headliners. In der Szene-Presse mit einigen Vorschusslorbeeren für das neue Album «Blades, Chain, Whips & Fire» ausgestattet, galt es nun dies auf der Bühne bestätigt zu erhalten. Wie so oft an solchen Konzerten, sind zu Beginn noch nicht so viele Leute zugegen, und so wurde gleich mit den ersten Klängen versucht, die aktuell etwa knapp drei Dutzend anwesenden Fans vor die Bühne zu locken. Das gelang, auch wenn mit dem berühmten wie berüchtigten Abstandshalbkreis soweit. Was gleich auffiel, war der leicht ruppigraue Sound, der typisch für ein Trio ist. Besonders der Basssound von Christer Ottesen war genial, aber die Gitarre von HK Rein hätte schon noch etwas mehr Dampf vertragen können. Der stark in den 70ern verwurzelte sowie die frühen 80er streifende Sound ging mehrheitlich in Ordnung, aber mir missfiel bald einmal die insgesamt zu ausdruckslose Gesangsstimme von HK und sein teils etwas fehlerbehaftetes Gitarrenspiel. Mitunter das raubte den sonst ordentlichen, aber nicht zwingend umwerfenden Songs die Möglichkeit, sich so wie auf den Tonträgern zu entfalten. Der langen Rede kurzer Sinn ist, dass mich Magick Touch nicht so „getoucht“ haben wie offenbar einige andere Besucher des Böröm. Wie bereits an anderer Stelle in den Sozialen Medien geschrieben, finde ich das Cover der neuen Scheibe weitaus prickelnder als die Live-Mucke des heutigen Abends, und letztlich endet diese Diskussion jedoch immer gleich, nämlich dahin gehend, dass die Geschmäcker eben unterschiedlich sind. Der wohlwollende Schlussapplaus für die drei rockenden Nordländer bewies allerdings, dass mein persönliches Befinden zur Performance des Openers keine Mehrheit fand.

Dead City Ruins
Mit der zweiten Combo des Abends konnte ich indes einiges mehr anfangen, zumal ich die Australier zuvor ab ihrem zweiten selbstbetitelten 2013er-Album her kannte und mir der schmissige Sound von Anfang an gefallen hat. Wesentlichen Anteil an diesem Bild trägt Frontmann Jake Wiffen, der genau weiss, wie man die Bühne zu seinem bevorzugten Revier macht. Mit seinem an Ozzy Osbourne erinnernden Black Sabbath Outfit der 70er (Jacke mit langen an den Ärmeln herunterhängenden Stoffstreifen) war ihm die Aufmerksamkeit schon rein optisch gewiss. Jake ging dabei als Mischung zwischen Dave Wyndorf (Monster Magnet) und Zak Stevens (Circle II Circle) durch, und im Gegensatz zu vorhin, befanden sich noch vier Kollegen, also zwei mehr, mit auf der Bühne. Trotz eingeschränkter Entfaltungsmöglichkeit setzte sich der Aussie-Fünfer schon bald in Szene und blies einen kernigen Sound ins Böröm rein. Erfreulicherweise hatten sich inzwischen spürbar mehr Fans in der kultigen Location eingefunden, was die Stimmung zumindest etwas mehr ankurbelte. Mit einer EP von 2007, dem Debüt «Midnight Killer» (2012), der „aktuellen“ Langrille und auch neuem unveröffentlichtem Material in der Hinterhand liess ich sich ein formidabler Support-Set zusammenstellen. Nach dem Intro ging es mit «Till' Death» bereits groovig los und irgendwie sah ich gesanglich schon bald den zuvor erwähnten „Prince Of Darkness“ oder auch Zakk Wylde vor mir performen. Die Sechssaiterfront mit Tommy Tbone und Sean Blanchard liess dann diesbezüglich auch nicht lange auf sich warten und legte sich showmässig ordentlich ins Zeug. Mit «Broken Bones» folgte der zweite Song von «Dead City Ruins» (2013), der mit ebenso fettem Gitarren-Sound aufwartete. Tommy und Sean wurden wohl vom stilprägenden Posing der Headliner-Kollegen Arve und Thomas inspiriert und zeigten, was ein geiles Gitarrenspiel nebst der filigranen Technik sonst noch alles hergeben kann. Ob wohl das Ganze letztlich noch etwas mehr Power hätten vertragen können, wurden meine Erwartungen dennoch locker erfüllt. Mit «Dirty Water» und «Destroyer» figurierten ausserdem zwei brandneue Songs im Set, die dem bisherigen Material in Nichts nachstanden. Drummer Nick Trajanovski durfte zudem ein kurzes aber feines Drum-Solo zum Besten geben, und als nach fünfzig Minuten angenehm lauter Applaus aufbrandete, war klar: Alles richtig gemacht Jungs!

Setliste: «Intro» - «Til' Death» - «Broken Bones» - «Blue Bastard» - «Dirty Water» - «Apple Tree» - «Riff Riff» - «Destroyer» - «We Are One» - «Happenzella».

Audrey Horne
Obwohl die Australier aus Melbourne zuvor ordentlich Krach gemacht hatten, war nun sonnenklar, dass bei Audrey Horne noch etliche Schippen draufgelegt werden. Die Norweger um den charismatischen Sympathikus Torkjell Rød alias Toschie haben sich längst als einen der heissesten Rock-Acts der Szene hervor getan. Vor allem mit dem „make it or break it!“ Werk von 2010 wurde ein grandioses Fundament der Rockmusik geschaffen, das nach wie vor total zu überzeugen vermag. Mit der vorletzten Langrille «Pure Heavy» (2014) traf man den generellen Geschmack der Fans allerdings nicht mehr ungeteilt. Das dürfte mitunter auch der Grund gewesen sein, warum es nun vier ganze Jahre gedauert hat, bis der wieder deutlich griffigere Nachfolger «Blackout» in trockenen Tüchern war. Als Opener des Konzertes wurde mit «This Is War» gleich der ungemein nach vorne treibende erste Song des neuen Albums gewählt, und schon ab diesem Moment war der Klassenunterschied offensichtlich. Die Chose drückte wie eine übermächtige Walze alles platt, was sich ihr in den Weg stellte, und was die Herren Isdal und Tofthagen abermals ihren Klampfen entlockten, war die pure Spielfreude auf Erden. Zum Beispiel «Midnight Man» hinterliess echt nur noch verbrannte Erde! Waren die entsprechenden Posen und Twin-Licks bei Dead City Ruins schon nicht von schlechten Eltern, fiel einem allerspätestens beim Titeltrack «Blackout» die Kinnlade in Fallgeschwindigkeit nach unten, zumindest bei den Leuten, und davon soll es ja immer wieder mal welche geben, die die Jungs bisher noch nie live gesehen haben!

Ich als überzeugter Wiederholungstäter wusste natürlich was kommt, aber Audrey Horne „live on stage“ ist immer ein Besuch wert, da die Truppe aus dem hohen Norden Energien frei zu setzen vermag, die andere nicht mal im Ansatz hinbekommen. Dazu gehören schon fast traditionell, allerdings eher in kleineren Locations wie dem Böröm, Ausflüge mitten ins Publikum hinein! Zuerst mischten sich Arve und Thomas unter die Fans vor der Bühne und rockten sich die Seele aus dem Leib. Etwas später packte auch Toschie die Reiselust, und so verlagerte dieser kurzum seine Gesangsperformance, zusammen mit Arve, auf den Bartresen hinauf, ein Bild für die Götter! Wo solche Einlagen bei anderen Bands beinahe schon lächerlich wirken würden, wäre man als Fan der Norweger richtiggehend enttäuscht, wenn sich das ganze Geschehen nur auf der Bühne abspielen würde. Auch diesmal setzte es natürlich eine weitere schweisstreibende Show der Extraklasse ab, die einmal mehr einfach nur obergeil war. Über zwei Drittel des Sets, also zehn Songs, verteilten sich nur auf die Alben «Youngblood» (2013) und «Blackout». Bevor jedoch knappe 110 Minuten feinste Rockkost leider schon wieder viel zu schnell vorüber waren, musste als letzte Zugabe der Band-Smasher «Blaze Of Ashes» zwingend noch zelebriert werden, und so kam es denn auch. Dabei wurden vor und auf der Bühne die restlichen Energien mobilisiert und das Böröm in ein wahres Tollhaus verwandelt. Am Schluss blieb die neuerlich erlebte Erkenntnis, dass grosse Festivals zwar ebenso ihre Reize haben, aber intime Konzerte wie dieses hier am heutigen Abend weitaus länger in der Erinnerung der Fans verbleiben werden. Wer Audrey Horne mindestens einmal live gesehen wie gehört hat, weiss um die Qualitäten der Band und will dies immer wieder erleben.

Setliste: «This Is War» - «Audrevolution» - «Out Of The City» - «This Ends Here» - «Volcano Girl» - «Midnight Man» - «Blackout» - «The King Is Dead» - «Naysayer» - «Pretty Little Sunshine» - «Straight Into Your Grave» -- «Redemption Blues» - «Waiting For The Night» - «Blaze Of Ashes».