Livereview: Audrey Horne - Malrun
11. April 2011, Pratteln - Galery
By Liane P.
Es ist wie verhext. Audrey Horne präsentieren sich perfekt: Professioneller Internetauftritt, in den gängigen Magazinen hoch gelobt, herausragende Live-Kritiken, ein Tourneeplakat übersät von hochkarätigen Medienpartnern und Logos von Musikinstrumentenherstellern, die Rückschlüsse auf beneidenswerte Endorsment Verträge schliessen lassen. Nicht zu guter Letzt CD Veröffentlichungen, die mal so richtig fetzen. Die Art, den klassischen Hardrock mit Elementen aus der Ecke Faith No More zu kombinieren sowie das gewisse Händchen für einprägsame Refrains machen die 3 bisher veröffentlichten Alben zu absoluten Krachern. Auch das hervorstechende Organ von Toschie trägt dazu bei, dass Audrey Horne mittlerweile zu meinen Favoriten zählen. Jetzt fehlt nur noch der grosse Durchbruch, denn den hätten die Norweger wirklich verdient. Das Konzert in der Galery Music Bar in Pratteln hat für mich das Ganze nur noch bestätigt, obwohl die Besucherzahl nicht mal die Hundertergrenze erreicht hatte. Nicht nur der Hauptakt war eine Granate und gab alles, auch die Supportband Malrun aus Dänemark rockte die Hütte kurz und klein. Da war ganz klar nicht mal eine Minute lang Langeweile angesagt.

Malrun

Das Presse-Foto, welches man auch auf dem Album Cover dieser Band wieder findet, ist meiner Meinung nach recht unglücklich gewählt. Es leitet den Betrachter auf eine absolut falsche Fährte. Es handelt sich hier nicht um den Nachwuchs der Backstreet Boys oder gar um Wet Wet Wet aus den 80ern, sondern um Musiker, die live die Rampensau raus lassen. Sänger Jacob Løbner wirkte auf der Bühne jetzt schon im zarten Alter von knapp über 20 Jahren wie der kleine Bruder von Henry Rollins, und auch er liess es sich nicht nehmen, mal kurz ins Publikum abzutauchen, um die Leute „off-stage“ zu animieren. Bemerkenswert war auch, dass der Däne fast akzentfrei zwischen den Songs Anekdoten in Deutscher Sprache erzählte und mit aller Kraft versuchte, die Zuschauer somit etwas mehr in Richtung Bühne zu locken. „Kommt doch wenigstens einen Schritt näher nach vorne, sonst spielen wir nicht weiter“, scherzte der sympathische Frontmann. Komisch, es gibt immer wieder Leute bei den Konzerten die aussehen, als hätten sie dunkle Geheimnisse und Freude daran, kleine Kinder im Kellerverlies auszubeinen. Aber dann sich in die Hose machen und nicht mal einen Schritt nach vorne gehen, wenn sie darum gebeten werden. Jacob Løbner gab jedoch alles und trotz bubihaftem Gesicht fletschte er die Zähne und rotze in sein Mikro, dass es nur so krachte. Was die Song-Auswahl betrifft, so spielte man hauptsächlich Titel aus dem Debüt-Album «Beauty In Chaos». Am Ende schlossen die Musiker das Set noch mit dem Rage Against The Machine Cover «Killing In The Name». Malrun: Fetzig, gitarrenlasitg, melodisch und doch stellenweise recht aggressiv, was live mehr und vor allem besser rüber kommt als auf der CD. Live absolut empfehlenswert.

Setliste: «Intro» - «Ostracized» - «The Jovian Transit» - «Balkan» - «Testikel» - «Wounded Pride» - «Rise From Sorrow» - «The Pledge» - «Strapped While You Dance» - «Trim The Fat» - «Killing In The Name (Rage Against The Machine Cover)».

Audrey Horne
Wer braucht schon eine Bühne, um die volle Aufmerksamkeit auf sich zu lenken? Darauf stehen kann ja wohl jeder! Eben! Aber mal frech den ganzen Club als Plattform nutzen, um das Publikum in den Bann zu ziehen, das will gelernt sein. Ich korrigiere mich: So etwas kann man nicht lernen, das kommt von Herzen und wurde hier mit Leib und Seele ausgelebt. Da philosophiert man ununterbrochen darüber, was es wohl braucht, um aus der Masse heraus zu stechen, wo es doch so viele Veröffentlichungen gibt und neue Bands wie Pilze aus dem Boden schiessen. Die Antwort gab es für mich bei diesem Konzert. Im Interview sass Torkjell "Toschie" Rød noch zurückhaltend, schüchtern und fast ein wenig introvertiert auf dem Ledersofa herum. Nachdenklich und seriös – so habe ich es empfunden. Nie hätte ich gedacht, dass dieser handzahme Mensch eine Performance hinlegen würde, dass ich noch einige Tage, Wochen und ich befürchte noch weitere Monate danach schlaflose Nächte haben würde. Auf der Bühne mutierte er schlagartig zu einem wilden Tier, das scheinbar nicht mehr zu bändigen war. Dieser Mensch ist für die Bühne geboren, keine Frage. Toschie schaffte es in kürzester Zeit Band und Publikum zu vermischen, in dem er von der Bühne sprang und mitten in der Menge weitergesungen hatte. Er lief die Hälfte des Clubs ab, um auch wirklich sicher zu gehen, dass er auch den hinterletzten Besucher erreichen würde. Immer wieder fixierte er einzelne Leute und stand ihnen face zu face gegenüber, um sie zu hypnotisieren. Es machte ihm sichtlich Spass meine Kamera zu fokussieren und sich und seine bis zum Hals tätowierten Arme in Pose zu stellen. Auch die anderen Bandmitglieder spielten mit der Linse und positionierten sich kontinuierlich so, dass man einfach am liebsten nie mehr aufhören möchte den Auslöser zu betätigen. Erst-klassige Performance und für mich immer noch nicht begreiflich, warum sich nur circa 80 Besucher in der Galery Music Bar einge-funden hatten. Das musikalisch abwechs-lungsreiche Programm, die grossartige Bühnenpräsenz und ein Frontmann, der es versteht Aggressivität und Sanftheit im Wechsel in seine Stimme einzubringen - was soll ich sagen: Überzeugte auf jeder Ebene, auch wenn der Sound nicht ganz so klar und sauber wiedergegeben werden konnte. Besonders gefielen mir die Hammond Orgel Einlagen, die beim letzten Album von Audrey Horne starke Präsenz zeigen. Die Auswahl der Titel beschränkte sich hauptsächlich auf den 2. Release «Le Fol» und die letzte Veröffentlichung «Audrey Horne» - für mich perfekt gewählt. Auch nach dem Gig gab es keine Pause für die Jungs aus Norwegen (!), denn es ging direkt zum Merchandising Stand, wo die komplette Band dafür sorgte, dass reichlich CDs und T-Shirts verkauft wurden. Zusätzlich gab es Autogramme und Small-Talk mit den Fans. Beten wir mal, dass sich die Jungs nicht unterkriegen lassen und bald wieder zu Besuch kommen! Ich gebe zumindest die Hoffnung mal nicht auf.

Setliste: