Livereview: Angra - Kattah
12. Februar 2011, Pratteln - Z7
By Tinu
Es war äusserst bescheiden, wie viele oder besser wenig Leute sich an diesem Samstagabend im Z7 eingefunden hatten. Etwas, das einer Truppe wie Angra einfach nicht gerecht wird. Seit Jahren überzeugen die Brasilianer nicht nur durch tolles, neues Songmaterial, sondern auch durch tighte Bühnenauftritte. Davon durften sich die Anwesenden auch an diesem Abend wieder überzeugen lassen.

Kattah
Als Support hatten Angra ihre Landsleute von Kattah im Gepäck. Eine mir bis anhin völlig unbekannte Combo, die sich aber mit diesem Gig nachhaltig bei mir festkrallte. Speziell Sänger Roni Sauaf trug das Seinige dazu bei, dass man die Band so schnell nicht vergessen wird. Der gelernte Schlagzeuger, das Drumsolo spielte er, war der absolute Mittelpunkt der Newcomer. Das lag an seiner energischen Präsentation und seinem Gesang, der immer wieder an eine Mischung aus dem jungen Bruce Dickinson, Geoff Tate und Tobias Sammet erinnerte. Musikalisch lag das Ganze zwischen Angra und Iron Maiden, und speziell die Soli der beiden Gitarristen hoben sich immer wieder aus dem Gesamtsound hervor. Dieser wurde durch arabische und portugiesische Elemente gewürzt. Technisch wurde alles bestens vorgetragen und lag dabei immer schön in einem verständlichen Beet, sprich die progressiven Elemente wurden sehr dezent eingepackt. Trotzdem müssen die Herren an ihrem Material noch arbeiten. Auch wenn alles interessant klingt, blieb am Schluss zu wenig hängen. Kattah müsste man nun aufbauen und ich bin mir sicher, dass dann das Quintett seinen Weg gehen wird. Die Jungs kamen beim Publikum gut an und der Applaus sprach Bände. Fazit: Ein einzigartiger Sänger, mit einer versierten, aber noch etwas hüftsteifen Band, der das nächste Mal hoffentlich mehr Licht zur Verfügung gestellt wird…

Angra betraten siegessicher die Bühne. Mit einer unheimlichen Sicherheit und einer gewaltigen Performance überzeugte das Quintett von der ersten Sekunde an. Das Zusammenspiel zwischen der Rhythmusabteilung, Bassist Felipe Andreoli und Schlagzeuger Ricardo Confessori, sowie den beiden Wundergitarristen Kiko Loureiro und Rafael Bittencourt ist ganz einfach phänomenal. Speziell was die beiden Saiten-derwische boten, war eine Liga für sich. Wieso die Beiden nicht schon lange mit dem Evangelium in Sachen Gitarrenarbeit, nämlich den Judas Priest-Heroes K.K. Downing und Glenn Tipton in einem Atemzug genannt werden, ist mir schleierhaft. - Oder den Duos Adrian Smith und Dave Murray, sowie Jeff Watson und Brad Gillis. - Alleine von der Bühnenpräsentation her wirken die Brasilianer bedeutend frischer, wilder und agiler. Bei einer solchen Performance dann noch dermassen sicher und filigran zu spielen, ist ganz einfach Weltklasse. Zwischen den Beiden stand Sänger Eduardo Falaschi, der schlicht der perfekte Mann für Angra ist. Textsicher und mit den entsprechenden Emotionen verfeinerte er die genialen Kompositionen mit seinen begnadeten Sangeskünsten. Dabei legten die Jungs dieses Mal klar den Schwerpunkt auf das neue Album, von welchem gleich vier neue Stücke gespielt wurden. Dazwischen gesellten sich viele alte Hits, aus denen besonders das von Rafael gesungene «The Voice Commanding You» (mit Hammer Doppelsolo), «Lisbon», «Heroes Of Sand» und natürlich «Nothing To Say» heraus ragten. Die jeweiligen Falaschi-Alben wurden mit je zwei Songs berücksichtigt und die Matos-Alben mit je einem Track.

Die ansonsten stark in den Vordergrund gedrückten brasilianischen Wurzeln wurden an diesem Abend eher in der Garderobe gelassen. So wurde auch die fantastische Percussion-Solodarbietung aller Musiker nicht vorgetragen. Dafür stand der Metal im Mittelpunkt wie auch ein unter die Haut gehendes Solo von Rafael bei «The Voice Commanding You», der, in fantas-tisches Licht gehüllt, seine Finger gefühlvoll über die Saiten spazieren liess. Der mehr-stimmige Chorgesang bei «Waiting Silence» stammte definitiv nicht vom Band, war aber ein weiterer Gänsehaut-Moment, wie auch der eher tiefer angelegte Gesang bei «Lease Of Life». Es war einer dieser Abende, der von der stimmlichen Sicherheit lebte. Was Edu an diesem Abend bot, war sensationell und klopfte an die Türe der grossen Metal-Tenöre. Der Wiedereinstieg von Ricardo verpasste den Jungs einen zusätzlichen Kick. Er ist einfach der Trommler, der die Lieder am besten interpretieren kann und die schon angetönte Gitarrenfront überbot sich dann beim Killer-Riff von «Rage Of The Waters». Eine Premiere kündigte Edu bei «Rebirth» an. Mit dem Worten: «The first time we play that song, because it's a very special song to us!», entsprach ganz einfach der Tatsache, dass mit diesem Album damals die Band zeigte, dass es auch ohne André Matos weitergehen konnte. Auch hier war der Chorgesang wieder phänomenal und überzeugte auf der ganzen Linie. Mit dem Hit «Nothing To Say» wurde der offizielle Set abgeschlossen. Als Zugabe spielte Angra ein Medley aus «Carry On» und «Nova Era» und beendeten damit diesen in meinen Augen sensationellen Abend. Die Südamerikaner sind noch immer eine der besten Truppen und überzeugen mit einer unglaublichen Hingabe zum Detail, ohne sich darin zu verstricken. Edu und seine Mannschaft sind meilenweit von irgendwelchem Stargehabe entfernt, sondern zeigten sich nach dem Konzert ihren Fans, unterschrieben alles, was ihnen vor die Nase gehalten wurde und posierten für unzählige Fotos. Solche Truppen wie Angra gibt es nur noch sehr wenige. Dass leider nur Einzelne dem Flair dieser Band erlegen sind, ist eine Tatsache, wie der einzige Schwachpunkt an diesem Konzertabend auch. Der Sound war nämlich für diese Art von Musik eine Frechheit. Ansonsten war alles eine Offenbarung!

Setliste: «Arising Thunder» - «Angels Cry» - «The Course Of Nature» - «Awake The Darkness» - «Lisbon» - «The Voice Commanding You» - «Drumsolo» - «Spread Your Fire» - «Waiting Silence» - «Lease Of Life» - «Guitarsolo Kiko Loureiro» - «Heroes Of Sand» - «Rage Of The Waters» - «Rebirth» - «Nothing To Say» -- «Carry On/Nova Era».