Bang Your Head !!! - Festival 2016
Freitag, 15. Juli 2016 (Zweiter Tag) / Balingen (D) - Messegelände
By Rockslave (rsl), Tinu (tin) und Lucie (luc) - All Pics by Rockslave & Tinu
Night Demon
Was am ersten Tag schon Stallion zugute kam, sprich, dass die ersten Shows jeweils "erst" um 11:30 Uhr beginnen, wussten auch Night Demon zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen..., und wie! Es gibt sie also doch noch, die immer seltener werdenden Momente, wo einem die Kinnlade von Anfang an immer weiter nach unten fällt und man sich bald einig ist: "Yes, that's the real shit man!" So geschehen bei diesem tighten Trio aus Ventura (Kalifornien). Was da Leadsänger und Bassist Jarvis Leatherby, Gitarrist Armand John Anthony (löste Brent Woodward ab) und Drummer Dusty Squires da abzogen, war ganz grosses Kino! Zu einem erstaunlich guten Grundsound hörte man den Bass von Jarvis schon fast knarzend aus der PA wabern. Die Band wurde 2011 gegründet und legte bereits mit der ersten selbstbetitelten EP ein NWOBHM-Juwel der Neuzeit hin, das sich gewaschen hatte. Es ist manchmal schwierig zu beschreiben, warum man sich zig technisch versierte Bands aus der entsprechenden Stilecke schon fast gelangweilt anhören kann, und plötzlich ragt da was Ausserordentliches aus der Masse heraus. Spätestens mit dem 2015er Debüt «Curse Of The Damned» bewiesen die drei Amerikaner, dass sie es echt drauf haben. Die knackig produzierten Songs fallen einen wie Raubtiere an und krallen sich sprichwörtlich an den Eiern fest. Wie schon Motörhead in frühen Zeiten, kommt es meistens gut, wenn man die Stärken eines Trios bündeln und die rohe Energie der Studioaufnahme auf der Bühne zu reproduzieren vermag. Das gelang Night Demon vorzüglich und so mauserte sich die agile Band zu einem, wenn nicht den besten BYH!!!-Opener den ich seit 1999 jemals gesehen und gehört habe. Das sahen die wiederum erfreulich vielen Fans vor der Bühne auch so und spendierten immer lauteren hochverdientenen Applaus. Ich notierte mir zusätzlich folgendes: Zu Hause sofort das Vinyl krallen! (rsl)
 
 
Freedom Call
"Hey ihr Schlawiner, ihr seid ja noch gar nicht richtig wach! Habt wieder die ganze Nacht durchgesoffen? Wir machen das eben nicht!", begrüsste Chris Bay die Frühaufsteher mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Direkt aus dem Studio ("...wir waren ganz alleine im dunklen Keller und haben ein neues Album aufgenommen..."), standen Freedom Call in Balingen viel zu früh auf der Bühne. Dies belegte auch die nachfolgende Autogrammstunde, die länger als geplant dauerte. Mister Bay präsentierte sich wieder einmal als einer der unterhaltsamsten Entertainer im Metal-Bereich. Seinem Charme und seinem Flair kann niemand widerstehen. Chris ist der Dreh- und Angelpunkt bei den Deutschen und lenkt die Geschehnisse geschickt in die richtige Richtung. Zusammen mit seinem langjährigen Sidekick Ilker Ersin kam sehr viel Bewegung auf die Bühne. Mit seinen langen schwarzen Haaren und seinem sonnigen Gemüt ist Ilker eh ein weiterer Bonuspunkt auf der Stage. Dazu gesellen sich Leadgitarrist Lars Rettkowitz, der über beide Backen strahlte und Powertrommler Ramy Ali, der mit seiner Show immer wieder an Tommy Lee (Mötley Crüe) erinnerte. "Ihr könnt jetzt so tun, als ob dies der grösste Hit ist, den wir jemals geschrieben haben", kündete Chris «Hammer Of The Gods» vom noch unveröffentlichten neuen Album an. Der singende Gitarrist liess die Situationskomik für sich spielen ("...seht ihr, bei unserer Musik scheint sogar die Sonne...") und ging mit den Besuchern auf Tuchfühlung: "Ich habe eine ganz intime Frage! Wollt ihr lieber den «Warrior» hören oder zu «Land Of Light» hüpfen?" Freedom Call boten schon zu früher Stunde eine verdammte geile Show, spielten mehr als den ihnen oftmals angehefteten "Happy-Metal" und räumten auf der ganzen Linie ab. Auch wenn «Mr. Evil» fehlte und «Power & Glory» sicherlich eine gute Alternative war. (tin)


Manilla Road
Im Bereich des Epic Metal gibt es wohl kaum eine andere Band, die einerseits zu den Begründern dieses Genres zu zählen und gleichzeitig immer noch aktiv ist. Mastermind, Sänger und Gitarrist Mark Shelton ist noch das einzig verbliebene Ur-Mitglied der 1977 in Wichita (Texas) gegründeten Band. Die 83er-Scheibe «Crystal Logic» ist so zu sagen die Blaupause dieser Stilrichtung. Doch anfangs der 90er war der Tank leer und ausser ein paar lokalen Gigs ging nicht mehr viel. Da kam der Anruf des BYH!!!-Festivals im Jahre 2000 gerade richtig und brachte die Truppe wieder zurück auf die Bühne. Das führte zur Initialzündung, um weitere Alben aufzunehmen. Diese wirbelten zwar in der Öffentlichkeit nicht gross Staub auf, aber die Zielgruppe erhielt ab da neues Kraftfutter und seither, also ab 2001, sind nicht weniger als acht neue Scheiben (!) unters Volk gebracht worden. «The Blessed Curse» als letzter, sprich aktueller Release kam letztes Jahr heraus und glänzte nebst den Songs auch wieder mit tollem Artwork. Davon wurde mit «Truth In The Ash» nur gerade ein einziger Song gespielt und der ganze Rest stammte nur aus den 80ern, vorab ab dem Klassiker «Crystal Logic» von 1983, wovon nicht weniger als fünf Perlen, wie der Titelsong oder der Opener «Flaming Metal Systems», stammten. Obwohl die eben erwähnten Songs locker über dreissig Jahre alt sind, passen sie bestens in die aktuelle Szene rein, und es tut gut zu sehen und zu hören, wenn man noch mitbekommen wie erleben kann, woher dass jüngere Combos ihre Inspirationen her holen. Altmeister Mark Shelton bewies ausserdem, dass er, obwohl auch nicht mehr Jüngste, nach wie vor ordentlich in die Saiten hauen kann und teilte sich die Leadvocals mit seinem Sidekick Bryan Patrick. Der rasante Schlusstrack «Heavy Metal To The World» traf schliesslich nicht nur vom Titel her voll ins Schwarze. (rsl)
   


Impellitteri
Auf Wundergitarrist Chris Impellitteri und Sangesgott Rob Rock war ich sehr gespannt. Meine Erwartungen waren hoch, sehr hoch sogar, aber ich muss sagen, Impellitteri haben mich völlig umgehauen. Mit «The King Is Real» schob der Vierer gleich mal alle Regler auf Höchsttemperatur und bot ein musikalisches Feuerwerk, das Seinesgleichen sucht. Die Band war eine verdammte Einheit und Chris eine Bank. Seine Riffs kamen fett rüber, seine Solis blitzten filigran auf und seine Darbietung war ganz einfach zum Niederknien geil. Dass er dann locker noch Black Sabbath, Deep Purple und The Kinks anspielte, war ein zusätzliches Stück Zucker für die Fans. Hört man einen Track wie «Stand The Line», präsentiert sich der Gitarrist auf Malmsteen-artigen Wegen, allerdings um einiges songdienlicher und weniger selbstverliebt. Hier stellt sich eh die Frage, warum Chris nicht den gleichen Erfolg wie Yngwie hatte, beziehungsweise nur die Japaner auf Impellitteri abgefahren sind?! Rob sang erneut klasse, traf auch die ganz hohen Screams (was für ein Ur-Schrei bei «Wicked Maiden»!) und sieht heute, wie schon vor Jahrzehnten, nach purem Metal aus. Lieder wie «Wicked Maiden» (mit «Heaven And Hell»-Schlussakkord und Loudness Gedächtnis-Riff), «Time Machine» (mit Jahrtausend-Riff), oder «Warrior» sind einfach 80er Metal pur. Reiner geht das nicht. Impellitteri boten eine verdammt tolle Show, die einen grösseren Zuspruch der Zuschauer verdient gehabt hätte. Die, die da waren, genossen die Riffs wie die Screams und lauschten den Klängen von der Bühne verzückt zu. (tin)
     


Sacred Reich
Obwohl sie schon seit gefühlten 286 Jahren keine neue Scheibe mehr veröffentlicht haben (das letzte reguläre Studio-Album erschien 1996) und zwischen 2000 und 2007 als Band eigentlich gar nicht existierten, erfreuen sich die Thrasher von Sacred Reich nach wie vor einer treuen und begeisterten Fangemeinde - und unzähliger Sympathisanten sowieso. Das liegt nicht nur daran, dass die US-Amerikaner live eine Wucht sind und immer irrsinnig Spass machen, sondern sicherlich auch an der direkten, authentischen und sympathischen Art, mit der Frontmann / Sänger / Bassist und Knuddelbär Phil Rind dem Publikum entgegen kommt. Nach dem pompösen Film-Intro legte das Quartett mit «The American Way» voll los und trotz des anfangs etwas zu dünnen Gitarrensounds und höllisch viel Delay auf der Stimme gabs direkt ohne Schnörkel und Platitüden voll eins auf die Zwölf! Die Bang Your Head!!!-Gemeinde machte begeistert mit. Bei «Independent» schallten der Truppe lautstarke „Free“-Rufe entgegen. Die Spielfreude der Band war überwältigend und die Stimme von Phil hat in all den Jahren nichts an Kraft eingebüsst - wohl aber ist seine Silhouette etwas in die Breite gegangen. Dies kommentierte er selbst äusserst amüsant: „Embrace the fatness! You know, in my mind, I am still 18 and slim with very long hair. And you know what my wife calls me? Mr. Sexy! And she means it! She says it without any sarcasm!“ Also wenn wir irgendjemandem das Glück einer harmonischen Ehe wünschen, dann wohl ihm! In der Ansage zu «Love/Hate» wünschte sich Rind mehr Liebe und weniger Hass. Darum forderte alle Zuschauer auf, die Person neben sich zu umarmen - was auch ganz viele spontan taten. Was für ein wunderschönes Bild in Zeiten von Gewalt und Terror, wie die Metal-Gemeinde friedlich und vereint zusammensteht! Mit «Black Sabbath» wagte man sich dann noch an einen wirklich schwierig zu covernden Klassiker, den man von der (vermeintlichen) Spass-Band so eigentlich gar nicht erwartet hätte. Auch bei «Ignorance» werden erst etwas langsamere und schleppendere Töne angeschlagen, bevor dann die Thrash-Maschine wieder los preschte. Diese wurde bei einem weiteren Song aber zu jähem Abbruch gezwungen - und zwar weil Phil seinen Text vergass! Dies kommentierte er mit „I can’t remember my lyrics, I’m getting old. I’d like to apologize for my assholerie. Please listen to this song at home, so you know, how it’s supposed to sound.“ Mit «Surfing Nicaragua» machte die Truppe dann jeden Lapsus - der eh nicht übel genommen wurde - wieder wett und die Menge ging feiernd begeistert ab, Moshpit inklusive! Für mich war dieser Gig klar eines der Festival-Highlights! (luc)
     


Metal Church
Auch wenn ich die Wiedervereinigung mit dem langjährigen Shouter Mike Howe sehnlichst herbei wünschte, die Darbietung im Z7 hatte noch einiges an Luft nach oben frei. Der Auftritt in Balingen war um einiges besser als in Pratteln und speziell Mike bot eine viel agilere und packendere Show. Mister Howe war es auch, der mit einem breiten Grinsen den Auftritt und speziell den Applaus genoss und regelrecht in sich aufsog. Es war eine Mannschaftsleistung, bei der speziell die Rhythmustruppe mit Bassist Steve Unger (was für ein Metaller) und Schlagzeuger Jeff Plate (mit unglaublichem Powerdrumming und Stickshow) glänzte. Kurdt Vanderhoof grinste derweil schelmisch und haute den Anwesenden die Kirchen-Riffs um die Ohren. Für mich bleibt Rick Van Zandt allerdings ein fast lebloser Akzent auf der Bühne. An seinen technischen Fähigkeiten gibt es zwar nichts zu rütteln, aber sein Vorgänger Jay Reynolds war da um einiges aktiver und ein grösserer Bandplayer als Rick. Mit «Start The Fire» beansprucht die Metallkirche noch immer eines der drei besten Metal-Riffs überhaupt für sich. Es waren eh die alten Tracks, welche der Truppe die ganz grossen Publikums-Sympathien entgegen brachten. War dies ein «Date With Poverty», mit einem stetig hüfenden Mike, «Watch The Children Pray», die nach wie vor unter die Haut gehende Power-Ballade oder der Doppel-Schluss mit «Badlands» und «The Human Factor». Die Band poste, speziell Kurdt, Steve und Mike und boten eine wirklich entfesselte Show mit vielen Höhepunkten, aber auch dem Bewusstsein, dass ein neuer Track wie «No Tomorrow» noch lange kein «Fake Healer» ist, man mit «Killing Your Time» aber auf dem richtigen Weg marschiert. (tin)
   


Annihilator
Sacred Reich wurden nach der Wiederaufstehung der Metal-Kirche von einer weiteren Thrash-Institutionen abgelöst: Annihilator betraten die Bühne - oder sollte man sagen betrat der "Annihilator" Jeff Waters mit Begleitung die Bühne? Der Mann legte, seit er das Mikrophon seines einstigen Mitstreiters Dave Padden wieder übernehmen musste, fast eine One-Man-Show hin. Und das mit seiner berühmten Perfektion im Riffing, die schon beim Opener «King Of The Kill» und später bei «Second To None» zu bestaunen war. Mir persönlich war das allerdings fast etwas zu sehr auf die Technik ausgerichtet, denn irgendwie blieb das Wilde, Ungestüme, so zu sagen das „Rampensauige“ ein bisschen auf der Strecke. Darüber hinaus kann man sich über Jeffs stimmliche Qualitäten durchaus streiten, und da stehe ich nicht allein mit dem Fazit: „Der gute Mann braucht zwingend einen valablen Ersatz am Mikrofon, der das Ding reisst, damit sich der gute Jeff auf seine Gitarrenkünste konzentrieren kann. Obwohl er sicherlich nicht schlecht singt und die Töne durchaus trifft, blieb irgendwie stets das Gefühl zurück, dass er sich mit dieser zwangsläufigen Rolle nicht komplett wohl fühlt. Immerhin stand ihm mit (Live-) Aaron Homma ein sichtlich fähiger Gitarrist zur Seite und der jung aussehende Drummer Fabio Alessandrini, der auf dem aktuellen Album «Suicide Society» nicht zu hören ist, legte zusammen mit Bassist Rich Hinks (der auf der neuen Langrille ebenfalls keinen Ton eingespielt hat!) zumindest einen fetten Rhythmusteppich hin. Das Publikum machte dennoch begeistert mit, wenn Hits wie «Alice In Hell», «Phantasmagoria» oder «84/85» gespielt wurden. Mich riss die Show trotz des musikalischen Könnens und aller Sympathien zu den Kanadiern, beziehungsweise zu Jeff, einfach nicht wirklich mit, denn ich war offensichtlich noch etwas zu geflasht von Sacred Reich - really sorry! (luc)

Testament
Dass die Bay Area Thrasher eigentlich fähig sind, alles und jeden weg zu blasen, ist bekannt. Aber bei Testament kann man entweder ein Riesenglück oder andererseits ziemliches Pech haben! Mal sind sie absolut grandios, gut drauf, tight, voller Energie - und manchmal steckt der Wurm drin, geht gar nichts. Heute und zum zweiten Tag des BYH!!!-Festivals hatten die Headbanger jedoch Glück, denn die Show der US-Thrash-Legende ging richtig fett ab! Zum Einstieg prügelten sie einem gleich mal den Klassiker «Over The Wall» um die Ohren, um danach ein überragendes Best-Of-Set hinzulegen, das sich gewaschen hatte. Die Zuschauer waren begeistert und ihre Helden boten technisch höchste Spielqualität und eine energiegeladene Show. Genau so muss das sein, so macht das Spass! «D.N.A», «The Preacher», «The New Order» und «Disciples Of The Watch“ waren nur einige der Tracks, die sich wie ein Highlight an das nächste reihten. Auch vom neuesten Output «Dark Roots Of The Earth» wurde der Titelsong präsentiert, ebenso wie von der gleichen Scheibe der Mitschrei-Track «Rise Up», bei dem dem agilen Quintett ein lautes "War" entgegen schallte. Gewohnt souverän wie sympathisch hatte Chuck Billy leichtes Spiel mit den Fans und führte natürlich wieder sein legendäres leicht verlängertes Mikro ins Feld. Dabei liess der Frontmann mit seinen Airguitar-Einlagen einmal mehr durchblicken, dass er wohl gerne als dritter Gitarrist in der Band fungieren würde. Doch das, was Ur-Member Eric Peterson und vor allem Alex Skolnick an Spielfreude rüber brachten, machte heute Abend den entscheidenden Unterschied aus, und darum wurde die Bay Area-Kombo zurecht abgefeiert. Ein mehr als würdiger Co-Headliner-Gig! (luc)
     


Twisted Sister
Inzwischen war es dunkel geworden und mit dem Wetter hatten wir an diesem Tag eh ziemlich Glück, und obwohl es etwas bewölkt war, blieben wir von grösseren Mengen Wasser von oben verschont. Es war dafür aber ziemlich kalt geworden, um nicht zu sagen arschkalt, und so kam es gerade recht, dass die Band, die für die meisten Fans heute das Highlight schlechthin war, den fröstelnden Headbangern gleich mal mit einer gehörigen Pyro-Show einheizte. Nach dem obligaten und kultigen „Good evening and welcome to the show“ aus dem Munde des einzigartigen Dee Snider legten Twisted Sister mit einer gewaltigen Performance los. Wenn es einen Mensch auf dieser Erde gibt, der für die Bühne geboren wurde, dass ist es der mittlerweile ergraute Lockenkopf. Keine Ansage, die einem emotional nicht irgendwie berührte, keine Sekunde, in der er sich eine Auszeit von der Interaktion mit dem Publikum gönnte. Jeder, der hier vor der grossen Bühne stand und diese Show voller Sounds, Farben, Emotionen und Lichter miterleben durfte, sollte sich glücklich schätzen, denn Twisted Sister sind zu unser aller Bedauern, ja Entsetzen, auf ihrer Abschiedstournee. Nach dem Tod des Original-Drummers A.J. Pero 2015 holten sich die Amerikaner mit Mike Portnoy zwar einen sicherlich extrem fähigen Ersatz an Bord - wer würde es wagen, an seinem musikalischen Können einen Zweifel zu äussern - aber dennoch ist die Band nun nicht mehr dieselbe. Twisted Sister machten das schon richtig, man muss aufhören, so lange alles noch cool ist. Bei anderen Truppen sieht man, dass es sonst echt schon etwas peinlich werden kann - ja, ich spreche von einer gewissen australischen Hard Rock-Band. Also war geniessen angesagt und so feierten wir Überhits, ach was, Hymnen wie «We’re Not Gonna Take It» und «I Wanna Rock» mit einem lachenden und einem weinenden Auge ab. Trotz der mittlerweile fast winterlichen Temperaturen liess dieser Gig wohl keinen kalt auf dem Gelände. Ich bin dankbar, dass ich diese Show erleben durfte - man fühlte sich ein wenig, als ob es sich um ein historisches Ereignis handelt. vor allem angesichts des Legendensterbens der letzten Monaten, auf das auch Twisted Sister hinwiesen, als sie Lemmy (R.I.P.) ihren Song «We’re Not Gonna Take It» widmeten. Nach diesem denkwürdigen Erlebnis gabs noch ein ehrerbietendes Gute-Nacht-Bier, und dann begann bereits das Kräftesammeln für Tag drei! (luc)

     
 

In der Halle am Freitag (2. Tag)

Tigertailz
Die englischen Poser-Könige beehrten Balingen. Nun ja..., es war eine eher zwiespältige Angelegenheit. Keine Ahnung ob es heute reicht, sich die Haare schwarz zu färben und in Klamotten zu zwängen, die grundsätzlich schon mal ein paar Nummern zu klein sind. Aber leider sah Bassist Berty Burton mehr nach einem Bankangestellten aus, der sich auf der Bühne verirrte. Zumindest liess Gitarrist Jay Pepper mit seinem roten Bühnenoutfit die goldenen Zeiten der Tailz, Tuff, Poison und Pretty Boy Floyd auferstehen. Mit dem platinblonden Rob Wylde hatte der Vierer einen (über-) motivierten Sänger auf der Bühne, der ständig in Bewegung war. Aber auch einen, bei dem beim Abschlusstrack «Love Bomb Baby» die Stimme völlig versagte. Sicher, es wehte ein Hauch ein L.A.-Flair Über die Bühne, aber es war eben nur ein Hauch, denn mit zunehmender Spielzeit waren es auch die fehlenden Hits, die den Gig von Tigertailz zu etwas fast Austauschbarem gerieten liessen. Da nützten die einfachen Riffs, die schnell in die Gehörgänge gehenden Refrains oder die unzähligen «oh-oh» mit der Zeit nichts mehr. Das Lustige war aber, dass sich alle Besucher in Grund und Boden schämen würden, einen Tigertailz-Gig zu besuchen und doch war die Halle sehr gut gefüllt..., selbst mit Kreator-Kuttenträgern! Ob dies an «Bloodsuckers» lag, einem Song, den die Jungs eientlich für Poison schrieben, der aber von den Jungs abgelehnt wurde oder an den fliegenden Drumsticks, dem stetig in Bewegung bleibenden Rob oder wirklich tollen Tracks wie «Hollywood Killer» oder «Shoot To Kill»? Man weiss es nicht genau. Traurigerweise spielten die Engländer ihren grössten Hit «Living Without You» in der wohl schlechtesten Version und raubten der Hymne das Flair. Anyway, es war eine unterhaltsame Rock-Show von gealterten Bad Boys, die um jeden Fan kämpften, aber mit zunehmender Spielzeit auch zeigten, dass die Luft nach den beiden ersten Scheiben raus war. (tin)


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