Interview: Voodoo Circle

By Tinu
 
Gegen kalte Musik von heute.



Alex Beyrodt verbindet eine lange Freundschaft mit Mat Sinner. Was in den 90er-Jahren bei Sinner begann, findet heute bei Primal Fear und Voodoo Circle seine Fortsetzung. Mit dem vierten Voodoo Circle-Album «Whisky Fingers» geht der Deutsche unbeirrt seinen Weg weiter und haut allen Whitesnake-Fans das Album raus, welches David Coverdale seit «Slide It In» nicht mehr hingekriegt hat. Gut gelaunt, locker und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, sass mir Alex gegenüber und beantwortete meine Fragen.

MF: Alex…

Alex: …da sind wir wieder (grinst).

MF: Mit «Whisky Fingers» Platte des Monats bei uns…

Alex: …das habe ich mit Freude zur Kenntnis genommen, wenn die Arbeit Früchte trägt..., man sieht, dass die Songs auf Zuspruch stossen und speziell die Leute sich mit dem Album beschäftigt haben. In der heutigen Zeit, in der alles so schnell geht und man zwischen den Musikstilen umher springt, da ist «Whisky Fingers» ein Album, das sich erst nach mehreren Durchgängen offenbart. Viele kleine Details kann man entdecken. Umso mehr freut es mich, wenn sich dann jemand die Zeit nimmt und das Album richtig anhört. Bekommen wir auch noch eine gute Platzierung, ist alles super. Wir sind mit «Whisky Fingers» wieder einen Schritt zurück gegangen zu unserem eigentlichen Ursprung. Das heisst, wir sehen uns wieder mehr bei «Broken Heart Syndrom». Auf diesem Werk haben wir die grösste Dynamik gezeigt. Das ist speziell live für uns eine ganz wichtige Sache. Das Vorgängeralbum «More Than One Way Home» war voll auf die Fresse. Hardrock mässig auf die Zwölf, auch wenn eine Ballade drauf war. Aber das hat nicht unbedingt was mit Dynamik zu tun. Jetzt haben wir bei «Whisky Fingers» wieder Songs mit abwechslungsreichen und ruhigen Passagen. Das ist in meinen Augen auch die eigentliche Stärke der Band.

MF: Wie sind die neuen Lieder entstanden?

Alex: Die Songs entstehen aus einem Pool an Ideen, den ich immer mit mir rumtrage. Irgendwann entscheidet man sich für eine Idee und vollendet daraus einen Song. Das Grundgerüst kann aber schon zwei Jahre alt sein. Darum existieren auf der neuen Scheibe Lieder, die brandneu sind, aber auch solche, die aus Ideen bestehen, die schon einige Zeit zurück liegen. Einfach, weil jetzt die Zeit dafür reif war. Schlussendlich haben wir an der Fertigstellung der neuen Scheibe ein halbes Jahr gearbeitet. Die Drumrecordings haben wir verschoben, dann haben wir den Trommler raus geworfen (grinst), dadurch hat sich alles ein bisschen verzögert. Der eigentliche Aufnahmeprozess ging dann sehr schnell.

MF: Ist das neuste Album auch immer das Beste?

Alex (lachend): Die Frage kriege ich in jedem Interview gestellt. Klar, was man gerade gemacht hat, darauf ist man am stolzesten. Rückblickend muss ich sagen, dass jedes Voodoo Circle-Album eine eigene Geschichte hat und ich auf jedes Werk sehr stolz bin. Von Debüt-Album bis jetzt war jede Scheibe ein Erfolg und ist bei den Leuten gut angekommen. Das ist das Wichtigste und wir hatten bis jetzt noch keine Gurke dabei (lacht). Der Antrieb für neue Songs ist noch immer der kreative Output. Der Wasserkessel der brodelt und raus will. Als Songwriter hat man immer Ideen, die man mit sich rumträgt. Entdeckt ein neues Riff oder eine harmonische Verbindung, das ist ein ganz normaler Prozess. Sicher, die Zeiten sind schlecht, egal wohin man schaut. Aber ich habe nie Musik gemacht, um damit Geld zu verdienen, sondern weil es mir Spass macht. Das ist, so glaube ich, auch der richtige Antrieb.

MF: Das Bandkarussell hat sich gedreht. Wie kams dazu?

Alex: Mangelnde Loyalität! Wieder einmal (lacht)… Mein Lieblingsthema. Ich war nicht glücklich mit der Einstellung des Kandidaten und dann mache ich auch gar nicht lange rum. Empfindet einer nicht das Gleiche, dann hat er in der Band nichts verloren. Wie gesagt, diese Musik machen wir nicht, weil wir reich werden wollen, sondern weils uns Spass macht. Zieht einer nicht mehr mit und der Spass bleibt auf der Strecke, dann ist dies der falsche Platz. Francesco (Jovino, Drums) kenne ich schon länger. Weil wir mit Primal Fear (Alex) und U.D.O. (Francesco) schon oft zusammen getourt haben. Dazu kommt noch, dass der Francesco und der Alessandro (Keyboards) sehr, sehr gute und langjährige Freunde sind. Das war dann ein ganz logischer Prozess und wir mussten auch nicht lange überlegen, die Beiden in die Band zu holen.

MF: Wie wichtig ist David Readman (auch Pink Cream 69) als Sänger für die Band und den Sound von Voodoo Circle?

Alex: Sehr, sehr wichtig! David hat eine ganz eigene Art zu singen. Diesen bluesigen Touch kann er auch nur bei uns zeigen (grinst). Ich sage in jedem Interview, dass bei Voodoo Circle David so klingt, wie er eigentlich klingt. Alles andere ist nicht er. Das weiss er aber auch (lacht).

MF: Da kann man nicht nur von der «Whisky Fingers», sondern auch von der «Whisky Voice» sprechen…

Alex: …ja! David trinkt keinen Alkohol, aber er hat dieses Rauchige in seiner Stimme. Speziell wenn er tief singt. Er hat ein sehr breites stimmliches Spektrum. Das mögen die Leute sehr gerne und wir natürlich auch! Alles super!

MF: Ist Voodoo Circle die Musik, welche du schon immer machen wolltest?

Alex: Das kann ich so nicht sagen. Das kam automatisch und ich suchte ja nicht krampfhaft danach. Beim Songschreiben bemerkte ich, dass es mir leicht fällt, solche Lieder zu komponieren. Das war ein ganz logischer Prozess und floss aus mir heraus. Das war immer so und darum könnte ich auch nicht unzufrieden mit einem meiner Alben sein (lacht). Nach wie vor bin auch der Meinung, dass wir damals mit The Sygnet ein besonderes Album veröffentlichten. Das aber produktionstechnisch nicht so gut klingt, wie es hätte klingen sollen. Aber es sind tolle Songs drauf. Für eine bessere Produktion stand das Geld nicht zur Verfügung.

MF: Du hast eine Zeitlang in den Staaten gelebt…

Alex: …ich habe nicht richtig in den Staaten gelebt, so dass ich dort angemeldet war. Anfang der 90er-Jahre bin ich rüber geflogen und wollte dort mein Glück versuchen. Das ging aber völlig in die Hosen (grinst). Nach ein paar Wochen sass ich mit einer Lebensmittelvergiftung und sechs Kilo weniger wieder zu Hause (grinst) und war froh, dass das Kapitel beendet war (lacht). Jugendlicher Leichtsinn. Damals gab es ein Angebot eines amerikanischen Managers, das war ganz abstrus. Der hat die Flüge bezahlt und grosse Versprechungen gemacht, von denen nichts eingetroffen ist (grinst). Das war meine erste Erfahrung mit amerikanischen Managern (lacht). Beim zweiten Mal habe ich mit Paul Shortino von Quiet Riot und Rough Cutt eine Band gestartet… Das war aber genau das Gleiche. Amerika war damals auch nicht der richtige Ort. Die Musik hat damals in den Staaten auch nicht mehr so stattgefunden. Da war Grunge angesagt und eigentlich hätte man alles hier in Deutschland machen sollen.

MF: Aber Erfahrungen sind wichtig!

Alex: Ja, man muss eben immer wieder aufstehen. Weisst du, früher konnte man noch Alben verkaufen, das ist das leidige Thema. Zudem war früher der Markt nicht so überlaufen, wie es heute der Fall ist. Heute kann jeder an seinem Computer ein Album produzieren. Jetzt sitzt man an seinem Computer bewegt seine Maus und macht was. Früher war dies noch ein bisschen exklusiver. Ohne Plattenvertrag und ohne Budget ging gar nichts, weil die Studios so teuer waren. Das vermisse ich heute ein bisschen. Es hat alles seine Vor- und seine Nachteile mit dem ganzen Digitalen. So kann man heute günstig ein Album produzieren. Aber wenn wir ehrlich sind, solche Scheiben, die wir alle bewundern und toll finden wie «The Dark Side Of The Moon» oder «The Wall»..., die sind nicht zu Hause am Computer entstanden. Die Musiker damals waren im Studio kreativ, haben zum Teil auch erst dort die Songs geschrieben. Als Einheit wurde zusammen kreativ gearbeitet. Das gibt es heute nur noch ganz, ganz selten. Das merkt man auch an der Musik, die kälter geworden ist.

MF: Es gibt eine kleine Voodoo Circle-Tour. Wieso nicht mehr Konzerte?

Alex: Ganz einfach, weil es vom Zeitplan her sehr, sehr schwierig ist. Ich komme von den Primal Fear Europa-Shows zurück, bin vier Tage zu Hause, dann gehen die Proben los und gleich direkt mit den Voodoo Circle-Shows weiter. Sind die vorbei, beginnen zwei Wochen später die Proben für «Rock Meets Classic». Es geht nicht anders und irgendwo gibt es Grenzen. Man muss sich vorbereiten und ich muss für «Rock Meets Classic» 30 Songs lernen. Das braucht seine Zeit. Das ist die Champions League und da muss man sich dementsprechend vorbereiten. Stehst du bei der ersten Probe da und fragst dich, wie die Tonart war, kommt das nicht gut an (grinst). Mein Tourkalender ist dieses Jahr besonders voll. Ich kann mich nicht beschweren keine Konzerte zu spielen. Aber es wäre schön, wenn wir mit Voodoo Circle eine richtig grosse Tour spielen könnten. Im Vorprogramm einer Truppe, mit der das musikalisch passt. Ich glaube, dass da draussen nach wie vor sehr viele Leute Voodoo Circle gar nicht kennen. Würden die aber unsere Lieder hören, wären sie sofort begeistert. Das gilt es zu ändern. Das hört sich einfach an, ist aber leider nicht so einfach, wie es sich anhört (lacht).

MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?

Alex: Gesund bleiben, weiterhin um die Welt touren, Songs schreiben, Spass haben und genau so weiter machen (grinst).

MF: Dazu wünsche ich viel Erfolg, Glück, beste Gesundheit und sage besten Dank fürs Interview.

Alex: Dankeschön! Danke dir und gern geschehen!