Interview: Uriah Heep
By Rger W.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich im Jugendlager mit den anderen Kindern zusammen ganz laut den Uriah Heep-Klassiker „Lady In Black“ gesungen habe. Irgendwie kam mir dieses Lied schon damals sehr vertraut vor. Später war es dann das erste Lied, welches ich mit meiner Akkustik-Gitarre begleiten konnte, weil es nur aus zwei Akkorden besteht. Dass ich damit Uriah Heep spielte, wurde mir erst vor einem Jahr klar. Sie haben mich also beeinflusst, ohne dass ich es bemerkt habe. Aber nicht nur ich (mal egoistisch gesagt) wurde durch diese Jungs verändert, auch zählen sich unzählige Leute aus Bands wie Saxon, Iron Maiden oder Gamma Ray dazu. Anlässlich ihres Auftritts am Rock Sound Festival in Huttwil hielt ich dem einzig verbliebenen Urmitglied, Mick Box (MB), das Mikrofon unter die Nase. Der sympathische Gitarrist erwies sich dabei als äusserst gesprächig und versuchte zu erklären, warum die Leute nach über 35 Jahren immer noch Uriah Heep hören und sehen wollen. Musikausschnitte und den Originalwortlaut des Interviews könnt ihr am  Montag, dem 31. Juli, auf www.rockstation.ch hören.

MF: Ihr habt gerade euer Konzert hier in Huttwil gespielt. Wie wars für dich?

MB: Fantastisch. Das Publikum war grossartig und wir hatten eine gute Zeit. Und ich hoffe ihr könnt uns bald wieder sehen, weil das Konzert fürs Schweizer Fernsehen aufgezeichnet wurde, es wird wahrscheinlich noch dieses Jahr ausgestrahlt. Ich hab es genossen.

MF: Wenn man euch zugeschaut hat bekam man den Eindruck, dass ihr sehr zufrieden gewesen seid.

MB: Ja, wir waren sehr zufrieden. Wir sind über Nacht 15 Stunden von Österreich hierher gefahren, was nicht viel Spass gemacht hat. Und wenn du dann die Bühne betrittst, um das zu machen, wofür du diese Strapazen auf dich genommen hast, merkst du, dass es sich doch gelohnt hat. Es macht riesigen Spass.

MF: Wann werdet ihr denn heute abreisen?

MB: Von hier werden wir erst morgen gehen. Das nächste Konzert ist in Finnland, und dann haben wir noch viel mehr zu tun. Wir gehen nach Brasilien, ende Jahr werden wir eine Akkustik-Tour in Deutschland spielen so in Kirchen und so, was eine einzigartige Sache sein wird, eines davon ist im Cave (in Deutschland). Da läuft also einiges Interessantes im Moment.

MF: Ihr seid eine Band die ihre grossen Hits jeden Abend spielen muss. Ist es für dich nicht langweilig, jeden Abend immer das gleiche zu spielen?

MB: Nein, nein, nein. Wir sind sehr stolz auf das. Wir verstehen die Leute. Ich meine, die kaufen sich ein Ticket, um genau diese Songs von uns zu hören. Was uns frisch hält, sind die verschiedenen Publikums. Wenn du einen Song zu spielen beginnst und die Reaktionen kommen, wenn zum Beispiel alle Fäuste in die Höhe ragen, wissen wir warum wir es tun. Das motiviert sehr. Mich langweilt es nie zu spielen.

MF: Ich habe euer Konzert vorhin natürlich gesehen. Vor mir stand ein ca. 60 jähriger Herr und daneben einige jüngere Menschen. Es war praktisch jedes Alter vorhanden, und alle hatten zusammen bei euren Songs Spass.

MB: Das beweist nur, dass Musik für jede und jeden ist. Sie ist nicht gemacht, um nur einer gewissen Altersgruppe zu gefallen. Ich find es toll, dass uns auch Jüngere entdecken und mit unseren alten Fans daran Freude haben.

MF: Hattet ihr denn in den 70er Jahren nur junge Leute vor der Bühne?

MB: Nein, nicht immer. Klar, als wir jünger waren, waren vor allem Rocker an unseren Konzerten, also so laute Junge. Und dieses Publikum ist geblieben. Aber das gute daran ist, dass gute Musik die Zeit überlebt. Und wir haben viele Songs, die auch heute noch gerne gehört werden. Und die auch heute wieder die Jüngeren anspricht, was toll ist.

MF: Heute teilt ihr die Bühne mit Manfred Mann’s Earth Band, welche alte Freunde von euch sind. Was ist das für ein Gefühl, nach über 30 Jahren immer noch mit der gleichen Band auf der Bühne zu stehen?

MB: Ja. (lacht). Es ist unglaublich. Wir haben viele Tourneen mit Manfred Mann’s Earth Band gemacht, in den 70er Jahren haben die uns auf unserer Amerika-Tour supportet. Wir haben viele Konzerte in Europa mit denen gespielt. Und Manfred Mann’s Earth Band waren früher lange bei der gleichen Plattenfirma wie wir (bis die Plattenfirma Bankrott ging, Uriah Heep gelten als eine der labeltreusten Bands, Anm. MF), und so wurden wir richtig gute Freunde. Aber wie fühlt sich das an? Es zeigt nur, dass Musik zeitlos ist. Wenn du einen grossartigen Song hörst, geniesst du ihn einfach, egal wann er geschrieben wurde. Und jede Generation entdeckt einige dieser Songs wieder, was sehr nett ist.

MF: Heute sind aber nicht mehr allzu viele Bands aus dieser Zeit aktiv und gehen auf Tour.

MB: Also Uriah Heep waren immer aktiv. Wir haben in über 48 Ländern gespielt. Wir werden auch in Zukunft immer Touren, weil wir denken, dass es genau das ist, was eine Band ausmacht. Zuerst kommt die Live-Situation. Ins Studio zu gehen ist fantastisch, und es ist ein sehr wichtiger Teil von dem, was du machst, weil du so die CD hast, die dir das Touren erlaubt. Anders könntest du nicht auf Tour gehen. Aber das wichtigste ist das, was auf der Bühne passiert. Zu spielen ist die beste Art zu sprechen.

MF: Das ist eine andere Sache die ich ansprechen möchte: Früher habt ihr zwei CDs in einem Jahr veröffentlicht, heute sind es viel weniger. Macht es für euch überhaupt noch Sinn, neue Lieder zu schreiben, wenn das Publikum nur die alten Hits hören möchte?

MB: Nein, nein, nein. Ich denke da ist Platz für beides. Wir werden dieses Jahr ein neues Album aufnehmen. Es wird für uns kein Problem sein, ins Studio zu gehen und ein paar neue Songs zu schreiben, weil du sehen wirst, dass die neuen Songs denselben Geist, dasselbe Gefühl wiedergeben wie die Alten. Wir frischen nur auf, was wir sowieso tun. Wir haben immer neue Songs geschrieben. Und ich denke, dass unser Publikum generell mehr von uns bekommt, wenn wir länger spielen können. Weil wir dann viele neuere Songs neben den alten Hits spielen. Es ist eine sehr gesunde Sache.

MF: Eine andere Band, die heute spielt, sind Saxon, eine Heavy Metal-Band. Uriah Heep hatten einen grossen Einfluss auf den Hard Rock und Heavy Metal. Was bedeutet dir das?

MB: Oh, das ist sehr gut. Wir waren an der vordersten Front von Vielem, was in den 70er Jahren passiert ist. Es war uns damals natürlich nicht bewusst, dass wir mit anderen den Grundstein für etwas Neues legten. Weil alles was wir taten, war die Musik zu spielen, die uns gefiel. Und wir genossen sie zu spielen, das war also sehr einfach. Und was dann Anfang der 80er mit der New Wave Of Britisch Heavy Metal, also mit Bands wie Saxon, Iron Maiden oder Def Leppard passierte war fantastisch. Und wenn die von unseren Shows und unserer Musik beeinflusst wurden ist das toll. Das ist etwas, was man mit Musik erreichen kann, andere Menschen zu inspirieren. Ich meine, das Beste, was jemand über mein Gitarrenspiel sagen kann, ist, dass ich ihn dazu gebracht habe, Gitarre zu spielen. Das ist fantastisch und sehr schön.

MF: Gab es bisher viele Leute, die dir das als Rückmeldung gaben?

MB: Ja, das kommt oft vor. Das ist fantastisch. Das ist der beste Einfluss, den du haben kannst. Wenn du jemanden dazu inspirierst selber Musik zu spielen.

MF: Denkst du, dass du nach wie vor junge Bands beeinflusst?

MB: Ja, absolut. Es kommen viele, um sich von uns inspirieren zu lassen. Wir machen das jetzt schon sehr lange, und ich denke wir haben eine starke Live-Performance. Wir verstehen, wie ein Set aufgebaut werden sollte, und wie man alles zum Fliessen bringt. Ja, ich denke wir beeinflussen immer noch viele Menschen.

MF: Ihr habt in eurer Karriere sehr viele Konzerte gespielt. Was war so der Unterschied zwischen den 70er und den 80er Jahren?

MB: Ich denke die Welt war anders. Man unterschrieb in der Regel einen Plattenvertrag und veröffentlichte darüber dann sechs, sieben Alben auf dem gleichen Label. Heute hat man einen Solo-Deal für eine Single-CD. Und wenn diese nicht erfolgreich ist, wirft man dich wieder raus. Vieles was heute passiert, hat mit dieser McDonalds-Mentalität zu tun: Es ist Fast-Food, es ist nichts lang Anhaltendes. Es geht alles zu schnell, und in der Musik ist es dasselbe. Ich denke da an Pop Idol (etwa „Deutschland sucht den Superstar“ in GB), was nur Geschäftemacherei ist, weil die Leute denken, sie könnten sehr einfach über Nacht berühmt werden. Aber wenn du bei solchen Leuten die Karriere verfolgst, stellst du fest, dass die schnell wieder von der Bildfläche verschwinden.

MF: Und heute könnt ihr einfach spielen, ohne dafür grossartig Werbung zu machen.

MB: Ich denke wir haben jedes Jahr eine starke, langeTour gespielt, was auch mit Arbeit verbunden ist. Du musst dich jeden Abend von neuem beweisen. Und du kriegst den Ruf einer guten Live-Band, die die Leute sehen wollen. Das wichtigste dabei ist, dass man versucht von Herzen zu spielen. Denn das merken die Leute auch.

MF: Du hast in deiner Karriere viele verschiedene Länder kennen gelernt. Was ist speziell an der Schweiz?

MB: Wir haben meistens eine gute Zeit hier. Wir spielen hier normalerweise ein bis zwei Mal pro Jahr. Wir haben hier eine lange, gute Beziehung, über die wir sehr glücklich sind. Und die Schweizer Fans unterstützen uns auch jedes Mal sehr gut.

MF: Kennst du irgendwelche Schweizer Bands?

MB: Nicht so viele. Früher habe ich Krokus und einige ähnliche Bands gekannt. Aber heute kenne ich nicht mehr viele. Vielleicht lernen wir heute Abend einige kennen. (lacht)

Von hinten Ruft jemand: Shakra

MF: Ja, vielleicht Shakra oder Pure Inc.

MB: Ja, die sollen nur kommen… (lacht)

MF: Hast du noch etwas an eure Schweizer Fans zu sagen?

MB: Ja, ich möchte allen für deren langen Support all die Jahre hindurch danken. Ich hoffe wir können noch lange touren, weil wir solange Konzerte spielen werden wie uns die Leute sehen wollen. Und wir danken allen für ihre Unterstützung.