Interview: The Other
By Toby S.


The Other haben sich mit ihrer Affinität zum Horror-Genre und der deutlichen Metal/Punk-Schlagseite so etwas wie eine eigene Nische in der musikalischen Welt erschaffen. Nachdem „New Blood“ und das aktuelle Album „The Devils You Know“ sehr viel Beachtung und wohlwollende Kritiken seitens der relevanten Presse erfahren durften, war es mehr als nur an der Zeit, Rod Usher, seines Zeichens Sänger des Grusel-Quartetts, mal aus der Gruft zu holen und sich mit ihm über Horror-Filme, musikalische Einflüsse und Bier auf dem Balkon zu unterhalten.

MF: Hallo Rod, erst mal Gratulation zum neuen Album. Ich weiss nicht, ob du die Kritik auf unserer Website gelesen hast…


Rod: Dochdoch, das habe ich. Vielen Dank auch hierfür und für den Support, den wir dadurch erfahren. Ich sitz hier gerade gemütlich mit ner Kippe und nem Bier auf dem Balkon, also kann’s losgehen (lacht). Weisst du, so Gespräche sind mir auch echt lieber, weil ich hatte in letzter Zeit praktisch nur E-Mail-Interviews gemacht, ja und da tendiert man dann auch dazu, immer mal wieder die Antworten zu wiederholen. Und bei nem Gespräch, das passt einfach besser.

MF: Wie siehst du denn jetzt die Entwicklung eurer Alben? Ich habe ja dazumals erst mit „New Blood“ begonnen, euch kennenzulernen…

Rod: Also die ersten Platten waren ganz klar punkiger, auch thrashiger, halt eben auch wegen der damaligen Möglichkeiten, den Sound überhaupt aufnehmen zu können. Der geneigte Metaller würde jetzt wahrscheinlich sagen: Hmm, klingt so n bisschen wie Bad Religion oder die Ramones, ist mir aber auf die Dauer zu langweilig. Und heute, also ab „New Blood“, da haben wir viel mehr Möglichkeiten, wir können viel mehr ausprobieren und nicht mehr nur drei Akkorde spielen, wir können viel mehr Atmosphäre reinbringen. Das ist natürlich auch deswegen so, weil wir jetzt ganz andere Aufnahmen machen können, das ändert natürlich alles. Aber du würdest uns immer noch erkennen, selbst wenn du unsere ersten Platten zum ersten Mal hörst. Was „New Blood“ betrifft: Da wurde hier mal n Song geschrieben, und dann da wieder einer und alles innerhalb von knapp 2 Jahren, und Waldemar (Sorychta, Anm. d. Verf.) hat dann nur noch gemixt. Bei der aktuellen Scheibe hatten wir weniger Zeit, da haben wir innerhalb eines halben Jahres bei jeder Probe Riffs und Ideen gesammelt wie die Bekloppten und dann alles aufgenommen, deswegen klingt jetzt die Scheibe auch mehr wie aus einem Guss, der rote Faden ist deutlicher erkennbar. Ich hänge da noch viel zu sehr mit drin, deswegen kann ich das noch gar nicht so stark beurteilen, aber im Grossen und Ganzen würde ich das so sehen.

MF: Gibt es denn ein bestimmtes Stilmittel, welches ihr benutzt, um Songs zu erschaffen, die in das Universum von The Other passen?

Rod: Also zuerst waren es ganz klar The Misfits, später dann auch beispielsweise Iron Maiden-Scheiben oder auch Type O Negative, The Cult, The Damned… Joa, jeder bringt halt so was rein, was ihm gefällt, und dann fügen wir die einzelnen Ideen zusammen, bringen Riffs rein, die uns eingefallen sind und so weiter. Ich meine, wir sind jetzt ja in der Lage, dass wir keinerlei Scheuklappen mehr haben, was die musikalischen Experimente anbetrifft. Songs wie beispielsweise „Puppet On A String“ hätten wir früher nie gebracht, oder auch „Nice Day For A Funeral“, das hätten wir uns früher nie getraut. Wir geniessen ja auch eine gewisse Narrenfreiheit in unserem Gothic/Metal/Punk-Bereich, in dem wir uns bewegen, und das ist total super! Vor zehn Jahren haben wir ja auch mit Horror Punk begonnen, da gab es das Wort hierfür ja noch nicht einmal, von dem her gesehen sehen wir uns natürlich in einer gewissen Verpflichtung, unsere Rolle als ‚Wegbereiter‘ wahrzunehmen und keine ausgetretenen Pfade zu benutzen.

MF: Dein Gesang hat ja viele Facetten, du kannst sowohl relativ hoch wie auch tief singen, und du hast da auch was Theatralisches, das klar zu erkennen ist…

Rod: Joa klar, also theoretisch kann man n Song wie „Phantom Of The Opera“ bezeichnend für uns nennen, also da steckt natürlich viel Theatralisches dahinter, sehr viel Herzblut und auch Schmalz, halt wie so die Sänger aus den 50er Jahren. Ich bin ja mit Elvis aufgewachsen, und das beeinflusst logischerweise ganz ordentlich, auch Glen Danzig hat so seine Spuren hinterlassen… Ich würde sagen, so eine Mischung von allem plus noch das Theatralische, das macht den Gesang aus, halt einfach sehr viel Atmosphäre. Das ist ganz wichtig, denn das ist etwas, auf das wir grossen Wert legen und jetzt logischerweise im Zuge der neueren technischen Möglichkeiten auch besser einbringen und noch intensivieren können.

MF: Kannst du mir die Entstehungsgeschichte von The Other ein wenig näherbringen?

Rod: Zuerst gab es da eine ein wenig verkropfte Grindcore/Metalcore-Band namens Forced To Decay (welche es inzwischen nicht mehr gibt, Anm. d. Verf.), die war wirklich ziemlich heftig mit Blastbeats, bis der Arzt kommt, so im Stil von The Dillinger Escape Plan. Und irgendwann wollte ich dann mal was anderes machen, so ne Misfits-Coverband halt, weil vor allem ich ja mehrheitlich aus der Punk-Ecke stamme. Tja, irgendwann gab’s die Misfits nicht mehr, und dann meinten die Leute nur: Hey, ihr macht das so gut, schreibt doch mal eigene Songs! Und dann zu Halloween 2002 haben wir dann unseren ersten eigenen Song gespielt, das war dann quasi die Geburtsstunde von The Other. Dann haben wir uns überlegt, an welches Label wir unser damaliges Demo-Tape schicken sollten, und ich dachte mir: Hey, ich gründe doch einfach mein eigenes Label nur für Horror Punk, und mit Fiend Forse Records wurde das dann auch Wirklichkeit – bald hatten wir ähnliche Bands unter Vertrag wie Blitzkid oder Bloodsucking Zombies From Outer Space, The Spook, Shadow Reichenstein und so weiter. Dann wurden The Other zu gross für dieses doch recht kleine Label, tja, und dann kam das Angebot von SPV… Weisst du, bei The Other kommt einfach alles zusammen, was uns Spass macht, eben halt so die Punk Rock-Vibes, dann wiederum Einflüsse von Sisters Of Mercy, Danzig, Type O Negative etc., die Vorliebe für Horrofilme und entsprechende Literatur, aber auch solche Sachen wie Twisted Sister oder Mötley Crüe, einfach so die Licks, welche sofort ins Ohr gehen und dort nicht mehr rauswollen… Das alles macht uns aus.

MF: Könnt ihr denn bereits von der Musik leben oder müsst ihr nebenbei noch ‚richtig‘ arbeiten?

Rod: Es ist zwar traurig, als Rockmonster zugeben zu müssen, dass man sich mit solchen weltlichen Sachen herumschlagen muss (lacht), aber ja: Wir arbeiten alle noch nebenbei, was sowohl Vor- wie auch Nachteile hat. Der Vorteil liegt ganz klar darin, dass wir alle in unterschiedlichen Gebieten tätig sind und dies auch für die Band nutzen können. Der hauptsächliche Nachteil liegt darin, dass wir somit logischerweise alle unterschiedlich Urlaub machen müssen, und der eine kriegt dies eher bewilligt als der andere, und somit ist eine richtig grosse Tour leider nicht möglich, nur schon bei drei Wochen wird es sehr schwierig werden, das unter einen Hut zu bringen. Dafür sind die Konzerte dann sehr familiär, die Leute kommen geschminkt, beispielsweise, und sind sehr enthusiastisch bei der Sache.

MF: Wie sieht es denn mit der Schweiz aus, wart ihr da schon mal oder plant ihr, mal noch herzukommen?

Rod: Witzigerweise wurden wir bereits schon ein paar Mal deswegen angeschrieben, und ja, es kann sein, dass wir bald für einen Gig zu euch kommen, wenn die Tour mit einer Band, deren Namen ich noch nicht nennen kann zustande kommt. Mit meiner alten Band waren wir ein paar Mal bei euch, auch in Österreich waren wir schon mal, aber mit The Other waren wir bisher noch nie in der Schweiz. Das wollen wir wirklich super gerne! Wir arbeiten noch daran (lacht).

MF: Welche Horrorfilme magst du denn so oder siehst du als Inspiration für eure Musik?

Rod: Das sind eigentlich so über all die Jahre hinweg gesehen immer die gleichen gewesen, beispielsweise der Exorzist. Ich glaube, es gibt keinen gruseligeren Film als den. Dann natürlich Shining von Stephen King, von dem ich ein grosser Fan bin und das eine grossartige Umsetzung der Buchvorlage ist. Dann eher so klassische, ältere Sachen wie Nosferatu, also das Erstwerk, Tarantula, Creature From The Black Lagoon von Jack Arnold, der als einer der ersten Regisseure im Horror-Bereich die gequälte Kreatur in den Vordergrund gestellt hat. Aktuell find ich The Blair Witch Project total geil, weil der mich doch sehr gegruselt hat, oder auch The Ring aufgrund der Schockeffekte. Im Prinzip stehe ich auf die Filme aus den 20er bis 50er Jahre, aber eben auch auf modernere Sachen wie Halloween oder Texas Chainsaw Massacre… Das sind ja alles inzwischen auch bereits Klassiker.

MF: Oder die Friday-Reihe (Friday The 13th, Anm. d. Verf.).

Rod: Ja selbstverständlich! Ich mein, mit solchen Sachen wächst man dann auf, guckt sich solche Filme als Mutprobe an, und Jason (Voorhees, Hauptdarsteller der Friday The 13th-Reihe, Anm. d. Verf.) begleitet einen dann halt mehrheitlich das ganze Leben hindurch. Wobei der letzte Film, das Remake, das war ja total beschissen, und Freddy Vs. Jason war ja nun auch nicht wirklich geil, also da müsste schon wieder mal was Vernünftiges kommen.

MF: Einer der hervorstechendsten Songs auf der neuen Platte ist meiner Meinung nach „Phantom Of The Opera“ – wie kam der zustande?

Rod: Das ist jetzt interessant, weil das höre ich zum ersten Mal. Vielen Leuten ist er zu ruhig, zu Mid Tempo-lastig. Eigentlich war das so, dass unser Bassist mit der Idee ankam, mal die Phantom-Melodie zu benutzen, und zuerst dachten wir alle: Nee, keine Musical-Melodie, nicht so n Kram! Aber dann habe ich mich intensiv mit der Geschichte und den Filmen auseinander gesetzt, und der Anspruch war es im Endeffekt, die Geschichte des Phantoms um Lon Chaney sen.(Hauptdarsteller in der zweiten offiziellen Verfilmung, Anm. d. Verf.) bis hin zu der neuesten Adaption um Andrew Lloyd Webber aufzuzeigen. Es heisst ja, dass der Geist von Lon Chaney sen. Immer noch in den Universal Studios herumspukt und keine Ruhe findet. Also im Prinzip wollten wir einfach nur diese Phantom-Legacy zusammengefasst in einem Song darstellen, und mit dieser super Melodie von Andrew Lloyd Webber, welche nun wirklich praktisch jeder kennt, auf unsere Art und Weise interpretiert, wurde das Ganze eben sehr speziell und auch interessant.

MF: Das kann man definitiv so stehen lassen, keine Frage. Rod, wir sind nun auch schon wieder am Ende des Interviews angelangt, leider – gibt es irgendwas, das du den Lesern da draussen mitgeben möchtest?

Rod: Oh, da fragst du mich aber was (lacht). Also was ich immer gerne sage, aber kaum jemand glaubt es mir: Horror fördert Kreativität! In diesem Sinne kann man noch anmerken, dass man immer die Dinge hinterfragen und schön zwischen den Zeilen lesen sollte.

MF: Irgendwie habe ich nichts Anderes von dir erwartet. Rod, danke dir vielmals für das spannende Interview!

Rod: Jo, ebenso tausend Dank für die Gelegenheit und mach’s gut!