Interview: Stryper

01.09.2020
By Tinu
 
Zusammenhalt durch Brüderlichkeit.



Stryper gingen in die metallischen Geschichtsbücher mit drei Dingen ein. Erstens die tolle Musik mit vielen grossen Chören, zweitens durch die gelb/schwarzen Bühnendesigns, inklusiv den Klamotten dazu (nicht umsonst hiess das Debütalbum «The Yellow And Black Attack») und drittens durch ihr christliches Image. Für das Letztgenannte wurden die Amis immer wieder verspottet, während die Teufelsanbeter nichts dergleichen abbekamen. Eine skurrile Welt in der wir uns bewegen… Das Quartett hatte zudem ein sehr stabiles Line-up, in welchem nur der Bassist ging, wieder kam und definitiv ging. Heute stehen wir kurz vor der Veröffentlichung des dreizehnten Studioalbums, welches auf den Namen «Even The Devil Believes» getauft wurde und bei dem zum ersten Mal der Firehouse-Bassist Perry Richardson als neues Mitglied vorgestellt wird. Sänger Michael Sweet wusste einiges zu erzählen, aus dem Hier und Jetzt, sowie natürlich aus dem Damals.

MF: Was kannst du über das neue Werk sagen…

Michael: …ich bin sehr zufrieden mit ihm und ich spreche auch im Namen der anderen Bandmitglieder. Wir sind in der glücklichen Lage, unseren kreativen Output super gebündelt zu haben, und zum richtigen Moment. Ich der festen Überzeugung, dass es das beste Album von uns geworden ist. Ich weiss, das sagen alle Musiker. Der Unterschied zwischen ihnen und mir ist jedoch, ich meine es sehr ernst. Das hat nichts damit zu tun, dass ich «Even The Devil Believes» bewerben will. Oder dass ich etwas Aufbauen will, damit die Leute darüber sprechen. Wir haben die Gunst der Stunde genutzt, als die Pandemie ausbrach. Kurz davor trafen sich Perry, Robert (Sweet, Schlagzeug) und Oz (Fox, Gitarre) in meinem Haus, um an den neuen Songs zu schreiben. Dabei lasen wir die News über China und den Virus und konnten kaum glauben, was da passierte. Der Lockdown hat alles verändert. Dies hatte aber auch was Gutes, nämlich dass ich glücklicherweise meinen Gesang bei mir zu Hause aufnehmen konnte. Zudem nahm ich meine Gitarrensolos auf, und Oz seine bei sich zu Hause. So wurden die ersten Teile gemischt. Durch die modernen Möglichkeiten wie Facetime, waren wir immer in Kontakt und haben so das Album produziert und komponiert. Es war grossartig. Das Schöne war zudem, dass ich keinen Druck spürte. In der Vergangenheit war der um einiges grösser. Der Zeitplan musste eingehalten werden und man hatte die Plattenfirma im Nacken, die einen neuen Hit wollte, oder zumindest dass die Lieder und das Werk besser in die Charts einsteigt. Verkauften wir mit dem Vorgänger 500'000 Einheiten, war klar, wo die Messlatte für seinen Nachfolger lag. Seit zehn Jahren arbeiten wir drucklos und können machen, was und wie wir wollen. Wir verfolgen unseren eigenen Zeitplan, produzieren wenn die Zeit reif ist und lassen uns vorher genügend Zeit zum Komponieren. Der grosse Unterschied vom neuen Werk zu den anderen ist, dass wir einen neuen Bassisten in der Band haben. Viele Leute wissen das nicht. Er hat vieles zur neuen Scheibe beigetragen. Die Art wie er Bass spielt und seine grossartigen Gesangslinien (erinnert Euch an Firehouse, dann wisst Ihr, was Euch erwarten wird!). Das ist etwas Neues in der Musik von Stryper und hat uns sehr geholfen, einen anderen Level zu erreichen.

MF: Wieso hat euch Timi Gaines verlassen?

Michael: Wenn du die Geschichte von Stryper kennst, war er immer wieder in und aus der Band. Das ist in all den Jahren einige Mal passiert. Wir waren der Meinung, dass es besser ist getrennte Wege zu gehen, mit einem neuen Bassisten durch zu starten und nicht plötzlich wieder ohne Basser da zu stehen. Perry ist unser neuer Bassist, und das macht uns sehr stolz! Ich hoffe, dass diese Konstellation lange halten wird. Es ist nicht einfach ein neues Mitglied zu finden, das mit Gefühl und Technik spielt, aber auch Persönlichkeit hat und ein guter Performer auf der Bühne ist. Meistens findet man einen tollen Bassspieler, der aber menschlich nicht zu uns passt. Oder dann funkt es menschlich, aber sein Spiel ist miserabel. Perry kann spielen, singen und ist ein wundervoller Mensch. Er hat immer ein Lächeln in seinem Gesicht, ist immer am Grinsen und glücklich. Eine solche Persönlichkeit in der Band zu haben, ist sehr erfrischend. Zudem wirkt sich seine gute Laune auf die komplette Truppe aus.

MF: Neben Timi habt ihr bei Stryper immer ein sehr stabiles Line-up gehabt. Was ist das Geheimnis, dass du, Robert und OZ immer zusammengehalten habt?

Michael: Ganz einfach gesagt, Brüderlichkeit. Wir sind wie Brüder miteinander. Klar, Robert ist mein Bruder (grinst). Wir sind Blutsbrüder und zusammen aufgewachsen, und Oz ist wie unser zweiter Bruder. Ihn habe ich kennengelernt, da war ich elf Jahre alt. Wir haben zusammen die High-School besucht. Gemeinsam haben wir eine Historie und ich denke, das ist das Geheimnis von unserer langen Reise. Perry ergänzt uns perfekt. Wir lieben es mit ihm auch neben der Musik Dinge zu tun und mögen seine Familie sehr. Es ist nicht nur die Musik, sondern viel mehr, das wir teilen und uns verbindet.

MF: Neben Stryper hast du deine Solo-Karriere am Laufen und bist bei Sweet/Lynch mit George Lynch zusammen. Wie wichtig sind diese Bands für dich?

Michael: Beide sind sehr wichtig für mich. Bei meinen Solo-Songs kann ich noch mehr meine Kreativität ausleben. Dabei experimentiere ich ein bisschen mehr. Das Sweet/Lynch-Projekt… Ich liebe die Zusammenarbeit mir George und ich hoffe, dass wir noch vieles zusammen schreiben können. Wir sollten uns für eine Tour verpflichten, so dass wir wieder an einem neuen Album arbeiten müssen. Es war schwer die ersten beiden Scheiben zu veröffentlichen und sinnlos solche Alben zu veröffentlichen, wenn man nicht tourt. Das ist kein gutes Zeichen für die Fans. Bei den Tracks mache ich keinen grossen Unterschied, was kommt jetzt auf eine Stryper-Scheibe, was wird solistisch verwendet und was passt zu Sweet/Lynch (lacht). Logisch, in der Regel weiss ich, was zu Stryper passt und was nicht. Bei meinem letzten Solo-Album «Ten» habe ich einige Songs geschrieben, die auch gut zu Stryper gepasst hätten, wie zum Beispiel «Shine» oder «Son Of Man». Bin ich am Komponieren, mache ich mir darüber aber keine Gedanken. Wenn ich es fühle und mag, dann lass ich dem Ganzen freien Lauf. Im Moment gibt es Pläne mit meiner Soloband zu touren. Dabei sollte Tony Harnell (ehemals TNT) den Support spielen. Das letzte Album war hier in den Staaten recht erfolgreich, und ich hoffe, dass es auch mit möglichen Konzerten für Europa klappt. Mit Sweet/Lynch würde ich sehr gerne auftreten. Aber das liegt an George. Es scheint schwierig zu sein, ihn für Konzerte zu motivieren. Klar, im Moment hat der Virus alles lahm gelegt. Mal schauen, was realisiert werden kann. Ich bin sehr dankbar, dass meine Stimme mich nicht im Stich lässt. Je älter ich werde, desto schwieriger ist es die hohen Passagen hinzukriegen (grinst). Ich versuche stets zu meiner Stimme zu schauen, damit auf Tour alles klappt wenn ich auf der Bühne stehe. Über all die Jahre hat sich mein Gesang verändert. Er ist ein bisschen tiefer geworden. Ich denke nicht, dass dies ein schlechtes Zeichen ist, sondern die pure Realität. Ich bin dankbar, dass ich noch immer singen kann oder besser gesagt noch immer mehr oder weniger so singen kann, wie ich will.

MF: Vermisst du die grossen Bühnenproduktionen der achtziger Jahre und all die Videos?

Michael: Ja, das tue ich! Wir haben damals vieles mitbekommen und waren ein Teil dieser Szene. Heute ist alles kleiner geworden und wir spielen vor 1'000 Leuten. Dies jeden Abend für sechs Wochen macht noch immer sehr viel Spass. Kommen wir nach Hause, gehts dann zu den grossen Festivals mit 25'000 Besuchern. Stryper sind noch immer ein Teil des Ganzen, während viele Truppen von damals nicht mehr existieren. Klar vermisse ich die Energie des Publikums, wenn man in grossen Arenen spielt, das war sehr aufregend. Aber heute kann mir eine mittelgrosse Clubtour ein ähnliches Gefühl vermitteln…

MF: In der Vergangenheit wart ihr bekannt für eure schwarz/gelben Kleider. Wo sind die abgeblieben?

Michael: Wir sind noch immer die Gelb/Schwarzen (lacht). Nicht mehr so auffällig wie früher, sondern spielen damit eher beim Drumkit oder den Gitarren. Aber lass dich vom neuen Video überraschen, es wird dir gefallen.

MF: Dann bin ich gespannt. Besten Dank für das Interview, und bleibt zu hoffen, dass ihr auch den Weg nach Europa findet…

Michael: …ja, das letzte Konzert mussten wir absagen, weil Robert krank war. Wir lieben es bei euch zu spielen, da die Schweiz ein sehr schönes Land ist. Danke dir für deine Zeit und ich verspreche dir, dass wir uns in der Schweiz sehen werden! "God bless you!"



Stryper 2019


Stryper 1985