Interview: Sound Of Contact
By Liane P.
Ganz modern auf den Spuren der 70er Prog' Bands.



Nach drei veröffentlichten Alben die vom Musikstil Pop-Rock geprägt sind, entschied sich Simon Collins (Sohn von Phil Collins) zukünftig anspruchsvollere Wege zu gehen und wechselte musikalisch in Richtung Progressive Rock. Mit Dave Kerzner (Keyboards) und Matt Dorsey (Bass) sowie diversen Gastmusikern, schien 2009 die ideale Verbindung gefunden zu sein, und so wurde die Band Sound Of Contact geboren, die mich beim Auftritt im Z7 (Spock's Beard Tour 2013) aufhorchen liess. Das Konzept-Debüt «Dimensionaut», bei dem der Zeit- und Raumreisende Dimo den thematischen Rahmen bildet, konnte die Band im Zuge ihrer Welttournee beim "Night Of The Prog Festival" auf der Loreley (Deutschland) vorstellen. Metal Factory sprach dort mit Dave Kerzner, der einen wichtigen Beitrag zum Gelingen des Projekts beigesteuert hatte, über die Eindrücke des legendären Festivals inklusive Brand hinter der Bühne, Zukunftspläne und warum qualitativ hochwertige Zutaten nicht nur das Essen, sondern auch die Musik beeinflussen...

MF: Tolles Wetter, historischer Ort – in wie weit war dir bewusst, wie aussergewöhnlich dieser Tag für euch hier wird?

Dave: Ich habe von dem Ort hier an der Loreley schon sehr viel gehört und konnte das Konzert, welches Marillion hier im Jahre 1987 gegeben haben, anschauen. Aber um ehrlich zu sein, jetzt wo ich selbst hier bin und bei grossartigem Wetter am Rhein entlang fahren konnte und die aussergewöhnliche Landschaft sehen konnte, komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ich bin hin und weg, es ist grossartig hier zu sein. Weisst du, ich bin Amerikaner und komme aus Florida, einer Gegend, wo es mehrheitlich einfach nur flach ist. Ich bin wirklich sehr beeindruckt und hätten wir mehr Zeit gehabt, hätte ich ein paar Tage angehängt, um die Gegend zu erkunden. All diese Burgen, unglaublich. Und dann auch noch hier spielen zu dürfen ist einfach unbezahlbar!

MF: Was interessiert dich musikalisch gesehen hier am heutigen Line-Up? Auf welche Künstler bist du am meisten gespannt?

Dave: Ich muss sagen, dass alle, die heute auftreten, sehr interessant sind: Sanguine Hum, The Pineapple Thief oder auch Crippled Black Phoenix gefallen mir ganz gut und wir fühlen uns sehr wohl in deren Gesellschaft. Spannend ist auch, welche unterschiedlichen Stile die Bands nutzen und mischen, es ist unglaublich abwechslungsreich. Viele moderne Elemente im Sinne von Radiohead oder auch MUSE, die ja gestern hier gespielt hatten, dann wieder traditioneller Prog Rock aus den alten Tagen. Gefällt mir gut.

MF: Die Musik von Sound Of Contact ist ebenfalls abwechslungsreich und auch anspruchsvoll, aber wie ich finde, sehr zugänglich, was nicht negativ gemeint ist. Ist es eure Mission, den Prog Rock in Richtung Massentauglichkeit zu entwickeln?

Dave: Lass es mich so erklären. "Bring the Prog back&" ist das Kennzeichen unserer Tour und was wir damit sagen, bzw. bezwecken möchten ist, das Genre damit zu huldigen. Viele Bands sind von den Labels abhängig und wir sind zum Glück in der Position, Musik machen zu können, die uns gefällt, egal in welche Schublade man das stecken möchte. Wir möchten die Leute auf das Genre aufmerksam machen, da es grosse Aufmerksamkeit verdient. Die Musik konzentriert sich nicht auf kurze Stücke, sondern auf anspruchsvolle Melodien, die dynamisch sind, Luft zum Atmen lassen, künstlerischen Freiraum schaffen und Geschichten erzählen. Das ist das, worauf wir abfahren. Wir möchten das Genre feiern und nicht nur auf die Bands aufmerksam machen, die in den 70ern stilprägend waren, sondern auch modernere Bands, wie zum Beispiel Porcupine Tree. Es braucht viel mehr davon! Wenn man zurück blickt, Bands wie Pink Floyd, Genesis oder Yes konnten früher Arenen füllen und haben die Leute begeistert mit ihrer Musik. Da wurden Emotionen freigesetzt. Das war grossartig und es wäre toll, wenn die Art von Musik wieder mehr an Popularität gewinnen würde. Bei unserem Album «Dimensionout» ist es so, dass wir Wert auf Melodien gelegt haben. Im Gegenzug bietet es jedoch auch sehr viele virtuose Momente, wodurch die Balance zwischen Komplexität und Zugänglichkeit gehalten wird. Das war unser Ziel, und wir hoffen, wir können somit wenigstens einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass die Leute sich wieder verstärkt diesem breitgefächertem Genre widmen werden.

MF: Wer oder was hat deine Aufmerksamkeit Richtung Prog-Rock gelenkt?

Dave: Ich habe auch über die eher zugänglicheren kommerzielleren Songs den Zugang gefunden. Es gibt Leute, die zum Beispiel die kommerziellen Hits von Genesis gehört haben und dann das Album «Duke» entdeckten und dachten "boah, was ist denn das?!" Es wäre grossartig, wenn wir mit Songs wie «Not Coming Down» oder «Closer To You» die Leute neugierig auf unser Album «Dimensionout» machen könnten und dann, wenn sie den Track «Möbius Slip» hören, welcher aus vier Teilen besteht, plötzlich etwas Neues für sich entdecken, was sie so bis anhin nicht kannten.

MF: Ich muss sagen, dass ich «Dimensionout» mittlerweile fast jeden Tag zu Hause anhöre. Es gibt so viele Veröffentlichungen, die man toll findet, aber irgendwann dann doch wieder zur Seite legt. Das passiert mir mit eurem Album nicht.

Dave: Interessant, ich kenne das, es gibt so etwas wie verschiedene Levels die man durchläuft, wenn man ein Album hört. Ich höre ein Album immer erst mal ganz durch, und dann kann es sein, dass ich es zur Seite lege und nie mehr anhöre, obwohl ich es ja extra gekauft habe. Dann gibt es Alben, wenn ich sie zum 3. Mal gehört habe, dann reissen sie mich mit oder ich habe schon genug davon. Dann hat es sich für mich erledigt. So etwas von dir zu hören oder von anderen Leuten, das ist für mich die Bestätigung, dass wir unsere Mission erfüllt haben. Jemand der sagt, dass er von dem Album nicht genug haben kann, das ist grossartig zu hören.

MF: Soweit ich weiss, schreibt ihr auch schon an neuem Material für ein weiteres Album?

Dave: Eigentlich schreiben wir immer an neuen Songs. Es ist nicht so, dass wir einen konkreten Plan haben der besagt, dass wir jetzt am nächsten Album arbeiten oder uns ein neues Konzept überlegen, was konkret das Thema zum nächsten Album sein wird. Es verläuft alles sehr natürlich. Wir schreiben neue Songs, bringen Ideen ein und überdenken das Material und verlassen uns auf unser Gefühl. Musik hat viel mit Emotionen zu tun und das gibt uns die Möglichkeit authentisch zu sein. Wir setzen uns nicht zusammen und bestimmen "Ok, lass uns nun ein Album über Ausserirdische schreiben" (lacht). Nun, wir könnten das schon, aber das wären nicht wir.

MF: Ich freu mich in jedem Fall auf neues Material. Lass uns mal den Auftritt von heute reflektieren. Es gab da leider ein paar technische Probleme, was war denn los?

Dave: Was, wir hatten Probleme? (lacht) Oh Gott, nun ja, es gab da tatsächlich ein paar technische Probleme, weswegen wir auch nicht das volle Set spielen konnten. Die Stromversorgung ist immer eine grosse Herausforderung. Wir bringen unsere Instrumente aus Grossbritannien und aus den USA, dazu kam dann das Zusammenspiel mit der Stromversorgung hier in Deutschland, was aus irgendwelchen Gründen Probleme generierte. Das hat eine Weile gedauert, bis wir das in den Griff bekommen hatten. Dazu kam noch, dass wir ein kleines Feuer hinter der Bühne hatten. Unser Tour-Manager Graham hatte das dann noch zu bewältigen. Ich hatte das gar nicht gross mitbekommen. Es wäre eine Katastrophe gewesen, hätten wir das nicht unter Kontrolle bekommen.

MF: Ach, das wäre doch noch ein toller Nebeneffekt gewesen : Sound Of Contact – die feuerspuckenden Prog Rocker!

Dave: (lacht) Oh ja, eigentlich schon. Spontan Pyrotechnik aufgefahren! Die Leute wären begeistert gewesen und hätten noch Wochen danach davon gesprochen: „Wow, ich kann immer noch nicht glauben, was Sound Of Contact da gebracht haben, das war ausserirdisch!“ Nun ja, das Ganze hat uns schon ein wenig gestresst muss ich sagen, wir dachten was geht denn hier ab. Wir wollten doch einfach nur unsere Musik präsentieren! Nun ja was solls, es kann nicht immer alles perfekt verlaufen. Damit muss man rechnen. Es war ein toller Spirit auf dem Festival und wir sind froh, dass wir dort spielen konnten. Man muss es nehmen wie es kommt und ich muss sagen, mir sind da heute Sachen passiert, die sind mir noch nie zuvor passiert. Mein oberes Keyboard fabrizierte ein paar ganz wilde Dinge. Da musste ich improvisieren und mir was einfallen lassen. Dann habe ich mir noch brutal den Kopf angestossen, das tat wirklich weh. (lacht) Was solls, darf man alles nicht so ernst sehen. Für uns war es das erste Mal, dasS wir «Möbius Slip» in voller Länge gespielt hatten. Das war wirklich ein Highlight!

MF: Du bist ja Gründer und CEO von "Sonic Reality", einer Musik Software Firma aus Los Angeles, die bereits mit namhaften Künstlern wie Neil Peart (Schlagzeuger von Rush) zusammengearbeitet hat und damit sehr erfolgreich ist. Wie bekommst du das mit Sound Of Contact unter einen Hut?

Dave: Nun, ich bin in der glücklichen Situation sagen zu können, dass ich ein grossartiges Team um mich herum habe, auf das ich mich verlassen kann. Es gibt da Gary, meinen Bruder, der sich ebenfalls um die Firma kümmert, wenn ich nicht da bin. Dann gibt es noch Erik Norlander, der die Zügel zusammen hält. Er ist auch Keyboarder und hat bereits mit Grössen wie James LaBrie, Glenn Hughes, Kristoffer Gildenlöw und Joe Lynn Turner zusammen gearbeitet. Ich übernehme den Teil rund um die Produktion der Produkte und die Sessions mit den Künstlern und so. Das bedeutet, ich mache all das, was Spass macht und die anderen machen die Drecksarbeit. (lacht) So läuft das. Nun, mal ehrlich, ich denke was uns alle zusammen auszeichnet, ist, dass wir selbst Musiker sind und die Kunden das sehr schätzen und dadurch grosses Vertrauen in unsere Arbeit haben. Zum Beispiel Steven Wilson, Tony Banks und Rick Wakeman sind begeisterte Nutzer unserer Produkte.

MF: Apropos Tony Banks (Genesis), Simon und du sind auf dem Album von Steve Hackett «Genesis Revisited II» vertreten. Wie war hier die Zusammenarbeit?

Dave: Die Zusammenarbeit resultierte daraus, dass Steve Hackett beim dritten Solo-Album von Simon («U-Catastrophe») auf einem Song mitwirkte. Simon und ich wiederum arbeiteten an einem Genesis Cover («Keep It Dark» vom Album «Abacab»), was eigentlich der erste Song gewesen ist, den wir überhaupt zusammen gemacht hatten. Und, ich muss es vorsichtig sagen, wir hatten Steve Hackett mit der Zusammenarbeit einen Gefallen getan und ihm auf seinem Album «Genesis Revisited II» ausgeholfen. Eigentlich ist es ja eher eine Ehre für uns, da mitwirken zu können, wir müssen Steve ja keinen Gefallen leisten (lacht). Aber wir haben uns alle gegenseitig unterstützt. Steve hat sogar auf einem meiner Songs mitgewirkt und zwar auf einem Rush Tribute Album, wo wir die originalen Neil Peart Tracks benutzt haben. Also ein Produkt aus dem Sortiment meiner Firma Sonic Reality, über die wir zuvor gesprochen hatten. So kam die Zusammenarbeit bezüglich dem Song «Supper's Ready» zustande. Er spielt für uns, wir spielen für ihn. Eine Art Tauschgeschäft. Ursprünglich bot uns Steve den Song «Dancing With The Moonlight Knight» an, aber wir fanden, dass das jemand mit einem britischen Akzent singen sollte. Simon ist zwar Engländer, aber er hat den grössten Teil seiner Zeit in Kanada gelebt, daher ist nichts mehr vom britischen Akzent übrig geblieben. War zwar etwas dekadent, aber wir fragten ihn, ob es noch einen anderen Song geben würde, auf dem wir mitwirken könnten. Dann sprach er von «Supper's Ready» und wir waren sofort begeistert.

MF: Jetzt mal eine private Frage. Ich habe gehört, dass du ein grossartiger Koch bist und gutes Essen sehr schätzt. Ist das richtig?

Dave: Ich liebe gutes Essen, das ist richtig, aber ich würde nicht sagen, dass ich ein professioneller Koch bin. Bei mir ist es so, ich gehe in ein Restaurant und finde ein Gericht extrem lecker. Dann rede ich mit dem Koch oder versuche es einfach selbst zu Hause nachzukochen und versuche hochwertiges Essen, so wie man es in den Restaurants bekommt, selbst zu kreieren. Das mache ich gerne. Ich koche auch gerne für Freunde oder für die Band. Ich bin quasi für das Band-Catering zuständig. Simon und Matt kochen auch sehr gut, aber die sind einfach zu faul dazu (lacht). Weisst du, was mich so fasziniert, ist das Improvisieren beim Kochen. Ich weiss ja nicht wie viele Musiker gerne kochen, aber ich koche zum Beispiel nie nach Rezept. Ich überlege mir, welche Zutaten gut zusammen passen würden, und dann handle ich nach meinem Gefühl. Und so ist das auch mit der Musik, ich improvisiere und handle intuitiv. Das ist das beste Rezept (lacht). Und wichtig ist natürlich auch die Qualität der Zutaten. Amerikaner tendieren dazu, viel zu essen und die Menge ist dabei das Wichtigste. Ich finde die Qualität der Zutaten viel wichtiger. Zum Beispiel wenn ich schon etwas ungesundes essen möchte, dann soll es wenigstens qualitativ herausragend sein. Wenn es ein Schokokuchen sein soll, dann bitte schön selbst gemacht und nur mit den besten Zutaten. (lacht)

MF: Danke dir für das tolle Interview, bist du bereit für den nächsten Act? Magma? Das wird speziell.

Dave: Hat mir sehr viel Spass gemacht das Interview, danke dir! Oh ja Magma....