Interview: Soilwork
By El Muerte
Mit Soilwork's Sänger Björn 'Speed' Strid ein Interview zu führen, hat sich schon das letzte Mal als äusserst faktische Angelegenheit erwiesen. Der Ausnahmevokalist gibt sich meist höflich distanziert, kommt aber infolge dessen äusserst selten aus sich raus. Dass er dabei trotzdem einige heikle Fakten zur bandinternen Politik, respektive den Line–Up–Wechseln preisgibt, spricht dabei aber klar für seine offene Art. Björn war bei unserem Treffen gerade dabei, im Internet–Raum des Z7 seine Mails zu checken, während Drumm–Monster Dirk Verbeuren es sich draussen auf dem Boden mit Laptop und Kopfhörern gemütlich gemacht hatte…

Metal Factory (MF): Wie geht's?

Björn Strid (BS): Gut! Es ist schön, wieder hier zu sein, ich meine… Das wird eine wilde Show – ich glaube viele Leute werden da sein…

MF: Ja, es wurden etwa 600 Tickets verkauft, also…

BS: Überhaupt nicht schlecht!

MF: Ihr seid die letzten Jahre ein paar ordentliche Schritte nach vorne gekommen – Letztes Mal als ihr hier durchgekommen seid, war das als Support von Amorphis, Hypocrisy, und co…

BS: Ist die Eastpack–Tour nicht hier durch gekommen?

MF: Nein, das war in Zürich im Abart–Club.

BS: Ah ja, sorry.

MF: Angesichts der andauernden Line–Up Wechsel, wie stehst du zu der aktuellen Formation?

BS: Nun… Von dieser hier habe ich eigentlich immer geträumt. Ich meine, es ist wirklich gut, Peter (Wichers, Gitarre) wieder dabei zu haben, es fühlt sich wie die definitiven Soilwork an. Ich will jetzt nicht sagen, dass das letzte Album schlecht war, ich denke sogar, dass es ziemlich gut ist, und alle haben einen tollen Job gemacht… Aber trotzdem, irgendwie… Die Chemie, das hat sich nicht wie Soilwork angefühlt. Ich habe Peter genau wie die anderen auch total vermisst, und ihn jetzt zurück zu haben… Peter und ich haben die Band gestartet, Flink (Ola, Bass) war von Anfang an dabei, Sven (Karlsson, Keyboards) fast seit dem Anfang, und Dirk (Verbeuren, Drums) seit 'Stabbing The Drama', das fühlt sich wirklich an wie Soilwork. Und nun noch Sylvain (Coudret, Gitarre)… er ist ein unglaublicher Gitarrist, jetzt haben wir dieses Killer–Gitarrenduelle, das hatten wir vorher nie.

MF: Tatsächlich habe ich nie ganz kapiert, wie das mit Daniel (Antsson, Teilzeitgitarrist) gelaufen ist…

BS: Nun, Daniel war als Ersatz für Peter an Bord, also auch wenn es hart erscheint, es machte einfach Sinn, dass Peter seine Rolle wieder komplett übernimmt. Und wir wollten Daniel ja nicht umherschieben, im Sinne von «So, jetzt kümmerst du dich um Frenning's Material!» (Ola Frenning ist ein weiteres Gründungsmitglied, das ebenfalls vor kurzem ausgeschieden ist). Es erschien logisch, auch wenn es etwas barsch wirkt. Wir hatten Sylvain schon als Ersatz für Ola Frenning bestätigt, also blieb nur diese Möglichkeit. So läuft das halt manchmal, das war garantiert keine einfach Entscheidung, aber halt die best mögliche.

MF: Angesichts der Tatsache, dass ihr trotz der Line–Up–Wechsel nach wie vor Hammer–Alben hervorbringt – was macht denn Soilwork aus?

BS: Ich denke, wir kommen halt von unterschiedlichen musikalischen Backgrounds, aber können dies in eine gemeinsame Vision kanalisieren. Es gibt tonnenweise andere Bands, die mit Intensität und Melodie arbeiten, aber wir hatten immer etwas spezielles, wie ein Spezialrezept, und ich habe keine Ahnung, was das ausmacht. Wir entfernen uns zwar von dem, was generell 'Metal' ausmacht, hauen aber immer noch ordentlich drauf, also…

MF: 'Sworn To A Great Divide' ist jetzt seit etwas mehr als einem Jahr draussen, wie denkst du mittlerweile über dieses Album?

BS: Wie gesagt, ich mag es immer noch. Ich denke, es halt viel gutes Material dabei, aber ich war halt mit 'Stabbing…' glücklicher. Aber ich versuche jetzt vorwärts zu schauen, weil ich weiss, dass wir etwas noch viel besseres erschaffen können. Es wird kommen.

MF: Wo unterscheiden sich denn diese beiden Alben?

BS: Hm… 'Stabbing…' hat ein etwas kühleres und eigenständiges Charisma, 'Sworn…' fühlt sich eher wie ein ungeordneter Haufen an guten Ideen an. Ihm fehlt einfach der Fokus.

MF: Wie kommt's, dass der Song 'Martyr' dabei als Bonus verwendet wurde?

BS: Das ist eine sehr gute Frage. Einfach bescheuert.

MF: …

BS: …Das ist einer der Gründe, weswegen es mit Ola einfach nicht geklappt hat, er hat diese Entscheidung für die Band getroffen. Der Song wurde als Bonus verwendet, weil er seiner Meinung nach nicht zum Rest passte. Also hat er ihn als Bonus drauf gepackt. Ich meine, wenn du dir die Setlist–Wahl–Resultate für die anstehende US–Tour anguckst, 'Martyr' ist da weit oben dabei, beinahe… Ich glaube, 'Exile' führt, und danach kommt gleich 'Martyr'. Irgend sowas. Aber weisst du, wir werden das vielleicht noch mal aufnehmen, oder live spielen, weil die Leute den Song mögen. Echt.

MF: Ok. Wenn du die Scheibe generell zwischen die restlichen stellen müsstest, welchen Platz würde sie da einnehmen?

BS: Ich denke, es war einfach wichtig, diese Scheibe zu machen, es ist garantiert meine beste Gesangs–Performance, vor und nach dem Album habe ich einen ordentliche Entwicklung durchgemacht. Es war ein wichtiger Schritt, gesangsmässig. Ich kann nicht für die anderen sprechen, aber ich glaube wir mussten diese Scheibe einfach machen, und… Ich denke nicht, dass das noch viel besser gegangen wäre, wir haben einen guten Job gemacht. Es ist nichts wirklich schlechtes daran, es hinterlässt nur einen unordentlichen Eindruck… Keine Ahnung… Vielleicht
bin das auch nur ich.

MF: Wie kommt's, dass der Live–Video–Bootleg aus dem Z7 stammt?

BS: Nun, wir haben es uns angeguckt, und es hat ganz ok ausgeschaut. Wir wollten halt was exklusives draufpacken… Es hat keinen guten Sound, aber als offizielles Bootleg geht das durch. Wir hatten halt nix sensationelles am Start, also haben wir uns für das entschieden.

MF: Plant ihr irgendwas in die Richung einer Live–Aufnahme?

BS: Ja, definitiv. Jetzt wo wir dieses finale Line–Up haben, werden wir definitiv eine nette DVD machen.

MF: Aber ohne klaren Zeitplan für den Moment?

BS: Nein, nichts klar definiertes. Ich meine, das erste Album wurde gerade vor zehn Jahren veröffentlicht, da wäre es halt schon cool gewesen, etwas dieses Jahr zu machen – Aber wir hatten einfach zu viel um die Ohren.

MF: Wie läuft das bei euch, wenn ihr Songs schreibt? Bleibt Dirk in Frankreich zwischen den Touren?

BS: Er lebt jetzt in Cleveland…

MF: Oh – Also bleibt er dort?

BS: Er kommt ursprünglich aus Belgien, und wohnte dann dann viele Jahre in Frankreich.

MF: Ok, also er bleibt in Cleveland, Peter in Nashville… Wie zieht ihr das durch?

BS: Nun, mit Hilfe der Internets. Vielleicht werden wir vor den Aufnahmen etwas jammen. Ich denke, wir werden einfach jede Menge Files hin und her schieben.

MF: Und das funktioniert?

BS: Ja, ich… ich… (überlegt) ich hoffe zumindest. Wir treffen uns halt nicht so oft. Das haben wir mit dem alten Line–Up nie gemacht, wir haben uns halt getroffen, und dann gleich so Konferenzen abgehalten… Das wird schon klappen.

MF: Auf der 'Stabbing…'–Scheibe gab's einen komischen Sprung zwischen den Songs 'Weapon Of Vanity' und 'Crestfallen' – Wie kommt's?

BS: Das Mastering war defekt. Es ist unglaublich. Eine der grössten Mastering–Firmen in Schweden, die machen 'The Cardigans' und all das… die haben das geschafft.

MF: Ihr Jungs scheint ziemlich ruhig zu leben, ausser bei Album–Releases und Tourankündigungen hört man nicht viel von euch – An was liegt das?

BS: Nun… Wir könnten definitiv etwas an unserem Profil arbeiten, wir könnten etwas sichtbarer sein… Aber wir machen das nicht mit Absicht. Wir sind halt sehr auf die Musik fokussiert, immerhin ist das eine kleine Firma, verstehst du? Wir wollen natürlich weiter davon leben können, da müssen wir uns schon etwas bewegen.

MF: Woher holst du dir eigentlich deine Inspiration?

BS: Persönliche Erfahrungen – Ich versuche mit den Texten bestimmte Stimmungen, Wortkombinationen, Sätze und Erfahrungen zu kombinieren. Wenn sich etwas gut anfühlt, dann versuche ich, das aufrecht zu erhalten.

MF: Wenn ich das richtig kapiert habe, kümmerst du dich auch etwas um das Songwriting?

BS: Ja, ich habe '20 More Miles', 'Exile' und 'As The Sleeper Awakens' geschrieben.

MF: Beeinflussen die Gesangslinien und die Songstrukturen/Riffs sich gegenseitig?

BS: Normalerweise kriege ich die Songs ziemlich komplett, und pappe dann Melodien und Texte obendrauf. Aber diesmal war das anders, es war eine Herausforderung, ich konnte Songs von Grund auf komplett selber basteln, das war neu für mich. Aber es kam wirklich gut raus, also…

MF: Wenn ihr aufnehmt, bleiben die Songs unangetastet, oder ist da immer noch Platz für Veränderungen?

BS: Manchmal klappt's beim ersten… Weisst du, ich füge den Gesang hinzu, und dann fühlt es sich gleich richtig an, dann ändern wir nur noch kleine Details. Aber manchmal ändern wir den Song komplett, natürlich. Vielleicht behalten wir den Refrain, und machen eine total andere Strophe, das kommt vor. Normalerweise sind wir aber mit dem durch, bevor wir ins Studio gehen – aber wir sind immer für Veränderungen offen, um die Sache etwas zu würzen.

MF: Für die Instrumental–Aufnahmen habt ihr diesmal mit den Darkane–Jungs gearbeitet, für den Gesang habt ihr Devin (Townsend, Produzenten- und Gesangs/Gitarren–Genie aus Vancouver, dazu Kopf hinter Bands wie 'Strapping Young Lad' oder 'Ziltoid') dazu geholt – Werdet ihr das das nächste Mal auch so machen?

BS: Soweit es Devin angeht… ich würde liebend gerne jede Scheibe mit ihm machen. Es ist nicht gerade billig, über den Ozean nach Vancouver zu fliegen, aber nach wie vor sehr gerne. Keine Ahnung, wie genau wir die nächste Scheibe aufnehmen werden… Wahrscheinlich nicht zu Hause, das ist einfach zu nahe. Auch wenn Peter in Nashville lebt, und Dirk in Cleveland, in Schweden fühlt es sich einfach zu bequem an. Nicht wirklich fokussiert.

MF: Ok – Wie schaut's auf Tour aus, wir konzentrierst du dich bei all dem Chaos auf die Gigs?

BS: Nun, am Morgen versuche ich, gar nicht an den anstehenden Gig zu denken, ich versuche mich zu entspannen, etwas zu trainieren, zudem lese ich viel. Und dann mache ich noch etwas Gesangs–Coaching, heute waren auch wieder zwei Leute dafür da, das macht Spass (Man kann Björn neuerdings als Gesangs–Trainer anheuern, und trifft sich dann mit ihm auf der jeweiligen Soilwork–Tour). Dafür müssen wir jeden Tag etwas improvisieren, das ist jedes Mal anders.

MF: Ok, Danke – Das wäre es schon fast gewesen. Letzte Frage: Hast du euren Schweizer Fans noch etwas zu sagen?

BS: Nun, ich meine… sollte ich sagen, dass ich überrascht bin, dass heute so viele Leute kommen werden? Das freut mich wirklich! Wir haben in der Schweiz definitiv an Boden gut gemacht, und jetzt freue ich mich einfach auf das heutige Konzert. Natürlich ist es praktisch, Ikea gleich um die Ecke zu haben, ich war heute dort… Auf jeden Fall wird's klasse!

MF: Ok, besten dank!

BS: Danke dir.


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