Interview: Silent Force
By: Saskia B.
Alex BeyrodtIm Bett mit Alex..., so wollte ich das Interview eigentlich nicht betiteln, aber es ist einfach zutreffend. Es fand in D-Neunkirchen in einer Kneipe statt, in welcher alte Schränke, Betten etc. zu Sitzgelegenheiten umfunktioniert wurden. Erst war es ja auch sehr gemütlich an unserem Bett-Tisch, bis sich direkt nebenan eine Horde angetrunkener Gäste breit machte. Warum haben wir Metaller (die wir vor einer Cola sassen) dann eigentlich immer gegen unseren schlechten Ruf anzukämpfen? Wir waren doch nüchtern! Auf jeden Fall bewies Alex eine ganze Menge Ausdauer und Improvisationstalent. Hier das Ergebnis:

MF: Es ist ja jetzt schon eine ganze Weile her, seit die letzte CD von euch veröffentlicht wurde. Gibt es schon konkrete Pläne für den Nachfolger?
Alex: Ja, wir haben parallel zu den Proben, die wir jetzt für diese paar Gigs und die USA-Show hatten, ein paar Songs geschrieben. Bei mir im Studio haben wir komponiert, daran gearbeitet und jetzt zwanzig Songs fertig, die nun demomässig bearbeitet werden. Nächstes Jahr im Februar wollen wir ins Studio gehen und die Songs aufnehmen. Es wird aber wahrscheinlich Herbst, bis die CD veröffentlicht wird, wenn man das ganz realistisch sieht. Wir würden das Album natürlich gerne früher rausbringen, aber so im Juli/August macht das irgendwie nicht richtig Sinn, da sind eh alle im Urlaub. So kommt es dann eben nach dem Sommerloch raus.

MF: Gibt es schon einen Arbeitstitel für die CD?

Alex: Ja, es gibt einen..., er heisst "Line of attack".

MF: Wie viele der Songs wollt ihr denn endgültig auf die CD machen?

Alex: Das ist noch ein bisschen schwierig, ich schätze mal die Hälfte, also so zehn bis elf, das Übliche...

MF: Beim neuen Projekt "Missa Mercuria" hast du die Songs dafür geschrieben und DC Texte dazu beigetragen, oder?

Alex: Ja, da habe ich Sachen dafür geschrieben und auch eingespielt. DC (Cooper) hat die Texte geschrieben und eingesungen, genau..., stimmt!

MF: Ist es auch geplant zu touren?

Alex: Nee..., ne das ist alles von einer Frau namens Karin Forstner aus München gemacht worden. Sie hatte die Idee dazu und schrieb das ganze Konzept. Es war so als eine Art Musical gedacht. Ob es dieses Musical jemals an irgendeinem Theater geben wird, das weiss niemand. Dafür bräuchte man dementsprechende finanzielle Reserven, im Moment wird einfach einmal die CD veröffentlicht. Sonst steht alles in den Sternen. Und selbst wenn es eine Tour dafür geben sollte, ist es nicht sicher, ob ich dann dabei bin oder nicht. Ich habe lediglich Songs dafür geschrieben, habe Geld dafür bekommen und das war’s. Mehr habe ich damit eigentlich nicht am Hut.

MF: Ihr seid da direkt angesprochen worden?

Alex: Ja, genau. Wir sind gefragt worden. Es ist ja auch ganz nett, wenn man mal ein bisschen Geld verdienen kann und es auch Spass macht. Zudem war es auch eine interessante Sache, weil die Jungs von Vanden Plas und Pink Cream 69 dabei waren. Wir sind ja eh eine grosse Familie, und dass wir dann alle zusammen auch noch Musik machen konnten, war ganz witzig.

MF: Da wir schon von Projekt sprechen, wie kommt es ständig zu diesem Missverständnis, dass Silent Force bloss ein Projekt sein soll?

Alex: Das kommt eigentlich immer nur von der Presse, also den Journalisten. Wir sind niemals als Projekt gestartet. Es war von Anfang an eine Band und es ist uns auch ganz wichtig, dass es rüberkommt, dass wir eine Band sind und kein Projekt. Ich nehme mal an, dass es daher kommt, weil bei den ersten Interviews von der "Empire of future" der Eindruck entstand, dass ich das Album komplett geschrieben habe, dass ich alle Songs alleine geschrieben hatte und dass ich mir dann den DC als Sänger gesucht habe. Das klingt dann für viele vielleicht wie ein Projekt, aber das war es nie und das wird es auch niemals sein. Es ist eine Band, wir sind eine demokratische Band, jeder hat eine Stimme und es wird demokratisch entschieden. Jeder schreibt Songs, jeder arbeitet und reisst sich den Arsch für die Band auf. Es hat auch jeder gewisse Aufgaben in der Band, die erfüllt werden müssen. Das geht über das Songwriting und die Musik hinaus. Andre, unser Drummer, macht zum Beispiel die Homepage und Torsten, der Keyboarder, macht das Merchandise auf Tour. Er ist auch dafür verantwortlich, dass die Abrechnung stimmt. DC muss den ganzen Tag schlafen (lacht), nein..., der Sänger muss sich den ganzen Tag erholen, damit er Abends fit ist und das ist auch richtig so. Er hat genug zu tun. Der Jürgen macht so das ganze Organisatorische wenn wir auf Tour sind, wie Tourmanagement, und ich mache das bandinterne Management. Das sind viele Aufgaben, die die Fans gar nicht mitbekommen, also was so hinter den Kulissen abgeht, damit eine Band überhaupt funktioniert. Ich habe früher versucht, das alles alleine zu machen, aber da habe ich dann einmal in einem Tourbus eine Tür rausgetreten vor lauter Frust. Da staut sich zu viel auf. Das kannst du alleine nicht schaffen, das ist zuviel Stress.

MF: Und die anderen Bandmitglieder von Silent Force, waren das alles Bekannte von dir, als ihr die Band gegründet habt?

Alex: Ja..., Andre, der Drummer..., mit ihm war ich vorher schon bei The Sygnet zusammen. Daher kannten wir uns schon. Der Torsten ist ein Freund von Andre. Von daher war das auch ganz einfach. Der Jürgen kam dann ein bisschen später dazu.

MF: Ich glaub', ich habe irgendwo einmal gelesen, dass du DC das erste mal auf seiner Solo-CD gehört hast und er dir da so gefallen hat..., deshalb wolltest du ihn als Sänger.

Alex: Das ist richtig. Hm..., ne das ist nicht ganz richtig. Ich hatte vorher schon die Royal Hunt CD "Moving target". Aber ich habe DC's Karriere eigentlich gar nicht verfolgt und was Royal Hunt machten, hat mich auch nicht wirklich interessiert. Aber seine Soloscheibe fand ich geil, die hat mir gefallen. Daraufhin ist dann auch die Idee gekommen mit ihm zusammen zu arbeiten.

MF: Ist das nicht schweineteuer für die Band, eure Plattenfirma oder wen auch immer, wenn ihr Proben wollt? Wer bezahlt das? DC muss ja wohl jedes mal eingeflogen werden?!!

Alex: Das ist richtig. Also wir haben dieses Jahr alleine für Flugkosten 10'000 DM ausgegeben. Das ist schon ganz schön viel. Es ist nicht billig, das stimmt schon, aber ich sage mal, so einen Sänger wie den DC, den findet man auch nicht so oft. Sänger mit solch einer charakteristischen Stimme sind rar gesät. Das ist uns der Spass einfach wert.

MF: Dann bezahlt ihr das selber aus der Bandkasse?

Alex: Genau, das bezahlen wir selbst. Das sieht dann so aus, dass wir von der Plattenfirma einen Vorschuss bekommen. Davon wird erst mal das Album produziert. Was davon übrig bleibt, geht normalerweise in die eigene Tasche oder eben in unserem Fall ins Flugzeug (lacht).

MF: Ist es für euch etwas einfacher in den U.S.A Fuss zu fassen, da DC Amerikaner ist?

Alex: Es ist in Amerika generell sauschwer heutzutage mit dieser Art von Musik Fuss zu fassen. Fuss zu fassen ist vielleicht schon zu viel gesagt. Es gibt da einige Leute, die kennen uns, aber das reicht nicht aus. Ich glaube, wenn wir dort alleine spielen würden, dass da keine 500 Leute kämen. Ich schätze mal, wir würden es auf siebzig bis achtzig Fans bringen. Aber das sind immerhin noch siebzig oder achtzig Leute mehr, als wir hätten, wenn wir mit einem deutschen Sänger kommen würden. Es hilft uns natürlich, dass DC Amerikaner ist, aber seine Karriere hat sich, bedingt durch Royal Hunt, hauptsächlich in Japan und Europa abgespielt. In Amerika eigentlich gar nicht. Wir haben letztes Jahr mit Silent Force in Pittsburgh gespielt, das war DC's erstes Konzert "zuhause" seit zehn Jahren! Insofern ist er da jetzt auch nicht der bekannte Sänger. Es gibt natürlich viele Leute die ihn kennen, aber es ist nicht so, dass jeder weiss, wer DC Cooper ist. Der amerikanische Markt ist für diese Art von Musik im Moment eh nicht sonderlich wichtig. Wir spielen da zusammen mit Blind Guardian, Gamma Ray und Edguy. Das Konzert war innerhalb von drei Tagen ausverkauft, was meine Aussage von gerade eben eigentlich ziemlich dumm aussehen lässt (lacht), aber dort kommen "nur" 3000 Leute. Wenn man sich nun überlegt, dass dieses Package bei uns zusammen wahrscheinlich auch 3000 Leute ziehen würde, dann ist das für amerikanische Dimensionen gar nichts. Es ist einerseits zwar viel, gleichzeitig aber wenig, gemessen an amerikanischen Verhältnissen. Solche Bands wie zum Beispiel Ratt und Poison, die gibt’s immer noch, die gehen auch auf Tour und spielen jeden Abend vor 5000, 6000 oder 7000 Leuten. Das bekommt in Deutschland keiner mit, die haben ja auch keine aktuellen Alben auf dem Markt, aber...

MF: ...(protestiert): Moment! Die letzte Poison CD ist noch nicht sehr alt...

Alex: ...o.k., das ist halt nicht ganz so meine Ecke (lacht), da kenn' ich mich nicht so aus. Aber wir sind natürlich trotzdem froh, dass wir jetzt mit Silent Force das zweite Mal in den Staaten spielen können. Es ist jedoch weder unser Hauptmarkt, noch unser Hauptziel.

MF: Und in Japan?

Alex: In Japan hilft das Ganze sehr. Gerade als sich die Band formiert hat, war in Japan die Aufregung gross, das Interesse gar sehr gross. "DC Cooper mit Alex von Sinner..., was ist da los?" Das hilft dann schon. Ich war jetzt innerhalb von zwei Jahren mittlerweile fünf Mal in Japan. Wir haben dort Akustik-Shows gespielt und Promotion-Tours gemacht. Das ist schon o.k., denn wir verkaufen dort genauso viele CD's wie hier in Europa.

MF: Wie sieht es bei Dir mit einem Soloalbum aus? Hast du da schon drüber nachgedacht?

Alex: (zögernd) ...ja, aber Silent Force geniesst bei mir absolute Priorität! Das ist das Baby, das wir vor drei Jahren geboren haben und aufziehen wollen. Da tue ich auch alles dafür. Über ein Soloalbum habe ich natürlich schon mal darüber nachgedacht. Es wäre gelogen, wenn ich etwas anderes sagen würde. Aber ich denke, für ein reines Alex Beyrodt Soloalbum ist es noch zu früh. Ich glaube nicht, dass ich damit so viele Alben verkaufen könnte, dass es sich lohnen würde. Ich denke, da muss ich noch so zwei oder drei Jahre warten. Ich war zwar zwölf Jahre bei Sinner und viele Leute kennen mich, aber ich war eben immer nur der Gitarrist von Sinner und keiner wusste, wie der eigentlich heisst..., weisst du, was ich meine? Aus diesem Schatten habe ich mich mittlerweile entfernt und hab' jetzt mein eigenes Ding am Laufen. Bei Sinner war ich nur irgendein Gitarrist und seit ich bei Silent Force bin, auf einmal Guitar-Hero..., und das, obwohl ich genau so spiele wie vorher, aber nun bin ich eben der alleinige Gitarrist, habe die Band gegründet und bin jetzt Guitar-Hero. Und das, obwohl ich nichts anderes mache als vorher. Das finde ich eigentlich ganz geil (lacht). Die Zeit mit Sinner war toll und hat tierisch Spass gemacht, aber Silent Force ist mein Ding und das macht mir eben noch mehr Spass!

Es gibt übrigens die Idee, zusammen mit Victor Smolski etwas zu machen. Wir sind gute Freunde und waren schon zusammen in Los Angeles und Las Vegas auf den Musikmessen. Dort haben wir ziemlich viel zusammen erlebt. In dieser Zeit haben wir uns auch privat ziemlich gut angefreundet. Wir wollen etwas zusammen machen, denn das macht dann auch wieder Sinn. Das wollen wir jetzt allerdings schon seit zwei Jahren machen und kriegen es zeitlich einfach nicht auf die Reihe. Entweder ist er oder ich auf Tour. Wir wollen das auf jeden Fall mal machen, aber wann das stattfindet..., keine Ahnung?

MF: Was fällt dir denn zum Thema Schweiz ein?

Alex: Ich habe Verwandte in der Schweiz und ich bin sehr gerne dort. Ich mag "Zürcher Geschnetzeltes" und ich finde, Luzern ist eine tierisch geile Stadt. Leider kennt mich da niemand, ausser meiner Verwandtschaft (grinst). Ich bin auch sehr gerne zum Skifahren in den Schweizer Bergen. Ausserdem hat es dort (in der Schweiz) tolle Fans.

MF: An dieser Stelle sollten hier noch zwei weitere Fragen folgen, aber leider nahmen die Hintergrundgeräusche im Brauhaus Überhand. Auf dem Band sind nur noch die Lieder und Sprüche des Nachbartisches zu hören. Deshalb endet das Interview hier und jetzt. Besten Dank an Alex und viel Erfolg weiterhin!