Interview: Saxon

By Tinu
 
Mit festem Platz in der Metal Geschichte.



Saxon haben mit ihrem neuen Album «Battering Ram» einen wahren Rammbock in das Metal-Universum gestellt. Frisch wie eine junge Bulldogge und erfahren wie ein Magier, zauberten die Engländer neue Lieder. Abseits der Tour mit Motörhead standen Saxon immer wieder als Headliner auf der Bühne und verzückten ihre Fans mit den alten Klassikern und den neuen Hits. Bandleader und Sänger Peter «Biff» Byford ist eine gestandene Persönlichkeit. Mit seinen langen Haaren und der Lederjacke verkörpert er den nicht alt werdenden Musiker. Einer der weiss, dass das Leben trotz aller Schicksalsschläge auch zum Geniessen da ist und einer, der es noch heute versteht, die Fans mit Musik zu begeistern. Die lebende Legende sass mir vor dem Auftritt in Pratteln gegenüber. Ruhig, besonnen und sehr nett.

MF: Wie lange habt ihr für «Battering Ram» gearbeitet?

Biff: Wir spielten Shows zusammen mit Motörhead im Januar 2014. Ein paar davon mussten abgesagt werden. So hatten wir freie Zeit und begannen die neuen Lieder zu komponieren. Nibbs (Bass) hatte einige gute Ideen. «Battering Ram» ist sicherlich ein gutes Album geworden, direkt im Anschluss an «Sacrifice». Die Leute scheinen die neue Scheibe zu mögen und so denke ich, dass wir etwas Gutes abgeliefert haben. Es fühlt sich grossartig an, die neuen Songs zu spielen. Sie sind nicht so kompliziert wie jene bei «Sacrifice». Weisst du, weniger diese atmosphärischen Parts. Ja, wir sind überzeugt, dass dies ein grossartiges Album ist!

MF: Ist Saxon wie ein guter alter Wein? Je älter, desto besser?

Biff: Well… Es ist ein alter Wein, der wie ein junger klingt (grinst). Genau das ist es (lachend)! Wir sind sehr glücklich, dass jeder in der Band ein guter Songschreiber ist. Auch wenn unterschiedliche Stile vereint werden, welche aus den einzelnen Musikern hervor gehen. Die neue Scheibe beinhaltet diesmal einen grösseren Einfluss von Nibbs. Es macht aber auch Spass, diese Unterschiede auf dem Album zu hören, wie bei «Kingdom Of The Cross», das wiederum eher aus der experimentellen Stube von Nigel (Schlagzeug) kommt.

MF: Ihr spielt schon lange im selben Line-Up. Was ist das Geheimnis hinter dieser Konstellation?

Biff: Alle sind glücklich in dieser Band mit diesen Leuten zusammen zu spielen. Alles fühlt sich gut an im Saxon Garten (grinst). Die Leuten geniessen es von diesen Früchten zu naschen (grinst).

MF: Denkst du, dass die kommenden Shows zusammen mit Motörhead stattfinden werden, da Lemmys Gesundheitszustand doch besorgnis-erregend ist? (Anm. d. Redaktion: Zum Zeitpunkt des Intereviews Mitte November 2015 weilte Lemmy noch unter uns.)

Biff: Lemmy gehts momentan wirklich nicht schlecht. Er singt auch wieder gut, eine kleine Überraschung. Motörhead klingen momentan bemerkenswert. Es ist ein gutes Paket, diese britische Invasion (lacht). Zusammen mit Girlschool ein oldschool Ding. Aber; wir alle spielen neue Lieder, das finde ich grossartig. Lemmy gehts gut, darum denke ich, dass den Konzerten nächstes Jahr nichts im Weg stehen wird. Krankheiten, wie auch bei Nigel, sind unnötig. Trotzdem haben sie auch was Gutes. All die kleinen Probleme, die ich mit Nigel in den vergangenen Jahren hatte, wurden bedeutungslos. Wichtig ist, dass Nigel immer noch lebt. Darum, lebe dein Leben und geniess es, denn du weisst nie, was dich einholen und wann es vorbei sein wird. Nigel kam gestärkt aus seiner Krankheit hervor und spielt heute noch besser als vorher. Er haut heute mit noch mehr Power auf sein Schlagzeug ein, das ist unglaublich. Auch bei Lemmy scheint es, dass es ihm heute besser geht, als noch vor einiger Zeit.

MF: Wie denkst du heute über euer Album «Destiny»?

Biff: Es sind sicher nicht die besten Songs von uns auf diesem Album. Ausschliessen möchte ich da allerdings «Ride Like The Wind» (Original stammte von Christopher Cross). Alle kennen die Version von uns. Überall wurde diese Nummer in den Radios und Rockdiscos gespielt, aber das Album entstand in einer Zeit, in der sich Saxon in einer Krise befanden. Einige Musiker waren neu und die Chemie in der Band war alles andere als gut. Leider kam zusätzlich der falsche Produzent (Stephan Galfas) dazu, der keine Ahnung davon hatte, wie der britische Metal klingen muss. Könnten wir die Zeit zurück drehen, würden wir dieses Album sicher neu machen (lacht). Damals durchliefen wir eine wirklich anstrengende und komische Zeit. Viele Fans wünschten sich, dass wir uns verpissten. Wir zahlten unseren Preis in dieser Zeit und kamen gestärkt aus dieser Krise zurück. Der Preis war, dass danach eines unserer besten Alben («Solid Ball Of Rock») veröffentlicht wurde. Vor «Destiny» hatten wir einen unglaublich guten Lauf. Das ist dieses Ying-Yang-Ding im Leben, welches dich einholen kann. Für uns waren nicht die ersten vier Alben die Wichtigsten, aber für die Fans. Die Scheiben «Wheels Of Steel», «Strong Arm Of The Law», «Denim And Leather» und mit Abstrichen auch «Power And The Glory». Sie alle waren extrem wichtig in der Geschichte und dem Erbe der Bands in den 80er-Jahren. Das gleiche Schicksal teilen Iron Maiden mit den Scheiben «Killers» und «The Number Of The Beast». Wir hätten ohne diese Scheiben und dem damit verbundenen, massiven Erfolg in unserer frühen Karriere nicht den Status, den wir heute haben.

Darum ist es auch verdammt hart eine neue Setliste zu generieren, wenn wir die Erwartungshaltung der Fans nicht enttäuschen wollen. Speziell wenn wir mit einem neuen Album am Start sind, das wir promoten wollen. So versuchen wir, wie heute Abend, ein paar Songs aus den 80ern, aber auch vier bis fünf neue Lieder zu spielen. Das ist immer ein Glücksspiel und gefährlich, dabei die richtigen Tracks heraus zu filtern. Ab und zu wechseln wir auch die Setlist. Dein Lieblingsalbum ist «Unleashed The Beast»? Oh je, davon spielen wir selten was (grinst). Da hat es wirklich tolle Lieder, aber auch auf dem verdammten «Metalhead»-Album hätte es tolle Tracks (yesss!! - Rockslave). Du merkst, es ist verdammt schwierig, die richtigen Songs zu wählen. Speziell, wenn wir auf der Motörhead-Tour nur eine Stunde spielen (grinst). Da wollen die Leute die alten Klassiker hören. Wir aber möchten ihnen die neuen Songs vorstellen. Spielst du in der Mitte dieser Drei-Band-Konstellation hast du den Vorteil, dass die Fans noch genügend Power haben, du aber keinen Soundcheck bekommst. Himmel… «Conquistador» sollten wir auch wieder mal in den Set nehmen. Jeder will einen anderen Song hören, das macht das Ganze nicht einfacher.

MF: Woher nimmst du deine Inspirationen für die Texte?

Biff: Die kommen aus allen möglichen Dingen. Legenden, Geschichte, das reale Leben… Ich versuche, nie zweimal über das Gleiche zu schreiben. Im Moment sind alle nervös wegen dem Terroranschlag in Paris, aber die Sicherheitsvorkehrungen wurden allgemein verschärft. Trotzdem hat dies das Leben der Leute beeinträchtigt und verändert. Das kann aber auch passieren, wenn ein Flugzeug abstürzt, da werden auch alle hellhörig und nervös. Aber, es muss weitergehen und du musst dein Leben trotzdem weiter auf die Reihe bekommen. Vielleicht ein bisschen vorsichtiger.

MF: Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Biff: Weiterhin das zu tun, auf was wir Lust haben. Nach der Tour fahren wir nach Hause und schreiben ein neues Album (grinst). Heute ist die Musik für uns nicht nur ein Job. Wir kreieren neue Lieder und können diese einem Publikum vorstellen. Was gibt es denn Geileres? Saxon haben ihren Platz in der Rock-Welt gefunden. Viele Truppen gingen in den letzten Jahrzehnten verloren. Wir konnten unseren eigenen Stil verfeinern. Ein Song wie «Destroyer» (auf dem neuen Album) hätte auch gut 1982 oder 1983 geschrieben und veröffentlicht werden können. Musikalisch haben wir uns und unseren Platz gefunden. Das macht riesig Spass. Feiern die Fans das neue Album als neues Meisterstück ab (lacht)… Was willst du mehr? Es ist nicht einfacher geworden neue Lieder zu schreiben, aber die Reaktionen zeigen, dass wir unsere Arbeit sehr bodenständig verrichten.

MF: Danke für das Interview und ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft?

Biff: Besten Dank, das wünsche ich dir auch.