Interview: Requiem
By Xenia S.
Die neuste Scheibe „Infiltrate...Obliterate...Dominate...“ der Schweizer Death Metal Band Requiem wurde von uns als CD-Tipp des Monats August ausgezeichnet und auch sonst surfen die Jungs auf der Welle des Erfolgs. Im Interview mit Phil Klauser (Vocals) und Ralf Winzer Garcia (Bass) wurde klar, dass die Jungs nur so sprudeln vor Energie und Motivation. Umso schöner, dass die beiden Zeit gefunden haben mir einige Fragen zu ihrer neuen Scheibe, dem Labelwechsel und illegalen Downloads zu beantwortet.

MF: Hallo Zusammen! Wie geht es euch? Ihr habt ja in den letzten zwei Jahren einige Konzerte gespielt, Tourneen gemacht und daneben noch an einem neuen Album gearbeitet. Keine Anzeichen von Erschöpfung?

PK: Uns geht’s super, danke! Ja, wir waren reichlich unterwegs. Ende letztes und anfangs dieses Jahres spielten wir sogar zwei Europa-Touren, einmal mit Lowbrow (USA) und eine sehr erfolgreiche Co-Headliner Tour mit Lividity (USA), zudem halt massig Einzelshows. Und auch von Erschöpfung kann im Moment nicht die Rede sein – ganz im Gegenteil: Wir arbeiten zurzeit bereits wieder an neuen Songs und werden auch im Dezember 2010 erneut bei Andy Classen unser 6. Album aufnehmen.

RWG: Es ist ja zudem auch nicht so, dass man von kreativer Arbeit in einen Erschöpfungszustand gerät. Im Gegenteil, ich würde sogar behaupten, dass dieser Ausgleich zum normalen Arbeitsalltag die perfekte Balance bewirkt. Kreatives Schaffen und die Energie, welche man bei Liveshows, ob dies nun bei Tourneen, Festivals oder einzelnen Konzerten ist, bekommt, wirkt sehr ausgleichend und führt zu vermehrter Zufriedenheit.

MF: Ihr habt gerade eure neuste Scheibe „Infiltrate...Obliterate...Dominate...“ auf den Markt gebracht und schon die ersten Reaktionen darauf bekommen. Gibt es Anzeichen dafür, dass die internationale Szene euch noch mehr Beachtung schenkt als zuvor?

PK: Definitiv! Wir haben noch auf keines unserer vorhergehenden Alben eine solch enorme Beachtung gekriegt. Ein wesentlicher Grund dafür liegt sicher an unserem neuen Label Twilight, die sich den Arsch aufreissen uns zu promoten. Auch die Reviews weltweit waren noch nie so positiv... Wir sind sogar hier beim Schweizer CD-Anbieter „cede.ch“ in die Albumverkaufscharts eingestiegen!

RWG: Momentan scheint dies ein Selbstläufer zu sein, da wir mittlerweile Interviews für Magazine in allen Teilen der Welt geben. Speziell die Fachpresse in den USA, in den Niederlanden und in Grossbritannien hat sich bisher recht wenig für uns interessiert – was sich nun aber geändert hat.

MF: Was steht für euch hinter dem Titel von „Infiltrate...Obliterate...Dominate...“? Kreative Namensgebung oder bewusste Anspielung?

RWG: Der Titel der neuen CD steht zum einen für einen Prozess, welcher uns im Leben bewusst und auch unbewusst sehr oft begegnet - natürlich auch oft im übertragenen bzw. philosophischen Sinne. Sei es in der Auseinandersetzung zwischen Kriegsparteien oder in zwischenmenschlichen Beziehungen. Letztendlich dreht sich auch psychologisch alles um Macht. Hierarchien liegen wohl in der menschlichen Natur. Wer hat das Sagen, wer hat die Hosen an usw. Ob dies im grossen weltpolitischen Geschehen oder z.B. in einem kleinen familiären System ist, spielt dabei keine Rolle. Der Prozess wie dies abläuft, ist dabei immer der Selbe und wird durch die drei besagten Wörter recht treffend beschrieben. Der einzigste Unterschied sind wohl die Dimensionen und die Ausprägung, in welchen die drei Prozessphasen Infiltration, Zerstörung (was gleichzusetzen ist mit dem Brechen des freien Willens) und Dominanz ablaufen. Von daher steckt da schon ein bewusstes Konzept dahinter und aber auch einfach nur eine kraftvolle Namensgebung, da die drei einzelnen Worte an sich sehr viel Stärke und Ausdruck besitzen.

MF: Es scheint als ob ihr euch bei jedem Album selber übertrefft. Woher zieht ihr die Kreativität und die Energie für so etwas?

PK: Ehrlich gesagt sind wir selber immer wieder erstaunt, wie ausgereift unsere neuen Songs und Alben werden (grinst). Ich denke mal durch die jahrelange Erfahrung und die vielen Touren und Shows ergeben sich immer wieder neue Kreativitätsschübe. Ein anderer Grund ist sicher auch die Art und Weise, wie wir an neue Songs herangehen respektive dass wir bandintern alles so aufgegliedert haben, dass jedes Bandmitglied seine Stärken ausspielen und einbringen kann. Und zudem folgen wir nicht irgendwelchen Szene-Trends wie Metal-/Deathcore und behalten beim Songwriting unsere Wurzeln, die stark durch die 90er Jahre geprägt sind!

MF: Seit kurzem seid ihr bei Twilight unter Vertrag. Erzählt uns doch, wie ihr zu dem Label gekommen seid und was ihr von der Zusammenarbeit erwartet?

PK: Wir haben ja die Zusammenarbeit mit Massacre Records abgebrochen, weil wir mit deren Zusammenarbeit nicht zufrieden waren – hätten sie uns damals schon mehr promotet, wäre der Bekanntheitsgrad sicherlich damals schon gestiegen. Wir haben nach Beendigung der neuen Scheibe einfach mal diverse Labels angeschrieben und schliesslich kamen wir mit Thomas von Twilight ins Gespräch. Uns war das wichtigste, dass wir ein Label im Hintergrund haben, das dieselben Ziele vor Augen hat wie wir: Gute Promotion und weltweiter Vertrieb! Und genau das kann und will uns Twilight bieten. Alles andere ist in der heutigen Zeit unrealistisch – was nutzt uns ein Label, das uns Vorschüsse und Alben finanziert und danach wegen mangelnder Promotion auf den CDs sitzen bleibt. Das hilft weder dem Label noch uns als Band. Zudem sitzen bei Twilight auch noch Fans am Bürotisch und wir haben eine hervorragende Kommunikation.

RWG: Twilight waren wohl zudem schon länger an uns interessiert und so kam es dann nach verhältnismässig kurzen Verhandlungen zu einer Zusammenarbeit. Wie Phil schon sagte, haben wir es hier mit Personen zu tun, welche hinter dieser Art von Musik 100% stehen können und sich dementsprechend auch dafür einsetzen.

MF: Weshalb habt ihr überhaupt von Massacre zu Twilight gewechselt?

RWG: Wie bereits gesagt, fehlten uns in der Vergangenheit und insbesondere bei der Veröffentlichung von „Premier Killing League“ der Support und die Kommunikation. Ziel für unser altes Label war es natürlich möglichst viele Einheiten abzusetzen, wobei es natürlich logisch ist, dass dies nur mit erhöhtem Einsatz und Promotion geht. Da dies aber bekanntlich Geld kostet, wurde hier z.T. Grossteil immer gezögert zu investieren. Von daher war es unter anderem ein logischer Schritt die Zusammenarbeit zu wechseln, obwohl dies natürlich auch mit dem Risiko verbunden war evtl. am Ende ohne Deal da zu stehen. Aber wie dem auch sei, scheint sich am Ende irgendwie doch noch Qualität auszuzahlen, obwohl dies im heutigen Musik-Business leider immer weniger zählt.

MF: Ihr geht ja schon bereits im Oktober auf UK-Tour. Was habt ihr für Erwartungen an diese Tournee?

PK: Gutes Essen (grins). Ne, hauptsächlich wollen wir dort die Chance nutzen unser neues Material von der aktuellen CD vorzustellen. Zudem sind wir alle sehr gerne unterwegs um live zu spielen.

RWG: Erwartungen im Vorfeld einer Tour sind nicht wirklich relevant, da solch eine Aktion immer unvorhersehbar ist. Es geschehen im Laufe einer Tour immer Dinge, an die man nie gedacht hat. Und damit meine ich Positives wie auch Negatives. Von daher abwarten und „Tee“ trinken, wie unser neues Liveprogramm ankommen wird beziehungsweise wie viele Zuschauer in London, Manchester etc. uns mit ihrer Anwesenheit beehren.

MF: Bereitet ihr euch nebst Proben sonst noch auf so eine Tournee vor?

PK: Wir proben grundsätzlich jeder alleine für sich. Da wir sämtliche Songs auf einer Sampler/Klick-Spur haben, welche unser Drummer auch live benutzt, kann sich jeder daran orientieren und auch zu Hause proben. Zudem ziehen wir von jedem Album im Studio eine Spur, wo nur das Drum alleine zu hören ist. So können Gitarre, Bass und Vocals anhand dieser CD üben. Vor Gigs oder auch Touren jedoch treffen wir uns dann schon jeweils gemeinsam im Proberaum und prügeln dann das Set zusammen ein. In der übrigen Zeit bereitet sich aber jeder für sich selber vor.

MF: Der Musikmarkt ist ja seit Jahren in einer Krise, gerade durch den illegalen Download im Internet. Für Bands ist es so natürlich noch schwieriger von ihrer Arbeit leben zu können. Wie seht ihr das und was sind eure Ideen um entweder dagegen vorzugehen oder einen anderen Bereich zu finden, wie man sein Geld verdienen kann?

PK: Dies ist gerade bei unserer aktuellen CD ein Problem. Zwei Wochen nachdem unser Label die neue Scheibe an diverse Magazine zum Reviewen verschickt hat, war das komplette Album online zum illegalen Download im Netz. Es wurde innerhalb weniger Tage mehrere 10'000mal (!) downgeloadet. Einerseits eine Werbung für uns, andererseits eine Schweinerei, da es von Magazinen, die eine gewisse Sorgfaltspflicht wahren sollten, online gestellt wurde. Solche Leute sind absolut nicht Metal und eine Schande für die ganze Szene! Wie schnell sich das im Netz verbreitet, muss hier ja nicht erwähnt werden. Twilight haben Strafanzeige gemacht und es konnten auch einige ausfindig gemacht werden – weitere werden folgen, da wir nun im Besitz einiger IP-Adressen sind. Wir möchten uns hier an dieser Stelle nochmals bei allen Leuten bedanken, die unsere Alben legal kaufen, statt illegal downzuloaden und dadurch die Metalszene unterstützen. Piraterie zerstört Bands – und das sollten sich die wahren Metalheads stets vor Augen halten!

RWG: Das Business bzw. den Labels entsteht ein Schaden aufgrund geringerer Einkünfte. Dies wird aber fast immer an die Bands weitergegeben. Das sieht dann so aus, dass eben die Plattenfirmen weniger verdienen und dadurch mit dieser Begründung dann weniger in den Aufbau und die Promotion ihrer Bands investieren. Also bezahlen die Endrechnung letztendlich die Bands. Klar gibt es hierzu sehr viele Meinungen und zudem hat dies sehr oft zu Kontroversen geführt. Fakt ist aber, dass Bands, wie z.B. wir, sehr viel aus eigener Tasche investieren und wir der Meinung sind, dass man dies respektieren muss. Von daher ist es logisch, dass auch Musik nicht umsonst ist bzw. umsonst sein sollte.

MF: Welche Dinge sind euch nebst der Musik noch wichtig oder was braucht ihr um auch mal Abstand von dem Musikgeschäft zu bekommen?

PK: Ich persönlich verbringe sehr viel Zeit in der Natur mit meinen Hunden und Familie. Auch mein Zuhause ist für mich sehr wichtig, da es ein Ruhepol darstellt. Ich muss jedoch zugeben, dass ich doch sehr sehr viel Zeit mit Musikmachen verbringe und mich manchmal auch in meiner Freizeit erwische, wie ich schon wieder an neuen Sachen dran bin.

RWG: Bei mir persönlich dreht sich immer alles um Musik, da dies bei uns zu Hause auch beruflich täglich Thema ist. Ob dies nun Literatur oder DVDs ist, irgendwie hat es immer mit Musik zu tun, nebst der Besessenheit an neuen Instrumenten rumzubasteln bzw. zu „customizen“. Daneben gibt es aber auch noch Einiges an Sport und kulinarische Ausflüge, d.h. kochen bis der Arzt kommt.

MF: Es passiert oft in der Schweiz, dass unsere einheimischen Bands erst mal etwas ignoriert werden, bis sie plötzlich im Ausland bekannt werden. Bei euch scheint es aber nicht so zu laufen. Ihr konntet sehr schnell eine Fangemeinde bilden hier. An was könnte das liegen, dass die Schweizer sonst nicht so schnell Feuer und Flamme sind für die eigenen Bands und weshalb war das bei euch anders? Kann es sein das die Death Metalszene loyaler ist gegenüber ihren eigenen Landsleuten?

PK: An der Qualität kann es ja nun nicht liegen, dennoch interessierte bzw. interessiert sich das Gros der europäischen und weltweiten Labels und Booking Agenturen nicht wirklich für Bands aus der Schweiz, hier werden eher immer die typischen sinnlosen Klischees wie Käse, Schokolade, Fondue oder auch Gemütlichkeit wahrgenommen. Wie manche aber wissen und sich vor Augen halten sollten, entsprangen unserem Land doch einige international namhafte Bands wie Hellhammer, Celtic Frost, Coroner, Messiah, Sickening Gore, Samael, Gurd, Cataract, Disparaged, Krokus, Gotthard oder auch Shakra. Die Schweizer Szene, vor allem im extremen Bereich, ist sehr gross. Und gerade im Deathmetal-Bereich gibt es einen enormen Zusammenhalt und gegeseitige Förderung wie kaum sonst in einer Musik-Szene. Schweizweit gibt es einen grossen Underground mit etlichen Bands und halt die üblichen, für uns unnötigen Trend-Erscheinungen wie Metal-/Deathcore und Pagan-/Folk-Metal.

MF: Wie sehen eure Zukunftspläne aus? Wo seht ihr euch in 10 Jahren?

PK: Wir haben uns keine Ziele gesetzt, wo wir uns in Zukunft sehen, sondern lassen es einfach auf uns zukommen... Auf jeden Fall wollen wir weiterhin gute Alben abliefern und Shows, Touren und Festivals spielen. Ich persönlich würde gerne mal in den Staaten eine Tour spielen, obwohl dort für „kleinere“ Bands ziemlich widrige Umstände herrschen sollen.

RWG: Ich denke, dass alles seinen weiteren Lauf nehmen wird. Und Hartnäckigkeit bzw. Ausdauer wird sich im Laufe der Zeit auch auszahlen. Auch wenn dies mitunter viel Jahre dauern kann. In 10 Jahren feiern wir dann bald mal 25jähriges Jubiläum, ich denke, dass auf dem Weg bis dahin noch einige grosse Festivals und Tourneen kommen werden. Und zudem aus kreativer Sicht auch sicherlich noch ein paar weitere Produktionen mit vielen neuen Songs. Aber konkrete Pläne, wie gesagt, bestehen da keine. Das Business war und ist stets unberechenbar.

MF: Was haltet ihr von der Schweizer Metalszene und was bedeutet sie für euch als Band?

RWG: Wie schon früher erwähnt, erhalten wir von der „sogenannten Szene“ doch eine recht grosse Unterstützung, wie z.B. auch von Magazinen wie Euch. Dies war und ist sicherlich sehr hilfreich, um eine Basis zu haben. Ansonsten besteht zwischen uns und der Szene kein wirklicher Zusammenhang. Was die einheimischen Bands hier angeht ist es wohl wie überall, Vielfalt belebt die Konkurrenz und die kreative und soundtechnische Fortentwicklung.

MF: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit dem neuen Album!

PK: Danke für das Interview und Eure Unterstützung bisher und weiterhin.

RWG: Dank für Eure gute Arbeit und das Hochhalten der Metalflagge. Bis zum nächsten Mal!


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