Interview: Primal Fear

24.07.2020
By Tinu
 
Zurück bei Nuclear Blast.



Primal Fear sind eine Institution, wenn es um traditionellen Metal geht, der auch mal über den Tellerrand hinaus schaut. Die Härte von Judas Priest wird mit der musikalischen Bandbreite von Iron Maiden gepaart und ist in den letzten 23 Jahren immer für eins gestanden, nämlich Qualität. Von den Songs und der musikalischen Darbietung her. Nun steht das 13. Album steht in den Startlöchern. Sänger Ralf Scheepers gab hierzu bereitwillig Auskunft über die Ereignisse im Band-Camp.

MF: «Metal Commando» verbindet alle bekannten und beliebten Markenzeichen von Primal Fear und klingt wie eine Art «Best Of» mit neuen Songs. Wie siehst du das?

Ralf: Das ist ein ganz guter Vergleich und ein gutes Statement. Wir wollten auf dem gleichen Level bleiben wie beim Vorgänger «Apocalypse». Das Ziel jedes Musikers ist es, beim Nachfolger noch einen drauf zu setzen, bezüglich dem Songwriting. Einen allzu grossen Druck haben wir uns nicht gemacht, da wir wissen, zu was wir fähig sind. Es sind fünf Leute in der Band, die Lieder komponieren können. Soundmässig wissen wir auch, wohin die Reise gehen soll. Wir sind so zusammengewachsen, dass wir wissen, was der Kollege zu einer eigenen Idee beitragen kann. Klar haben wir uns da auch definiert, was die Fans gerne hören wollen, aber in erster Linie auch uns gefällt. «Along Came The Devil» ist eine groovige Nummer geworden und trotzdem melodiös. Fehlen dürfen die schnellen Tracks nicht, die man von uns seit dem Debüt-Werk kennt. Man hört die Wurzeln, aber auch die Evolution der Band. Sicher haben wir uns bei ein paar Alben an neuere Elemente gewagt und sie eingebaut. Bei der «New Religion»-Phase, aber auch davor mit «Seven Seals». Wir stehen nach wie vor zu jeder Scheibe. Dieses Mal ging alles ein bisschen «back to the roots». Bei «Infinity», dem längsten Track, haben Mat (Sinner) und Magnus (Karlsson) wieder was Unglaubliches aus dem Kasten gezaubert. Das geht ab und zu leicht von der Hand und dann brauchts aber auch wieder mehr Hirnschmalz, um alles zu Ende zu bringen. So ein Epic-Track benötigt viele Elemente, dass es nicht langweilig wird und dieser mit genug Abwechslung um die Ecke kommt, damit man sich in den dreizehn Minuten nicht immer wiederholt. Schon bei den letzten Alben hatten wir einen Epic-Track drauf. Das wurde zu einem Markenzeichen von Primal Fear.

MF: Das neue Album kommt als Doppel-CD mit vier Bonustracks daher. Was war der Grund, dass diese vier nicht auf der Standard-CD zu hören sind oder was macht sie "schlechter" als die anderen?

Ralf: Das kann man so nicht sagen. Wir wollten den Fans immer ein paar Bonbons geben. Monatlich kommt vor dem Release noch eine Single oder ein neues Video raus. Man soll und muss den Fans heute einfach auch ein bisschen mehr bieten, als nur eine CD raus schmeissen mit zehn Liedern und das wars dann. Was wir produzieren, wollen wir auch veröffentlichen. So kommt ein schönes Paket zu Stande, das wir mit Nuclear Blast den Leuten anbieten.

MF: Persönlich hat mich überrascht, dass auf dem Album-Cover euer Adler nicht zu sehen ist. Was ist mit eurem Markenzeichen passiert?

Ralf: Also, die Flügel sind zu sehen (lacht). Vielleicht hat es auch da ein bisschen Abwechslung gebraucht?! Schon auf der ersten CD war der Adler zu sehen. Für uns ein Ausdruck von Freiheit, Power und Stärke. Er wurde zu unserem Trademark und das Maskottchen von Primal Fear. Darum ist er immer irgendwie dabei. Wenn auch dieses Mal nur hinter dem Totenkopf.

MF: Du hast Magnus schon erwähnt. Auf der Homepage ist er Bandmitglied, geht aber nie mit euch auf Tour. Warum nicht?

Ralf: Er hat drei Kinder und seine Frau einen guten Job. Darum war klar, dass er nicht mehr auf Tour gehen kann und will. Zum Leidwesen von uns. Fürs Songwriting wollen wir ihn aber nicht missen.

MF: Wenn wir bei der Band sind, Francesco Jovino ist bei euch ausgestiegen. Weshalb?

Ralf: Das war seine eigene Entscheidung, und da spielen auch persönliche Geschichten mit rein. Wir sind im Guten auseinander gegangen. Es war nicht immer glücklich bezüglich des Timings um live zu spielen. Jeder von uns muss schauen wo er bleibt und hat darum auch andere Projekte am Start. Es gab ein paar Komplikationen, die im Endeffekt dazu führten, dass wir uns trennten. Aber alles im Guten, ohne böses Blut. Beim neuen Trommler haben wir nicht nur darauf geachtet, wie er uns an die Wand spielt, sondern das Menschliche musste auch passen. Darum ist der Michael (Ehré) ein wahrer Lotto-Gewinn.

MF: Auch bei der Plattenfirma gab es einen Wechsel. Weg von Frontiers Music zurück zu Nuclear Blast. Warum?

Ralf: Manchmal wechselt man ein Team. Wenn etwas nicht mehr so richtig funktioniert, das ist in jedem Business so, stehen Veränderungen an. Frischer Wind und frisches Blut sind in solchen Momenten wichtig. Man sieht es auch. Wir bekommen mehr Promotion, es besteht ein Marketing-Paket und bei Nuclear Blast sind hungrige Leute, die Bock auf Primal Fear haben. Wir haben Bock auf Nuclear Blast, und es hat wieder gepasst.

MF: Hat dich das Musikbusiness in all den Jahren enttäuscht?

Ralf: Hat es schon mal. Man muss es nehmen, wie es ist, ansonsten musst du aufhören. Wir waren nie Leute, die schnell aufgegeben haben. Aber auch bei uns gab es Höhen und Tiefen, das ist völlig klar.

MF: Ist es denn für eine Band heute einfacher, als zu Beginn oder Mitte der achtziger Jahre?

Ralf: Es war immer schwer, Martin. Damals war es nicht leicht sich durch zu setzen. Die Flaggschiffe der "New Wave Of British Heavy Metal" waren übergross. Trotzdem möchte ich jeder neuen Band ans Herz legen… Egal in welcher Konstellation, wir haben immer viel geprobt. Wenn man jünger ist, hat man einen anderen, vielleicht auch grösseren Hunger. Damit will ich nicht sagen, dass wir heute nicht mehr hungrig sind. Die Spreu vom Weizen wurde durch die Klasse, die man sich durchs Proben angeeignet hat, getrennt. So konnte man sich auch von der Kreisliga C in Richtung zweite Bundesliga absetzen. Ich habe schon einiges erlebt und bin auch dankbar dafür. Trotzdem lebt der Hunger in mir, dass es weiter geht. Es ist schön, das neue Album zu präsentieren, wenn wir denn wieder dürfen (lacht). Das ist der nächste grosse Schritt. Nächstes Jahr geht alles wieder los und alle werden auf Tour gehen. Mal schauen, wie das Ganze wird. Es wird aber einen Plan "B" geben, da ich davon ausgehe, dass die Shows im Herbst 2020 nicht stattfinden werden. Es wird so sein, dass alle unterwegs sind und wir uns gegenseitig die Besucher streitig machen werden.

MF: Welches war für dich die erfolgreichste Zeit?

Ralf: Das war mit Gamma Ray! Abhängig von der Zeit, dass Kai noch immer von seinem Helloween-Bonus zehren konnte. Diesen Pick mit zu reiten, das hat Spass gemacht und war erfolgreich. Rein vom Gefühl her ist das Hier und Jetzt jedoch noch immer das Beste, da ich nicht zurück schaue.

MF: Welches war die schwierigste Zeit?

Ralf: Die ist gar nicht so lange her. Das müsste vor sechs Jahren gewesen sein. Die entstand aus einem persönlichen Fehler heraus, der uns auf eine harte Probe stellte. Jeder von uns hat mal schwierigere Phasen. Da gilt es zusammen zu halten oder getrennte Wege zu gehen. Martin, Primal Fear ist für uns so wichtig, dass es zu schade wäre, die Sache wegen Ego-Mätzchen an den Nagel zu hängen. Dann geht man besser eine Zeitlang in sich, überlegt, weiss, dass es noch immer das Richtige ist und freut sich darüber, dass es zusammen bleibt.

MF: Dann hoffen wir, dass ihr noch lange zusammen bleibt und uns mit Primal Fear glücklich macht. Herzlichen Dank.

Ralf: Ich danke dir, Martin. Bleib gesund und auf bald.