Interview: Ministry
By Maiya R.
Ministry sind wohl ohne Frage die grösste und beste Industrial Metal Band aller Zeiten. Umso trauriger ist es, dass sie nach der "C U LaTouR" aufgelöst wird. Zum Abschied kriegen die Konzertbesucher aber noch eine zweistündige Show zu sehen, die einen guten Querschnitt der phänomenalen Songs von Ministry enthält. Vor dem Konzert traf Metal Factory den Gitarristen Tommy Victor (TV), der eigentlich bei Prong spielt, um ihm ein paar Fragen zu stellen. Da die letzten drei Studio-Alben die sogenannte Bush-Trilogy bilden, wurde nebst Musik auch ein wenig über Politik geplaudert.

MF: Hallo Tommy! Wie geht es dir heute?

TV: Mir geht es gut! Ich bin jetzt seit einer Weile unterwegs und war gerade erst im Januar hier drüben mit Prong, die vorher die Tour in Amerika beendet hatten. Somit bin ich seit acht Monaten unterwegs, aber es geht mir gut. Ich nehme ein paar Pfunde zu vom vielen Essen und Trinken. Ich bin ein massloser Idiot, oder sowas... (schaut bekümmert)

MF: Die Tour war aber soweit gut für dich?

TV: Ja, und auch die Reaktionen waren bisher fantastisch! Wir hören definitiv auf dem Höhepunkt von Ministry auf, denn die meisten Shows sind ausverkauft. Yeah, es ist wirklich fantastisch!

MF: Ich weiss ja, wie gerne du an Festivals spielst...

TV: Yeah!!!

MF: Wie gefielen dir denn die Sommerfestivals soweit, an denen ihr dieses Jahr bereits gespielt habt?

TV: Oooh, die waren spektakulär! Ausser diesem Festival in Bilbao in Spanien, ich erinnere mich gerade nicht an den Namen... Das Hellfest war mir bisher das liebste, das war in Frankreich, in Clisson. Graspop war auch phänomenal! Ich kann die nächsten Festivals kaum erwarten, weil das mir persönlich sehr viel Spass macht. Sweden Rock...

MF: Oh, mein liebstes Festival in Europa!

TV: Echt? Yeah, das war sehr gut!

MF: Gemäss deiner Aussagen in anderen Interviews scheinst du nicht sehr glücklich darüber zu sein, dass Ministry nun aufgelöst werden. Wie wichtig ist die Band dir in den letzten paar Jahren geworden und warum?

TV: Sehr wichtig, da auch von mir eine Menge Zeit und Arbeit drin steckt, und ich hab da viele Riffs rein gebracht. Ich denke da an "Rio Grande Blood" welches -zusammen mit Al- mein Album ist. Sehr viel Herzblut von mir steckt da drin, auch in "The Last Sucker", wo ich ebenfalls sehr hart daran gearbeitet habe. Ich fühle mich als ein Teil davon, weil Al mich da sehr mit einbezogen hat, wenn es um wichtige Entscheidungen und um das Touren gegangen ist. Somit gehe ich auf die Bühne und sehe Ministry als meine Band, und komme mir dabei nicht wie irgend so ein Typ vor, den man gewissermassen nur angestellt hat. Dieses Gefühl ist sicher nicht so stark wie bei Prong, denn das ist ja wirklich meine Band. Trotzdem sehe ich auch Ministry als meine Band, jedoch auf einem anderen Level.

MF: Und wie geht es Al zu diesem Zeitpunkt in seinem Leben?

TV: Ich denke er ist generell glücklich. Er sieht zwar nicht so aus, als ob er glücklich wäre, aber er ist sehr glücklich. Er hat vieles, auf das er sich wirklich freuen kann. Ich meine, er hat seine Karriere wieder aufgebaut und eine Menge Angebote erhalten, Soundtracks zu machen und Bands zu produzieren. Sein Label hat er ja auch noch, und ein neues Studio. Also allgemein gesprochen würde ich sagen, dass er sich auf die Zukunft freut.

MF: Kannst du mir ein bisschen mehr über die Sache mit den Soundtracks verraten?

TV: "Wicked Lake" heisst der Film, für den er gerade erst die Musik gemacht hat. Filmemässig hat er auch noch ein paar andere Sachen auf dem Tisch, die er machen wird.

MF: Spannende Sache! Und was geschieht gerade bei Prong? Gibt es irgendwelche Neuigkeiten?

TV: Wir haben das neue Album "Power Of The Damager" draussen und haben hier und dort getourt. Derzeit sprechen wir darüber, nochmals auf Tour zu gehen, viel mehr passiert gerade nicht.

MF: Bist du zufrieden mit der Resonanz zu "Power Of The Damager"?

TV: Yeah, aber ich wünsche mir, dass mehr Leute sich das Album anhören! Mit dem Feedback bin ich sehr zufrieden, auch wenn manchmal negative Worte fielen. Das wird aber wohl daran liegen, dass wir mit einem kleinen Budget an dem Album gearbeitet haben. Aber ich denke, dass das Material gut geworden ist, und die Leute mögen es.

MF: Die letzten drei Ministry-Alben werden auch die "Bush-Trilogy" genannt, welche vor deiner Zeit bei Ministry startete...

TV: Das ist richtig.

MF: Daher würde ich gerne erfahren, ob du dich auch politisch engagierst, oder ob es eher andere Dinge sind, die dich künstlerisch inspirieren.

TV: In meinem Alter mag es asozial wirken, sich eine Gitarre umzuhängen und Musik gegen die Mainstream-Gesellschaft zu machen. Das gilt vor allem dann, wenn man diese Art von Musik macht. Man fokussiert sich auf ein bestimmtes Thema, das man nicht mag, wie halt zum Beispiel die Mainstream-Gesellschaft, oder man hat irgend eine andere Einstellung. Das liefert eine Menge Brennstoff für das, was man tut. Wenn man in unser Alter kommt, dann fühlt man sich irgendwann zu betäubt für einige Lebenslagen und steht manchen Angelegenheiten gleichgültiger entgegen und akzeptiert diese Dinge. Aber Al gehört definitiv zu den Typen, die so eine Sache über einen sehr langen Zeitraum hinweg durchziehen können. Er ist kein Jammerlappen, der irgendwann klagt, dass er nicht mehr weitermachen mag, denn er will kein Heuchler sein. Ich meinerseits finde meine eigenen Dinge im Leben, die mir Brennstoff geben. Eine gewisse Klaustrophobie oder Lebensdruck geben mir enormen Brennstoff. Auch Spirituelles kommt hinzu, dieses "Warum ist das bloss so?", wie der klassische Aufschrei zu Gott oder die Enttäuschung über die menschliche Verfassung. Das ist mehr oder weniger mein Ding.

MF: Vor einigen Monaten hast du gesagt, dass Obama der nächste Präsident sein wird. Denkst du immer noch so?

TV: Ich wäre sehr überrascht, wenn er die Wahl nicht gewinnen würde. Ich denke nicht, dass irgendwer einen weiteren Republikaner im Weissen Haus haben möchte. Andererseits glaube ich aber nicht, dass Obama viel Veränderung bringen wird, aber das ist eine andere Story. Als Bush aufkreuzte war dauernd davon die Rede, dass er Veränderung bringen soll. Es wurde von ihm erwartet, dass er mehr Geld in jedermanns Tasche steckt, denn genau das wollten die Leute von ihm, damals vor acht Jahren. Sie wollten mehr Geld haben und weniger Steuern bezahlen, was aber nicht funktioniert hat und nicht passiert ist. Ich weiss nicht, wie Obama's Strategie aussieht, und die Leute scheinen ihm auch nicht zu vertrauen. Ich persönlich vertraue keinem Politiker, da ich denke, dass sie alle eine Bande von Betrügern sind.

MF: Mit Ron Paul hättet ihr doch aber einen guten Republikaner im Weissen Haus gehabt, meinst du nicht?

TV: Yeah, Ron Paul's Ansichten machen eine Menge Sinn und er ist echt cool! Aber McCain ist ein Oldtimer und viele Leute mögen ihn, weil er ihnen liebenswürdig erscheint, und das finde ich furchterregend, weil Republikaner eigentlich meistens fiese Typen sind. So war es doch auch bei George W., als die Leute ihn zuerst mochten, und er sich dann als fieser Typ heraus stellte. Nixon war auch immer der fiese Typ. Reagan war eher ein sympathischer Typ, aber er hatte ja die Rolle des harten Kerls zu spielen. McCain scheint eher der moderate Typ zu sein. Hmm... Obama wird gewinnen. Echt, ich wäre mehr als überrascht, wenn es anders käme.

MF: Wodurch überzeugt Obama dich denn sonst noch?

TV: Mit Obama hätte Amerika die Möglichkeit, sich selbst zu erneuern. Ich denke, dass die meisten Amerikaner es nicht mögen, dass der Rest der Welt eine schlechte Meinung von ihnen hat, nur wegen ihrer Regierung. Das ist eines der Hauptprobleme, von denen wir uns betroffen fühlen. Die Welt sieht Obama gerne als den schwarzen Typen, aber eigentlich ist er halb schwarz und halb weiss. Es wird sehr aufgebauscht, dass er ein Schwarzer sei, denn das ist er gar nicht. Es gibt bei uns eine Menge Leute in politischen oder anderen machtvollen Positionen, die afroamerikanischer Abstammung sind. Amerika ist gar nicht so rassistisch, wie die Menschen in Europa es anzunehmen scheinen, denn immerhin sind einige unserer grössten Stars Schwarze. Bei uns muss jetzt etwas mit dem Gesundheitssystem passieren, das ist sehr wichtig. Wenn einem etwas passiert und man nicht versichert ist, dann sitzt man auf der Strasse, denn niemand wird sich um einen kümmern, und das ist echt armselig!

MF: Hoffen wir, dass sich endlich etwas tut in dieser Sache! Sprechen wir wieder über die Musik. Es gab Gerüchte über eine DVD, eine Art Anthology. Ist da was dran?

TV: Ja, da ist wirklich was dran. Der grösste Teil der Tour ist jetzt vorbei und wurde soweit auch dokumentiert, daher denke ich, dass bald etwas erscheinen wird.

MF: Grossartig! Wir kommen auch schon zur letzten Frage. Wie lautet deine Message an die Fans in der Schweiz und an die Leser von Metal Factory?

TV: Richtet eure Augen auf Prong, denn Ministry sind jetzt Geschichte! Schaut rein bei www.thirteenthplanetstore.com und bei www.prongmusic.com!

MF: Alles klar! Tommy, ich danke dir für das Interview!

TV: Danke auch dir!



Unsere Maiya mit Tommy Viktot >>>>