Interview: Maxxwell

By Tinu
 
Viel mit Shakra unterwegs.


Langsam aber beharrlich entwickelte sich aus den Innerschweizern Maxxwell eine sehr ernst zu nehmende Konkurrenz für Shakra und Krokus. Trotzdem hat sich die Truppe um Gitarrist Cyril immer wieder weiter entwickelt und sich damit einen sehr guten wie eigenständigen Ruf in der Szene erspielt. Zusammen mit Hef (Gitarre), Oli (Drum), Adi (Bass) und Gilberto (Gesang) hat Cyril das neue Werk «Metalized» veröffentlicht und ist damit einen doch härteren, um nicht zu sagen "moderneren" Weg gegangen.

MF: Was sind die Unterschiede vom neuen Album zu den anderen Scheiben?

Cyril: Wir sind griffiger, metallischer geworden und haben mehr auf den Punkt gespielt. Speziell die Gitarren haben eine grossen Schritt nach vorne gemacht. Dieser Wechsel hat sich je länger je mehr herauskristallisiert. Uns wurde immer wieder gesagt, dass wir auf der Bühne härter sind als auf der CD. Das Gefühl hatte ich auch, dass wir auf der Stage um einiges intensiver sind. So entstand die Idee, dass wir unser Live-Feeling auch ins Studio bringen. Hef und ich waren beim Songwriting beteiligt, und wenn man zwei Gitarristen ans Komponieren lässt, dann knallts mehr (lacht). Zudem habe ich mitproduziert, darum wurde «Metalized» noch mehr zu meinem Baby. So trug ich auch ein bisschen die Gesamtverantwortung, weil ich sehr viel Zeit und Energie investierte, auch unkonventionelle Entscheidungen treffen musste und dem Songwriting den Riegel schob. Das Album wurde zu meinem Gesellenstück und ich denke, momentan könnte ich nicht eine noch bessere Leistung abliefern. Darum bin ich sehr stolz auf das ganze Werk. Besonders happy bin ich auf den Opener «Hurricane». Ein richtig geiler, fetter Metal-Song, der dich sofort packt. Das flashte mich auch immer bei anderen Truppen, wenn dich der Einstieg gleich weggeblasen hat (grinst zufrieden).

MF: Gibt es bei euch einen Bandleader oder ist die Band so zu sagen der Leader?

Cyril: Das ist eine gute Frage (überlegt)… In jeder Truppe braucht es einen, der die Ansagen macht. Der einen Plan entwickelt, oder ein Ziel vor Augen hat. Vermutlich bin ich das bei Maxxwell. Aber ich denke schon, dass die Band der Leader ist, da jeder bei uns seine Aufgabe hat und so auch funktioniert. Speziell durch Adi kam nochmals ein Bindungsglied rein, das uns in eine neue Richtung manövrierte und stärker machte. Hmmm..., vielleicht ist es auch Beides (grinst). Durch meinen Job in der Agentur kann ich Dinge mit der Band verbinden und habe mehr Einblick in die geschäftlichen Dinge. Am Ende des Tages funktionieren wir über ein starkes Kollektiv.

MF: Die neue musikalische Ausrichtung auch bedingt durch Gilberto, der doch eine andere Stimme als sein Vorgänger besitzt?

Cyril: Bestimmt! Gilbi ist ein sehr vielseitiger Sänger, der Balladen singen, aber auch growlen kann. In meinen Augen ist er ein typischer Metal-Shouter. Bei «Tabula Rasa» hatte er keinen grossen Spielraum, sich zu entfalten, da schon alle Songs fertig geschrieben waren. Damals wussten wir noch nicht genau, zu was er fähig ist. Dies fiel uns erst bei den gemeinsamen Konzerten auf. Da wussten wir, da kann noch einiges heraus geholt werden. Sein Gesangsstil war perfekt für uns, da wir in eine metallenere und leicht moderne Richtung ziehen wollten.

MF: Seht ihr euch in der Schweizer Szene eher bei den Traditionalisten von Shakra und Krokus, oder doch eher bei den Innovativen wie Celtic Frost oder Coroner?

Cyril: Mittlerweile sehe ich uns eher zwischen diesen beiden Gruppen. Somit liegen wir einmal mehr zwischen Stuhl und Bank (lacht). Die ersten beiden Scheiben waren sicherlich die traditionellen Alben. Das waren auch unseren Wurzeln mit AC/DC, Accept oder Judas Priest, die wir noch heute sehr cool finden! Speziell Hef ist ein grosser AC/DC-Fan. Ich bin eher der Thrash-Freund und liebe Truppen wie Annihilator oder In Flames. Wir beide zusammen als Songwriter, das hat für Maxxwell ein völlig neues Gewand ergeben. Unser Ziel ist es, dass wir als eigenständige Band wahr genommen werden. Ob dies nun als traditionell oder modern angesehen wird, ist mir in erster Linie eigentlich völlig egal. Was mir mittlerweile nicht mehr so gefällt, sind die Vergleiche… Auch wenn man diese ziehen muss. Oftmals sind diese ein bisschen an den Haaren herbei gezogen. Es muss ja nicht bedeuten, dass eine Schweizer Band gleich wie Krokus, Gotthard, oder Shakra klingen muss. Unbestritten, das sind alles Supertruppen und speziell Shakra sind langjährige Freunde von uns, mit denen wir schon zig Mal den Tourbus teilten. Von ihnen haben wir viel gelernt! Es ist wichtig, dass wir als Maxxwell wahr genommen werden und uns somit freischwimmen können. Ich bin lieber in einer update Ecke, auch wenn man uns dann vorwirft, dass wir trendy sind. Five Finger Death Punch fielen da immer wieder als Vergleich. Ja, ist sicher so und wir hören die Combo auch sehr gerne, aber «Metalized» haben wir so komponiert, weil wir uns heute so sehen. Wenn nun jemand denkt, dass es zu trendy ist… Sorry tut mir leid, dann musst du dir aber auch eine andere Band anhören. ABER! Das Werk ist "huere" (Deutsch: "verdammt") cool geworden, wir haben Freude daran und die Fans auch.

MF: Gibt es bei euch einen Karriere- oder Masterplan?

Cyril: Den gibt es! Die Frage ist immer wie realistisch er ist (lacht). Mit Schrecken stellten wir fest, dass es Maxxwell nun schon seit zehn Jahren gibt. Wir planen immer für die nächsten zwei bis drei Jahre. Schrittweise wollten wir immer nach vorne gehen und das ist uns auch immer gelungen. Speziell die vielen Konzerte haben einiges dazu beigetragen, dass wir diese Schritte verfolgen konnten. Auch wenn wir noch immer sehr weit davon entfernt sind, wo wir sein möchten (grinst). Schlussendlich nimmt man uns als Band aus der Schweiz aber wahr, die vielleicht von den Typen her gar nicht so schweizerisch sind (grinst). Unser Masterplan ist es, einen Weg zu finden, diese Band eigenständig zu finanzieren. So, dass wir sagen können, die nächste CD und die kommenden Tour sind finanziert. Diesen Sommer ist unser Bandbus ausgestiegen, und dies hat uns auch wieder eine Stange Geld gekostet. Sprich jeder hat von seinem privaten Vermögen Moneten rein geschmissen. Sicher sind wir aber nicht so naiv zu glauben, dass wir noch Rockstars werden und uns einen Pool kaufen können. Klar, die Schaufel dafür ist schon gekauft, aber den Rest müssten wir dann wohl selber machen (grinst). Aber, es wäre cool, wenn wir mit unserer Musik viele Leute erreichen und sie damit auch glücklich machen. Maxxwell wollen in erster Linie raus auf die Bühne. Wir haben bis heute viel Geld investiert und wir sind uns dessen bewusst, dass wir dieses Geld nicht mehr so schnell wieder zurück bekommen.

MF: Wie anstrengend oder befriedigend ist diese Self-Made-Mentalität schlussendlich?

Cyril: Sie ist sehr anstrengend (lacht). Unglaublich anstrengend, aber auch sehr befriedigend, da man die komplette Übersicht hat. Bei diesem Release bemerkten wir, dass ein Laden die neue CD nicht auslieferte. Durch meine Kontrollbestellung stellte ich fest, da stimmt was nicht. Erst drei Tage später kam es dann zur Auslieferung. Wären wir bei einem Label, hätte man dies wahrscheinlich nicht bemerkt und auch nicht so schnell reagieren können. So etwas geht nicht, denn die Fans wollen die CD an dem Tag im Briefkasten haben, wenn sie erscheint. Schlussendlich haben wir diese offenen Bestellungen selber ausgeliefert. Das ist cool, dass man auf solche "Fehler" schnell reagieren kann. Der Fehler an und für sich ist alles andere als cool. Auf der anderen Seite merken wir auch, was ein Label alles macht. Alleine bis ein neues Werk erscheint, der ganze Bürokratenscheiss, das ist schon nicht wenig. Für uns ist es ein Superweg, bei dem wir uns auch ein bisschen refinanzieren können, aber auch wissen, dass er mit sehr viel Aufwand verbunden ist. Wir müssen weniger verkaufen, um die gleichen Einnahmen zu generieren.

MF: Zweimal habt ihr schon in einem Gefängnis gespielt. Wie kam es dazu?

Cyril: Das kam über die damalige Plattenfirma zu Stande. Sie erhielten eine Anfrage von einem Gefängnis mit "schweren Jungs". Die waren teilweise bis unter die Halskrause tätowiert. In diesem Gefängnis haben sie immer wieder so eine Art Unterhaltungstag. Der Organisator ist ein grosser Rockfan und hat uns angefragt, ob wir nicht interessiert wären, dort zu spielen. Das Catering war wirklich das typische Essen im Gefängnis, welches wir mit einem stumpfen Messer und einem Löffel verspeisten. Wir sahen aber auch, dass so ein Konzert den Insassen sehr gut tat und ihnen wieder ein bisschen eine Abwechslung in den Alltag brachte. Während des Konzerts mussten sie sitzen bleiben und durften nicht aufstehen. Wir spielten ohne Bühnen-, sondern nur mit dem Saallicht. Vor uns zehn Polizisten, die ihre Wache standen. In der Mitte des Sets mussten wir pausieren, dass alle eine Zigaretten rauchen konnten. Das ist sehr speziell. Für uns war es aber eine sehr tolle Erfahrung. Nach drei Jahren meldete sich der Typ nochmals und so kam es zu einer zweiten interessanten Erfahrung. Logisch, dass unser Bus gefilzt wurde und wir unsere Handys abgeben mussten. Nachher weisst du aber sicher wieder, wieso man nicht in den Bau wandern sollte (lacht).

MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?

Cyril: Die nächsten zwei Jahre stehen sicher im Zeichen des Tourens. Festivals in Europa sind auf den Plan. Für nächstes Jahr stehen zwei mögliche Tourneen an. Das sind aber grössere Geschichten, bei denen wir nicht einfach zwei Wochen Urlaub nehmen können. Sicherlich wird es auch wieder ans Songwriting für das nächste Album gehen. Zeitgleich steht noch ein weiteres Projekt an, das aber noch nicht spruchreif ist. Die Zeichen stehen auf Sturm!

MF: Wie wichtig ist bei all diesen Dingen die Balance zwischen Band und Privatleben?

Cyril: Diese Balance ist schon sehr lange überhaupt nicht mehr im Gleichgewicht (lacht). Für uns ist diese Truppe ein ganz wichtiger Teil im Leben. Oftmals sprechen wir von unserer Familie, wenn wir von der Band sprechen. Wir haben sehr wenig schlechte Zeiten in der Combo. Selten haben wir Streit untereinander. Jeder steht für den anderen ein! Das ist sehr wichtig und auch sehr privat. So ein Zusammenspiel suchte ich über all die Jahre. Adi hat da auch sehr viel dazu beigetragen. Damit will ich den Anteil der anderen Jungs, die mal bei Maxxwell spielten, nicht schmälern. Adi ist ein wilder Hund und passt wie die Faust aufs Auge zu uns. Das private, einzelne Leben leidet stark darunter. Man ist viel weg oder müde am Wochenende. Ab und zu hast du einen Kopf, weil du zu viel gesoffen hast (grinst). Wir haben das grosse Glück, dass wir sehr verständnisvolle Frauen haben. Sie lassen uns diese Freiheit, wissen, dass wir nicht so zufrieden wären, könnten wir dies nicht so machen. Dieses Verständnis kann man nicht genug wertschätzen! Dieser Verzicht, zum Beispiel auf den Urlaub, ist schon sehr gross. Diese Balance zu finden… Es wird langweilig, wenn man immer nur von der Band spricht. Ab und zu hat man aber auch nichts anderes zu erzählen.

MF: Zum Schluss, wie hat sich Cyril über all die Jahre verändert?

Cyril: Körperlich… (lautes Lachen). Im Kopf ist Cyril noch immer der gleiche wie damals vor 25 Jahren, als er beim Thunder Magazin anrief und seine Truppe Mental Race schmackhaft machen wollte. Ich bin noch immer der gleiche Freak, der noch immer sehr gerne Metal hört und auch spielt. Logischerweise wird man älter und ich durfte ganz viele tolle Erfahrungen machen in den letzten Jahren. Meinen Wunschweg mit der Musikindustrie konnte ich sehr gut verwirklichen. Ich lebe von der Musik, wenn auch nicht von der Band, sondern vom Booking und dem Organisieren. Geistig bin ich noch immer gleich weit und habe kaum eine Entwicklung hinter mir (lacht). Heisst, ich bin noch immer der gleiche naive Rockfan, der eine laute und verzerrte Gitarre cool findet. Beim Rest… Man merkt den einen oder anderen Schmerz, der früher noch nicht da war…

MF: Danke für das Interview…

Cyril: …danke dir, auch für die Unterstützung!