Interview: Dirkschneider

By Tinu
 
Die Verbindung zu Accept bleibt.



Das Musikbusiness kann ab und an komische Wege gehen. Da hält Udo Dirkschneider in der Accept-losen Zeit die Fahne des teutonischen, deutschen Metals hoch und veröffentlicht zahlreiche tolle Scheiben und vermischte an den Konzerten die U.D.O.-Songs mit seiner alten Accept-Zeit. Als sich Accept zum dritten Mal reformierten, liess sich der Mann mit der Reibeisenstimme aber nicht nochmals von seinem Weg abbringen und stand treu zu seiner Truppe. Etwas überraschend verbreitete sich dann die Neuigkeit, dass die Band U.D.O. unter dem Namen Dirkschneider nochmals ein komplettes Set mit Accept-Songs spielen will. Das liessen sich die Fans nicht nehmen und wanderten zahlreich in die Konzerthallen, um noch ein letztes Mal die Accept-Lieder mit der Originalstimme zu hören. Wie es dazu kam, was Udo bewegt und wie es mit U.D.O. weitergehen wird, erzählte uns der Sänger kurz vor dem Konzert im Z7.

MF: Wie kams zu dieser Tour?

Udo: Die Idee dazu hatten wir schon länger, schlussendlich aber nie verwirklicht. Ich war damit nicht so ganz Kondom (lacht). Wir entschlossen uns mit U.D.O. eine Pause zu machen. Da entstand die Idee ein paar Shows zu spielen. Resultat ist nun diese Welttournee (lacht). Das entsprach nicht unserem Plan, aber okay, wenn die Leute dies so wollen, sollen sie es auch kriegen (grinst). Der Grund, wieso wir dies machen, ist, ich will endlich mit dem Kapitel Accept abschliessen. Ich habe keinen Bock mehr auf komische Fragen. Viele Leute wollen mehr Accept-Songs bei den U.D.O.-Konzerten, andere wollen gar keine mehr. Um dem Ganzen endlich ein Ende zu bereiten, sagte ich: Noch einmal und dann ist damit Feierabend! Das ist auch gut so, denn Accept gibt es im Augenblick als Band. So lange die noch touren und da sind, werde ich keine Accept-Lieder mehr spielen. Sollten sie sich auflösen, dann lasse ich mir ein kleines Hintertürchen offen (grinst). Sollte ich dann noch immer unterwegs sein, könnte es wieder Accept-Lieder bei U.D.O. geben (grinst). Sind Accept unterwegs, bitte ich die Fans dahin zu gehen, wenn sie Accept-Tracks hören wollen.

MF: Wie gross ist der Nostalgieeffekt, wenn du diese Songs spielst?

Udo: Klar spiele ich die Tracks mit einer kleinen Träne im Auge. Das macht Spass, nicht nur uns und das sieht man auch anhand der ausverkauften Konzerte. Es läuft alles hervorragend und beantwortet schon viele Fragen. Klar ist es komisch zu wissen, dass ich diesen Teil von mir zukünftig weglassen werde. Aber damit kann ich gut leben, da ich mit meinen U.D.O.-Alben doch einiges an Material in der Hinterhand habe, mit welchem ich ein vernünftiges Set hinbekomme (grinst). Das mit Sicherheit (lacht).

MF: Wie hast du die Songs zusammengestellt für diese Tour?

Udo: Ach Gott, das war der Albtraum schlechthin. Das sind sicher die Songs, die ich gerne nochmals singen wollte. Die Auswahl, die wir in Endeffekt getroffen haben… Die ganze Tour beweist, dass die Zusammenstellung die richtige war. Es beinhaltet die typischen Klassiker, aber auch Lieder, welche Accept heute selber nicht mehr spielen oder lange nicht mehr gespielt haben. Klar kannst du nicht jeden befriedigen, das ist unmöglich.

MF: Denkst du, dass die Accept-Vergangenheit dir auch ein bisschen wie ein Stein am Fuss klebt?

Udo: Das ist auch so ein Punkt… Ich werde immer irgendwie mit Accept in Verbindung gebracht werden und der Originalsänger von ihnen bleiben. Darum versuche ich mit dieser Tour diesen Klotz am Bein loszuwerden. Dann steht nur noch U.D.O. im Mittelpunkt und ich werde auch keine Fragen zu Accept mehr beantworten. Es gibt Leute, die Fragen bis zum bitteren Ende, wieso ich zu Beispiel nicht der Reunion zugestimmt habe. Da habe ich einfach keinen Bock mehr darauf. So kann ich dann locker mit dieser Sache abschliessen.

MF: Ist Accept eher ein Fluch oder ein Segen?

Udo: Ach ne, ein Fluch war das nicht. Es war ab und an ein bisschen nervig auf Fragen zu beantworten, auf die ich keinen Bock mehr habe. Ich bin aber ein Typ, der immer versucht freundlich zu bleiben, habe aber auch schon Interviews abgebrochen. «Also Kinder, dann geht doch zu Accept und fragt da und nicht mich (grinst)». Ein Fluch ist es nicht, dafür waren die Zeiten zu gut! Ohne die ganze Accept-Geschichte wäre ich heute auch nicht hier.

MF: Du hast mit U.D.O. immer die Fahne, auch von Accept, hoch gehalten. Kommt man sich da nicht ein bisschen verarscht vor, wenn die dann plötzlich wieder am Start sind und mehr Leute ziehen?

Udo: Ja! 15 Jahre genau (lacht)… Ja, so ein bisschen… Auf jeden Fall. Es sind da viele böse Sachen passiert. Dinge, welche Herr Hoffmann losgelassen hat, waren teils wirklich unter der Gürtellinie. Da versuchte ich nicht darauf zu antworten und zu reagieren. Wenn er meint, dass der Name Udo bei Accept nicht mehr genannt werden darf, ist das Kindergarten. Das sind erwachsene Männer, was soll der Quatsch?! Ohne mich wären sie jetzt auch nicht da, wo sie sind. Aus dem Grund und auch um da allem aus dem Weg zu gehen, will ich nun mit Accept Feierabend machen.

MF: Nach fast vierzig Jahren im Musikbusiness, welches Fazit ziehst du?

Udo: Was soll ich sagen (grinst). Vierzig Jahre ist eine lange Zeit! Hoffen wir, dass wir noch zehn Jahre zusammen kriegen (lacht). Fazit habe ich noch keines gezogen. Dafür haben wir noch zu viel in Planung. Fazit ziehe ich dann, wenn ich mit meinem Buch um die Ecke komme. Okay, eines dass ich ziehen kann, ist, dass ich nie und nimmer damit gerechnet habe, vierzig Jahre im Business tätig zu sein. Da müssen wir dann wohl irgendwas richtig gemacht haben (lacht).

MF: Was waren die Gefühle, als du zum ersten Mal eine U.D.O.-Platte in den Händen gehalten hast?

Udo: Da kann ich nicht «Animal House» nehmen, weil es aus alten Accept-Songs bestand, sondern da muss ich dann «Mean Machine» als Vergleich nehmen. Das war schon toll, auch weil ich bemerkte, dass es ohne den Namen Accept funktioniert. U.D.O. waren mit der ersten Besetzung recht erfolgreich.

MF: War es damals einfacher für dich als heute?

Udo: Damals hatte ich zum Beispiel mit Management gar nichts am Hut. Heute wird ohne mein OK nichts gemacht. Komischerweise war für mich nie etwas kompliziert. Es gab mal Zeiten, an denen man ans Aufhören dachte. Das ist aber normal im Geschäft.

MF: Siehst du es als Privileg Musiker zu sein?

Udo: Ich glaube, dass wir sehr privilegiert sind mit dem, was mir machen. Wir müssen nicht frühmorgens um acht im Büro sein, abends um Vier gehts nach Hause und schalten den Fernseher an. Da führen wir ein ganz anderes Leben. Ich toure durch die Welt, sehe viele Dinge, wofür andere wahrscheinlich vier Leben bräuchten und erlebe dabei Sachen, die, wenn man normal arbeitet, nicht erleben würde. Da hast du deine vier Wochen Urlaub im Jahr und das wars. Jetzt könnte man sagen (lachend), wir sind nur auf Urlaubsreise, aber das ist Quatsch (lacht). Es gibt schon Momente, an denen ich in gewissen Ländern und Städten mehr sehen möchte, aber ganz einfach die Zeit dazu fehlt.

MF: Was war damals für dich wichtig und was ist es heute?

Udo: Damals war für mich wichtig, einmal die härteste Band Deutschlands zu werden. Das habe ich geschafft. Dann wurde es wichtig, gute neue Songs zu komponieren und die Leute zu unterhalten. Heute ist es wichtig, eine gute Band zusammen zu haben… Klar, das wars schon damals. Gute Lieder zu schreiben und zu sehen, ob die auf der Bühne auch funktionieren. Das ist wichtig und darum gehe ich noch immer gerne auf Tour. Mit meiner Gesundheit habe ich keine Probleme, auch mit der Stimme nicht. Das ist ein grosser Glücksfall. Da gibt es Gesangeskollegen, die haben es nicht so gut… Dafür bin ich sehr dankbar. Bei der Gesundheit kommt es immer darauf an, wie man lebt. Da führe ich doch ein gesundes und solides Leben. Klar macht es mich auch nachdenklich, wenn viele Musiker sterben. Ich denke da nicht gross über den Tod nach. Ein Leben wie Lemmy habe ich nicht geführt (lacht). Hätte ich auch nicht führen können. Auch Jimmy Bain war nicht ein Kind von Traurigkeit. Krebs, wie zum Beispiel bei Ronnie James Dio, kann jeder kriegen. Das kann mich auch treffen, aber da denke ich nicht darüber nach. Ab einem gewissen Punkt… Als ich 60 wurde, beschloss ich mehr zu geniessen. Ich nehme nicht mehr alles so bitter ernst. Im Privaten wie auch mit der Band. Klar ist das eine ernste Angelegenheit, aber ich gehe da mit einer gewissen Lockerheit an die Sache 'ran. Es weiss keiner wie lange das noch geht. Da denke ich nicht an die Rente, aber an den Genuss.

MF: Was passiert nach dieser Tour?

Udo: Die geht noch bis Dezember. Aufhören wird das wohl am 19. Dezember, respektive da, wo alles begann..., in Solingen. Das wird ein schöner Abschluss und viele bekannte Gesichter werden dabei sein. Viele wollten dies noch verlängern, aber irgendwann muss auch mal Schluss sein (lacht). Dann gehts ans nächste U.D.O.-Album. Wahrscheinlich gibt es nächstes Jahr nochmals ein paar Shows oder Festivals mit dem Orchester. Der Plan ist Ende August, Anfangs September 2017 mit der neuen Scheibe raus zu kommen. Dann gehts wieder auf Tour. Songs sind noch keine geschrieben. Anfangs 2017, wenn sich alle drei bis vier Wochen erholt haben, wollen wir mit dem Schreiben starten. Ich denke nicht, dass diese Tour einen musikalischen Einfluss auf die kommenden Lieder hat.

MF: Besten Dank fürs Interview und weiterhin viel Spass, Genuss und alles Gute.

Udo: Kein Problem, danke, danke und dir auch alles Gute!