Interview: Communic
By Rockslave
Bands wie Led Zeppelin, Black Sabbath, Deep Purple, The Who, AC/DC, Iron Maiden, Motörhead oder Saxon sind "unkaputtbar" und haben der Rock- und Metalwelt unzählige wie unvergängliche Perlen vermacht, die für die Ewigkeit bestimmt sind. Das liegt auch darin begründet, dass diese und noch ein paar andere Bands aus etwa der gleichen Entstehungszeit schon mehrere Dekaden Bandgeschichte auf dem Buckel haben, was neueren Act's kaum bis nicht mehr gelingen dürfte. Trotzdem gibt es hin und wieder Aussergewöhnliches jüngeren Datums zu bestaunen und dazu gehören Communic aus Norwegen mit Sicherheit. Das Debüt-Album ?Conspiracy In Mind? von 2005 hat, trotz ein paar Unken-Rufen von wegen Nevermore-Klon, das Metaller-Volk schwer beeindruckt. Meine Wenigkeit fand kaum Worte für diese geile Mucke und als ich das erste Mal ?Waves of visual decay?, das neue Meisterwerk, zu Beginn erst ansatzweise auf die Reihe kriegte, blieb die Kinnlade einfach permanent unten. Und die Schar derer, die das Gleiche erleben, wird immer grösser. Der Auftritt am diesjährigen BYH!!!-Festival zeigte die Stärken (und geringen Schwächen) dieser Hammer-Combo eindrücklich. Ich wage zu behaupten, dass hier, falls die sympathischen und total bodenständigen Jungs dieses Level des Songwritings halten können, eine Band heran reift, die der Geschichte des Heavy Metal ein gewichtiges Kapitel beisteuern wird. Im Herbst stehen in unseren Breitengraden ein paar Headliner-Gigs (Pratteln am 2. Oktober 2006) an, die sich hoffentlich viele Metal-Heads anschauen werden. Das folgende Interview mit Sänger/Gitarrist Oddleif Stensland führte ich bereits Ende Mai und schon da zeigte sich der Nordländer, der übrigens aus Mandal, dem südlichsten Kaff Norwegen's anrief, eigentlich eher überrascht über die gewaltige Resonanz. Die dürfte jetzt im Herbst zu den anstehenden Konzerten wohl noch grösser sein..., hoffentlich! (OS = Oddleif Stensland)

MF: Zu allererst: Gratulation zu eurer unglaublichen Musik! Ich meine, ich bin 41 Jahre alt (das heisst, da war ich's noch..., mittlerweile sind es schon 42 - huch!) und ihr gehört seit letztem Jahr zu meinen Lieblingsbands!

OS: Oh..., danke! Das ist unglaublich zu hören, dass die Leute die Musik so mögen..., und..., ja..., danke! (Er wusste fast nicht mehr weiter) - pretty cool! Dazu muss ich noch erwähnen, dass unser Bassist Erik (Mortensen - MF) 39 Jahre alt ist und er rockt auch immer noch. Das Alter hat nichts mit Metal zu tun, also ob man diesen Stil hört oder nicht. Ich finde es toll, dass so viele Leute unterschiedlichen Alters und verschiedenen Lebensumständen dem Metal frönen. Das ist eine wirklich gute Sache.

MF: Bist du überrascht über das überwältigende Feedback oder fürchtet man sich gar ein wenig davor?

OS: Nun, weisst du..., man weiss nie bei dieser Art von Musik weil..., ich denke, es ist schon etwas seltsam, dass jedermann solch immenses Feedback dazu abgibt. Unser Sound ist ziemlich weit weg von dem, was man unter Mainstream versteht..., und das ist nicht Mainstream! Ich bin ein wenig überrascht, wir hoffen aber natürlich, dass die Leute die Musik so lieben, wie wir es tun. Gleichzeitig bin ich schon etwas "erschreckt" darüber, aber solange wir..., wir versuchen stets die Musik zu machen, die wir wirklich mögen und zu sehen, dass so viele Fans dies nun auch tun, ist ein riesiger Bonus. Weil..., diese Musik, die wir uns über längere Zeit erarbeitet haben, ist ein Teil von uns geworden, unser Style zu spielen. Wir sind keinen Trends hinterher gerannt oder irgend sowas..., wir haben einfach die Musik gemacht, die wir mögen. Es ist schön anzusehen, dass wir nun über die Plattenfirma die Möglichkeit erhalten, dass die Leute unsere Platten kaufen können. Es fühlt sich grossartig an und ist gleichwohl unheimlich!

MF: Viele Leute sagen, dass das erste Album ("Conspiracy In Mind" - MF) nicht mehr übertroffen werden kann, aber ihr habt es getan! Wie denkst du darüber?

OS: Nun..., wir waren sehr glücklich mit unserem ersten Album..., wie es klang, wie die Songs waren und das sehr positive Feedback, das wir darauf erhielten. Dadurch entstand ein gewisser Druck, weil wir wussten, dass wir nun etwas Überzeugendes bringen müssen. Wir wollten zeigen, dass wir voll da sind und nicht nach nur einem guten Album wieder in der Versenkung verschwinden. Es war wichtig für uns, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen, hart zu arbeiten, und darauf ausgerichtet, was du gesagt hast. Wir wollten raschmöglichst ein zweites Album machen, weil das Erste soviel Lob erhalten hat. Das war unser Antrieb, nicht zu lange mit dem Nachfolger zuzuwarten, denn das Debüt war noch frisch in den Köpfen der Leute..., well..., es ist schwierig..., wenn man sich zu fest dem Druck aussetzt, was andere davon halten, besteht die Gefahr, dass man scheitert. Wir wollten einfach das Gleiche tun wie bei "Conspiracy In Mind", nein..., mehr noch und zwar etwas, zu dem wir stehen können und wir gut finden. Und nicht darüber nachdenken, was von uns erwartet wird oder welches Genre sich gerade gut verkauft. Es ist wichtiger Dinge zu tun, die mit Herzblut versehen sind und wenn die Leute es dann nicht mögen, ist es ok. Man kann nicht jedermann zufrieden stellen..., wichtig ist, dass man mit der Band ein Ziel vor Augen hat und an das glaubt, was man macht. Und nicht zu fest von Zweifeln erfüllt sein, ob es jetzt gut ist oder nicht. Solange du fühlst, dass es gut ist, musst du weiter machen. Das taten wir diesmal auch wieder..., nun..., ich bin wirklich froh darüber, dass die Leute das merken und mit uns sind.

MF: Communic sind eine 3-Mann Band wie Rage, Rush oder Motörhead. Warum habt ihr dieses Line-Up gewählt? Bleibt mehr Geld für jedes einzelne Bandmitglied übrig?

OS: (lacht) - Es ist einfacher, das Bier zu teilen... (lacht wieder), nun..., der Grund warum..., ich bin mir nicht mal richtig im Klaren darüber. Ich spielte nie in einer Band mit mehr als einem Gitarristen..., ich war einmal einfach nur der Sänger. Seit ich selber Gitarre spiele, war es jedoch nie anders. Bei Erik war es gleich..., er spielte auch nie in Bands mit mehr als einer Gitarre zusammen. Ich denke, das hat auf unsere Art zu spielen abgefärbt. Jeder arbeitet mit diesem Sound mit dem anderen gut zusammen. Der Bass kriegt so die Gelegenheit, befreiter aufspielen zu können..., wenn ich meine Soli spiele, dann kann Erik sein Ding, wie ich sonst auf der Gitarre, durchziehen. Das erzeugt ein gewisses Feeling und stellt für uns keine Schwierigkeit dar. Wir werden das oft gefragt, wie wir das machen und ob das nun geht. Auf diese Art und Weise sind die Songs entstanden, so haben wir sie aufgenommen. Für uns ist das normal..., auch live..., und es geht wirklich gut. Die Leute müssen jetzt nur noch kommen und sich das ansehen.

MF: Auf beiden Alben stammen alle Songs und die Texte aus deiner Feder. Was ist der Beitrag von Tor Atle und Erik an die Band?

OS: Sie bringen beide viel ein! Sie sind sehr wichtig, vor allem wenn es darum geht, den Songs den letzten Schliff zu verleihen. Ich komponiere die Musik, schreibe den andern aber nicht vor, was sie zu spielen haben. Tor Atle arbeitet seine Art des Drum-Spiels heraus und bringt seine Identität in die Songs ein, und das tut Erik auch. Ich zeige ihm nichts auf dem Bass, was er wie spielen muss, das macht er selber. Dazu kommt, dass sein Spiel sich meist von meinem unterschiedet. Das ist wichtig, denn so trägt jeder seinen eigenen Style in die Songs rein. Auch was das Arrangieren angeht, fühlen sich alle den Songs verbunden. Ich bringe die ersten musikalischen Ideen und die Texte..., mit denen sie nichts am Hut haben, das ist mein Part. Aber wenn es um's Arrangieren geht und wie was läuft, respektive was gespielt werden soll, sind wir eine Einheit. Das ist auch die Art und Weise, wie wir verschiedene Stile verarbeiten. Jeder von uns hat unterschiedliche Einflüsse und wenn jeder seinen Teil dazu beiträgt, dann klingt das so wie jetzt bei Communic.

MF: Woher holst du dir die Inspiration für deine Texte?

OS: Das Meiste davon sehe ich im Fernsehen oder wenn ich aus dem Fenster schaue und dabei sehe, wie es in der Welt zu und her geht. Das Fernsehen ist dann so zu sagen das Fenster zur Welt. Und das, was man in letzter Zeit so sieht, sind keine netten Dinge. Daher auch die Verbindung zum Albumtitel "Waves of visual decay". Dabei stehen die Wellen für den Transport der Informationen, die wir sehen und was wir sehen, ist der (mediale) Zerfall. Ich sitze oft vor dem TV und spiele Gitarre dazu..., das inspiriert mich, während ich die News oder sonst was ansehe. Dazu kommt die Frage nach der Wahrheit, also was passiert, wer entscheidet, was wird gezeigt oder über was wird gesprochen..., und ist es die Wahrheit?!! Das inspiriert und lässt mich gewisse Dinge auch hinterfragen.

MF: Nach diesen zwei superben Veröffentlichungen: Wie wird die Annäherung an das dritte Album sein, respektive wird es eines Tages ein Drittes geben?

OS: (lacht) - Ja! Ich glaube, es werden noch viele Alben folgen..., (Juhuiiiiiiii! - MF) - Ich hoffe, dass wir uns so einrichten können, dass es uns noch eine ganze Weile geben wird. Das ist mein Traum, meine Hoffnung für diese Band, dass wir ein gefestigtes Line-Up haben, das uns drei zusammen hält und wir nicht irgendwie auseinander fallen. Es wird auf jeden Fall ein drittes Album geben, aber ich kann dir nicht versprechen, dass es in einem Jahr schon da ist. Wir arbeiten bereits an gewissen neuen Ideen..., mir schwebt Einiges im Kopf herum. So wird es in der Zukunft ein weiteres Communic-Album geben..., vielleicht in ein, zwei Jahren oder auch mehr..., ich weiss es noch nicht. Es hängt auch davon ab, wie sich die Tour entwickelt, wieviel Zeit wir für Konzerte unterwegs sein werden und wie lange wir für neue Songs brauchen. Aber es wird todsicher ein neues Album von Communic geben!

MF: Ihr werdet häufig als progressive Metal Band bezeichnet. Wie steht's mit der Bezeichnung Progressive Thrash als weiteren Stil?

OS: Ja..., ich denke, dass dies die grössten Aspekte unserer Musik ausmacht. Thrash Metal ist stark vertreten, aber auch progressive Passagen. Letzteres aufgrund des komplexen Style's unserer Songs. Er ist aber nicht zu vergleichen mit Dream Theater oder gar noch progressiver. Es ist wichtiger für uns, eingängige und groovende Songs zu machen, als sie schwierig im Sinne von Prog Metal. Wir versuchen eigentlich gar nicht, progressiv zu sein, nur um zeigen zu können, dass wir auch komplexen Stoff spielen. Wichtig ist auch, dass die Songs fliessen und wenn das zusammen mit dem Progressiven einher geht, umso besser. Aber Thrash Metal ist eigentlich schon unser grösster Einfluss. Dies kombiniert mit Progressive und Power Metal oder gar Doom, das ist unser Input.

MF: Es gibt hunderte von Metal und Rock Band's in Norwegen, und bekannte noch dazu. Wie steht es mit der öffentlichen Wahrnehmung dieses Genres?

OS: Die ist nicht so gross..., es gibt ein paar Radio-Stationen, die diese Art von Musik spielen. Dann gibt es ein, zwei grössere Magazine, die darüber berichten und ein paar Web-Sites.
Grundsätzlich existiert aber keine grössere Szene für diese Musik. Unser Land ist bekannt für extreme Formen des Metal's und das ist auch gut so, denn das öffnete auch Bands wie uns die Türen. Die stilistische Breite mit Prog, Thrash, Extreme Death oder Black Metal ist dabei sehr ansehnlich..., ich finde das gut.

MF: Nevermore scheinen eure grossen Vorbilder zu sein. Sind sie es und habt ihr sie mal getroffen?

OS: Nein, wir haben sie noch nie getroffen bis jetzt. Ich verstehe, dass die Leute diesen Bezug zu Nevermore machen, aber ich sehe das anders. Kann sein, dass es wegen meinem Gesang ist, also der Art und Weise, wie ich singe. Es gibt auch nicht viele Sänger, die so singen. Wir haben jedoch unseren eigenen Sound geschaffen. Unser grösster Einfluss stammt von..., das ich schwierig zu sagen! Für mich persönlich ist es der Thrash Metal der frühen 90er, also wie Megadeth, Testament oder frühe Metallica. Von der progressiven Seite her sind es Fates Warning, Queensryche oder Psychotic Waltz. Erik, unser Bassist, mag Rush, Deep Purple, Black Sabbath..., ältere Sachen eben, oder auch Manowar. Tot Atle hingegen ist moderner ausgerichtet, er mag mehr den Death Metal Style..., also wie Deicide oder sogar Slipknot. Das alles wirkt auf unsere Musik ein. Ich denke nicht, dass Nevermore uns gross beeinflussen, obwohl wir sie mögen und sie eine tolle Band sind.

MF: Was denkst du über den glorreichen Sieg von Lordi beim "ESC"? Ist das der Beginn von etwas Unerwartetem in der Rock-Geschichte?

OS: Yeah..., ich glaube, das ist sehr wichtig. Ich hatte es selber auch gesehen..., das ist wirklich gut! Ich denke, dass der Sieg für eine Band wie Lordi, die, neben all den miesen Songs, Heavy Metal spielt, hier schlicht keinen Sinn macht.

Danach erzählte Oddleif noch zu diesem Thema, dass es zwar schon gut gewesen sei für Lordi, aber er glaube nicht, dass dieser Stil nun beim "ESC" Einzug halten werde. Zwar sei es schon so, dass dabei im Hintergrund nun geschaut wird, was sich vermarkten lässt, aber es ist wichtiger, dass man bei den Dingen bleibt, an die man wirklich glaubt, wie es Lordi auch tun. So gesehen war es gut für sie. Gevotet habe er aber nicht und welche Band? Er sicher nicht, meinte er lachend.

MF: Letztes Jahr habt ihr, zusammen mit Ensiferum und Graveworm das erste Mal in der Schweiz gespielt. Wann werdet ihr als Headliner zurück kehren?

Wie wir ja jetzt alle wissen, ist diese Tour, zusammen mit Scar Symmetry als Support, tatsächlich (ich dreh' fast durch!) zu Stande gekommen. Ein paar Monate zuvor äusserte sich Oddleif dazu noch sehr zurückhaltend. Man müsse zuerst sehen, wie das Album laufe und nach ein paar Festival-Auftritten werde man dann ja sehen, ob sich was ergeben wird. Zum Glück wurden Communic von den Ereignissen, sprich dem grossen Erfolg wie Zuspruch eingeholt und deshalb wird es im Herbst im Z7, eben am 2. Oktober 2006, zu einem der Jahres-Höhepunkte der ganzen Konzertsaison kommen! Seid dann ja auch alle da..., Ihr Metaller und Metal Ladies da draussen, sonst entgeht Euch was!! Das Bild mit Oddleif entstand übrigens beim diesjährigen BYH!!!-Festival in Balingen.




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