Interview: Celtic Frost
By Rockslave
Vor ein paar Jahren darauf angesprochen, gab es seitens der Gründer Warrior/Ain kaum bis gar keine Zugeständnisse in Richtung einer Reunion, und nun, 16 Jahre nach dem letzten offiziellen Album "Vanity/Nemesis" ist die Schweizer Kult-Band zurück mit ihrem neusten Werk "Monotheist", das die alten Trademarks mit einer gehörigen Prise Moderne wieder auferstehen lässt. Wer hätte das gedacht? Klar..., in dieser von Reunions nur so gepflasterten Zeit (wenn man mal so die letzten drei bis fünf Jahre anschaut), gab es nicht wenige, die prophezeiten, dass hier eine der wegweisendsten Bands für das Genre Death Metal (mehr) und Black Metal (weniger) über kurz oder lang nicht abseits stehen kann. Celtic Frost wussten das schon länger und darum haben sie ihre Rückkehr minutiös geplant und nicht einfach einen Schnellschuss abgeliefert. "Monotheist" ist voll von schweren bis schwersten Death Stampf-Riffs und hört sich wie der perfekte Soundtrack zu einem von H.R. Giger inspirierten Horror-Film der subtilen Art an. Das Schweizer Gerne-Aushängeschild hat seine Aufgaben gemacht und jetzt bleibt abzuwarten, wie der Zuspruch bei den alten und vor allem auch neuen Fans sein wird. Zu diesem und anderen Themen habe ich meinen Interview-Gast und CF-Bassist Martin "Eric" Ain per Telephon befragt und ausführliche Antworten erhalten. (MA = Martin Ain)

Nach der kurzen Begrüssung zu Beginn, brachte Martin (erfreut) zum Ausdruck, dass es fast gespenstisch anmute, wieviel gerade am Laufen sei.

MF: Hallo Martin! Hand auf's Herz: Hättet ihr (also Tom und du) vor sagen wir mal 10 Jahren gedacht, dass erstens die Reunion als solche und zweitens ein Album wie "Monotheist" eines Tages möglich werden wird?

MA: Vor 10 Jahren sagst du...

MF: Ja! - Nicht?

MA: Ich glaube vor 10 Jahren..., nein..., man hätte als Erstes auch nicht daran gedacht. Man hat vielleicht zwischendurch mal daran gedacht, ob so etwas möglich wäre, oder..., aber ich glaube vor 10 Jahren war ich mit Celtic Frost immer noch beschäftigt mit der Vergangenheitsbewältigung.

MF: Ihr habt euch jetzt insgesamt etwa vier Jahre Zeit gelassen, um wieder durch zu starten. Wann, wo und allenfalls warum hat es wieder "klick" gemacht in dem Sinne, dass ihr euch gesagt habt: "Komm..., lass uns den Motor wieder anwerfen!"

MA: Als Noise Records (unsere alte, damalige Plattenfirma) uns 1999 angefragt hatte, ob wir uns für remasterte Wiederauflagen involvieren würden und wie das von statten gehen soll... - das war, glaube ich, das erste Mal seit längerer Zeit, dass Tom und ich uns wieder zusammen gesetzt haben und unsere Vergangenheit und unser Werk miteinander besprochen haben. Ich glaube, dort ist der Funke übergesprungen..., da war klar wie ok..., wir hatten beide gespürt, dass wir eigentlich Interesse haben und es uns noch reizen und wundern würde, wie das wohl wäre. Würden wir wieder was auf die Reihe kriegen und Celtic Frost wieder zum Laufen bringen? Nur war damals nicht der richtige Zeitpunkt. Erstens war Tom mit Apollyon Sun beschäftigt und zweitens hatte ich gerade eine neue Bar aufgemacht, wo ich mich sehr stark involviert und..., wir hatten beide keine Zeit, etwas zu machen. Als er 2001 nochmals auf mich zukam und fragte, ob ich mir das wirklich konkret vorstellen könnte, war ich "blöd" genug, um ja zu sagen. (lacht)

MF: Vielleicht magst du es nicht mehr hören, aber es ist Tatsache, dass unzählige Szene-Grössen den Einfluss von Celtic Frost auf deren Musik bis auf den heutigen Tag zu Protokoll geben. War euch das damals irgendwie bewusst, der Zeit voraus zu sein oder nahmt ihr die Etikette irgendwann einfach mal an, weil viele Leute immer wieder davon sprachen?

MA: Wir hatten schon gewusst..., spätestens mit "To mega therion", würde ich sagen..., wussten wir, dass wir relativ eigen in der Landschaft draussen stehen und unser eigenes Ding durch ziehen. Aber dass wir so einflussreich werden oder dass wir tatsächlich so einen Status erreichen würden, hätten wir damals nie vermutet. Ich meine..., am Anfang des Musikmachens mit Hellhammer oder als es darum ging, Celtic Frost zu erschaffen..., und wo wir "Morbid tales" aufgenommen hatten, da waren wir mit ganz anderen Problemen beschäftigt. Das war so fern von uns, wie man sich das nur vorstellen konnte. Da ging es darum, überhaupt wahr genommen zu werden..., ernst genommen zu werden, mit dem, was man macht. Im lokalen wie internationalen Kontext..., mit Hellhammer ging es darum, überhaupt die Instrumente lernen zu meistern..., eine Ausdrucksform zu finden, wie wir unsere Gefühle musikalisch umsetzen können. Und mit der "Morbid tales"..., am Anfang mit Celtic Frost ging es darum, die Kindheit und Ansätze von Hellhammer zurück zu lassen, vor allem den Black Metal..., den Satanisten-Ruf, den wir da hatten, auch zurück zu lassen. Damals hatten wir überhaupt nicht überlegt, wen werden wir wann beeinflussen..., wenn überhaupt.

MF: Das neue Album ist die eine (feine) Sache, aber ihr werdet bald an einigen europäischen Open Air Festivals als Zugpferde vor tausenden von Fans spielen und auf Herbst/Winter auch in den Staaten drüben wieder das Feuer entfachen. Wie gross ist die Nervosität mittlerweile und wie bereitet ihr euch physisch wie mental auf diese Auftritte vor?

MA: Ähm..., die Nervosität ist sicher da. Sie ist mit Sicherheit auch schon grösser gewesen als gerade in diesem Moment, wo wir am Telephon sind. Wir haben in den letzten Monaten sehr intensiv gearbeitet und dadurch entsteht auch eine gewisse Sicherheit und Ruhe. Es ist natürlich nicht klar für uns, wie das dann funktionieren und rüber kommen wird. Wir starten, was diese Festivals betrifft, von 0 gerade auf 100 durch. Wir headlinen "Wacken", "Rock Hard Festival", "Tuska Festival" in Finnland, "Hole In The Sky" in Norwegen..., wir co-headlinen "Sweden Rock", "With Full Force", "Hell Fest" in Frankreich..., wir sind also in den absoluten Top-Positionen. Das gibt einem schon ein wenig ein mulmiges Gefühl..., weil in den Zeiten früher, wo die Band angeblich erfolgreich war, befanden wir uns nie in dem Status, den wir jetzt haben. Wir konnten nie in dieser Grösse spielen..., aber es ist klar, dass der mythische Status, den die Band jetzt erreicht hat, natürlich das Interesse auslöst und die Positionierung dem entsprechend möglich gemacht hat. Ob wir dem gerecht werden, kann ich dir so nicht sagen, weil das mit der Erwartung des Publikums, der Fans zu tun hat, die das dann entsprechend aufnehmen werden. Aber es ist klar, dass wir unser Bestes geben und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das schlecht sein wird.

MF: Am kommenden Montag, den 29. Mai 2006, wird in der verhältismässig sehr kleinen Remise in Wil ein sehr spezielles Konzert statt finden. Was können eure Schweizer Fans von diesem ersten Konzert der Tour erwarten?

MA: Celtic Frost! Sie können das Gleiche erwarten wie die Leute am Wacken Open Air, wo wir als Headliner spielen werden: Celtic Frost live! Wir konzentrieren uns auf die Musik, ohne grosses Brimborium drum herum. Es geht darum, die Band live wieder zu etablieren. Wir waren noch nie eine Band, die auf riesige Show-Einlagen gesetzt hat, auf Pyro-Effekte..., wir werden auf den grossen Bühnen aber ganz klar sicher auch mit den grösseren Verhältnissen arbeiten. Jedoch... so intim, wie jetzt da (in der Remise - MF) in dem Moment..., ist etwas, das mir persönlich viel mehr liegt, als ein grosses Festival. Was aber speziell ist und man wissen muss: Es ist das erste Celtic Frost Konzert seit 15 (!) Jahren und das gibt es nur ein Mal!

MF: "Monotheist" öffnet sich einem erst nach mehreren Durchläufen, dafür immer heftiger. Wie lief da das Songwriting ab? Wurden mehr neue Ideen ausgearbeitet und/oder eher seit Jahren brach liegende Fragmente zu etwas Neuem geformt?

MA: Ja und nein..., öhmm..., alles was du gerade gesagt hast, wäre eigentlich die korrekte Antwort. Wir haben im Laufe der Arbeit neue Songs geschaffen, wir haben Elemente verwendet..., wie gesagt, du darfst nicht vergessen: Wir haben vier Jahre an diesem Album gearbeitet - da gab es Momente, wo man drei, vier Jahre an einem Song dran war..., man erinnerte sich an eine Passage, die hier nicht passte, dafür perfekt bei einem anderen Song. Da nahmen wir also eventuell eine vier Jahre alte Passage. Es hat auch solche drauf..., oder zum Beispiel bei einem Song eine, die noch aus der Schlussphase der "Original Celtic Frost" stammt, also der Zeit, wo Tom noch versuchte, mit der Band (mit Bassist Curt Victor Bryant und Drummer Reed St. Mark) weiter zu machen. Sie machten damals ein Demo ("The nemesis of power"), und da hat es zwei Riffs, die jetzt bei "Domain of decay" vom neuen Album verwendet wurden - und der letzte Song (gemeint ist "Totengott" - MF), den wir erst nach der eigentlichen Aufnahme und Produktion mit Peter Tägtgren..., wo wir realisiert haben, dass wir mit dem Mix nicht zufrieden waren und fanden, dass wir es nochmals remixen wollen..., alleine..., und da realisierten wir, dass irgendwo noch etwas fehlte und zwar genau zwischen "Ain elohim" und "Synagoga Satanae". Es brauchte mehr Luft, oder im Gegenteil ein Vakuum..., es muss etwas wie eine Leere, ein Platz geschaffen werden. Da hatte Tom die spontane Idee zu "Totengott". Die musikalische Idee hatte er in einem halben Tag komponiert und ich hatte am gleichen Abend den Text fertig. Am nächsten Tag waren wir im Studio und nahmen es auf, und das war im November 2005. Also du siehst: Alles, was man sich vorstellen kannst, jeglich möglicher Approach, den man nehmen kann, um Songs zu schreiben, hat man gemacht. Das war auch der Grund, warum wir vier Jahre daran gearbeitet haben. Wir haben in dieser Zeit nicht nur Musik gemacht, sondern es ging vor allem auch darum, die Band, uns selber wieder darin zu finden und wieder zu Celtic Frost zu werden. Dazu nahmen wir uns alle künsterischen Freiheiten, die wir wollten und haben dem entsprechend sehr viele Songs geschrieben, die nicht auf dem Album sind. Also wir haben mehr solche geschrieben, die nicht auf dem Album sind, als solche die auf dem Album sind! Wir haben mal ein ganzes Demo gemacht mit etwa..., wenn ich mich jetzt nicht täusche..., mit zwölf Songs drauf und von denen ist gerade mal einer auf "Monotheist" und das ist "Obscured".

MF: Ihr habt Producer-Ikone Peter Tägtgren als Co-Produzent ran gelassen. Auf was hat er besonders Wert gelegt und wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit ihm während des ganzen Gestaltungsprozesses?

MA: Er wollte, dass es nach Celtic Frost klingt und in seinen Ohren einen klaren Bezug dazu hat, was uns früher ausgemacht hat. Das war auch einer der Gründe, warum wir mit ihm zusammen gearbeitet haben. Wir wussten, dass wir selber risikofreudig genug sind und experimentierfreudig ebenso, darum brauchten keinen, der das zusätzlich unterstützt. Sondern jemanden, der die traditionellen Werte berücksichtigt und auch darauf eingeht, respektive das Verständnis aufbringt, was diese Band ausmacht. Wobei diese traditionellen Werte schon sehr breit gefächert sind. Wenn man jetzt nur schon von "Morbid tales" bis "Into the pandemonium" schaut, dann hast du innerhalb dieser drei Alben eine musikalische Sound-Palette, wie das wenige Bands in ihrer ganzen Karriere hinkriegen im Heavy Metal Genre. Es war sehr wichtig, mit jemandem zusammen arbeiten zu können, der erstens technisch ein totaler Crack ist und zweitens eine Ahnung des kreativen Prozesses hat..., wie das läuft..., welchen Druck das erzeugen kann..., wie das konstruktiv umgesetzt wird, und dann natürlich auch die Band kennt sowie Respekt davor hat. Für das alles war Peter Tägtgren die perfekte Person!

MF: Ein Knackpunkt für das Weiterkommen, respektive Wiederauferstehen der Band, war die Suche nach einem geeigneten Schlagzeuger, den ihr jetzt in Form von Franco Sesa gefunden habt. Hatte euer ehemaliger Drummer Stephen Priestly keine Lust mehr und was macht er heute?

MA: Es gibt ja zwei ehemalige Drummer, die relevant gewesen sind: Der eine ist Stephen Priestly und der andere Reed St. Mark. An Stephen haben wir im ersten Moment gar nicht gedacht, weil wir wissen, dass er mehrfacher Familienvater und relativ glücklich ist..., sich gesetzt hat. Er hatte auch schon früher keine Lust auf diesen Rock-Zirkus, also monatelang auf Tour sein und nicht zu wissen, was denn gerade als Nächstes wieder kommt, eventuell finanzielle Durststrecken in Kauf nehmen zu müssen, etc. etc. etc. - und deshalb haben wir ihn gar nicht gefragt. Wir haben auf jeden Fall Reed gefragt, den amerikanischen Drummer, der den Celtic Frost Sound am meisten mitgeprägt hat, also auf "To mega therion" und "Into the pandemonium" gespielt hat. Er wollte eigentlich im Ansatz, aber es ging dann aus diversen Gründen nicht. Diverse, die zum Teil zu persönlich wären, um das hier darzulegen. Was eigentlich einen Rückschlag für uns bedeutete, da wir damit gerechnet hatten, dass wir es mit Reed zusammen machen, aber dann ist klar geworden, dass das nicht geht. Und dann mussten wir zuerst wieder einen Schlagzeuger suchen, das heisst in den ersten eineinhalb Jahren haben wir Musik gemacht ohne wirklich einen Schlagzeuger. Für gewisse Songs haben wir zwischendurch einen Session-Drummer beigezogen, weil wir einen gebraucht haben, aber es ist halt nicht das Gleiche, wie wenn man ein vollwertiges Bandmitglied, einen Mitmusiker hat, der mit einem zusammen Musik macht.

MF: Der Zeitpunkt für eine Rückkehr könnte vom Timing her nicht besser sein. Die Szene bewegt sich schon eine Weile auf einem hohen Niveau, vor allem quantitativ. Wie beurteilt ihr, was zur Zeit abgeht? Nur Quantität oder auch Qualität und wie schätzt ihr den Zuspruch der Fans ein?

MA: Also ich glaube..., das Problem ist..., es gibt relativ viele qualitativ spannende Sachen muss ich sagen. Es gibt viele junge Bands, gute Musiker mit interessanten Ideen. Das Problem ist, dass die Quantität die Qualität an den Rand drückt. Jede Band erhält weniger Platz, hat weniger Zeit, um sich zu etablieren..., zu präsentieren. Die Plattenfirmen..., die Indie-Plattenfirmen vor allem und die Major's auch, funktionieren je länger je mehr nach dem Prinzip von "Scheisse" an die Wand klatschen und mal schauen, was kleben bleibt. Mit dem arbeitet man weiter, und den Rest lässt man einfach sein. Das heisst natürlich, dass viele Künstler und Musiker, die sich tatsächlich entwickeln könnten, gar keine Möglichkeit dazu erhalten, also bereits verheizt werden, bevor sie überhaupt eine Chance hatten. Das hat auch ganz klar was mit dem Internet und dem Konsumenten-Verhalten zu tun, wo die Musik immer mehr als Konsum-Gut betrachtet und die finanzielle Wertigkeit herunter gesetzt wird. Man ist als Konsument bereit, weniger Geld dafür auszugeben oder klarer das auszuwählen, was man will, was ich durchaus verstehen kann. Nichts gegen Internet, Downloading und File- Sharing..., es hat auch sehr interessante Aspekte. Aber es ist sicher nicht einfacher geworden, als in der 80er-Jahren. Also wenn ich heutzutage diese Fachzeitschriften anschaue..., Metal Hammer, Rock Hard..., wo zum Teil 70 bis 80 oder noch mehr Plattenbesprechungen drin sind..., das sind dann nicht mal alle Releases, die im entsprechenden Monat raus gekommen sind, und ich das vergleiche mit früher, wo zwischen 15 und 20 Platten im Maximum besprochen wurden, dann ist das ein gewaltiger Unterschied!

MF: Das letzte Wochenende gestaltete sich für Rock- und Metal-Fans in ganz Europa mehr als erfreulich! Die finnischen Monster-Rocker Lordi liessen die Konkurrenz in Athen beim "European Song Contest" bekanntlich steinalt aussehen. Hast du das auch live am TV mitgekriegt und/oder was denkst du, welche Bedeutung dieser Sieg an so einem Anlass für die Szene bedeutet?

MA: Nein, ich habe das selber nicht gesehen..., ich stand in diesem Moment mit "Karaoke from Hell" auf der Bühne und habe mein eigenes Kabarett veranstaltet. Und ich glaube, es hat keine weitere Bedeutung..., ehrlich gesagt. Die Zeit, wo der "Concour Eurovision (de la Chanson)" eine tatsächliche Bedeutung hatte, ist längst vorbei! Dieser Anlass ist etwas so wie..., kennst du den amerikanischen Kaffee vor "Starbuck's" Zeiten...

MF: Ja...

MA: Amerikanischen Filter-Kaffee..., so kommt mir der "ESC" ("European Song Contest") vor: Der etwa 100ste Aufguss des gleichen Filter-Kaffee's, den wir da vorgesetzt bekommen. Das ist auch der Grund, warum Lordi gewonnen haben. Sie konnten nur gewinnen, weil dieses Gebilde so morsch und ausgehöhlt ist, dass man eigentlich nur noch rein hauen musste, dass es noch ganz auseinander fällt. Das ist nicht das erste Mal, dass man versucht hatte, das zu unterwandern. Ich darf nur daran erinnern..., Knorkator als Beispiel, Guildo Horn oder Stefan Raab. Das waren ganz klar Versuche, diesen Anlass in Frage zu stellen oder sich darüber zu mokieren. Die relevante Zeit war, nachdem ABBA ihre Weltkarriere starteten. In den letzten 10 Jahren war es eine schlechte Kopie von "Superstar" (DSDS), "Musicstar" oder so. Diese Sendungen waren eigentlich viel spannender, obwohl sie nach dem gleichen Prinzip funktioniert haben. Diese "Bands", die da (beim "ESC") aufgetreten sind..., das war nur noch generisches Einerlei..., weniger Kleidung, mehr Haut und die Songs klingen alle gleich. Kannst du mir sagen, wer vor drei Jahren für die Schweiz aufgetreten ist?

MF: Nein..., öhhh..., Gunvor oder so? (Bemerkung: 2003, wie 2001 und 1999 trat gar niemand für die Schweiz an! - MF)

MA: Vor drei Jahren? Nein, ich glaube, Gunvor ist ein paar Jährchen länger her (es war 1998 - MF). Gunvor ist total gescheitert, hat 0 Punkte rein geholt. An sie erinnern sich aber alle..., warum? Weil sie der BLICK monatelang durch die Presse gezogen hat. Also da siehst du mal, um was es dem "ESC" geht. Um hier teil zu nehmen..., der "ESC" selber hat etwa den gleichen Gehalt und Tiefgang sowie künstlerischen Wert wie "Big Brother", nämlich gar keinen. Von da her gesehen passen Lordi perfekt da rein..., sie bieten die perfekte Fasnacht dazu. Sie sind GWAR für Insulin-Süchtige..., würde ich jetzt mal sagen, also für Leute, die schwer verdauliche Kost nicht ertragen. Sehr frech und sehr frisch für den "ESC", aber seien wir mal ehrlich..., rein musikalisch gesehen sind Lordi..., also da höre ich lieber Twisted Sister, die Original-Platte oder Alice Cooper, dann kann ich das, was Lordi machen..., musikalisch gesehen.

MF: Sagt dir das Datum 16. Februar 1996 etwas?

MA: 16.2.96?? Oh..., keine Ahnung! Müsste es mir etwas sagen?

MF: Da standen Tom und du als Special-Guest von Sepultura auf der Bühne im Zürcher Volkshaus und gabt am Schluss des Konzerts eine Hammer-Version von "Procreation of the wicked" zum Besten.

MA: Aha..., das war am 16. Februar?

MF: 16.2.96...

MA: ...also 1996..., das habe ich noch gewusst, aber dass es der 16. Februar war, daran hätte ich mich nicht mehr erinnern können, wenn du es mir jetzt nicht gesagt hättest. Ja..., und was möchtest du dazu hören?

MF: Beschreibe doch mal (wenn's noch geht, ist ja über 10 Jahre her!), was für ein Gefühl das war..., nach so langer Zeit der Abstinenz einen eigenen Song vor Schweizer Heimpublikum spielen zu können.

MA: Im ausverkauften Volkshaus..., was wir früher selber ja nicht geschafft haben..., wir spielten ja 1987 dort..., vor etwa 800 bis 1000 Leuten, wenn ich mich nicht täusche. Nun..., es war ein gutes Gefühl. Also erstens habe ich Sepultura wirklich gemocht..., und mag sie auch jetzt noch. Ich glaube, sie sind eine der wenigen Bands, respektive der Max mit Soulfy oder Sepultura mit Derrick..., die ich ab und zu, wenn sie spielen und ich Zeit habe, besuchen gehe vor Ort, wo ich die Kontakte gepflegt habe über die Jahre. Es besteht eine gewisse Verwandtschaft von daher, dass sie nicht aus einem etablierten Metal Land stammten..., Brasilien..., sind wir als Schweizer ja eigentlich auch nicht - und sie etwas gemacht haben, das damals nicht unbedingt konform war. Ich meine, die erste Sepultura Platte war ja ungefähr auch so roh und ähnlich schlecht eigentlich..., spielerisch, wie Hellhammer. Das ist natürlich schon eine Ehrbezeugung, wenn man weiss, dass eine Band, die damals wahrscheinlich auf ihrem Höhepunkt war..., karrieremässig..., mit "Roots", uns damit ehrt. Das habe ich doch dankbar entgegen genommen und das hatte mich sehr gefreut.

MF: Wie ehrgeizig und hungrig sind Celtic Frost anno 2006 noch? Gibt es jetzt ein letztes, würdiges Aufbäumen..., und dann ist definitiv Schicht im Schacht?

MA: Das ist eigentlich nicht die Idee, nein..., also..., aber ob es dann tatsächlich noch mehr gibt und wie das weiter läuft, das wir sich zuerst weisen müssen. Ich meine, ich bin jetzt doch ein paar Jährchen älter und habe meine Erfahrungen gemacht. Deshalb sage ich jetzt nicht, was in den nächsten vier, fünf Jahren passieren wird, weil ich das nicht sagen kann. Auch weil da relativ viel passieren kann, das ich nicht voraus zu sehen vermag. Aber es ist auf jeden Fall nicht die Idee..., der Aufwand, den es da braucht, gebraucht hat, um die Band wieder in Gang zu bringen, der finanzielle Aufwand, um das Album zu bewerkstelligen... - Weil..., man darf nicht vergessen: Wir haben das alles selber finanziert - Studio, Tägtgren, alles... - Wir sind bis vor Kurzem..., auch jetzt bei den Vorbereitungen zur Tour..., auch wenn wir jetzt Festivals spielen werden wie Wacken und 50 Konzerte in Nordamerika, haben wir alle unsere täglichen Jobs gehabt, Geld verdient. Weil alles Geld kostet..., wir haben gesagt, dass wir unsere Seele nicht wieder der Plattenfirma verkaufen, nicht den gleichen Fehler machen wie damals in den 80er-Jahren. Wir haben das alles selbst finanziert. Wir haben eine Partnerschaft mit Century Media, die haben unsere Platten lizenziert und das ist alles ein Risiko..., finanziell wie natürlich auch menschlich gesehen. Das kostet Zeit, Aufwand, Emotionen und Geld! Und so etwas überlegt man sich zwei, drei Mal..., und macht dann nicht einfach relativ schnell "husch husch" nebenbei und probiert mal, und wenn es nicht klappt, lässt man es bleiben. Das ist..., klar, wenn es überhaupt nicht klappt und ich jetzt dann da stehe mit diesen zig zehntausenden von Franken, die wir investiert haben als Schulden, und zuerst mal schauen muss, wie ich das zurück zahlen kann und nichts funktioniert..., dann ist es relativ schnell vorbei, weil dann einfach die harte Realität der Existenz ruft und "sagt": So..., und jetzt muss die Kohle her! Und wenn diese nicht mit der Musik generiert werden kann, um mindestens die Musik selbst zu finanzieren, dann habe ich ein ganz anderes Problem..., weisst du, was ich meine?!! Dem entsprechend..., für mich ist klar: Das ist die Zukunft in den nächsten Jahren, was ich machen will und mich dem hauptsächlich widmen möchte. Aber ob ich dann tatsächlich das Glück habe, dass das alles so funktioniert, wie das jetzt aussieht und den Anschein macht, wird sich zuerst weisen müssen.

MF: Also in dem Fall wird man mit einer Tour 2007 rechnen können und wann dürfen die Schweizer in der Heimat mit dem nächsten Auftritt von euch rechnen..., zum Beispiel "Sold out" im Volkshaus in Zürich wäre doch geil, oder?

MA: (lacht) - Schön, wie du das gerade aufgegriffen hast..., ähhh, ob das dann "Sold out" oder nicht sein wird, werden wir ja sehen. Aber es ist sicher das Ziel..., anfangs 2007 in Europa zu touren und dann auch richtig und dem entsprechend ausreichend in der Schweiz zu spielen. Und ja..., wir werden sehen..., vielleicht gibt es noch vorher irgend etwas..., das ist auch noch eine Möglichkeit..., auf Ende Jahr oder so..., es ist ganz klar, dass wir das machen wollen, es ist auch das Ziel. Wir haben bewusst die Remise gewählt für das erste Konzert. Wir fanden, wir wollen im kleinen, intimen Rahmen spielen und relativ kurzfristig ansagen. Die Konzentration des Interesses soll im Moment auf die Platte ausgerichtet sein und wir wollen uns zuerst auch warm spielen, uns finden. Wie gesagt, es ist das erste Konzert nach 15 Jahren, das die Leute sehen werden. Das ist auch für uns ein grosser Schritt.

MF: Da freuen wir uns drauf..., ok!

MA: Du wirst dort sein, oder?

MF: Ja, ich komme auf jeden Fall!

MA: Ok..., dann bin ich mal gespannt, was du davon halten wirst. Wirst du auch an einem der Festivals sein?

MF: Eher nicht, aber am Montag werde ich voll Ohr sein...

MA: Ich bin auch mal gespannt, wie das dann kommen wird. Es ist unglaublich, was im Moment alles läuft..., um es nochmals zu erwähnen. Ich meine, so viel Interesse..., ich habe schon gewusst, Celtic Frost sind kult und haben einen mythischen Status, aber das Interesse, das jetzt kommt und dieser ganze Medienrummel..., und nicht nur in der Schweiz, sondern wirklich rund herum in dieser Dimension..., das ist sehr beeindruckend, muss ich sagen.

MF: Welche Message haben Celtic Frost für ihre Schweizer Fans und alle Leser der Metal Factory?

MA: Uff..., immer diese "Final Messages"..., das ist eben schwierig..., du, sagen wir es mal so: Ich glaube, das ist eines der wenigen Metal Interviews, das ich auf Schweizerdeutsch machen konnte. Und das immer wieder..., ist auf eine Seite ein komisches Gefühl, aber auch ein gutes und ich hoffe, dass man doch vielleicht einmal..., also für mich jetzt zumindest hier in diesem Zuhause..., wo ich eigentlich auch zu Hause bin, tatsächlich einen Bezug haben und wieder finden..., zu unserem Publikum und auch umgekehrt. Ich bin mal gespannt, wie sich das entwickeln wird.

MF: Ok..., Martin..., besten Dank und bis am Montag!

MA: Gern geschehen!