Interview: Arch Enemy

By Oliver H.
 
Kein "Clean-" Gesang mit Alissa.


Während der „Berserker-Tour“ mit Amon Amarth und Hypocrisy machten die Schweden von Arch Enemy auch in der Samsung Hall in Dübendorf Halt. Nach dem offiziellen „Meet & Greet“ nahm sich Gitarrist und Songschreiber Michael Amott kurz Zeit, um meine Fragen für Metal Factory zu beantworten. Das Gespräch startete eher verhalten, mit einem schüchtern wirkenden Musiker, der sich aber im Verlauf des Interviews immer mehr zu einem lustigen Zeitgenossen entwickelte.

MF: Michael, ihr seid nun am Beginn der Europatour mit Amon Amarth. Wie läuft es bis jetzt?

Michael: Sehr gut. Wir haben jetzt fünf Shows von insgesamt 24 gespielt. Zuvor waren wir auch schon mit Amon Amarth auf Amerika-Tour. Dazwischen hatten wir knapp zwei Wochen Pause zu Hause. Jetzt fühlt es sich richtig gut an. Es läuft wie geschmiert.

MF: Wenn man euch in den Sozialen Medien verfolgt, sieht es Abend für Abend nach „vollem Haus“ aus. Wie ist das für euch?

Michael: Wir haben ein wirklich gutes Bandpackage für diese Tour, das auch für die Fans attraktiv ist. Es macht echt Spass mit Amon Amarth zu touren, da sie viele junge Fans haben. Ich mag es grundsätzlich mit anderen Bands zu touren. Wer uns bis dato noch nicht kennt, hat so die Möglichkeit, uns kennen zu lernen. Es ist momentan auch sehr entspannend für uns. Seit 2017 sind wir auf Tour, meist als Headliner auf unserer eigenen Tour, aber im Moment haben die Kollegen von Amon Amarth die Hauptaufgabe.

MF: Wenn du in deiner musikalischen Geschichte zurück reist. Wann hast du begonnen Musik zu machen, und ab wann wurde es dann professionell?

Michael: Ich habe angefangen Gitarre zu spielen, als ich dreizehn war. Ich war schon immer ein grosser Musikfan. Ziemlich schnell habe ich mit Freunden Bands gegründet, und zum Spass haben wir gejamt. Mit einem Freund, der ebenfalls Gitarre spielte, haben wir fast Tag und Nacht geübt. Sein Haus lag direkt neben der Schule. Am Mittag haben wir dann kurz etwas gegessen, dreissig Minuten Gitarre gespielt und sind anschliessend wieder zur Schule gegangen. Dass es zur Profession wurde, das dauerte eine Weile. Es kam eher Schritt für Schritt. Weisst du, zuerst haben wir viele Demos gemacht, dann immer wieder mal eine Show gespielt. Unter anderem auf Partys oder Festen. Meine erste Tour fand auch im Untergrund statt. Mit einem Van unterwegs, noch nichts mit Nightliner, (lacht) auf derselben Bühne gepennt, auf der ich vorher gespielt hatte. Das war noch alles möglich mit achtzehn Jahren (lacht laut).

MF: Ja, das stimmt! Was hat dich damals beeinflusst?

M
ichael: Ähm, da waren schon einige Hardrock-Gitarristen dabei. Michael Schenker zum Beispiel oder ganz klar Eddie van Halen. Die Jungs von Iron Maiden natürlich auch, aber ich mag wirklich das ganze Zeug von Michael Schenker. Ich mag grundsätzlich melodische Gitarrensolos und stehe eigentlich nicht so auf das ganze „Shredder-Zeugs“. Also selber spiele ich es schon gerne aber..., (macht eine Pause). Da wäre noch Yngwie Malmsteen. Er macht diesen melodischen Sound. Ich stehe nicht so auf das ganze Instrumental-Zeugs. Das finde ich schnell langweilig. Ich würde nie ein Soloalbum nur mit instrumentellen Liedern machen...

MF: So wie Joe Satriani zum Beispiel?

Michael: Ja genau! Er ist ein genialer Gitarrist, ein Lied ist auch ok, aber dann brauche ich Gesang. Ich brauche Rhythmusgitarre, Leadgitarre und die Vocals. Das schafft einfach eine ganz andere Verbindung zum Song.

MF: Momentan feiern viele Bands ihre wichtigsten Alben mit etwas Speziellem. Euer Album «Wages Of Sin» feiert ja 2021 seinen 20. Geburtstag. Habt ihr da schon etwas in Planung?

Michael: Ich glaube die Band wird dann 25 und das Album 20-jährig. Wir haben schon einmal darüber gesprochen etwas zu machen, aber 2021 könnte auch das Jahr sein, in dem wir auch wieder ein neues Album raus bringen. Diese Geburtstagsdinge sind cool. Es macht Spass zurück zu schauen, aber man sollte auch nicht zu weit zurück blicken, weisst du. Vielleicht machen wir auch einfach nur ein paar spezielle Shows, aber auch die bereiten stets eine Menge Arbeit. Es wäre toll, alte Bandmitglieder wieder auf die Bühne zu bringen und wieder mit ihnen zu spielen. Es ist jetzt aber nichts, das wir so schon geplant hätten.

MF: Wie ist es jetzt während der Tour? Habt ihr Zeit an neuem Material zu arbeiten?

Michael: Ja, die Zeit ist immer mal wieder da. Unser Drummer und ich spielen zeitweise einfach drauf los und probieren Neues aus. Das nächste Jahr wollen wir vermehrt an neuem Material arbeiten. Wir machen noch diese Tour bis Dezember fertig und im nächsten Jahr geht es ans Schreiben. Vielleicht spielen wir ein paar Shows, aber im nächsten Jahr ist momentan noch kein Konzert gebucht.

MF: Ok. Nach «Will To Power» folgte «Covered In Blood». Weshalb habt ihr ein Cover-Album aufgenommen?

Michael: Es ist so eine Art Compilation. Es war eher die Idee unseres Plattenlabels. Vielleicht weisst du ja, dass wir immer mal wieder gerne Stücke covern (lacht), und ich weiss eigentlich gar nicht, wie viele Cover-Versionen wir bis heute gemacht haben. Es geht aber vermutlich so von 1996 bis zu den «Will To Power»-Sessions 2017. Wir konnten so auch Titel veröffentlichen, die zuvor noch nie in Erscheinung traten. Es ist natürlich auch einfach Spass so eine Platte zu machen. Man hat nicht die gleichen Erwartungen, und wir waren ehrlich gesagt überrascht, wie gut die Fans das Album angenommen haben.

MF: Ja, das ist doch toll zu sehen. Wenn du heute deine eigene "Supergroup" zusammenstellen könntest, wer wäre alles dabei?

Michael: Ouh, das ist eine schwierige Frage. Ich bin ja, mit denen ich momentan Musik mache, vollends glücklich. Puh..., wen könnte ich da nehmen? Jimi Hendrix an der Gitarre..., vielleicht..., ähm..., das überfordert mich (lacht)...

MF: Kein Problem! Wechseln wir zu etwas Leichterem..., du bist ja mit Arch Enemy seit dem Erscheinen von «Will To Power» am Touren. Das saugt an der Energie und man wird ja bekanntlich nicht jünger. Was tust du, um fit zu bleiben?

Michael: Tja, jeder hat so seinen eigenen Rhythmus, seinen eigenen Tagesablauf. Für mich ist es wirklich wichtig, dass ich genug Schlaf kriege. Es ist ja immer schwierig, wenn man unterwegs ist. Der Bus ist zwar mittlerweile sehr komfortabel, aber es ist eben noch immer ein Bus. Wenn wir dann mal ein Hotel haben, ist das auch immer verschieden. Stressvolles Aufstehen und abreisen in der Frühe..., ich denke, wenn du genug Schlaf hast und glücklich bist mit dem was du tust, dann klappt das auch.

MF: Bei «Will To Power» habt ihr ja mit Alissas Clean-Vocals einen neuen Weg eingeschlagen. Kann das etwas sein, das die Fans in Zukunft mehr hören werden?

Michael: Nicht wirklich. Das war einfach etwas, das wir unbedingt ausprobieren wollten. Es ist ja im Ansatz etwas wie eine Ballade geworden (lacht). Es fühlt sich an wie bei den Scorpions oder Judas Priest, bei denen solche Songs immer eine hohe Dynamik haben an Konzerten. Ich habe den Song einfach gefühlt, aber ich kann jetzt nicht sagen, dass es in dieser Richtung weiter geht. Es ist ja auch langweilig sich zu wiederholen. Aber es ist wirklich toll mit Alissa zu arbeiten. Sie ist offen gegenüber Neuem und hält mir diesbezüglich immer eine Tür auf. Sie ist gesanglich zu vielem fähig, und auch als Band sind wir nun doch schon eine ganze Weile zusammen. Es wäre eine Verschwendung diese Stimme nicht zu nutzen. Aber zu sehr hin und her zu switchen wäre vermutlich auch zu viel des Guten. Wir werden sicher noch andere Mittel finden, um unserem Sound einen speziellen Stempel aufzudrücken, denn schliesslich wollen wir uns selbst auch gut unterhalten.

MF: Eure Bandgeschichte dauert nun auch schon über zwei Dekaden an und dabei sind etliche Songs zusammen gekommen. Wie wählt ihr eure Songs für einen Gig aus, gerade wenn der wie heute bloss sechzig Minuten dauert?

Michael: Oh, ich kann das nicht. Ich mag alle Songs und ich liebe es, sie live zu spielen. Auch wenn wir ein neues Album aufnehmen, würde ich alle Tracks auf die Platte packen, was natürlich nicht geht. So ist das auch mit der Setliste. Ich könnte mich nicht entscheiden, und so ist das eine der Arbeiten geworden, die unser Bassist Sharlee übernimmt.

MF: Ah, ok...

Michael: ..., ja, er erstellt wirklich gute Setlisten. Diese Arbeit macht er wirklich gut.

MF: Wir sind somit schon am Ende des Interviews. Hast du noch irgendwelche letzte Worte an die Schweizer Fans?

Michael: (Lachanfall)..., sorry, ich habe gerade überlegt, wie viele Sprachen ihr eigentlich in der Schweiz sprecht. Das sind Deutsch, Französisch..., ähm...

MF: ..., Italienisch...

Michael: ..., Italienisch und noch eine vierte, oder?

MF: Ja, Rätoromanisch.

Michael: Oh yeah, das ist cool! Aber zurück zu den Fans. Wir spielen ja viel in der Schweiz, vorzugsweise in Pratteln. Es macht immer Spass, hier bei euch zu spielen..., auch wenn alles sauteuer ist (lacht). Die Metalfans sind hier aber grossartig, und wir kommen gerne wieder.

MF: Das freut mich zu hören. Danke für deine Zeit.

Michael: Dank dir für dein Interesse.